Qualität vor Quantität Charakteristika des Gründungsgeschehens in Baden-Württemberg



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Transkript:

Qualität vor Quantität Charakteristika des Gründungsgeschehens Christian Brand Baden-Württemberg gilt als das Land der Tüftler und Denker. Dass dies nicht nur eine Phrase ist, zeigt sich zum Beispiel bei der Zahl der Patent anmeldungen pro Einwohner. Hier belegt das Land im Bundesvergleich ebenso Platz 1 wie bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Hinzu kommt der hervor ragende Ruf der baden-württembergischen Hochschulen. Nach den Ergebnissen des unlängst vom Statistischen Landesamt vorgelegten Innovationsindex steht Baden-Württem berg nicht nur bundesweit an der Spitze, sondern ist aktuell die Region mit der höchsten Innovationskraft in der Europäischen Union. Da Innovationen und Unternehmertum die Triebkräfte von Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Dynamik eines Landes sind, setzt die Förderpolitik des Landes genau hier an. Die L-Bank bietet speziell in der Technologie- und Gründungsförderung attraktive Finanzierungslösungen für Gründer, Übernehmer und den Mittelstand. Analyse des Gründungsgeschehens Betrachtet man das Gründungsgeschehen in Deutschland, ergeben sich einige Überraschungen: Bei der Quote der Gewerbeanmeldungen ist festzustellen, dass Stadtstaaten wie Hamburg oder Berlin überdurchschnittlich gut abschneiden, während Baden-Württemberg unter dem Bundesdurchschnitt rangiert (Schaubild 1). Diese Betrachtungsweise ist jedoch nur eine Seite der Medaille, denn die höchste Gründungsintensität hilft nur wenig, wenn sie nicht nachhaltig ist und die neu gegründeten Unternehmen schon nach kurzer Zeit den Markt verlassen müssen. Aus diesem Grund wird in der Praxis auf den Gründungssaldo abgestellt, also auf die Differenz aus Neugründungen und Betriebsaufgaben eines Jahres eine erste, wenn auch nur grobe qualitative Komponente. Hier kehrt sich das zuvor gezeichnete Bild beinahe um. In absoluten Zahlen betrachtet stehen die großen Flächenländer wie Bayern und Nordrhein-Westfalen an der Spitze. Der Gründungssaldo Baden-Württembergs beträgt nahezu das Doppelte des Bundesdurchschnitts. Die Aussagekraft dieser Betrachtung relativiert sich jedoch, da die Mehrzahl der Gründungen nicht im ersten Jahr scheitert, sondern in späteren Jahren. Ursachen des Scheiterns Finanzierungsmängel und Informationsdefizite sind die größten Stolpersteine für Existenzgründer. Kleine und mittlere Unternehmen sind generell größenbedingten Finanzierungsnachteilen ausgesetzt. Ihnen stehen die Kapitalmärkte als Finanzierungsquelle nicht zur Verfügung. Auch Instrumente wie Factoring oder Beteiligungskapital werden wenig genutzt. Im Gegenzug ist ihre Abhängigkeit von Kreditgebern besonders groß. Hinzu kommt, S1 Neugründungen in den Bundesländern 2006 je 10 000 Einwohner Berlin Hamburg Hessen Bayern Schleswig-Holstein Rheinland-Pfalz Deutschland Sachsen Nordrhein-Westfalen Bremen Baden-Württemberg Brandenburg Niedersachsen Mecklenburg-Vorpommern Thüringen Saarland Sachsen-Anhalt Christian Brand ist Vorsitzender des Vorstands der L-Bank. Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, eigene Berechnungen der L-Bank. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 336 07 71 76 76 82 81 80 79 93 92 90 89 88 88 96 104 109 120 3

Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 7/2007 Existenzgründung Das Ziel: ein guter Start. RKW-Studie: Die finanzielle Förderung von Existenzgründern im Rahmen des Förderprogramms Gründungs- und Wachstumsfinanzierung durch das Land Baden-Württemberg, RKW Rationalisierungsund Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.v. im Auftrag der L-Bank. Die Studie wird unter www.l-bank.de zum Download bereitgestellt. Die wichtigsten Ergebnisse der RKW-Studie zum Erfolg der Gründungsförderung Was macht eine Existenzgründung erfolgreich? Und welche Rolle spielte dabei die Gründungsfinanzierung der L-Bank? Diesen Fragen ging das RKW für die L-Bank nach. Die Studie des RKW hat die Daten zu den Gründungen und Übernahmen des Förderjahrgangs 2001 erhoben und die Entwicklung der Unternehmen bis 2005 verfolgt. Vergleichsdaten lieferte eine Studie, die Existenzgründungen im Jahr 1992 untersucht hatte. Wirtschaftliche Daten: Überlebensquote 83,2 % Durchschnittliche Umsatzrendite 23,2 % Positives Betriebsergebnis 95,2 % Durchschnittliche Eigenkapitalquote 39,2 % Durchschnittliches Umsatz- Wachstum 41,0 % Durchschnittlicher Beschäftigtenzuwachs 54,0 % Neue Ausbildungsplätze + 117,0 % Die Unternehmensübernahmen nehmen zu. Die Zahl der Übernahmen wächst. 2001 gab es mit 46 % fast genauso viele Übernahmen wie Neugründungen (46,6 %), gegen über einem Verhältnis von zwei zu drei im Jahr 1992. Auch die Zahl der tätigen Beteiligungen stieg deutlich auf 7,4 %. Teamgründungen sind dynamischer Seit 1992 nahmen die Teamgründungen um 6,8 Prozentpunkte zu (insgesamt 32 %). Bei ihnen wächst der Umsatz deutlich schneller: über 50 % gegenüber 17 % bei Einzelgründungen. Entsprechend liegt bei ihnen auch die Beschäftigungsentwicklung deutlich höher: + 78 % gegenüber 32 % bei Einzelgründungen. Die Gründer und Übernehmer sind zunehmend höher qualifiziert Stark zugenommen hat die Zahl der Gründer und Übernehmer mit Universitäts abschluss. In den Freien Berufen stellen sie 67,5 %. Insgesamt hat sich ihre Zahl vervierfacht auf 26,2 %. Einen Meisterbrief haben 32,4 % der Gründer und Übernehmer. Die Gründer mit Universitätsabschluss haben den größten Anteil am wachsenden und den geringsten Anteil an schrumpfenden Unternehmen. Die meisten Gründer wechseln von einer Anstellung in die Selbstständigkeit Die Mehrzahl (70 %) gründet aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, auch wenn sich seit 1992 die Zahl der Gründun gen aus der Arbeitslosigkeit verdoppelt hat (11,8 %). Die Gründerinnen holen auf Ihr Anteil ist um 5 Prozentpunkte gestiegen. Je ein Drittel von ihnen hat eine abgeschlossene Lehre oder einen Universitätsabschluss. Gründerinnen starten zwar meistens mit weniger Beschäftigten und geringerem Umsatz, doch ihre Unternehmen entwickeln sich nahezu gleich dynamisch wie die Gründungen von Männern. dass die im internationalen Vergleich schwache Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen insgesamt, bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besonders ausgeprägt ist. Dies bestätigen unter anderem die Zahlen der Deutschen Bundesbank (Schaubild 2). Den Existenzgründern geht es da nicht anders. Da zwischen Eigenkapitalausstattung und Insolvenzfestigkeit von Unternehmen eine enge Wechselbeziehung besteht, sind die bestehenden Finanzierungsnachteile sicher ein wesentlicher Risikofaktor des Scheiterns von Gründern bzw. jungen Unternehmen. Tradition. L-Bank, Bürgschaftsbank und Mittelständische Beteiligungsgesellschaft (MBG) bieten ihren Kunden ein breit gefächertes Angebot an Finanzierungsinstrumenten auch für Existenzgründungen. Neben zinsverbilligten Darlehen stehen Bürgschaften und stille Beteiligungen zur Verfügung. Im Dezember 2000 wurden Bundes- und Landesförderung zu einem einheitlichen Instrument zusammengefasst: zur Gründungs- und Wachstumsfinanzierung Baden-Württemberg (GuW). 5 Jahre später war es an der Zeit, eine erste Zwischenbewertung vorzunehmen. Förderauftrag und -angebot der L-Bank Ergebnisse der Evaluierung Die Gründungs- und Mittelstandsförderung hat seit vielen Jahren Um als Existenzgründer von Anfang an auf Erfolgskurs zu sein, ist ein guter Start besonders 4

wichtig. Welche Rolle spielt hierbei die L-Bank? Dieser Frage sind wir im letzten Jahr nachgegangen. Das RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e. V. kam zu folgendem Resultat: der Gründungsjahrgang 2001, der sich als erster allein auf das GuW-Programm stützte, zeigte eine erstaunliche Standfestigkeit und Dynamik trotz der damals schwierigen Wirtschaftslage. S2 Eigenmittel deutscher Unternehmen in % der Bilanzsumme 2004 KMU 1) -Nicht-Kapitalgesellschaften KMU 1) insgesamt Alle Unternehmen 8,8 15,1 22,9 Mehr als 4 von 5 Unternehmen überlebten die ersten 5 Jahre. Dies übertraf selbst die unter günstigeren Rahmenbedingungen gestartete Vergleichsstichprobe aus dem Jahr 1992. Ähnlich erfreulich war die Wirkung des Förderprogramms auf die Beschäftigung. Im Jahr 2005 standen in den geförderten Betrieben etwa 15 000 Arbeitsplätze zur Verfügung. Mehr als die Hälfte der Unternehmen bildeten aus, mit dem Trend sogar mehrere Auszubildende zu beschäftigen. Damit übernahmen sie gesellschaftliche Verantwortung. Gerade junge Unternehmen geben dem baden-württembergischen Arbeitsmarkt dringend benötigte Beschäftigungsimpulse. Und sie tun das in einem gesunden betriebswirtschaftlichen Rahmen. Nahezu parallel zur Beschäftigung verlief auch ihre Umsatzentwicklung. Mehr als die Hälfte hatte nach 5 Jahren Umsatzzuwächse von über 25 % erzielt. Mit durchschnittlich 8,8 Arbeitnehmern wurde ein Jahresumsatz von 880 000 Euro erreicht. Und noch wichtiger: nur 7,5 % der Firmen schrieben rote Zahlen. Eine solide Ertragslage ist die beste Grundlage für den Aufbau eines gesunden Kapitalstocks. Das beweist die überdurchschnittlich hohe Eigenkapitalquote von um die 40 % (2002 lag sie noch bei knapp 30 %). KMU 1) -Kapitalgesellschaften Großunternehmen 1) Kleinere und mittlere Unternehmen. Datenquelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Dezember 2006. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 338 07 Immer mehr Existenzgründungen erfolgen im Team. Inzwischen erfolgt beinahe jede dritte Existenzgründung zusammen mit Partnern. Inte ressant dabei ist, dass bei solchen Partnergründungen Synergieeffekte tatsächlich nachweisbar sind. Ihr Umsatz- und Beschäftigungswachstum liegt mit 50 bzw. 78 % erheblich über den Vergleichszahlen bei Einzelgründungen. Die Hälfte aller geförderten Gründungen und Übernahmen findet in den freien Berufen und dem Dienstleistungssektor statt (Schaubild 3). Diese Gründungen konzentrieren sich auf Zukunftsbranchen; damit tragen sie den Strukturwandel mit und gestalten maßgeblich den Wandel unserer Volkswirtschaft zu einer wissensorientierten Dienstleistungsgesellschaft. Darüber hinaus sind Gründer und Übernehmer zunehmend 23,4 27,5 Aktuelle Tendenzen In Baden-Württemberg stehen jedes Jahr rund 11 000 Betriebe vor einem Generationenwechsel. Aus diesem Grund hat sich die L-Bank auch die Frage gestellt: Wird die GuW-Förderung den besonderen Finanzierungsbedürfnissen von Übernehmern gerecht? Die Studie zeigte uns, dass der Anteil von Übernahmen am Gründungsgeschehen wächst. 2001 wurden fast genau so viele Übernahmen wie Neugründungen gefördert, gegenüber einem Verhältnis von 2 zu 3 im Jahr 1992. Ein Indiz dafür, dass die Förderangebote zielgenau sind und das 12-Punkte-Programm der Landesregierung genau zur richtigen Zeit gestartet wurde. Mit ihm wurde 2002 ein integriertes Gesamtkonzept zur Ergänzung des mittelstandspolitischen Instrumentariums geschaffen, das sich neben der Sensibilisierung für die anstehenden Herausforderungen, auch mit konkreten Hilfen bei der Qualifizierung, Beratung und Finanzierung befasst. S3 Anteile in % Geförderte Gründungen und Übernahmen nach Branchen*) Unternehmensnahe Dienstleistungen Hotel- und Gaststättengewerbe Private Dienstleistungen Verarbeitendes Gewerbe *) Gründungsjahrgang 2001. Datenquelle: L-Bank, RKW-Studie. Bau-/Ausbaugewerbe 7,2 10,8 Groß-/Einzelhandel 6,1 12,4 5,6 2,9 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 340 07 21,6 33,3 Handwerk Freie Berufe 5

Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 7/2007 höher qualifiziert. Stark zugenommen hat insbesondere die Zahl der Universitätsabsolventen unter den Gründern. In den freien Berufen beträgt ihr Anteil 67,5 %, insgesamt hat sich ihre Zahl vervierfacht. Darüber hinaus sind sie bei den wachsenden Unternehmen am stärksten und den schrumpfenden Unternehmen am wenigsten vertreten. Der idealtypi sche Gründer kann also auf eine solide Ausbildung zurückgreifen, besitzt einschlägige Branchenerfahrungen und startet meist aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Erfolgsfaktor Gründungsförderung Angesichts dieser günstigen Umstände stellt sich die Frage, welchen Beitrag die Gründungsförderung der L-Bank für das häufigere Überleben der Betriebe leistet. Die geförderten Unternehmen sehen in der Förderung eine wesentliche Erfolgskomponente. Knapp die Hälfte der Gründungen wäre ohne Fördermittel weniger erfolgreich gestartet oder wäre erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich gewesen. Ein Viertel der Unternehmen wäre ohne Förderung überhaupt nicht gegründet worden. Bei den Investitionen hätte über die Hälfte der Gründer und Übernehmer mehr Zurückhaltung üben müssen (Schaubild 4). Die Gründer des Jahrgangs 2001 bewerteten vor allem die entlastenden Aspekte der Förderung positiv. Die meisten von ihnen blicken mit Optimismus in die Zukunft und sehen sich im Vergleich zu Konkurrenz bestens positioniert. Die Gründungs- und Wachstumsfinanzierung der L-Bank ist, so die Einschätzung des RKW, bedürfnisgerecht ausgestaltet. Verbilligte Zinsen und ihre lange Festschreibung geben den Gründern hohe Planungssicherheit. Hinzu S4 Ohne Förderung wäre die Unternehmensgründung...... genau so, aber weniger erfolgreich erfolgt... kleiner ausgefallen... zeitlich verzögert erfolgt... nicht erfolgt... zeitlich verzögert und kleiner erfolgt Datenquelle: L-Bank, RKW-Studie. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 341 07 21,5 23,6 27,4 35,6 42,5 kommen die Vorteile flexibler und liquiditätsschonender Tilgungsmöglichkeiten. Die L-Bank hilft dabei, das Erfolgspotenzial der Gründer in der ganzen Breite zu nutzen. Beratung + Finanzierung = Erfolg Gründungsförderung beschränkt sich in Baden- Württemberg aber nicht nur auf die Finanzierung. Bevor Gründer in konkrete Finanzierungsgespräche eintreten, bedarf es einer gründlichen Vorbereitung. Hierfür stellt das Land ebenfalls Hilfen in Form von Zuschüssen bereit. Nach den Ergebnissen der Studie holen sich dann auch mehr als drei Viertel der Unternehmer externen Rat ein zumeist bei Steuer- und Bankberatern. Auch die Beratungsangebote von Kammern und Verbänden werden in hohem Maß geschätzt. Hauptschwierigkeit für die Gründer ist, aus der Vielzahl an Beratungsangeboten die richtigen Partner auszuwählen. Deshalb unterstützt die L-Bank seit mehreren Jahren interdisziplinäre Beratungsnetzwerke. Diese sind bei den Wirtschaftskammern angesiedelt und fungierten zum Teil als Starter-Center mit einem kompletten Dienstleistungsangebot. Heute stehen unsere Berater potenziellen Gründern regelmäßig an 25 Standorten im Land mit Rat und Tat zur Verfügung eine bundes weit einmalige Beratungsdichte. Standort Baden-Württemberg Unternehmer können ihre Stärken nur unter günstigen Rahmenbedingungen optimal entfalten. Dazu gehört ein modernes Beratungsund Förderangebot ebenso wie eine leistungsfähige Infrastruktur. Die Menschen im Land brauchen ein attraktives und arbeitsplatznahes Wohnumfeld. Ein funktionierender Waren- und Güteraustausch braucht gut ausgebaute Verkehrswege. Information und Kommunikation sind inzwischen auch für den Mittelstand eine globale Angelegenheit. Dazu bedarf es reibungslos funktionierender Telekommunikationssysteme. Unabdingbar sind ferner eine zuverlässige Energieversorgung und ein leistungsfähiger Finanzplatz. Defizite werden am ehesten in Arbeitsmarktregulierungen und den steuerlichen Rahmenbedingungen gesehen. Die nur schwach ausgeprägte Kultur der Selbstständigkeit ist in der öffentlichen Diskussion hingegen kein Thema. Dies verwundert umso mehr, als internationale Vergleichsstudien wie der Global Entre preneurship Monitor (GEM) Deutschland seit Jahren auf die hinteren Ränge verbannt. Positive Impulse kamen in diesem Punkt zuletzt 6

von der EU-Kommission, die in ihren Strategiepapieren zur Sicherung von Wachstum und Beschäftigung explizit die Förderung von unternehmerischer Initiative vorsieht. Fernziel: Kultur der Selbstständigkeit Von einer Start-up-Kultur sind wir in Deutschland weit entfernt. Insbesondere Vergleiche mit den USA müssen uns nachdenklich stimmen. Die Frage, ob sie die Selbstständigkeit einem Arbeitnehmerverhältnis vorziehen würden, bejah ten bei einer Umfrage immerhin zwei Drittel der befragten US-Amerikaner. In Deutschland liegt die Quote nur bei 35 %. Das hat mit einer historisch gewachsenen Arbeitnehmerkultur, mit der Delegation von Verantwortung und der Risikobereitschaft der Menschen zu tun. Eine Gesellschaft, die erkennt, dass zur Bewältigung unserer Zukunftsaufgaben Mut, Eigeninitiative und Risikobereitschaft notwendig sind, muss diese Fähigkeiten möglichst frühzeitig vermitteln. kurz notiert... Personalzuwachs von 1,7 % im Handwerk im 1. Quartal 2007 Das zulassungspflichtige Handwerk Baden- Württembergs hat in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres 2007 mit einem Beschäftigtenplus von 1,7 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal abgeschlossen. Zeitgleich erhöhte sich der Umsatz der Handwerksunternehmen um 3,8 %. Den größten Personalzuwachs konnten die Handwerke für den gewerblichen Bedarf (+ 5 %) aufweisen. Zudem stockte das Bauhauptgewerbe (+ 3,2 %), das Nahrungsmittelgewerbe (+ 2,1 %), das Ausbaugewerbe (+ 1,2 %) sowie das Kraftfahrzeuggewerbe (+ 0,3 %) das Personal auf. Dagegen traf der Personalrückgang weiterhin vor allem das Friseurgewerbe mit einem Minus von 9,1 % sowie das Gesundheitsgewerbe mit eilnem Rückgang von 1,8 %. Die Umsatzentwicklung verlief im 1. Quartal 2007 im Vergleich zum Vorjahresquartal in den einzelnen Gewerbezweigen sehr unterschiedlich. Ein Umsatzplus erzielten das Bauhauptgewerbe (+ 22,3 %) sowie die Handwerke für den gewerblichen Bedarf (+ 11,9 %). Umsatzrückgänge mussten das Kraftfahrzeug- ( 5,9 %), das Friseur- ( 4,8 %), das Ausbau- ( 2 %) und das Nahrungsmittelgewerbe ( 0,1 %) hinnehmen. Das Gesundheitsgewerbe verzeichnete keinerlei Umsatzveränderung im Vergleich zum Vorjahresquartal. Mit dem Strukturwandel zur Wissensgesellschaft ändern sich die Anforderungen an einen Wirtschaftsstandort. Zwischen 1996 und 2004 hat die Wirtschaftsleistung preisbereinigt um durchschnittlich 2 % pro Jahr zugenommen. In den 44 Kreisen lag das durchschnittliche jährliche Wirtschaftswachs tum in diesem Zeitraum zwischen 0,4 und + 3,6 %. Ein Teil des Wirtschaftswachstums in den Kreisen ist auf deren spezifische Wirtschaftsstruktur und auf landesweit wirkende konjunkturelle Effekte zurückzuführen. Allerdings sind gerade sehr starke Abweichungen vom landesdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum nicht allein durch die Wirtschaftsstruktur zu erklären. Des Weiteren kann gezeigt werden, dass der Faktor Innovationsfähigkeit der Unternehmen im Zusammenspiel mit Erwerbstätigkeit und Anlagevermögen eine wichtige Rolle für das regionale Wirtschaftswachstum spielt. Für Baden-Württemberg ist bislang nicht erkennbar, dass sich Kreise in hoch verdichteten Ballungsräumen grundsätzlich besser entwickeln als andere Standorte. Die Kennzahlen im ausführlichen Regionalteil der Studie bieten die Möglichkeit, jeden Kreis und jede Region bezüglich der Stärke der oben genannten Wachstumsfaktoren im Landesvergleich einzuordnen. Gleichzeitig wird gezeigt, in welchem Maße dort wachstumshemmende oder wachstumsfördernde Faktoren wirksam sind, die der gesonderten Untersuchung bedürfen. Dieser Bericht wurde im Auftrag der Landesregierung erstellt und soll den Diskussionsund Entscheidungsprozess in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Baden-Württembergs mithilfe von Daten und Fakten unterstützen. 2007 Trends und Fakten 2006/07 Regionales Wirtschaftswachstum in Baden- Württemberg Die Veröffentlichung kann bestellt werden beim Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, Böblinger Straße 68, 70199 Stuttgart, Telefon: (0711) 641-28 66, Fax: (0711) 641-13 40 62, vertrieb@stala-bwl.de www.statistik-bw.de Trends und Fakten Regionales Wirtschaftswachstum Kartoniert, 148 Seiten, Preis: 6,00 Euro (zuzüglich Versandkosten) Artikel-Nr. 1114 07001 ISSN 1614-4880 7