Handreichung Schullaufbahn

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Transkript:

Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt Volksschulen Handreichung Schullaufbahn Mappe A Beurteilen allgemein 2015

Impressum Volksschulleitung, Erziehungsdepartement Basel-Stadt November 2015 Bezugsadresse Sekretariat Volksschulen Kohlenberg 27, 4001 Basel 061 267 54 60 volksschulen@bs.ch Redaktion Claudia Henrich Gestaltung VischerVettiger, Kommunikation und Design, Basel Illustration: Sarah Weishaupt Druck WernerDruck Basel neutral Drucksache No. 01-15-431161 www.myclimate.org myclimate The Climate Protection Partnership

Inhalt 1 Einleitung zur Mappe A 3 2 Beurteilen und Fördern 4 2.1 Grundsätze des Beurteilens 4 2.2 Der Förder- und Beurteilungskreislauf 10 2.3 Umsetzungshilfen 14 Literatur 20

Was ich einmal werden will Die Schullaufbahn führt Kinder und Jugendliche in die Gesellschaft. Die Lehrpersonen tragen die Verantwortung, dass sie ihre Schülerinnen und Schüler auf dem Lauf durch die Schule begleiten, ihnen den Weg weisen, sie in Durststrecken unterstützen und sie auch laufen lassen können. Dazu gehört auch die Vorbereitung auf den Berufsweg. Was Kinder werden wollen und werden können, hängt nicht nur, aber sehr stark von ihrer Schullaufbahn ab. Die Illustrationen in allen Mappen dieser Handreichung zeigen, wie sich Kinder und Jugendliche ihre berufliche Zukunft vorstellen. Mit einem Augenzwinkern sollen sie die Lehrpersonen an die wichtige, manchmal anstrengende aber meist schöne Führungs- und Begleitaufgabe erinnern, die sie auf den verschiedenen Etappen der Schullaufbahnen ihrer Schülerinnen und Schüler übernehmen dürfen.

1 Einleitung zur Mappe A «Wieweit man auch versucht, Beurteilungsverfahren zu objektivieren: Menschen werden immer von Menschen beurteilt. Auch durch noch so hochgradig strukturierte Beurteilungsverfahren lassen sich subjektive Urteilsverzerrungen nicht vermeiden.» Seyfried, 1995 Sehr geehrte Schulleiterinnen und Schulleiter Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer Die Psychologin Brigitte Seyfried weist auf ein Grundproblem der Beurteilung und Bewertung hin, nämlich dass Urteile und Wertungen subjektiv gefärbt sind. Dessen ist man sich als Lehrperson zwar bewusst. Dennoch und gerade deshalb muss es das Ziel einer Lehrperson sein, sich objektiven Urteilen und Wertungen anzunähern. Damit setzen sich alle in ihrer Lehrerinnen- und Lehrerlaufbahn immer wieder auseinander. In der Mappe A wird gezeigt, welche Möglichkeiten es dazu gibt. Gutes Beurteilen bedingt, dass an einer Schule darüber geredet wird und sich ein pädagogisches Team oder eine Schule als Ganzes eine Meinung darüber bildet, was unter guter Beurteilung verstanden wird. Im Kapitel 2.1 werden deshalb die Grundsätze des Beurteilens vorgestellt, mit denen man sich in einer Schule oder in einem pädagogischen Team befasst, um gemeinsam zu einer guten Beurteilung und Bewertung zu gelangen. Der Beurteilungs- bzw. Förderkreislauf, der sich aus dieser Sicht auf die Beurteilung und Förderung ergibt, wird im Kapitel 2.2 dargestellt. Schliesslich werden im Kapitel 2.3 Hilfen und Diskussionsgrundlagen zur Umsetzung der Beurteilung und Förderung in der Volksschule angeboten. Basel, August 2013 Die Projektleitung Schulharmonisierung Die Volksschulleitung Basel-Stadt Beurteilen allgemein Mappe A 3

2 Beurteilen und Fördern 2.1 Grundsätze des Beurteilens Beurteilung und Förderung bedingen sich gegenseitig, weil anhand einer guten Beurteilung der Lernstand des Lernenden erfasst wird und so der neue Lernbedarf und die damit zusammenhängende Förderung eruiert werden können. Beurteilung und Förderung sind demzufolge anspruchsvolle Herausforderungen in der Schulpraxis. Die Mappe A zum Beurteilen und Fördern an den basel-städtischen Volksschulen stützt sich auf fünf Grundsätze und deren Ausführungen, die für ähnliche Publikationen in den Kantonen Zug und unter anderem Solothurn entwickelt wurden. Diese Grundsätze spiegeln das aktuelle Theorie- und Praxiswissen zu diesem Thema wider. Der übergeordnete Leitsatz und die nachfolgenden fünf Grundsätze eignen sich als Diskussionsgrundlage für eine Schule, die auf der Grundlage der neuen Schullaufbahnverordnung eine gemeinsame Beurteilungskultur entwickeln will. Leitsatz Jede Schule setzt sich vertieft mit der Beurteilungskultur an ihrem Standort auseinander. Grundsatz 1 Die Lehrpersonen unterscheiden Lernsituationen von Leistungssituationen und kennen die dazugehörigen Beurteilungsfunktionen. Grundsatz 2 Die Lehrpersonen unterscheiden verschiedene Bezugsnormen. Sie sind sich der Vorzüge, aber auch der Problematik der verschiedenen Normen bewusst. Grundsatz 3 Die Lehrpersonen beurteilen neben der Sachkompetenz (Fachbereiche und Fächer) ebenfalls die Selbstkompetenz (Lern- und Arbeitsverhalten) sowie die Sozialkompetenz (Sozialverhalten) der Schülerinnen und Schüler. Grundsatz 4 Die Lehrpersonen ermöglichen eine altersgemässe Selbstbeurteilung der Schülerinnen und Schüler. Grundsatz 5 Die Lehrpersonen gewährleisten Transparenz im Beurteilungsprozess. 4

2 Beurteilen und Fördern 2.1 Grundsätze des Beurteilens Leitsatz Jede Schule setzt sich vertieft mit der Beurteilungskultur an ihrem Standort auseinander. Für eine Lehrperson gehört das möglichst objektive Beurteilen und Bewerten zum professionellen Auftrag. Beurteilen ist allerdings immer auch ein subjektives Geschäft, das unter anderem geprägt ist durch das eigene Menschenbild, die Berufsauffassung sowie durch Umgebungsfaktoren wie z.b. den Schulstandort und die sozialen und kulturellen Lebensumstände der Schülerinnen und Schüler. Um die Subjektivität zu minimieren und zu einer möglichst objektiven und gerechten Beurteilung zu kommen, soll ein Kollegium eine übereinstimmende Beurteilungspraxis anstreben. Das geschieht, indem man sich auf Qualitätsmerkmale guter Beurteilung einigt und so zu einer gemeinsamen Beurteilungskultur gelangt. Die folgenden fünf Grundsätze bilden die Basis, um über die Qualität des Beurteilens in der Schule zu diskutieren und dadurch eine Übereinkunft zu erzielen. Sie bauen auf den bereits publizierten Grundsätzen für den Unterricht und die Zusammenarbeit auf und präzisieren einzelne Grundsätze und Punkte daraus (vgl. auch Förder- und Beurteilungskreislauf S. 10). Die Verantwortung, diesen Prozess anzuleiten, liegt bei der Schulleitung. Die Verantwortung, die Kultur zu schaffen und sie zu erhalten, liegt bei den Lehrpersonen und den Teams. Grundsatz 1 Die Lehrpersonen unterscheiden Lernsituationen von Leistungssituationen und kennen die dazugehörigen Beurteilungsfunktionen. Lernsituation Ziel einer Lernsituation ist es, Schülerinnen und Schüler durch Unterstützung und Begleitung ihres Lernprozesses zu fördern. Der grösste Teil des Unterrichts besteht aus Lern- und Übungssituationen. Die Beurteilung in einer Lernsituation hat demzufolge eine formative, d.h. den Lernprozess begleitende und steuernde Funktion. Sie gibt Hinweise auf das Weiterlernen der Schülerinnen und Schüler und zielt somit auf den Lernweg und den Lernertrag. Für die Lehrpersonen gibt das Nachvollziehen des Lernprozesses Hinweise zur Gestaltung der Lehr- und Lernumgebung. Durch Rückmeldungen, beispielsweise mithilfe unbenoteter Lernerfolgskontrollen oder Fehleranalysen, begleiten und unterstützen die Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler. Diese lernen dadurch allmählich, ihren Lernweg selber zu steuern. Schülerinnen und Schüler erkennen eine Lernsituation daran, dass sie die Lernziele einer neuen Unterrichtseinheit kennen und verstehen, woran gemessen wird, ob und wie gut sie diese im Laufe der Unterrichtseinheit erfüllen können. dass sie erfahren, wie die Lerninhalte und die Lernziele der neuen Unterrichtseinheit an ihr Vorwissen anknüpfen. dass sie damit beschäftigt sind, gemeinsam und einzeln eine Aufgabe oder ein Problem zu bearbeiten, Antworten zu suchen, Lösungen zu finden, und dabei Kenntnisse erwerben, Einsichten gewinnen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten entdecken, ausprobieren, üben und sich aneignen können. dass sie im Lernprozess Fehler machen dürfen. Sie können Fehler als Lernanlass nehmen, ihr Verständnis zu vertiefen und ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verbessern. dass sie sich durch Lehrpersonen in ihrem Lernprozess unterstützt fühlen, zum Beispiel mit Feedback zum eingeschlagenen Lernweg oder durch gezielte Hilfestellungen. dass sie selber feststellen können, inwieweit sie die gesetzten Ziele schon erreichen oder ob sie eine weitere Übungsschlaufe brauchen. Beurteilen allgemein Mappe A 5

2 Beurteilen und Fördern 2.1 Grundsätze des Beurteilens Für die formative Beurteilung im Unterricht lassen sich für die Lehrpersonen folgende Aufgaben ableiten (siehe auch Checkliste für die formative Beurteilung S. 14): Die Lernziele mitsamt den Erfüllungskriterien sowie deren Anbindung an den Kompetenzaufbau im Lehrplan 21 sind geklärt. Die Lernziele sind für die Schülerinnen und Schüler in einer für sie verständlichen Form dargestellt. Fragen im Unterricht werden genutzt, um Lernwege der Schülerinnen und Schüler aufzudecken. Die gewonnenen Informationen aus dem Förderprozess werden laufend bei der Förderung und Unterrichtsgestaltung mit berücksichtigt. Schülerinnen und Schüler werden immer wieder systematisch beobachtet. Lernförderliche Feedbacks werden gegeben. Formative Lernstandsanalysen und Lernzielkontrollen stehen zur Verfügung. Schülerinnen und Schüler werden angehalten, immer wieder Selbstbeurteilungen zu ihren Leistungen sowie zu ihrem Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten durchzuführen. Leistungssituation Die Beurteilung bzw. Bewertung in einer Leistungssituation dient einer abschliessenden Bilanz über das Wissen und Können, das sich eine Schülerin oder ein Schüler in einer Unterrichtseinheit erarbeitet hat. Dies nennt man die summative Funktion der Beurteilung. Sie bildet die Basis für die Beurteilung der Sachkompetenz bzw. der Fächer und Fachbereiche in den Zeugnissen und Lernberichten und schliesslich auch für die Selektionsentscheide. In Leistungssituationen müssen die Schülerinnen und Schüler vielfach nach längeren oder kürzeren Lernabschnitten den von ihnen erzielten Lernerfolg mithilfe einer Leistungserhebung (schriftliche, mündliche, handlungsorientierte, produkteorientierte oder prozessorientierte Überprüfung) nachweisen. Eine Leistungssituation kommt in diesen Fällen gewöhnlich am Ende einer Unterrichtseinheit vor und macht den kleinsten Teil des Unterrichts aus. Eine Leistungssituation kann aber auch länger andauern. So können Schülerinnen oder Schüler z.b. einzeln oder in Gruppen den Auftrag erhalten, selbstständig ein Produkt anzufertigen, das summativ beurteilt und bewertet werden soll. Dazu gehören Präsentationen oder Berichte ebenso wie Werkstücke oder Ausstellungen, womit die Schülerinnen und Schüler ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten unter Beweis stellen. Im Hinblick auf den Lehrplan 21 ist es sinnvoll, in der Unterrichtspraxis zwei Formen der Leistungssituation bzw. der summativen Beurteilung auseinanderzuhalten. Zum einen können dies Lernziele einer Unterrichtseinheit sein, zum anderen kann von Zeit zu Zeit aber auch eine Kompetenz bzw. Kompetenzstufe, wie sie im Lehrplan 21 aufgeführt ist, Gegenstand der Beurteilung sein. Kompetenzen erwerben die Schülerinnen und Schüler über längere Lernprozesse, das heisst über eine Abfolge von Unterrichtseinheiten. In der einzelnen Unterrichtseinheit hingegen eignen sie sich Wissenselemente und Teilfähigkeiten sowie Teilfertigkeiten an, die idealerweise stets mit früher Gelerntem zusammengeführt und in anderen und neuen Situationen geübt und angewendet werden. In ihrer Summe führen die aufeinander aufbauenden Unterrichtseinheiten von z.b. zwei Schuljahren die Schülerinnen und Schüler schliesslich zu den Kompetenzstufen gemäss Lehrplan 21. Beispiel: Schülerinnen und Schüler müssen schon viele Dinge geübt und gelernt haben, bevor sie in einem Vortrag der Klasse ein Buch vorstellen können. Dieser kann dann von der Lehrperson nach bestimmten und den Kindern vertrauten Kriterien beurteilt und bewertet werden. Schülerinnen und Schüler erkennen eine Leistungssituation daran, dass sie vor der Leistungserhebung wissen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden. dass sie schon vor der Leistungserhebung wissen, welche Kriterien sie erfüllen müssen, damit ein Ziel als erreicht gilt (z.b. wie viele Punkte in einer Leistungserhebung erreicht werden müssen). dass sie damit beschäftigt sind, gemeinsam oder einzeln eine Aufgabe, ein Problem zu lösen, und dabei ihre Kenntnisse und Einsichten sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten unter Beweis stellen. dass sie Fehler möglichst vermeiden. Erwartet wird von den Lehrpersonen, dass die summative Beurteilung sich möglichst an sachlichen Kriterien ausrichtet und nachvollziehbar ist. Für gute summative Beurteilungen sind folgende Punkte hilfreich (siehe auch Checkliste für die Gestaltung und Bewertung von Leistungserhebungen S. 18 f.): Prüfungen lernzielorientiert gestalten. Das bedeutet, dass auch die Bewertungen wie Noten oder Prädikate nach der lernzielorientierten Norm abgegeben werden. Bei komplexen Zielen mit Bewertungsrastern arbeiten (siehe Beispiel Mappe B, Kap. 4.5, S. 36). 6

2 Beurteilen und Fördern 2.1 Grundsätze des Beurteilens Zur Reflexion der Beurteilungspraxis und zur weiteren Annäherung an eine möglichst gerechte Beurteilung gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Zum Beispiel: Eine Lehrperson oder ein Team entwerfen eine Leistungserhebung für die ganze Klassenstufe. Nach der Leistungserhebung und der Korrektur wird im Team verglichen und diskutiert. Eine Lehrperson führt eine Leistungserhebung mit anderen Klassen durch. Eine Lehrperson kontrolliert bei der Leistungserhebung einer Kollegin oder eines Kollegen, ob die Lernziele mit den Aufgabenstellungen übereinstimmen. Eine Lehrperson lässt eine Leistungserhebung von einer Kollegin, einem Kollegen des Teams korrigieren. Lern- und Leistungssituation überschneiden sich immer wieder dort, wo eine summative Beurteilung als Grundlage für das weitere Lernen eingesetzt und so wieder zu einer Lernsituation wird. Grundsatz 2 Die Lehrpersonen unterscheiden verschiedene Bezugsnormen. Sie sind sich der Vorzüge, aber auch der Problematik der verschiedenen Normen bewusst. Um eine Leistung beurteilen zu können, braucht eine Lehrperson einen Beurteilungsmassstab. Es werden drei Beurteilungsmassstäbe bzw. Bezugsnormen vorgestellt. Mit der Bezugsnorm wird die Art des Massstabs bezeichnet, nach dem eine Leistung gemessen wird. Die lernzielorientierte Bezugsnorm. Vor der Leistungsbeurteilung werden sachliche Leistungsanforderungen und Erfüllungskriterien formuliert. Als gut wird eine Leistung bezeichnet, die den Kriterien entspricht oder diese übertrifft. Die individuelle Bezugsnorm. Hier wird der individuelle Lernzuwachs beurteilt. Gut ist eine Leistung dann, wenn sie sich bei einer Schülerin oder einem Schüler im Vergleich zu früheren Leistungen verbessert hat. Die soziale Bezugsnorm. Die Leistungen Einzelner werden mit den Leistungen einer Gruppe (z.b. einer Klasse) verglichen. Dabei wird die Leistung des Einzelnen im Verhältnis zur Gruppe beurteilt. Als gut gilt hier eine Leistung, die über dem Durchschnitt aller erbrachten Leistungen steht. Diese Norm wird in der Schullaufbahnverordnung explizit nicht genannt. Bei jeder Beurteilung gilt es, sich also für die lernzielorientierte oder die individuelle Bezugsnorm zu entscheiden. In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Eckwerte der Bezugsnormen zusammengefasst. Bezugsgrösse Aussagen über Beurteilungsformen lernzielorientierte Bezugsnorm Kompetenz Lernziel Kriterium Erreichen der Kompetenzen, Lernziele, Kriterien Leistungserhebung/ Leistungstest Beurteilung nach Kriterien Check (klassenübergreifender Leistungstest) individuelle Bezugsnorm individueller Lernzuwachs den individuellen Lernfortschritt Rückmeldung Leistungserhebung/ Leistungstest Selbsteinschätzung Beurteilen allgemein Mappe A 7

2 Beurteilen und Fördern 2.1 Grundsätze des Beurteilens Grundsatz 3 Die Lehrpersonen beurteilen neben der Sachkompetenz ebenfalls die Selbstkompetenz sowie die Sozialkompetenz der Schülerinnen und Schüler. Ziel allen Unterrichts ist die lernzielorientierte Förderung aller Schülerinnen und Schüler in der Sach-, Selbst- und der Sozialkompetenz. Die Sachkompetenz wird in der Primarschule und der Sekundarschule unter dem Titel Fachbereiche und Fächer beschrieben. Die Selbstkompetenz wird in der Primarschule als Lern- und Arbeitsverhalten und die Sozialkompetenz als Sozialverhalten gefasst. Ziele werden auch im Lern- und Arbeitsverhalten sowie im Sozialverhalten gesetzt, erreicht und überprüft. Grundlage dazu bilden einerseits die Kompetenzen, die im Lehrplan 21 dazu beschrieben werden, sowie die Merkmale zu einzelnen Bereichen der Selbstkompetenz bzw. des Lern- und Arbeitsverhaltens und des Sozialverhaltens, die im Lernbericht zu finden sind. Die Selbstkompetenz bzw. das Lern- und Arbeitsverhalten und das Sozialverhalten können mit Beobachtung und der daran anschliessenden Interpretation der Beobachtung eingeschätzt werden (siehe Beobachtungen durchführen S. 15 f.). Für eine differenzierte Beobachtung steht den Lehrpersonen zu jedem Verhaltensziel eine Liste von Merkmalen zur Verfügung, die im Unterricht beobachtbar sind (s. Lernbericht). Wiederum gilt: Auch in diesen Bereichen müssen die Schülerinnen und Schüler die Ziele und die Kriterien, ab wann ein Ziel erreicht ist, kennen und sie verstehen, damit sie sich entsprechend verhalten können. In der Lernsituation werden die Lernziele durch Beobachtung und Förderung entwickelt und gefördert. In der Leistungssituation wissen die Schülerinnen und Schüler, welche Ziele sie in dem Lern-, dem Arbeitsund dem Sozialverhalten zu erreichen haben, und sie erfahren am Schluss, ob und in welchem Mass sie die Lernziele erreicht haben. Grundsatz 4 Die Lehrpersonen ermöglichen eine altersgemässe Selbstbeurteilung der Schülerinnen und Schüler. Ziel der Selbstbeurteilung ist, dass die Schülerinnen und Schüler nach und nach die Verantwortung für ihr Lernen übernehmen. Dazu leitet die Lehrperson sie an, über ihr Denken, Fühlen und Handeln nachzudenken und sich dazu zu äussern. Die Fähigkeit zur Selbstbeurteilung hängt vom Entwicklungsstand der Schülerin oder des Schülers ab. Sich selber zu beurteilen, heisst, sich und sein Handeln auf einer Metaebene sozusagen aus der Vogelperspektive betrachten zu können. Jüngere Kinder argumentieren noch stark aus ihrer Befindlichkeit heraus. Im Laufe der Entwicklung und aufgrund der Übung gelingt es den Schülerinnen und Schülern immer besser, die Ergebnisse oder den Prozess einer Arbeit mit den verlangten Kriterien und dem eigenen Verhalten in Beziehung zu setzen. Bereits ab dem Kindergartenalter können Lehrpersonen den Kindern wichtige Qualitäten vermitteln, die zu einer lernprozessbezogenen Selbstbeurteilung führen. In der Lernsituation kann die Selbstbeurteilung anhand diverser Techniken und Strategien angeleitet und geübt werden. In der Leistungssituation können die Schülerinnen und Schüler ihre Leistungen anhand der eingeübten Strategien selber einschätzen und dokumentieren (z.b. mit einem Portfolio). Ein im Kanton Solothurn verwendetes Stufenmodell zeigt den Aufbau zu einer altersgemässen Selbstbeurteilung. Stufe 1 Bewusstsein für die eigene Befindlichkeit wecken Stufe 2 Momentane Befindlichkeit ausdrücken lernen Stufe 3 Sich selber beobachten Stufe 4 Beobachtungen vergleichen und interpretieren Stufe 5 Eigenes Produkt in Bezug zu Kriterien setzen Stufe 6 Eigenes Verhalten überdenken Stufe 7 Eigenes Verhalten in Bezug zu Normen setzen Stufe 8 Eigene Leistung in Bezug zu Zielen setzen 8

2 Beurteilen und Fördern 2.1 Grundsätze des Beurteilens Schülerinnen und Schüler erkennen die Förderung der Selbstbeurteilung daran, dass sie immer wieder Gelegenheit erhalten, über eigene Gefühle und die der anderen zu sprechen oder die Gefühle darstellen und beschreiben zu können. dass sie angeregt werden, über ihren Lernprozess und das eigene Verhalten in der Gruppe nachzudenken, ihn zu dokumentieren und/oder sich dazu äussern zu können. dass sie neue Lernstrategien kennen lernen. dass sie Rückmeldungen von Lehrpersonen über ihren Lernweg erhalten, an denen sie ihre eigene Selbstbeurteilung messen und vergleichen können. dass sie sich von der Lehrperson unterstützt und begleitet fühlen. Lehrpersonen fördern die Selbstbeurteilung ihrer Schülerinnen und Schüler zum Beispiel durch folgende Punkte: Sie schaffen der Entwicklung angepasste Gelegenheiten für die Schülerinnen und Schüler, sich selber zu beurteilen (von der Einschätzung der eigenen Befindlichkeit zur/zum Eigenverantwortung übernehmenden Schülerin oder Schüler). Sie begleiten die Schülerinnen und Schüler, indem sie den Lernprozess mit Fragen unterstützen und so in einen Dialog mit der Schülerin oder dem Schüler treten. Sie geben den Schülerinnen und Schülern in vernünftigen Zeitabständen sowohl mündlich wie auch schriftlich Rückmeldungen zu ihrem Lernprozess. Grundsatz 5 Die Lehrpersonen gewährleisten Transparenz im Beurteilungsprozess. Sowohl Lehrpersonen als auch Schülerinnen und Schüler brauchen Transparenz in der Lern- und Leistungssituation. Für die Schülerinnen und Schüler ist es motivierend, zu wissen, welches die anzustrebenden Lernziele und schliesslich auch die zu erwerbenden Kompetenzen sind und welchen Nutzen ihnen das Erreichen dieser Ziele bzw. Kompetenzen bringt. Sie sollen wissen, wie und in welchem Zeitraum sie die Ziele erreichen können. Sie müssen frühzeitig darüber informiert werden, wann die Lernziele in einer Leistungserhebung überprüft werden, und sie müssen bei der Leistungserhebung die Kriterien kennen, nach denen bewertet wird. Das heisst auch, dass es keine Leistungserhebungen gibt, bei denen die Schülerinnen und Schüler nicht über die vorhergehenden Punkte informiert wurden. Für die Schülerinnen und Schüler muss zudem klar sein, wann die Lernsituation durch die Leistungssituation abgelöst wird. Transparenz wird auch gegenüber den Eltern gewährleistet. Für die Eltern soll nachvollziehbar sein, wie die Beurteilungen und Einschätzungen zustande kommen. Das gilt für die Einschätzungen zur Selbstkompetenz bzw. zum Lern- und Arbeitsverhalten und zum Sozialverhalten wie auch für die einzelnen Leistungserhebungen und letzten Endes auch für die Prädikate und Noten im Zeugnis (siehe Checkliste, S. 18 f.). In der Lernsituation ist Transparenz für die Schülerinnen und Schüler daran erkennbar, dass sie die Lernziele kennen und verstehen. dass sie die Lernziele z.b. schriftlich erhalten. dass sie wissen, wie viel Zeit sie haben, um die Lernziele zu erreichen. dass sie wissen, in welcher Form die Leistung überprüft werden wird. dass sie auch anhand von Aufgabenstellungen üben können, die denen der Leistungserhebung gleich oder ähnlich sind. dass sie selber überprüfen können, ob sie die Lernziele schon erreicht haben (formative Lernkontrolle). In der Leistungssituation ist Transparenz für die Schülerinnen und Schüler daran erkennbar, dass sie in der Leistungserhebung die Art der Aufgabenstellungen wieder erkennen und so auch einen Bezug zu den Lernzielen herstellen können. dass sie wissen, nach welchen Kriterien ihre Leistung bewertet wird. Beurteilen allgemein Mappe A 9

2 Beurteilen und Fördern 2.2 Der Förder- und Beurteilungskreislauf 2.2 Der Förder- und Beurteilungskreislauf 5 Summative Funktion der Beurteilung FÖRDERUNG AUS SICHT DER SCHÜLER/-INNEN Selber beurteilen, ob die Ziele erreicht sind, über den Lernprozess in den Fachbereichen und Fächern sowie im Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten nachdenken und sich dazu selber beurteilen. 6 PRÜFEN Prüfung vorbereiten und Lernende informieren, Prüfung durchführen, bewerten und rückmelden. Das führt zu einer neuen Standortbestimmung... 1 VORAUSSETZUNGEN BEACHTEN Mithilfe von Lernstandserfassungen, Beobachtungen, Lehrmitteln und Lehrplan eine Standortbestimmung vornehmen. NEUE LERNZIELE FESTLEGEN 4 UNTERRICHTEN UND FÖRDERN Lernziele und Kriterien der Zielerreichung bekannt geben, Lernprozess begleiten, Lernkontrollen zur Verfügung stellen. 2 LERNZIELE FESTLEGEN Auf der Basis einer mittel- und kurzfristigen Planung, z.b. für Unterrichtseinheiten, Lernziele festlegen. Auf der Basis einer längerfristigen Unterrichtsplanung Kompetenzen festlegen. Formative Funktion der Beurteilung 3 UNTERRICHT PLANEN im Team lang-, mittel- und kurzfristig planen. Leistungserwartungen formulieren, methodisches Vorgehen wählen. Die Begriffe Beurteilen, Bewerten, Einschätzen, Fördern und Unterricht werden verschieden gebraucht. Zum besseren Verständnis werden alle Begriffe geklärt. Beurteilen Beim Beurteilen bildet man sich über etwas oder jemanden ein Urteil. Auf den Schulkontext bezogen heisst das, dass sich die Lehrperson ein Urteil darüber bildet, ob ein bestimmtes Kriterium erfüllt wurde oder nicht (Jäger, 2007). Das kann ein fachliches Kriterium sein, oder aber ein Kriterium des Lern-, Arbeits- oder Sozialverhaltens betreffen. So wird z.b. am Ende einer Unterrichtseinheit die Leistung der Schülerinnen und Schüler im Hinblick darauf beurteilt, ob sie oder er die Lernziele oder die Kompetenzen erreicht hat. Bewerten Bewerten ist ein Spezialfall der Beurteilung. Es wird ein Urteil gefällt und zusätzlich wird diesem Urteil ein Wert z.b. in Form einer Note oder eine Bedeutung in Form eines Prädikats beigemessen (Jäger, 2007). Einschätzen Ein zweiter Spezialfall der Beurteilung ist die Einschätzung. Mit Einschätzung ist eine Vorhersage gemeint, die auf einer Interpretation aufgrund von Beobachtungen beruht. Auch bei der Einschätzung kann man sich ein Urteil bilden und dieses auch bewerten. Die Grundlage der Einschätzung ist aber die Beobachtung eines oder mehrerer Kriterien und die dann folgende Interpretation dieser Beobachtung. 10

2 Beurteilen und Fördern 2.2 Der Förder- und Beurteilungskreislauf Fördern Fördern wird verstanden als Unterstützung und Begleitung der Schülerinnen und Schüler mit geeigneten Massnahmen, damit die Lernziele und längerfristig die umfassenden Kompetenzen des Lehrplans möglichst erreicht werden können. Darin eingeschlossen ist auch die lernzielorientierte Förderung des Lern-, Arbeits- und Sozialverhaltens. Unterricht Unterricht wird verstanden als organisierte Interaktion von Lehren und Lernen (Schröder, 2002). Darin inbegriffen ist auch die Zeit, in der Schüler und Schülerinnen gefördert werden. Beurteilen und Fördern hängen eng miteinander zusammen, denn Schülerinnen und Schüler können nur gewinnbringend unterstützt werden, wenn sie immer wieder eine Rückmeldung sowohl zu ihrem Lernprozess wie auch zu ihren Leistungen erhalten. Dazu gehört, dass sie beurteilt, ab und zu bewertet und immer wieder eingeschätzt werden und sich selber beurteilen und einschätzen können. In der Grafik auf Seite 10 wird der Ablauf von Förderung und Beurteilung als Idealkreislauf bzw. als Förder- und Beurteilungskreislauf dargestellt. Die eingangs ausgeführten Grundsätze zeigen sich hier wieder. Den Förder- und Beurteilungskreislauf kann man doppelt lesen. Einerseits bildet er den ganz allgemeinen Vorgang des Beurteilens und Förderns ab, der sich über ein ganzes Schuljahr zieht und sich immer wiederholt. Andererseits zeigt er den Förder- und Beurteilungskreislauf einer Unterrichtseinheit. Jedes Kästchen wird im Folgenden entlang des Kreislaufes erläutert. 1 VORAUSSETZUNGEN BEACHTEN Wenn eine Lehrperson eine neue Klasse erhält, weiss sie in der Regel nicht, wo die einzelnen Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die zu erreichenden Lernziele oder Kompetenzen des Lehrplans stehen. Dazu erfasst die Lehrperson den Lernstand jeder Schülerin und jedes Schülers. Dies kann z.b. ein Test sein, in dem die Lernziele oder Kompetenzen eines bestimmten Fachs oder auch eines bestimmten Themas mit verschiedenen Aufgaben abgefragt werden. Die Lernstandserfassung sollte dabei möglichst früh am Beginn des Schuljahres durchgeführt werden. So kann schnell abgeschätzt werden, wo die Schülerinnen und Schüler stehen und welche Lernziele festgelegt werden können. Eine Hilfe beim Zusammenstellen solcher Lernstandserfassungen bilden oft die Lehrmittel. Beispiel: Das Zahlenbuch in Mathematik enthält Lernstandskontrollen, die zeigen, wo eine Schülerin oder ein Schüler in Bezug auf die Lernziele oder in Bezug auf bestimmte Kompetenzen einer Klassenstufe steht. Eine Leistungserhebung am Schluss einer Unterrichtseinheit kann so gesehen wieder einer Standortbestimmung dienen. 2 LERNZIELE FESTLEGEN Von den Voraussetzungen ausgehend formuliert die Lehrperson oder ein Team Kompetenzen und Lernziele, die eine Klasse, eine Gruppe oder Einzelne in einer Unterrichtseinheit erreichen sollen. Lernziele sind kurz- und mittelfristig zu erreichen, Kompetenzen langfristig. Eine Kompetenz kann meistens nur durch mehrere Lernziele erreicht werden. Die Festlegung der Lernziele vereinfacht für die Lehrperson die Planung des Unterrichts. Dabei müssen die Lernziele so formuliert sein, dass sie genau beschreiben, was eine Schülerin, ein Schüler können muss. Sie sind messbar. Sie beachten den Leistungsstand der Schülerin, des Schülers und sie sind innerhalb einer gewissen Zeit erreichbar. Die Kompetenzen und die zu den Kompetenzen gehörenden Lernziele bilden die Basis für die Beurteilung der Leistung. 3 UNTERRICHT PLANEN Idealerweise wird eine langfristige und eine mittel- bis kurzfristige Unterrichtsplanung vorgenommen. Bei der Planung überlegt sich die Lehrperson oder das Team, mit welchen Lernzielen die Kompetenzen erreicht werden und welche didaktischen Mittel und Methoden sie dazu einsetzen. Es wird auch bereits überlegt, was bzw. wie viel für die Erreichung der Lernziele geleistet werden muss und welche Erfüllungskriterien gelten sollen. Der kompetenzorientierte Lehrplan hilft dabei, festzulegen, welche Grundanforderungen eine Schülerin oder ein Schüler langfristig erreichen soll. 4 / 5 FÖRDERN Der Unterricht ist darauf ausgerichtet, dass die Schülerinnen und Schüler die gesetzten Ziele bzw. Kompetenzen erreichen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Lehrperson im Lernprozess für Transparenz sorgt, indem sie den Schülerinnen und Schülern von Beginn weg aufzeigt und erklärt, welches die Lernziele der Unterrichtseinheit sind. Das Unterrichten selber hat dann neben instruktiven auch konstruktive Anteile. Der Unterricht bewegt sich also zwischen Beurteilen allgemein Mappe A 11

2 Beurteilen und Fördern 2.2 Der Förder- und Beurteilungskreislauf angeleiteten und offenen Formen. Gerade beim offenen Unterricht wird eine Begleitung und Unterstützung der Schülerinnen und Schüler durch die Lehrperson wichtig. Begleitung und Unterstützung heisst z.b., dass Schülerinnen und Schüler durch Beobachtung, Fragen und Feedbacks zur Erreichung der Lernziele angeregt werden, den für sie geeigneten Lernweg finden zu können. Dazu gehört auch, dass die Schülerinnen und Schüler mit einer Lernkontrolle überprüfen können, ob sie die zu Beginn gesetzten Lernziele schon erreicht haben oder ob sie noch zusätzliche Übung oder weitere Unterstützung benötigen. Diese Lernkontrolle kann der Leistungserhebung, die als Abschluss der Unterrichtseinheit eingesetzt wird, in Aufbau und Fragen durchaus ähnlich sein. Um zu eigenständigen Lernerinnen und Lernern zu werden, sollen Schülerinnen und Schüler angeleitet werden, über ihren Lernprozess, also auch über ihr Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten, nachzudenken und sich dazu immer wieder selber einzuschätzen und zu beurteilen. 6 PRÜFEN Am Ende einer Unterrichtseinheit wird überprüft, ob die Schülerinnen und Schüler die Lernziele erreicht haben. Die Lehrperson führt die Leistungserhebung durch, wertet sie aus, beurteilt sie mit Worten, Prädikaten, Noten oder einer anderen Bewertungsform und teilt die Resultate den Schülerinnen und Schülern mit. Die Leistungserhebung dient gleichzeitig auch wieder einer Standortbestimmung und der Kreislauf beginnt von vorn. 12

2 Beurteilen und Fördern 2.2 Der Förder- und Beurteilungskreislauf Beurteilen allgemein Mappe A 13

2 Beurteilen und Fördern 2.3 Umsetzungshilfen 2.3 Umsetzungshilfen FÖRDERN Checkliste formative Beurteilung und Förderung Zur formativen Beurteilung und damit zur Förderung kann die unten stehende Checkliste beigezogen werden. Lernziele bekannt geben Wurden den Schülerinnen und Schülern die Lernziele von Beginn weg (schriftlich) abgegeben? Ist den Schülerinnen und Schülern klar, welche Lernziele und Kompetenzen sie erreichen sollen und warum? Ist den Schülerinnen und Schülern klar, wie viel Zeit sie zur Bearbeitung der Lernziele zur Verfügung haben? Instruktiv und konstruktiv unterrichten Beobachtungen durchführen (Tipps zur Beobachtung siehe S. 15 f.) Wird die Beobachtung von der Interpretation getrennt? Werden systematische Beobachtungen organisiert? Werden systematische und gelegentliche Beobachtungen dokumentiert? Werden Fremd- und Selbstbeobachtung organisiert? Schülerinnen und Schüler im Lernprozess begleiten und sich selber beurteilen lassen (siehe Beis piele S. 16 f.) Haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, über ihren Lernprozess nachzudenken und die wichtigsten Punkte festzuhalten (z.b. durch Fragen im Lehr- Lern-Gespräch) und die Vorgehensweisen (Strategien) auszutauschen? Erhalten die Schülerinnen und Schüler regelmässig Zeit für eine stufengerechte Selbstbeurteilung? Erhalten die Schülerinnen und Schüler Rückmeldungen zu ihrem Lernprozess? Lernstandsanalyse oder Lernkontrollen durchführen Welche Inhalte und Themen eignen sich für die Lernkontrolle (auch im Hinblick auf die Prüfung)? In welcher Form sollen die Lernziele abgefragt werden (mündlich, schriftlich, handlungs-, produkt-, prozessorientiert)? Werden die Lernziele in der Lernkontrolle als Ganzes oder in Etappen erfragt? Ähnelt die Lernkontrolle der Prüfung (in Form und Inhalt)? Können die Schülerinnen und Schüler selber entscheiden, wann sie die Lernkontrolle durchführen wollen? Wie werden Lernstandsanalysen und Lernkontrollen ausgewertet? Können z.b. die Schülerinnen und Schüler diese selber korrigieren und auswerten? 14

2 Beurteilen und Fördern 2.3 Umsetzungshilfen Beobachtungen durchführen Unterrichten heisst auch beobachten und interpretieren. Beobachtungen dienen dabei der Förderung, aber auch der Beurteilung. So beobachtet die Lehrperson z.b., wie Schülerinnen und Schüler ein Problem lösen, sie beobachtet, welche Strategien die Schülerinnen und Schüler benutzen, aber auch, wie die Schülerinnen und Schüler sich im Alltag in der Gruppe verhalten. Um die Schülerin oder den Schüler dann angemessen zu begleiten oder zu unterstützen, müssen Beobachtungen interpretiert werden. Die aus den Beobachtungen entstehenden Interpretationen sind allerdings oft fehlerbehaftet. Meist ist es der Lehrperson nicht möglich, die nach der Beobachtung nötige Distanz für eine Interpretation einzunehmen. Man ist mitten im Unterrichtsgeschehen, wo schnelles Interpretieren der Beobachtungen notwendig ist. Will man aber Beobachtung als Mittel einsetzen, das den Lernprozess unterstützt und/oder das als Beurteilung nicht zu fehlerbehaftet ist, ist zu überlegen, wie sich Beobachtung im Schulalltag objektivieren lässt. Die folgenden Punkte geben konkrete Hilfestellungen, nach denen Beobachtungen ausgerichtet werden können. Beobachtung und Interpretation unterscheiden Als Lehrperson sollte man sich immer wieder einmal Zeit nehmen, um Beobachtung und Interpretation beispielhaft zu trennen und zu merken, wie schnell Interpretationen gemacht werden. Als Gedankenstütze und um sich zu versichern, dass man nicht in die Interpretationsfalle geraten ist, lohnt es sich, die gemachten Beobachtungen zu dokumentieren. Für die Beobachtungen kann ein Beobachtungsjournal verwendet werden, bei dem man Beobachtung und Interpretation getrennt aufführt und als solches deklariert. Situation, Datum und Zeit gehören natürlich an den Anfang des Eintrags. Verzerrungen in der Beobachtung und Beurteilung bewusst machen: zum Beispiel der Pygmalion-Effekt Als Lehrperson macht man sich durch Beobachtungen und Interpretation ein Bild von seinen Schülerinnen und Schülern. Mit dem Bild verbunden sind auch Erwartungen, die man an die Schülerinnen und Schüler stellt. Die Erwartungen der Lehrpersonen beeinflussen die Leistung der Schülerinnen und Schüler. Dies drückt sich im sogenannten Pygmalion-Effekt aus: Positive Erwartungen der Lehrperson gegenüber einer Schülerin oder einem Schüler führen zu besseren Leistungen, negative Erwartungen der Lehrperson gegen- über einer Schülerin oder einem Schüler schmälern deren oder dessen Leistung nachhaltig. Dessen muss sich die Lehrperson bewusst sein; sie sollte daher die gemachten Beobachtungen mit einem Kollegen oder einer Kollegin besprechen. (Weitere Wahrnehmungsverzerrungen s. unten.) Selbst- und Fremdbeobachtungen einander gegenüberstellen Verschiedene Beobachtungen sollen einander gegenübergestellt werden. Beobachtungen können im Kollegium ausgetauscht werden. Dabei kann es sich lohnen, auch Mitarbeitende der Tagesstrukturen mit einzubeziehen, weil diese eine ergänzende Sichtweise auf eine Schülerin, einen Schüler einbringen können. Auch Peerbeobachtungen also die Beobachtung unter Schülerinnen und Schülern können mit einbezogen werden. Ausserdem sollen sich die Schülerinnen und Schüler selber beobachten. So ist es möglich, dass sie in ihrem Lernprozess zunehmend selbstständiger werden. Eine weitere Form ist die Beobachtung durch die Lehrperson, die Lernende direkt bei der Arbeit beobachten kann. In dieser Form können auch mögliche Fehlwege aufgedeckt werden. Reichweite und Grenzen von gelegentlichen und systematischen Beobachtungen kennen und nutzen Neben Gelegenheitsbeobachtungen, bei denen man die Schülerinnen und Schüler in vielen Situationen beobachten kann, sollen zwischendurch auch systematische Beobachtungen gemacht werden. Beispielsweise kann dabei der Fokus auf das Sozialverhalten gelegt werden und die Kooperation bei einer Gruppenarbeit beobachtet werden (z.b. Kriterien, die beobachtet werden: Wie wird zu Beginn die Arbeit verteilt? Wird der Auftrag besprochen? Was tragen die einzelnen Gruppenmitglieder zur Zusammenarbeit bei?). Durch die Beschränkung auf ein paar wenige Kriterien wird die Beobachtung einfacher und genauer. Damit ein möglichst umfassendes Bild des Verhaltens der Schülerinnen und Schüler gemacht werden kann, ist darauf zu achten, dass Gelegenheitsbeobachtungen auch durch systematische Beobachtungen ergänzt werden. Beurteilen allgemein Mappe A 15

2 Beurteilen und Fördern 2.3 Umsetzungshilfen Weitere Wahrnehmungsverzerrungen 1 : Halo-Effekt (gr. halos = Lichthof, z. B. um den Mond). Einzelne dem Beobachter auffallende Eigenschaften einer Person erzeugen einen Gesamteindruck, der die Wahrnehmung weiterer Eigenschaften dieser Person «überscheint». Die Wahrnehmung einer Person orientiert sich an einer hervorstechenden Eigenschaft. Beispiel: Eine Lehrperson nimmt eine gut aussehende freundliche Schülerin häufig auch als eine Schülerin wahr, die gute Leistungen erbringt und sozial beliebt ist. Logischer Fehler. Der logische Fehler ist ein Spezialfall des Halo-Effekts. Zwei Eigenschaften einer Person werden zwingend zusammengeschlossen, weil man glaubt, dass sie zusammengehören. Beispiel: Wer frech ist, der lügt auch, oder wer unordentlich ist, der ist auch faul. Primacy-Effekt. Das Bild, das man sich von einer Person macht, stützt sich auf den ersten Eindruck. Beispiel: Ein Schüler ist in der ersten Stunde sehr auffällig, rutscht auf dem Stuhl herum, lässt seine Stifte zu Boden fallen und schwatzt. Dieser Ersteindruck beeinflusst die weitere Wahrnehmung der Lehrperson über diesen Schüler. Reihenfolge-Effekt. Aufgrund der Reihenfolge kommt es zu Fehlbewertungen. Beispiel: Hält eine mittelmässige Schülerin oder ein mittelmässiger Schüler einen Vortrag vor einer sehr schwachen Schülerin oder einem schwachen Schüler, wird sie oder er besser bewertet, als wenn sie oder er vor einer ausgezeichneten Schülerin oder einem ausgezeichneten Schüler den Vortrag hält. Aufgrund der Reihenfolge kommt es somit zu Fehlbewertungen. 1 In den folgenden zwei Büchern finden sich Beschreibungen weiterer Wahrnehmungsverzerrungen: Jäger, R. S. (2000). Von der Beobachtung zur Notengebung. Ein Lehrbuch. Diagnostik und Benotung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Landau: Verlag Empirische Psychologie. Jäger, R. S. (2007). Beobachten, beurteilen und fördern! Lehrbuch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Landau: Verlag Empirische Psychologie. Schülerinnen und Schüler im Lernprozess begleiten und sich selbst beurteilen lassen 2 Fragen und Aufträge, die das Mitdenken der Schülerinnen und Schüler z. B. in Mathematik anregen: Beginn der Arbeit Welche Informationen hast du? Welche Informationen brauchst du? Welches Material brauchst du? Wie viel Zeit gibst du dir? Wie willst du vorgehen? Wie findest du deine Lösung? Wie schreibst du deinen Lernweg auf? Wie und anhand wovon überprüfst du deine Ziele? Während des Arbeitens Erkläre, was du bis jetzt gemacht hast. Was meinst du mit...? Was ist dir aufgefallen, als du...? Warum hast du dich für dieses Vorgehen entschieden? Wie würde das mit andern Zahlen gehen? Welches Muster oder welche Regel siehst du? Wie holst du dir Hilfe? Was hilft dir beim Arbeiten? Wie fühlst du dich? Schülerinnen und Schüler, die nicht mehr weiterkommen Erkläre dein Problem/Formuliere deine Frage. Beschreibe, was du bis jetzt gemacht hast. Schildere, was du schon einmal ausprobiert hast und was dir hier hilft. Vergleiche dein Vorgehen mit jenem von anderen. Im Plenum Wie habt ihr Antworten gefunden? Wie seid ihr vorgegangen? Erklärt uns eure Methode. Warum funktioniert sie? Was könntet ihr als Nächstes machen? Wie habt ihr das überprüft? Was habt ihr von den anderen gelernt? Welche Tipps und Tricks könnt ihr weitergeben? 16

2 Beurteilen und Fördern 2.3 Umsetzungshilfen Allgemeine Fragen zum Lernprozess sind zum Beispiel: Was hat dich beim Lernen beschäftigt? Was ist dir leichtgefallen? Was war heute wirklich schwierig? Was war anstrengend? Was hat dir beim Lernen geholfen, als du etwas Schwieriges lösen musstest? Wo brauchst du mehr Hilfe? Was hat dir heute beim Lernen Freude gemacht? Was hast du Neues gelernt? Wie geht es nun weiter? Was würdest du das nächste Mal anders angehen und wie? Wochenrückblick 4 Eine ähnliche Form wie das Blitzfeedback ist der Wochenrückblick. Er kann z.b. nach einer Einführungswoche eingesetzt werden. Auch hier kann die Lehrperson den Schülerinnen und Schülern eine Rückmeldung geben. So kann ein Lerndialog in Gang gesetzt werden. Diese Woche hatte ich mir vorgenommen zu lernen... Ich habe gelernt... Blitzfeedback 3 Mit einem Blitzfeedback erhält die Lehrperson sehr schnell die Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler zum eigenen Lernprozess. Sie kann den Schülerinnen und Schülern bis zur nächsten Stunde eine aufbauende Rückmeldung geben, die für die Schülerin, den Schüler unmittelbar auf das Geschriebene Bezug nimmt und schnell erfolgt. Am Ende der Stunde schreiben Schülerinnen und Schüler auf Kärtchen: Was war das Wichtigste, das ich heute gelernt habe? Welche Fragen sind für mich offengeblieben? Die Lehrperson wertet die Antworten bis zur nächsten Stunde aus, gibt Schülerinnen und Schülern ein Feedback und greift Anregungen auf. Ich hätte gerne... Am besten gefallen hat mir... Ich brauche jetzt... 2 Direktion für Bildung und Kultur, Amt für gemeindliche Schulen (Hrsg.) 2011. Handbuch Beurteilen und Fördern B&F. Zug: Lehrmittelzentrale des Kantons Zug. 3 Stern, Th. (2010). Förderliche Leistungsbewertung. Wien, Österreichisches Zentrum für Persönlichkeitsbildung und soziales Lernen, http://pubshop.bmukk.gv.at ( unter Suche eingeben: Förderliche Leistungsbewertung) 4 Ebd. Als Nächstes werde ich... Beurteilen allgemein Mappe A 17

2 Beurteilen und Fördern 2.3 Umsetzungshilfen PRÜFEN Checkliste Gestaltung und Bewertung von Leistungserhebungen 5 1. Funktion festlegen Sollen Lernziele oder Kompetenzen beurteilt werden? Ist die Leistungserhebung tatsächlich bilanzierend? 2. Art der Prüfung festlegen Welche Art von Aufgaben eignet sich zur Überprüfung, inwieweit die Kompetenzen bzw. die Lernziele erreicht wurden? Schriftliche Überprüfungsform (z.b. Rechtschreibeprüfung, Matheprüfung, Diktat...) Mündliche Überprüfungsform (z.b. Wissen abfragen, Begriff erklären, mündliche Fertigkeiten prüfen) Handlungsorientierte Überprüfungsform (z. B. Experiment durchführen und mit Beobachtungen dokumentieren, Turnübungen vorzeigen) Produktorientierte Überprüfungsform (z.b. Werkstück in den Gestaltungsfächern) Prozessorientierte Überprüfungsform (z.b. Prozess einer Projektarbeit beschreiben, Portfolio) 3. Zu prüfende Lernziele festlegen Welche Lernziele sollen geprüft werden? Mit welchen Kompetenzen im Lehrplan sind sie verknüpft? Wurden alle Lernziele im Unterricht bearbeitet? Wurden die Lernziele den Schülerinnen und Schülern zu Beginn der Unterrichtseinheit kommuniziert oder mit ihnen vereinbart? Wurden die Lernziele eventuell sogar schriftlich abgegeben? Haben die Schülerinnen und Schüler verstanden, welche Ziele sie erreichen sollen? Wurde im Unterricht ausreichend mit und an den Lernzielen gearbeitet, sodass sie allen klar sind? Gab es bereits formative Beurteilungen zu den Lernzielen? Wissen die Schülerinnen und Schüler, anhand welcher Bewertungskriterien die Erreichung der Lernziele gemessen wird? 4. Lernziele gewichten Sind die Lernziele alle gleichermassen wichtig oder gibt es unterschiedliche Gewichtungen der Ziele? 18

2 Beurteilen und Fördern 2.3 Umsetzungshilfen 5. Prüfungsaufgaben zusammenstellen Welche Inhalte und Themen sind für die Prüfung geeignet? Sind die Aufgabenarten unterschiedlich und den Schülerinnen und Schülern bekannt? Sind die Aufgaben auf unterschiedlichen Schwierigkeitsniveaus angesiedelt? Sind die Aufgaben verständlich formuliert und dargestellt? Sind die Lösungen beurteilbar? Welches sind die Kriterien? Gibt es Musterlösungen? Sind alle Aufgaben mit den im Unterricht erlernten Inhalten und Werkzeugen lösbar? Sind die einzelnen Aufgaben (möglichst) voneinander unabhängig lösbar? 6. Prüfung formal gestalten Ist die erste Aufgabe genügend einfach, sodass praktisch alle Schülerinnen und Schüler diese lösen können («Eisbrecheraufgabe»)? Ist auch die weitere Reihenfolge der Aufgaben sinnvoll gewählt? Ist das Prüfungsblatt ansprechend, sauber und übersichtliche strukturiert gestaltet? Ist die Darstellung stufengerecht? Sind auf dem Prüfungsblatt die Angaben «Fach», «Titel und Thema», «Name», «Vorname», «Klasse», und «Datum» ersichtlich? Können die Lernenden ihre Leistung am Ende der Prüfung selbst einschätzen? 7. Beurteilungsmassstab festlegen Wie bildet sich die unterschiedliche Gewichtung der Lernziele in der Anzahl pro Aufgabe erreichbarer Punkte ab? Umfasst die Leistungserhebung lauter Aufgaben, die alle Schülerinnen und Schüler erfolgreich lösen können sollten, oder auch Aufträge, die anforderungsreicher sind und fakultativ bearbeitet werden können? Welches ist das Punktemaximum? Wie viele Punkte benötigen die Schülerinnen und Schüler mindestens, um die Lernziele zu erreichen? Wie werden die Punkte bei Leistungserhebungen mit zusätzlichen feiwilligen Aufgaben vergeben? Wie wird in diesem Fall die ganze Arbeit bewertet? Sind diese Angaben zum Beurteilungsmassstab (Punkte pro Aufgabe, Maximum etc.) auf dem Prüfungsblatt ersichtlich? 5 Direktion für Bildung und Kultur, Amt für gemeindliche Schulen (Hrsg.) (2011): Handbuch Beurteilen und Fördern B&F. Zug: Lehrmittelzentrale des Kantons Zug. Beurteilen allgemein Mappe A 19

Literatur Direktion für Bildung und Kultur. Amt für gemeindliche Schulen (Hrsg.) (2011). Handbuch Beurteilen und Fördern B&F. Zug: Lehrmittelzentrale des Kantons Zug. Grundsätze Beurteilen und Fördern B&F, Kanton Zug. Verfügbar unter www.zug.ch/behoerden/direktion-fur-bildung-und-kultur/amt-fur-gemeindliche-schulen/schulentwicklung/beurteilen%20und%20foerdern/beurteilen-und-foerdern-b-f/grundsaetze-beurteilen-und-foerdern-b-f (Zugriff am 7.1.2013). Fördern und Fordern, Schülerinnen- und Schülerbeurteilung in der Volksschule, Kanton Solothurn. Verfügbar unter www.so.ch/fileadmin/in- ternet/dbk/evkaa/aktuell/101216_broschuere_foerdern_fordern_web- 1.pdf (Zugriff am 8.1.2013). Jäger, R. S. (2000). Von der Beobachtung zur Notengebung. Ein Lehrbuch. Diagnostik und Benotung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Landau: Verlag Empirische Psychologie. Jäger, R. S. (2007). Beobachten, beurteilen und fördern! Lehrbuch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Landau: Verlag Empirische Psychologie. Schröder, H. (2002). Lernen Lehren Unterricht: lernpsychologische und didaktische Grundlagen. München, Wien: Oldenbourg. Seyfried, B. (1995). «Stolperstein» Sozialkompetenz. Was macht es so schwierig, sie zu erfassen, zu fördern und zu beurteilen? Bielefeld: Bertelsmann. Stern, Th. (2010). Förderliche Leistungsbewertung. Wien: Österreichisches Zentrum für Persönlichkeitsbildung und soziales Lernen. www.bmukk. gv.at/medienpool/17212/leistungsbewertung_stern.pdf (15.1.2013). 20

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