Chronische lymphatische Leukämie (CLL) Beschreibung Diagnose Therapie 1999-2009 gefördert vom www.lymphome.de
Chronische lymphatische Leukämie 1 Was ist eine»chronische lymphatische Leukämie«? Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist eine Erkrankung, bei der im Blut, aber auch in den Lymphknoten, der Milz, der Leber und im Knochenmark auffallend viele bösartig veränderte B-Lymphozyten gefunden werden. Die B-Lymphozyten gehören zu den weißen Blutzellen und sind normalerweise im Körper für die Abwehr von Krankheiten und Fremdstoffen zuständig. Damit ist die CLL eine Erkrankung des lymphatischen Systems n Mandeln und wird zu den mehr als 40 verschiedenen Lymphom-Arten gezählt. n Thymus Kennzeichnend für die CLL ist ihr langsamer, schleichender Verlauf, n weshalb die Erkrankung als chronisch bezeichnet wird. Im Gegen- Milz satz zu den meisten anderen Lymphomen verläuft die CLL immer n Lymphgefäße leukämisch, das heißt, die Lymphomzellen lassen sich vor allem n Lymphknoten in großer Anzahl im Blut nachweisen. Zeigen sich die Zellen überwie- Knochenmark n gend in den Lymphknoten und weniger im Blut, handelt es sich um ein sogenanntes kleinzelliges lymphozytisches Lymphom, das aufgrund seines englischen Namens (engl. small lymphocytic lymphoma) auch mit den Buchstaben SLL abgekürzt wird. Die CLL und die SLL sind zwei Ausprägungen der gleichen Erkrankung und werden gleich behandelt. 2 Wie entsteht die CLL und was bewirkt sie? Die CLL beginnt mit der bösartigen Veränderung eines einzigen B-Lymphozyten, der sich nach und nach vermehrt. Anders als gesunde B-Lymphozyten sind diese CLL-Zellen für die Immun abwehr untauglich, aber sie leben wesentlich länger. Ihre langsam zunehmende Ansammlung im Knochen mark, Blut und in den lymphatischen Organen stört bzw. verhindert die normale Blutbildung. Die gesunden Blut zellen werden nach und nach verdrängt. 3 Wie häufig ist die CLL? Nach aktuellen Angaben des Robert-Koch-Instituts erkranken jedes Jahr rund 6.000 Menschen in Deutschland an einer chronischen lymphatischen Leukämie. Die CLL gehört zu den fünf häufigsten Lymphomen und ist die häufigste Leukämie (30 % aller Leu kämien) in Europa und Nordamerika. 4 Wer erkrankt an einer CLL und warum? Betroffene, bei denen eine CLL erstmals diagnostiziert wird, sind im Durchschnitt 73 Jahre alt. Das Risiko, eine CLL zu entwickeln, nimmt mit dem Lebensalter zu. Aufgrund routinemäßiger Blutuntersuchungen wird sie aber zunehmend auch bei jüngeren Patienten diagnostiziert. Männer erkranken fast doppelt so häufig wie Frauen. Die Ursachen dieser Erkrankung sind weitgehend unbekannt. Eine CLL wird im Laufe des Lebens erworben, kann aber nicht direkt vererbt werden. Dennoch scheinen genetische Faktoren eine Rolle zu spielen. So haben die Kinder von CLL-Patienten ein erhöhtes Risiko, später selbst an einer CLL zu erkranken. Ebenso haben möglicherweise Umwelt fak toren einen Einfluss auf die Entstehung der Erkrankung.
Aller dings gibt es keine klar umrissenen Risikogruppen oder ein Risikoverhalten, durch das die Erkrankung begünstigt wird. Erst zukünftige Studien werden sicher klären können, inwieweit bestimmte Umweltfaktoren die Entstehung einer CLL begünstigen. 5 Wie bemerkt man eine CLL? Die Symptome und der Verlauf einer CLL sind von Patient zu Patient sehr verschieden. Da die Erkrankung meist schleichend beginnt und langsam voranschreitet, wird die CLL oft zufällig bei einer routinemäßigen Untersuchung des Blutes festgestellt, ohne dass diese Erkrankung bereits konkrete Beschwerden verursacht. Patienten in fortgeschritteneren Stadien bemerken häufig Schwellungen der Lymphknoten, teilweise kann der Arzt Leber- und Milzvergrößerungen ertasten. Viele dieser Patienten leiden außerdem unter so genannten B-Symptomen wie Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust. Ständig wiederkehrende Infekte, Müdigkeit und das Nachlassen der allgemeinen Leistungsfähigkeit können ebenfalls mit einer CLL einhergehen. Manchmal führen erst diese Beschwerden dazu, einen Arzt aufzusuchen. 6 Welche diagnostischen Tests sind erforderlich? Besteht aufgrund einer andauernden Erhöhung der Leukozyten (= weiße Blutkörperchen), insbesondere der Lymphozyten (= Leukozyten, die an der Immunabwehr beteiligt sind) der Verdacht auf eine CLL, so ist eine genaue Untersuchung des Blutes erforderlich. Mittels einer»immunphänotypisierung«der Leukämiezellen können auf den Zelloberflächen die für eine CLL charakteristischen Merkmale bestimmt werden. Die CLL gilt als gesichert, wenn die Anzahl der veränderten B-Lymphozyten im Blut mehr als 5.000/µl beträgt und diese das für die CLL typische Oberflächenprofil CD5, CD19, CD20 und CD23 aufweisen. Die Entfernung eines Lymphknotens ist nur notwendig, wenn eine Abgrenzung der CLL von anderen Non-Hodgkin-Lymphomen durch die Blutuntersuchung nicht gelingt. Um Ursachen von Blutbildabweichungen wie zum Beispiel Anämien (= Blutarmut) abklären zu können, kann in Einzelfällen eine Knochenmarkuntersuchung notwendig sein. Um das Krankheitsstadium des Patienten bestimmen zu können, müssen neben dem Blutbild auch die Lymphknotenregionen sowie die Leber- und Milzgröße beurteilt werden. Maßgeblich hierfür ist der sorgfältige Tastbefund bei der körperlichen Untersuchung. Um die Ausbreitung der CLL komplett zu erfassen, werden zusätzlich bildgebende Diagnoseverfahren (konventionelles Röntgen, Ultra schall, ggf. Computertomografie (CT)) eingesetzt. Die Angabe des Krankheitsstadiums erfolgt in Europa im Rahmen der Binet-Klassifikation (Stadium Binet A, B oder C). Stadium nach Binet A B C Beschreibung Weniger als drei befallene Lymphknotenregionen, Hämoglobin mindestens 10 g/dl und Thrombozyten mindestens 100.000 pro Mikroliter Drei oder mehr befallene Lymphknotenregionen, Hämoglobin mindestens 10 g/dl und Thrombozyten mindestens 100.000 pro Mikroliter Hämoglobin niedrger als 10 g/dl und/oder Thrombozyten unter 100.000 pro Mikroliter, unabhängig von der Zahl der befallennen Lymphknotenregionen Tabelle 1: Stadieneinteilung der chronischen lymphatischen Leukämie nach Binet
(z.b. Ibrutinib, Idelalisib oder Venetoclax) werden bestimmte Signale der Tumorzellen unterdrückt. Die Inhibitoren werden als Tabletten eingenommen und können mit monoklonalen Antikörpern und/oder untereinander kombiniert werden. Besonders bei Patienten mit bestimmten Risikofaktoren, Begleiterkrankungen oder Vortherapien kommen diese Inhibitoren zum Einsatz. Sie werden in der Regel über einen längeren Zeitraum eingenommen. n Allogene Stammzelltransplantation: Abhängig vom körperlichen Allgemeinzustand wird bei Patienten mit einer ungünstigen Prognose gegebenenfalls auch eine Transplantation von Blutstammzellen eines gesunden Fremd- oder Familienspenders (= allogene Stammzelltransplantation) in Betracht gezogen. Aufgrund möglicher Unverträglichkeitsreaktionen sowie der erforderlichen Unterdrückung des Immunsystems ist diese Therapieoption mit erheblichen Risiken verbunden und wird nur bei ausgewählten Patienten durchgeführt. Andere Therapieverfahren (z.b. Operation oder Strahlentherapie) haben bei der Behandlung einer CLL nur eine geringe Bedeutung. 8 Welches Behandlungsergebnis ist zu erwarten? Mit den medikamentösen Behandlungsstrategien lässt sich eine fortgeschrittene CLL zurückdrängen und das Voranschreiten der Erkrankung verzögern. Dadurch kann die Lebenszeit der meisten CLL-Patienten deutlich verlängert werden. Oft erhalten Patienten mit einer CLL über viele Jahre mehrere Behandlungen, die immer wieder mit watch & wait-phasen abwechseln. 9 Wer ist auf die Behandlung der CLL spezialisiert? Die Therapie von Patienten mit CLL sollte durch niedergelassene oder in Krankenhäusern und Kliniken tätige Fachärzte für Hämatologie und Onkologie erfolgen. Die Behandlung der CLL wurde und wird vor allem mit Hilfe von klinischen Therapiestudien verbessert. Deshalb ist es auch für die Entwicklung zukünftiger Behandlungsstrategien wichtig, dass sich Patienten in Studien behandeln lassen. In Deutschland führt die Deutsche CLL Studiengruppe in Ko opera tion mit vielen Behandlungszentren Studien zur CLL durch und steht darüber hinaus Ärzten und Patienten für Beratungen zur Verfügung: n Deutsche CLL Studiengruppe (DCLLSG), Leiter: Prof. Dr. M. Hallek Universitätsklinikum Köln (AöR) Klinik I für Innere Medizin, D-50924 Köln 0221 478-88220 i cllstudie@uk-koeln.de www.dcllsg.de Die DCLLSG ist Mitglied im Kompetenznetz Maligne Lymphome e.v. (KML). Auf den KML-Internetseiten www.lymphome.de finden Ärzte und Patienten alle wichtigen Informationen zu aktuellen CLL-Studien und können nach Kranken häusern und Facharztpraxen suchen, die an diesen Studien teilnehmen und dadurch auf die Behandlung der CLL spezialisiert sind.
10 Wo bekomme ich Hilfe und Unterstützung? Beratung für Ärzte und Patienten Im Kompetenznetz Maligne Lymphome e.v. (KML) haben sich die führenden Lymphomforscher und Versorgungszentren zusammengeschlossen. Die Kooperation will die Kommunikation zwischen Wissen schaftlern, Ärzten und Betroffenen verbessern und Forschungs ergebnisse schneller zum Patienten bringen. Ziel ist die optimale Behandlung, Betreuung und Information für alle Lymphom-Patienten. n Kompetenznetz Maligne Lymphome e.v. Universitätsklinikum Köln (AöR), D-50924 Köln 0221 478-96000, 0221 478-96001 i lymphome@uk-koeln.de www.lymphome.de Patienten-Selbsthilfe Die Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.v. (DLH) ist der Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen. Die Geschäftsstelle steht auch Betroffenen mit Informationen zur Verfügung und vermittelt unter anderem Kontakte zu örtlichen Selbsthilfegruppen. n Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.v. Thomas-Mann-Str. 40, D-53111 Bonn 0228 33889-200, 0228 33889-222 i info@leukaemie-hilfe.de www.leukaemie-hilfe.de Impressum: Kompetenznetz Maligne Lymphome e.v. (KML) Universitätsklinikum Köln (AöR), D-50924 Köln, Tel.: 0221 478-96000, Fax: 0221 478-796001, E-Mail: lymphome@uk-koeln.de Autor: Prof. Dr. med. M. Hallek (Köln); Redaktion: S. Hellmich (KML) Die Herstellung dieses Faltblattes wurde von der AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG finanziell unterstützt. Das Unternehmen hatte keinen Einfluss auf den Inhalt. 3. Auflage 2017, 10.000 Stück