Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Pilotprojekt Ingeus Eine wissenschaftliche Evaluation im Auftrag des Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV)
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- Dagmar Klein
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1 Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Pilotprojekt Ingeus Eine wissenschaftliche Evaluation im Auftrag des Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) 9. September 2015 Swiss Academy of Insurance Medicine Prof. Dr. Tobias Hagen Der gesamte Inhalt der Präsentation basiert auf den folgenden Publikationen (Schlussbericht, Zusatzauswertung etc.) beim Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV): Evaluation Pilotprojekt Ingeus berufliche Wiedereingliederung von Rentenbeziehenden der Invalidenversicherung (2014; Berichtnummer 5/14)
2 Der Ablauf des Pilotprojekts Ingeus in Zürich RentnerInnen IV-Stelle Zürich rekrutiert Verfügung Restarter Erstgespräch bei Ingeus Vermittlungsphase Teilnahme am Ingeus-Programm (max. 12 Monate): Vermittlungscoaching Kurze Maßnahmen Bewerbungen Nachbetreuungsphase Arbeitsaufnahme 13 Wochen 26 Wochen 52 Wochen Dann 12 Monaten Nachbetreuung durch Ingeus Evaluation Zürich Rentenrevision (Senkung) durch IV-Stelle nach Probezeit Job-Abbrecher 2
3 Methoden Gesucht: Durchschnittliche Effekt der Teilnahme auf die Gruppe der Teilnehmenden ( Average Effect of Treatment on the Treated, im Folgenden ATT-Effekt). =mittlere Differenz der Outcome-Variablen, die sich daraus ergibt, dass die Personen an der Massnahme teilnehmen, anstatt nicht an ihr teilzunehmen. Kontrollgruppe Auch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften gilt: randomisierte kontrollierte Studien ( randomized controlled trials ) sind der Goldstandard. Hier: Nicht-experimentelle Methode, bei der eine statistische Kontrollgruppe generiert wird: Matching Statistische Kontrollgruppe aus den rekrutierten Nichtteilnehmern Propensity Score Nearest-Neighbour-Matching versus Kernel-based-Matching Differenz-von-Differenzen Evaluation Zürich 3
4 Outcome-Variablen Höhe der monatlichen IV-Hauptrente in CHF Höhe der monatlichen IV-Gesamtrente (Haupt- zzgl. Kinderrenten) in CHF Rententeil in % (25%, 50%, 75%, 100%) Höhe der monatlichen Ergänzungsleistungen (EL) pro Fall in CHF IV-Rentner (ja/nein) in % Erwerbseinkommen erzielt (ja) in % Höhe des Jahreserwerbseinkommens in CHF Höhe des jährlichen ALV-Taggelds in CHF ALV-Taggeld bezogen (ja/nein) in % beitragspflichtiges jährliches Gesamteinkommen in CHF Evaluation Zürich 4
5 Datenbasis Verschiedene, miteinander verknüpfte Datensätze: Administrativdaten (BSV aus Registern der Zentralen Ausgleichstelle) Befragungsdaten (Teilnehmende bei Programmstart und bei Programmende) internen Rechnungswesen-Daten von Ingeus Hier: Administrativdaten (2014) Evaluation Zürich 5
6 Datenbasis / Teilnahmeentscheidung Evaluation Zürich 6
7 Datenbasis 9 Teilnehmende, die bis 2012 sterben oder in die AHV wechseln, werden ausgeschlossen. Entsprechend bei den Nichtteilnehmern Evaluation Zürich 7
8 Wer sind die Teilnehmer? Teilnehmer und Nichtteilnehmer nach Gebrechensart im Jahr 2009 in % Teilnehmer Geburtsgebrechen 3,3 15,3 Psychisch 61,6 42,5 Nervensystem 5,3 6,8 Knochen und Bewegungsorgane 16,5 17,2 Andere 6,6 9,5 Gebrechen wegen Unfall 6,6 8,6 Teilnehmer und Nichtteilnehmer nach Rententeil im Jahr 2009 in % Invaliditäts -grad Rententeil 70 Ganz 61,5 75,9 60 < 70 Dreiviertel 21,9 14,0 50 < 60 Halbe 9,2 5,6 40 < 50 Viertel 7,5 4,5 Durchschn. Rententeil 81,5 88,9 Dauer des bisherigen IV-Rentenbezugs in Jahren seit dem Jahr 2000: Teilnehmer: 5 Jahre Nichtteilnehmer: 6 Jahre Ergänzungsleistungen (EL) im Jahr 2009 in % Teilnehmer Nichtteilnehmer Teilnehmer Nichtteilnehmer Nicht- Teilnehmer EL-Bezug (ja) in % 32,5% 30,0% Monatl. EL pro Fall in CHF der EL-Bezüger CHF CHF Evaluation Zürich 8
9 Prozent Wer sind die Teilnehmer? 25 Abbildung 2: Altersverteilung der Teilnehmenden und der Nichtteilnehmenden (im Jahr 2009) 20 alle Nichtteilnehmer Teilnehmer Alter Quelle: Administrativdaten für das Jahr 2009 Evaluation Zürich 9
10 (1) (2) (3) (4) (5) Nichtteilnehmergruppe Variable Höhe der monatlichen Hauptrente (t-1) Rententeil (t-1) EL Betrag pro Fall (t-1) Anteil Bezug von EL (t-1) Dauer des bisherigen Bezugs von IV-Rente in Jahren (t-1) Alter (t-1) Geburtsgebrechen (t-1) Psychisches Gebrechen (t-1) Gebrechen: Nervensystem (t-1) Gebrechen wegen Unfall (t-1) Andere Krankheiten (t-1) Verheiratet (t-1) Hilflosenentschädigung (t-1) Effektivität Statistische Kontrollgruppe aus den rekrutierten NT Auszug aus einem Vergleich von Teilnehmern mit Nichtteilnehmer- bzw. Kontrollgruppe Sample Teilnehmer- Gruppe Kontrollgruppe p-wert eines t-tests unmatched 1215,3 1370,3 0,000*** matched 1215,3 1201,6 0,658 unmatched 72,7% 81,9% 0,000*** matched 72,7% 71,8% 0,584 unmatched 429,8 531,0 0,001*** matched 429,8 427,6 0,951 unmatched 34,0% 35,4% 0,361 matched 34,0% 34,5% 0,814 unmatched 5,3 6,5 0,000*** matched 5,3 5,1 0,406 unmatched 43,9 47,0 0,000*** matched 43,9 43,5 0,388 unmatched 12,3% 7,3% 0,000*** matched 12,3% 12,3% 0,978 unmatched 55,3% 54,9% 0,807 matched 55,3% 55,8% 0,857 unmatched 5,0% 5,7% 0,359 matched 5,0% 5,2% 0,806 unmatched 6,3% 8,5% 0,015** matched 6,3% 6,1% 0,888 unmatched 5,7% 7,9% 0,014** matched 5,7% 5,7% 0,957 unmatched 29,8% 36,0% 0,000*** matched 29,8% 29,6% 0,934 unmatched 1,5% 0,8% 0,013** matched 1,5% 1,4% 0,858 10
11 Effektivität: Hauptrente Entwicklung der Hauptrente der Teilnehmer im Vergleich mit den Nichtteilnehmern unmatched Anmerkung: Nicht-Rentner gehen mit einer Hauptrente von null ein. 11
12 Effektivität : Hauptrente Entwicklung der Hauptrente der Teilnehmer im Vergleich zur Kontrollgruppe matched Anmerkung: Nicht-Rentner gehen mit einer Hauptrente von null ein. 12
13 Effektivität: Anteil der IV-Rentner unmatched matched Evaluation Zürich 13
14 Effektivität: Rententeil unmatched matched Evaluation Zürich 14
15 Effektivität: Jahreserwerbseinkommen unmatched matched Evaluation Zürich 15
16 Effektivität Relative Programmeffekte in % Outcome-Variable t+1 t+2 t+3 t+4 Anzahl IV-Rentner Monatliche Hauptrente Rententeil Monatliche Ergänzungsleistungen pro Fall Erwerbseinkommen erzielt (Anteil) Anmerkungen: Statistisch signifikante Ergebnisse (mindestens 10%-Niveau) sind fett gedruckt. Ergebnisse, die auf nur wenigen Beobachtungen (nur 54 Teilnehmern) basieren, sind grau. Evaluation Zürich 16
17 Effektivität nach Personengruppen Relative Programmeffekte auf die Hauptrente in % nach Personengruppen Teilnehmendengruppe t+1 t+2 t+3 Gesamtgruppe Frauen Männer Rententeil 100% in t Rententeil < 100% in t Psychische Gebrechen in t Nicht-psychische Gebrechen in t Alter Alter < Nationalität: Schweiz Nationalität: Nicht-Schweiz Teilnehmende ohne Programm-Abbrecher Teilnehmende nur Programm-Abbrecher Teilnehmende ohne EL in t Teilnehmende mit EL in t Beziehende ganzer Renten und gleichzeitig EL in t Verheiratet in t Nicht verheiratet in t Erwerbseinkommen in t Kein Erwerbseinkommen in t Anmerkung: Statistisch signifikante Ergebnisse (mindestens 10%-Niveau) sind fett gedruckt. Evaluation Zürich 17
18 Wer sind die Abbrecher? Evaluation Zürich 18
19 Wirtschaftlichkeit Verschiedene Szenarien: Entwicklung des Programmeffekts bis zur Altersrente (im Durchschnitt ca. 20 Jahre) Ergebnis: Aus Perspektive der Invalidenversicherung wahrscheinlich insgesamt wirtschaftlich: Investitionsausgaben von ca CHF pro teilnehmender Person durch zukünftige (diskontierte) Einsparungen bei den IV-Renten überkompensiert. In optimistischen Szenarien Amortisation durch die Einsparungen bei der Hauptrente innerhalb von 10 Jahren. In pessimistischem Szenario (Programmeffekt=0 ab t+5): Berücksichtigung der Beitragsmehreinnahmen und mögliche Senkung bei den Verwaltungsausgaben lässt das Programm wirtschaftlich erscheinen. Noch klarer, wenn Einsparungen bei den EL einbezogen werden. Evaluation Zürich 19
20 P P P X X Potenzielle Wirkungskanäle (Indizien-basierte Vermutungen) 1. Erhöhung der Quantität der Arbeitssuch- und Bewerbungsaktivitäten durch Steigerung der Motivation und des Selbstwertgefühls der Teilnehmer durch Coaching 2. Erhöhung der Quantität der Arbeitssuch- und Bewerbungsaktivitäten durch das zur Verfügungstellen von IT-Infrastruktur und kostenlosen Materialien. 3. Erhöhung der Effizienz der Arbeitssuch- und Bewerbungsaktivitäten durch das Erlernen von konkreten Arbeitssuch- und Bewerbungstechniken (Internetsuche, Bewerbungstraining etc.), der Profilerstellung der Teilnehmer sowie durch die Verbesserung der Bewerbungsunterlagen. 4. Unterbreiten konkreter Job-Angebote und Kontaktherstellung mit Arbeitgebern. 5. Steigerung des Humankapitals und somit der Produktivität sowie der möglichen Entlohnung durch (Weiterbildungs-) Massnahmen (Kurse) zur Verbesserung der Qualifikation. Evaluation Zürich 20
21 Fazit Alle untersuchten Personengruppen ausser den Vollrentnern mit EL-Bezug profitieren von der Programmteilnahme. Bei Vollrentnern mit EL-Bezug wird aber die EL reduziert Pilotprojekt höchst wahrscheinlich wirtschaftlich. Die Bewertung durch die Teilnehmenden fällt positiv aus: Die meisten nehmen das Programm als hilfreich für ihre berufliche Zukunft wahr und empfehlen es weiter. Evaluation Zürich 21
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