Kommt drauf an, wie das Glück entscheidet! Kinder schätzen Gewinnwahrscheinlichkeiten ein Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 1
Aufbau des Workshops Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Grundschule Gründe für die Thematisierung Kompetenzanforderungen Der Begriff der Wahrscheinlichkeit Das Spiel Ziffernkarten ziehen Gelegenheit zur eigenständigen Erforschung Einschätzung eines Kinderteams Fehlvorstellungen Analyse ausgewählter Kinderäußerungen (Arbeitsphase) und Diskussion über Fördermöglichkeiten Eine Unterrichtsreihe zum Spiel Ziffernkarten ziehen take-home-message Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 2
Gründe für die Thematisierung von Wahrscheinlichkeiten in der GS Entwicklung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs benötigt Zeit (vgl. Eichler 2010, S.8) Kinder sammeln viele Erfahrungen im Alltag und bauen teilweise Fehlvorstellungen auf (vgl. ebd.) Unreflektierte Fehlvorstellungen können Aufbau stochastischer Vorstellungen erschweren (Prediger 2005) Jedoch können Elemente der kombinatorischen Anzahlbestimmung und Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Grundschulkindern nur an realen Situationen aus ihrer Lebenswirklichkeit erarbeitet werden (vgl. Bobrowski 2010, S. 4) Besonders spielerische Anlässe bieten guten Anlass für Gespräche über Wahrscheinlichkeiten Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 3
Kompetenzerwartungen zum Thema Wahrscheinlichkeiten Kompetenzerwartungen im Lehrplan NRW: Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 4
Der Begriff der Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeiten geben an, mit welchem Grad an Sicherheit ein zufälliges Ereignis eintreffen wird Berechnung : Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis E = Anzahl aller für E günstigen Versuchsausgänge Anzahl aller möglichen Versuchsausgänge Man erhält Werte zwischen 0 (unmöglich) und 1 (sicher) Die Angabe einer Wahrscheinlichkeit ist keine Vorhersage! Sie gibt nur Auskunft darüber, wie groß die Chance ist, dass das gewünschte Ergebnis eintrifft! Gesetz der großen Zahlen: Bei einer sehr großen Anzahl von Versuchen nähert sich die relative Häufigkeit der günstigen Ereignisse der theoretisch berechneten Wahrscheinlichkeit an. Relative Häufigkeit = Verhältnis der Anzahl des Eintretens des Ereignisses zur Gesamtzahl der Versuche Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 5
Das Spiel Ziffernkarten ziehen Was vermuten Sie, sind die Spielregen fair? Überprüfen Sie nun: Haben beide Spieler die gleiche Gewinnwahrscheinlichkeit? Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 6
Einschätzung von Christine und Rebecca Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 7
Einschätzung von Christine und Rebecca Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 8
Einschätzung von Christine und Rebecca Erkennen Zusammenhang zwischen den möglichen Aufgaben und den Spielausgängen Begriff Wahrscheinlichkeitoder wahrscheinlicher wird nicht benutzt intuitives Verständnis der Wahrscheinlichkeit Scheinen zu übersehen, dass dieser Spieler ebenfalls eine Möglichkeit hat zu gewinnen ( Dann würde immer nur einer gewinnen. ) Nachfragen ergibt, dass die beiden wissen, dass auch der Spieler mit den ungeraden Zahlen gewinnen kann, dass dies aber selten vorkommen würde Für Kinder ist schwer ist, das, was sie meinen, unmissverständlich auszudrücken Für Kinder ist es gar nicht so leicht ist, zu sagen, was beim Spielen tatsächlich passiert (immer?) Es ist nicht immer eindeutig, ob die Kinder eine tragfähige Vorstellung haben oder ob Fehlvorstellungen vorherrschen. Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 9
Fehlvorstellungen Interpretation von Aufgabenverteilung bzgl. der Auswirkungen auf das Spiel sowie Interpretation von tatsächlichen Spielausgängen (vor allem solcher, die von den Erwartungen abweichen) für viele Kinder schwierig Häufig auf Fehlvorstellungen zurückführbar: Es werden verborgene Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Versuchen angenommen (also dass ein vorheriges Ereignis beeinflusst, welches Ereignis im Versuch danach wahrscheinlich ist) Vorstellung, der Zufall würde unregelmäßige" Ereignisse produzieren (beispielsweise beim Lotto: 1-2-3-4-5-6 ist unwahrscheinlicher als 2-6-12-15-26-39) Verwechselungvon geringer Wahrscheinlichkeitmit Unmöglichkeit, sowie hoher Wahrscheinlichkeit mit Sicherheit Vorstellungen, dass bestimmte Glück bringende Handlungen, wie Augenschließen o.ä., den Versuchsausgang beeinflussen können vgl. Eichler 2010, S. 8. Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 10
Analyse ausgewählter Kinderäußerungen Betrachten Sie die Ihnen vorliegenden Transkripte. Wie erklären sich die Kinder die unerwarteten Spielausgänge bzw. halten sie solche für möglich? Welche Fehlvorstellungen könnten die Kinder ggf. entwickelt haben? Bitte beachten Sie, dass teilweise nicht mehr die originale Gewinnregel, sondern eine von den Kindern modifizierte, Grundlage der Überlegungen war. Wie könnte man solche Situationen nutzen, wenn sie im Unterricht auftreten? Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 11
Kinderäußerungen Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 12
Kinderäußerungen Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 13
Handlungsmöglichkeiten Diskussionen im Plenum anregen Mit allen Kindern gemeinsam über die Bedeutung der Begriffe sprechen Plakat anlegen, auf dem die Bedeutung der Begriffe festgehalten werden Wortspeicher erstellen Kleine Versuchsreihen mit wenigen Runden durchführen (in Teams) kleine S chproben müssen nicht den Erwartungen entsprechen Alle kleinen Stichproben der Teams zusammentragen bei sehr vielen Versuchen entspricht die Verteilung immer mehr der Erwartung Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 14
Ablauf: Eine Unterrichtsreihe zum Spiel Ziffernkarten ziehen Initiierung der Reihe (Was macht ein Spielforscher? Was heißt fair?) Einführung des Spiels Ziffernkarten ziehen (Demo-Material) Arbeitsphase 1 (Ist das Spiel fair?) Klasse 3 bis 4 ca. 3 Schulstunden (Ausweitung möglich) Zwischenreflexion (Besprechung der Ergebnisse und Thematisierung der Begriffe wahrscheinlich, sicher, unmöglich) Arbeitsphase 2 (Neue Begriffe festigen und vertiefen) Zwischenreflexion (Nochmalige Anwendung der Begriffe auf das Spiel, wann ist ein Spiel fair?) Arbeitsphase 3 (Das Spiel fair machen) Abschlussreflexion (Faire Versionen vorstellen) Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 15
Arbeitsphase 1 Das Spiel erkunden Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 16
Arbeitsphase 1 Differenzierungsmöglichkeiten Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 17
Arbeitsphase 1 Eindrücke Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 18
Arbeitsphase 2 Mit den neuen Begriffen umgehen Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 19
Arbeitsphase 2 Eindrücke Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 20
Arbeitsphase 2 Eindrücke Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 21
Arbeitsphase 3 Das Spiel fair machen Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 22
Arbeitsphase 3 Differenzierungsmöglichkeiten 1, 3, 4 und 5. Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 23
Arbeitsphase 3 Eindrücke Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 24
Erweiterungsmöglichkeiten Vergleich von Wahrscheinlichkeiten (besonders beim Verändern von Gewinnregeln oder vom Kartensatz) Wahrscheinlichkeitsbarometer nutzen (eignet sich gut zum Vergleichen von Wahrscheinlichkeiten) Andere Spiele begutachten (Glücksräder, Würfelspiele, usw.) Inhaltsbereich Daten erheben stärker einbeziehen Wahrscheinlichkeitsbarometer Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 25
take-home-message Kinder sind gut dazu in der Lage, sich mit dem Thema Wahrscheinlichkeiten zu beschäftigen Sie äußern dazu viele kluge Gedanken ABER: Häufig herrschen Fehlvorstellungen vor, die zu späteren Zeitpunkten Schwierigkeiten bereiten können Kinder denken sehr unterschiedlich über Wahrscheinlichkeit (manchmal denken sie zu verschieden Zeitpunkten sogar selbst anders als kurz zuvor) Es ist sehr wichtig aufmerksam zu beobachten und zu analysieren, welche Denkweisen sich hinter Äußerungen von Kindern verbergen, da viele Aussagen nur latent mitschwingen und schnell unerkannt bleiben. Nur so ist es möglich Fehlvorstellungen zu erkennen und adäquat auf sie zu reagieren. Gerade der Anlass eines Glücksspiels eignet sich gut, um Kinder dazu zu bringen, über Wahrscheinlichkeiten nachzudenken Sie sind intrinsisch, also aus der Sache heraus, mo viert, haben Spaß und können viel Lernen Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 26
Materialien Alle Materialien (Vorlagen zum Basteln des Spiels Ziffernkarten spielen ) und eine konkrete Unterrichtsplanung inkl. aller Forscheraufträge und weiteren Dokumenten aus der Durchführung sowie eine Zusammenfassung wesentlicher inhaltlicher Aspekte finden Sie auf der PIK-AS-Seite im Bereich Unterrichtsmaterialien : http://www.pikas.tu-dortmund.de/material-pik/herausforderndelernangebote/haus-7-unterrichts-material/ziffernkarten-ziehen/ziffernkartenziehen.html Weitere Informationen sowie eine Analyse der betrachteten Äußerung von Kindern zum Spiel Ziffernkarten ziehen finden Sie auf der KIRA-Seite zum Thema Gewinnwahrscheinlichkeiten einschätzen : http://www.kira.tu-dortmund.de/front_content.php?idcat=627&lang=8 Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 27
Literatur Bobrowski, S. (2010): Neue Lerninhalte im Mathematikunterricht? Daten, Häufigkeiten und Wahrscheinlichkeiten sind nicht neu, aber vielfältig. Und sie fordern Schülerinnen und Schüler heraus. In: Praxis Grundschule. 33. Jg. H.3, S. 4. Eichler, K.-P. (2010): Wahrscheinlich kein Zufall Betrachtungen rund um Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit. In: Praxis Grundschule. 33. Jg., H. 3, S. 7-13. Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW (2008): Lehrplan Mathematik für die Grundschulen des Landes NRW. Frechen: Ritterbach. Verfügbar unter: http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/lehrplaene-gs/mathematik/ (Abruf am: 18.09.2012) Prediger, S (2005): Wenn man Schwein gehabt hat, kann man zwei Dreien kriegen. Fallbeispiele zu Überschneidungseffekten bei stochastischen Vorstellungen. In: Beiträge zum Mathematikunterricht 2005 online. http://www.mathematik.tu-dortmund.de/ieem/cms/media/bzmu/bzmu2005/beitraege/predigergdm05.pdf(abruf am 11.01.2012) Annabell Ocken, TU Dortmund 22. Symposium mathe 2000 28