Lexikalische Störungen im Kindesalter

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Transkript:

Lexikalische Störungen im Kindesalter Janin Schröder-Hoppe Klinische Linguistin (M.A.) Heilpraktikerin (Sprachtherapie) Praxis für akademische Sprachtherapie und Logopädie Lemgo Veranstaltung: Arbeitskreis Kindergarten-Schule, Kampschule Lemgo, 27.11.2015

Inhaltsangabe Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Lexikalische Störungen Umgang mit lexikalischen Lücken Verursachungshypothesen Therapiemethoden Das Wortschatzsammler-Konzept im Vorschulalter Therapiebeispiele Fazit Literatur

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Die Neugierde auf die Welt und das Vertrauen in wichtige Bezugspersonen, die ihnen die Welt verstehen helfen, sind die Triebfedern des sich ungestört entwickelnden Kindes. (vgl. Motsch et. al., 2014) Ein neugieriger Blick, das Zeigen auf etwas und später die vielen Was- und Warum-Fragen sind die ideale Strategie des Kindes, sich Informationen über die Welt und die Dinge und der Personen zu verschaffen.

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Dabei lernt das Vorschulkind wie nebenbei bereits bis zum Schuleintritt tausende Wörter und deren Bedeutung. Lebensalter Wortverständnis Wortproduktion 18 Monate 400 2 Jahre >500 285 (+/- 143) 3 Jahre 1000-2000 ca. 500 6 Jahre 9000-14000 3000-6000 Erwachsene 50.000-200.000 ca. 15.000

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Doch was ist zu tun, wenn ein Kind nicht mehr fragt, nicht mehr neugierig ist und ihm im Vergleich zu Gleichaltrige tausende Wörter fehlen?

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Wie erwirbt das Kind lexikalische Fähigkeiten? In den ersten Monaten repräsentieren Konzepte das vorhandene nonverbale Wissen des Kindes über Dinge, Tätigkeiten, Personen und Eigenschaften. Diese Konzepte werden zu einem späteren Zeitpunkt mit Wortformen verknüpft. Der erste Schritt der lexikalischen Entwicklung besteht also in einem kognitiven Konstruktionsprozess, dessen Ergebnis die Verarbeitung wahrgenommener Informationen zu Wissenskonzepten ist.

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Erst in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres kommt Sprache hinzu. In diesem sprachlichen Konstruktionsprozess lernt das Kind Laut-Klanggebilde, die wir als Wörter bezeichnen, mit bereits vorhandenen Konzepten zu verbinden. Das zuvor bedeutungsleere soziale Geräusch erhält erst durch die Verknüpfung mit dem Konzept eine Bedeutung. Diese mit Konzepten verbundenen Wortformen befinden sich im mentalen Lexikon, dem menschlichen Wortschatzspeicher.

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Wie kommen die Wörter in das mentale Lexikon? Die ersten Wörter die Kinder verstehen und später sprechen, hören sie in ähnlichen wiederkehrenden Interaktionssituationen des ersten Lebensjahres häufig. Diese Entwicklung des Wortverstehens durchläuft bei den Kindern verschiedene Phasen: 1. Phase: Sympraktisches Wortverstehen/Situationsverstehen ( guck-guck-da- Spiel )/Triangulierung (Verbindung zw. Kind-Objekt- Bezugsperson)

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten 2. Phase: Synsemantisches Wortverstehen: Überdiskrimination (Beispiel Ball) Übergeneralisierung (differenzierte semantische Merkmale fehlen noch) 3 Phase: Semantisches Wortverstehen Begriffsdifferenzierung (echtes semantisches Verständnis, vor allem wichtige Bezugspersonen liefern den Kindern die unterschiedlichen semantischen Merkmale, die zur Begriffsdifferenzierung beitragen)

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Wie entwickelt und strukturiert sich das mentale Lexikon? Kinder werden durch die immer größer werdende Anzahl von Wörtern geradezu gezwungen, Ordnung im Lexikon zu schaffen: Semantische Felder (20 Sinnbezirke bei Dreijährigen) Semantische Relationen (Oberbegriffe, Gegenteil-von, Wörter mit mehreren Bedeutungen, Wörter mit gleicher Bedeutung)

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Die Struktur des mentalen Lexikons kann man sich wie ein Netzwerk vorstellen. Hier werden semantische Merkmale als interagierende Knotenpunkte eingetragen und bei der Konzeptbildung miteinander verknüpft.

Beispiel Zitrone/Wahrnehmbare Merkmale?

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Durch vielfältige Erfahrungen des Kindes mit dieser Frust könnten mehrere wahrnehmbare Merkmale miteinander verknüpft werden: Gelb, oval, bitter, sauer, Fruchtfleisch, Kerne, Saft, Schale Funktionsmerkmale?

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Erfahrene Funktionen werden in das Netzwerk eingefügt: Aufschneiden, schälen, ausdrücken, pressen, rollen Hinzu kommen assoziative Vernetzungen, die auch situationaler oder emotionaler Art sein können: dadurch verknüpft das Kind mit seinem engeren Wissen über die Zitrone alle Erlebnisse, in denen es Teile der Zitrone in bestimmten Kontexten oder Bilder einer Zitrone auf bestimmten Produkten wahrgenommen hat:???

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Fisch, Cola, Spülmittel, Mallorca, Baum Verknüpfung mit einem phonologischen Plan: Durch mehrfaches Hören wird nun das Konzept mit der Wortform verbunden. Wörter werden nicht als Ganzes abgespeichert, sondern als Verknüpfungsregel einer endlichen Zahl von Phonemen (circa 40 im Deutschen) Bei dem Wort Zitrone müssen nun alle diesem Wort vorhandenen Phoneme aktiviert und in ihrer Reihenfolge als phonologischer Plan zusammengefügt werden.

Der Erwerb lexikalischer Fähigkeiten Je vollständiger die Konzepte elaboriert sind, je exakter die Wortformen als eine Abfolge von Phonemen eingespeichert wurden, je besser Konzepte und Wörter im mentalen Lexikon miteinander vernetzt sind über semantische Felder und semantische Relationen, umso zuverlässiger wird es einem Kind gelingen, die Zielwörter abzurufen und zu sprechen, die es für seine geplante Sprachproduktion benötigt.

Lexikalische Störungen Die Lexikalische Störung kann sich auf die Wortbedeutung die Wortform den Wortabruf und/oder die Struktur der lexikalischen Einträge beziehen. Häufiges Auftreten im Rahmen von umfassenden Entwicklungsstörungen, insbesondere im Rahmen von Sprachentwicklungsstörungen und/oder kognitiven Einschränkungen.

Lexikalische Störungen Zudem besteht ein starker Zusammenhang zwischen lexikalischen Störungen und Lese- Rechtschreibstörungen: Defizite in der phonologischen Informationsverarbeitung führen zunächst zur Ausbildung einer lexikalischen Störung, dann mit Schuleintritt zudem zu Schwierigkeiten im Erwerb der Schriftsprache.

Lexikalische Störungen Diagnose eingeschränkter Wortschatz ist zu pauschal! Quantitative Störung: zu wenig Wörter gelernt Qualitative Störung: Speicherqualität ist unzureichend Semantisch-konzeptionelle Speicherstörung: Daniel hat zum Eintrag Pfirsich bisher nur die semantischen Merkmale rund, süß, hat einen großen Stein in der Mitte abgespeichert. Diese Merkmale passen jedoch auch auf Nektarine, so dass diese beiden Wörter oftmals verwechselt werden. Daniel fehlen noch differenzierte semantische Merkmale.

Lexikalische Störungen Phonologische Speicherstörung Jonas benennt Nektarine als Netakrine. Die Wortform Nektarine wurden unzureichend analysiert und undifferenziert abgespeichert Semantische Substitution Anne benennt ein Bild von einer Libelle mit Biene. Evtl. handelt es sich um eine semantisch motivierte Ersetzung: Anne hat bisher zu wenig differenzierte semantische Merkmale gelernt, um die Bedeutungen dieser beiden nebengeordneten Einträge voneinander abzugrenzen.

Lexikalische Störungen Unzureichendes Wissen auf der Ebene der Wortform: die phonologische Wortform Libelle wurde phonologisch nur unzureichend analysiert und ist nur als grobes Klangfragment im Wortformlexikon gespeichert. Für die Produktion ist dieser Eintrag zu ungenau. Daher wird stattdessen ein Eintrag ausgewählt, der eine semantische Ähnlichkeit mit dem Zielwort hat.

Umgang mit Lexikalischen Lücken Wie gehen die Kinder mit den lexikalischen Lücken um? Vielfältige mögliche Kompensationsversuche: Verwenden von bedeutungs- oder klangähnlichen Wörtern Benutzen von unspezifischen Wörtern Umschreibungen Gestik und Mimik versuchen, die unzureichenden verbalen Möglichkeiten konstruktiv zu bewältigen

Umgang mit Lexikalischen Lücken Einige charakteristische Auffälligkeiten lexikalisch gestörter Kinder: Es besteht eine Bedeutungsähnlichkeit zwischen Zielund Ersatzwort: Ziege > Schaf, Pfirsich > Apfel Veränderung der Lautstruktur: Banane > Nane, Luftballon > Luffabon Semantisch-phonologische Substitution: Ampel > Lampe Neologismus: Bügeleisen > Glattmacher, fegen > besen

Umgang mit Lexikalischen Lücken Die Kompensationsstrategien, die die Kinder nutzen, sind meist unzureichend und führen zu kommunikativem Misserfolg. Vor allem dann, wenn die Anforderungen an den Wortschatz mit Eintritt in die Schule steigen und der Wortschatzgebrauch zunehmend abstrakter und flexibel wird. Lexikalische Unsicherheiten treten dann oftmals verstärkt in den Fordergrund.

Verursachungshypothesen Im ungestörten Lexikonerwerb sind die Kinder bestrebt, vorhandene Lücken im Lexikoninventar zu schließen. Dazu bedienen sie sich einer Reihe von Strategien: Nachfragen Bilden von kreativen Wortneuschöpfungen durch Kompositions- und Ableitungsprozesse Zunehmender Einsatz von metasprachlichen Fähigkeiten

Verursachungshypothesen Doch Kinder mit lexikalischen Störungen, fehlt meist auch der aktive und kreative Umgang mit Sprache. Sie fragen kaum nach, äußern weder Korrekturen noch bilden sie neue Wortformen sie wundern sich selten über sprachliche Äußerungen und sie entwickeln kaum metasprachliche Fähigkeiten. Dies hat zur Folge, dass sie ihre Erfahrungen im Alltag nicht ausreichend strukturieren und ihre vorhandenen Fähigkeiten und ihrem Wissen nicht zuordnen. (vgl. Füssnich, 2002)

Therapiemethoden Elaborationstherapie vs. Strategietherapie Klassischerweise steht in der lexikalischen Therapie mit Vorschulkindern die Vermittlung eines exemplarischen Wortschatzes im Vordergrund. In ausgewählten semantischen Feldern oder Themenbereichen sollen neue lexikalische Einträge erworben sowie differenziert abgespeichert werden und tiefer in das Netzwerk des mentalen Lexikons eingebunden werden. Über gezielte Abrufübungen und die hochfrequente Verwendung des neuen Wortschatzes soll zudem der Zugriff auf die lexikalischen Einträge optimiert werden.

Therapiemethoden Aber: Der Generalisierungseffekt auf neue Wörter blieb aus, lediglich Benennleistungen der geübten Wörter verbesserten sich. Die Vermittlung von allgemeinen lexikalischen Lernstrategien wird als erfolgsversprechender eingeschätzt. Erste Studien zeigen einen größeren Generalisierungseffekt auf ungeübtes Wortmaterial als auch in der langfristigen Abspeicherung des exemplarischen Therapiewortschatzes.

Das Wortschatzsammler-Konzept Ziel: Reaktionen des Kindes in den Situationen zu verändern, in denen ihm lexikalisches Wissen fehlt entweder weil ihm die Wortbedeutung oder die Wortform unbekannt ist oder weil vorhandenes lexikalisches Wissen nicht abgerufen werden kann. Hilfe zur Selbsthilfe: das eigenaktive Lernen wird angestoßen, um die Kinder (wieder) zu lexikalischen Staubsaugern werden zu lassen (vgl. Pinker 1994)

Das Wortschatzsammler-Konzept Prinzipien: Kinder mit lexikalischen Störungen ziehen sich immer stärker aus sprachlichen Interaktionen zurück. Viele Kinder zeigen sehr viel weniger spontanes Frageverhalten um sich neues Wissen zu erschließen. Einige Kinder haben kein Bewusstsein darüber, dass ihnen bestimmte Wörter unbekannt sind. Sie geben sich damit zufrieden, dass sie sprachliche Äußerungen nur oft so ungefähr verstehen, dass es also immer einige Wörter gibt, deren Bedeutung sie nicht kennen.

Das Wortschatzsammler-Konzept Methode: Die Kinder gehen mit dem Piraten Tom auf Schatzsuche. Ziel ist es möglichst viele Schätze, also unbekannte Wörter, zu finden. Über die Handpuppe bietet die Therapeutin die verschiedenen Strategien immer wieder modellhaft an. Zudem bietet sich so eine Situation, in der sowohl das Kind als auch Tom die Therapeutin als 3. Person nach fehlendem lexikalischem Wissen fragen können.

Das Wortschatzsammler-Konzept Strategie Ziel Beispiele Selbstevaluationsstrategie Aktives Suchen nach unbekannten Wörtern Welche Dinge in der Kiste kenne ich nicht? Fragestrategien Frage nach der Bedeutung Frage nach der Wortform Speicherstrategien Verbesserte Enkodierung d. Segmentieren o. Memorieren Abrufstrategien Kategorisierungsstrategien Eigenständiges Deblockieren durch Erinnern aller verfügbaren Informationen Verdeutlichen von vielfältigen Gliederungsprinzipien und semantischen Relationen Wozu braucht man das? Was kann man damit m machen? Wie heißt das? Silben klatschen, hüpfen, Zaubertrick: mehrfach gedehntes Sprechen Wie fing das Wort an? Es klang so ähnlich wie Das war doch gelb und Welche Dinge passen zusammen? Warum? Was gehört nicht auf diese Seite?

Das Wortschatzsammler-Konzept Phase 1: Entdecken der Schatztruhe Phase 2: Erkunden und Ausprobieren der gesammelten Schätze Phase 3: Die Kontrollinstanz: der Zauberer Phase 4: Kategorisieren: Einkleben ins Schatzheft

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Obstsaft auspressen

Therapiebeispiel Im Bad

Fazit Mit dem Therapiekonzept Wortschatzsammler können lexikalisch gestörten Kindern bereits ab dem Alter von vier Jahren allgemeine lexikalische Lernstrategien in einem kindgemäßen, spielerischem Setting vermittelt werden. Der anschließende Transfer der Strategien in den Alltag des Kindes stellt eine Kernaufgabe dar, die möglichst in enger Kooperation mit den Eltern und anderen Bezugspersonen erfolgen sollte.

Fazit Die sprachtherapeutische Intervention leistet eine Art Anschubfunktion, in dem in einem umgrenzten zeitlichen Rahmen Lernprozesse angestoßen werden, so dass die Kinder ihre eigenaktiv lexikalische Fähigkeiten verbessern und ihren Wortschatz auch außerhalb des therapeutischen Settings erweitern können.

Literatur Motsch, Mark, Ulrich, Wortschatzsammler, 2014 Ulrich, Schneggenburger, Lexikalische Strategietherapie für Vorschulkinder mit dem Wortschatzsammler, Sprachförderung und Sprachtherapie, S. 63-71, 2012 Zollinger, Barbara, Die Entdeckung der Sprache. 1991