DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG

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Transkript:

THEMENBLATT 2 DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG Der Euro besteht seit 1999 als Buchgeld und seit 2002 als Bargeld. Seit Jänner 2015 ist er in 19 Ländern offizielles Zahlungsmittel für rund 337 Millionen Menschen. Langfristiges Ziel ist, dass alle EU- Mitgliedstaaten (derzeit 28) den Euro einführen, um durch eine einheitliche Währung den Handel auf dem gemeinsamen Binnenmarkt florieren zu lassen. Dieses Themenblatt informiert über die nötigen Voraussetzungen für die Einführung des Euro und skizziert dessen Bedeutung für Verbraucher und Wirtschaft. Ein kurzer Überblick über die Geldpolitik des Eurosystems zeigt, wie erfolgreich dieses seine Aufgabe bislang erfüllt hat, nämlich die Stabilität des Euro zu gewährleisten. Deshalb konnte sich der Euro neben dem US-Dollar auch rasch zur zweitwichtigsten Weltwährung entwickeln. Ebenso wird auch auf die Rolle des Euro in der Krise und auf die daraus entstandenen Herausforderungen eingegangen. Autor: Manfred Fluch Stand: 2016 THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG 1

Die Bedeutung des Euro für Wirtschaft und Bevölkerung Der Euro ist Währung für rund 337 Millionen Menschen Der Euro wurde mit Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) am 1. Jänner 1999 zuerst als Buchgeld (d. h., nur bargeldlose Buchungen erfolgten in Euro) und mit 1. Jänner 2002 als Bargeld und gesetzliches Zahlungsmittel in europäischen Staaten eingeführt. Mit der Liberalisierung des Kapitalverkehrs wurden die Wirtschaftsaktivitäten im 1991 geschaffenen europäischen Binnenmarkt mit freiem Personen-, Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr wesentlich erleichtert. Wechselkursschwankungen und Kosten für den Geldumtausch in der EU fielen fortan weg. Beides zusammen bewirkt dauerhaft eine erhebliche Kostenersparnis für Wirtschaft und Bevölkerung und übersteigt die einmaligen Umstellungskosten bei Weitem. Mit 1. Jänner 2015 ist der Euro bereits in 19 EU-Mitgliedstaaten und damit für rund 337 Millionen Menschen offizielle Währung. Der Name Euro wurde 1995 bei einem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Madrid festgelegt. Die Einführung des Euro ist an Konvergenzkriterien gebunden Voraussetzung für die Einführung des Euro ist eine hohe Konvergenz, d. h. eine annähernde (oder übereinstimmende) Entwicklung wichtiger wirtschaftlicher Kennziffern. Dies ist deshalb notwendig, weil wirtschaftspolitische Maßnahmen, wie z. B. Zinsänderungen durch die Geldpolitik, möglichst in allen Ländern des Währungsraums die gleichen (gewünschten) Effekte bringen sollen. Deshalb legt der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Konvergenzkriterien als Bedingung für die Euro-Einführung fest (siehe dazu auch das Themenblatt 1 Die Geschichte der Wirtschafts- und Währungsunion ). Die Erfüllung der Konvergenzkriterien in jenen EU-Mitgliedstaaten, die den Euro langfristig einführen wollen (und keine besondere Klausel zur Nicht-Einführung haben), wird länderweise durch die EZB und die Europäische Kommission alle zwei Jahre geprüft und beurteilt. Die endgültige Entscheidung, ob ein Land an der WWU teilnehmen bzw. den Euro einführen kann, trifft der Europäische Rat. Neben der wirtschaftlichen spielt auch die rechtliche Konvergenz eine Rolle. So müssen insbesondere die innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der nationalen Zentralbanken sowie die Währungsangelegenheiten entsprechend den EU-Bestimmungen bzw. den Statuten des ESZB und der EZB angepasst und vollzogen werden. Dazu zählen vor allem die Unabhängigkeit der jeweiligen nationalen Zentralbank und deren Integration in das Eurosystem. DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR BEVÖLKERUNG UND WIRTSCHAFT Stabile Währung und niedrige Inflation Preistransparenz Preiskonvergenz Euro verbilligt und verbessert Finanzdienstleistungen Bedeutung des Euro für Bevölkerung und Wirtschaft Niedrige Zinsen Wegfall des Wechselkursrisikos Sicheres Zahlungsmittel Wegfall der Umtauschkosten und begünstigter Geldverkehr 2 THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG

Stabile Währung und niedrige Inflation: Der Euro ist gemessen an seiner durchschnittlichen Inflationsrate eine stabile Währung. Sie lag im Euroraum und in Österreich zwischen 1999 und 2014 bei etwa 2 % pro Jahr. Ein stabiler Geldwert erhält die Kaufkraft der Einkommen, schützt die Sparer vor der Entwertung ihres Geldvermögens und erleichtert den Unternehmen finanzielle Planungen (z. B. bei mittel- und langfristigen Investitionen). Preistransparenz: Durch die einheitliche Währung lassen sich die Preise innerhalb der Währungsunion besser vergleichen. Dank der Preisangaben in Euro können die Verbraucher die günstigsten Preise finden, ohne dabei schwankende Wechselkurse oder Geldwechselgebühren berücksichtigen zu müssen. Preiskonvergenz (Konvergenz im Sinne von Angleichung der Preise): Die Preistransparenz führt im Euroraum zu Wettbewerb und niedrigeren Inflationsraten sowie tendenziell auch zu einer Angleichung des Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen. Dieser Prozess geht wie Studien zeigen aber sehr langsam vor sich, da u. a. Unterschiede in der Preisgestaltungspolitik der Unternehmen, bei den Steuersätzen und in den nationalen Einkommensniveaus nach wie vor Preisdifferenzen mit sich bringen. Niedrige Zinsen: Schon im Vorfeld der WWU sanken die Zinsen und blieben in den Jahren seit Einführung des Euro auf niedrigem Niveau. Niedrige Zinsen ermöglichen den Bürgern einen leichteren Zugang zu Krediten, schaffen günstigere Finanzierungsbedingungen für Investitionen von Unternehmen und senken auch die Finanzierungskosten der Staatsschuld. Wegfall von Geldwechselgebühren und begünstigter Geldverkehr: Mit dem Euro ist das individuelle Reisen und Einkaufen im Euroraum leichter und billiger, da die anfallenden Spesen für den Währungsumtausch entfallen. Auch für Unternehmen fallen derartige Transaktionskosten und Wechselkursrisiken weg die Handelsaktivitäten werden damit wesentlich erleichtert. Sicheres Zahlungsmittel: Die Euro-Banknoten verfügen über eine Reihe von Sicherheitsmerkmalen und zählen mit ihrer Beschaffenheit und ihrem Design zu den fälschungssichersten Banknoten der Welt. Im Jahr 2013 wurde mit der 5-Euro-Bankote bereits die erste Banknote der zweiten Euro-Banknotenserie, der Europa-Serie, ausgegeben. Im September 2014 folgte die neue 10-Euro-Banknote und im November 2015 eine 20-Euro- Banknote. Europaweit gab es in der zweiten Jahreshälfte 2015 in Relation zu fast 18 Milliarden Stück echter Banknoten 445.000 Fälschungen. In Österreich wurden im Jahr 2015 insgesamt 14.502 Banknotenfälschungen aus dem Umlauf sichergestellt. Schneller und sicherer überweisen: Durch den einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA Single Euro Payments Area), der seit 1. August 2014 verwirklicht ist, wurde der Zahlungsverkehr zwischen den Ländern des Euroraums schneller und sicherer. Mit IBAN und BIC werden Überweisungen in der Regel für die Konsumenten auch billiger. Für Unternehmen bedeutet SEPA einen großen Kostenvorteil auf einem Binnenmarkt mit stetig zunehmendem Handel. Euro verbilligt und verbessert Finanzdienstleistungen: Der Euro bringt mehr Wettbewerb unter Banken, Versicherungen sowie Pensions- und Investmentfonds. Die Verbraucher können auch länderübergreifend die Angebote vergleichen. Dadurch sind die Kosten für diese Dienstleistungen gesunken. THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG 3

DIE VORTEILE DES EURO Wer profitiert vom Euro? Europäische Wirtschaft Länder des Euroraums Unternehmen Verbraucher Arbeitnehmer Die europäische Wirtschaft profitiert, weil der Euro eine Weltwährung ist der Euroraum ein großer Wirtschaftsraum ist die Integration der Finanzmärkte zunimmt der internationale Handel gefördert wird Die Länder des Euroraums profitieren, weil stabile Preise und eine niedrige Inflationsrate das soziale Klima stärken: Kaufkraft der Währung bzw. der Einkommen ist gewährleistet, Wert der Ersparnisse der Bürger bleibt erhalten; einkommensschwächere Haushalte, die von hoher Inflation stärker betroffen sind, weil sie mehr Aufwand für den Grundbedarf haben, werden durch stabile Preise nicht benachteiligt, womit das soziale Klima gefestigt bleibt wirtschaftspolitische Mechanismen der EU (z. B. der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der die Kriterien für Budgetdefizit und Verschuldung vorgibt) gesunde öffentliche Finanzen unterstützen sollen wirtschaftliche Störeinflüsse (Schocks) besser verkraftet werden in Krisenzeiten eine große Währung eher schützt als viele kleine Währungen einzelner Staaten Unternehmen profitieren, weil wesentliche Handelserleichterungen geschaffen werden (Wegfall von Wechselkursrisiko und -gebühren) niedrige Zinsen dazu beitragen, dass mehr Investitionen getätigt werden, was wiederum das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigungsmöglichkeiten stützt Verbraucher profitieren, weil Preise in gleicher Währung leichter vergleichbar sind der stärkere Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu weniger häufigen und nicht so hohen Preisanpassungen führt, was die Inflation dämpft Arbeitnehmer profitieren, weil stabile Preise für Unternehmen ein günstiges Planungs- und Investitionsklima entstehen lassen, sodass Wachstum und neue Arbeitsplätze im Euroraum geschaffen werden können DER EURO FESTIGT SEINE INTERNATIONALE BEDEUTUNG Der Euro hat sich neben dem US-Dollar schnell als zweite Weltwährung etabliert. Ablesen kann man dies anhand verschiedener Indikatoren: Der Bargeldumlauf des Euro ist mit über 1.000 Mrd EUR ähnlich hoch wie jener des US-Dollar. Auf den Finanzplätzen wie New York, London, Paris oder Frankfurt ist der Euro eine stark gehandelte Währung. Der Anteil der in Euro gezeichneten Schuldverschreibungen (Kredite, Wertpapiere, die auf Finanzplätzen gehandelt werden) erhöhte sich von 22 % (1999) auf rund 38 % (2013). Der Anteil des Euro als Reservewährung weitete sich zwischen 1999 und 2014 von 18 % auf 24 % aus. In einigen Ländern dient der Euro als Ankerwährung: Diese Länder orientieren sich an der Geldpolitik des Eurosystems bzw. richten den Wechselkurs ihrer jeweiligen Währung am Euro aus. 4 THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG

Wichtige wirtschaftliche Kennzahlen haben sich seit dem Euro in Österreich verbessert Bruttoinlandsprodukt (BIP) Inflationsrate Exportquote Leistungsbilanz Direktinvestitionen ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT PROFITIERT VOM EURO Euro und WWU haben in Österreich die Einkommen bzw. die Wirtschaftsleistung erhöht. Ein Indikator dafür ist das BIP pro Kopf, bei dem Österreich innerhalb der Währungsunion ganz vorne rangiert und auch höhere Zuwächse als dies im Euroraum der Fall war verzeichnen konnte. Für Österreich eröffnet sich mit dem Euroraum und seinen rund 337 Millionen Einwohnern ein Wirtschaftsraum, der gut 40-mal mehr Menschen beheimatet und dessen Wirtschaftsleistung mit 9.700 Mrd EUR rund 31-mal größer ist als jene der heimischen Volkswirtschaft Fakten, die für Österreich Vorteile brachten. Österreichs Volkswirtschaft wuchs in diesem wechselkursstabilen Umfeld seit 1999 real um durchschnittlich 2 % pro Jahr, und damit um einen halben Prozentpunkt kräftiger als der Euroraum. Die Arbeitslosenquote blieb international gesehen niedrig, die Beschäftigung wuchs über weite Strecken dynamisch. Die hohe Preisstabilität in Österreich (1999 bis 2014 mit einer jährlichen Inflationsrate von 2 %), die dadurch günstige preisliche Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche Integration haben zu einer deutlich verbesserten außenwirtschaftlichen Position Österreichs beigetragen. Die Exportquote (Ausfuhren von Güter und Dienstleistungen in Prozent des BIP) erhöhte sich von 43 % (1999) auf 54 % (2014). Etwa 52 % der Exporte gehen in den Euroraum und sichern in Österreich rund eine halbe Million Arbeitsplätze. Seit dem Jahr 1999 exportiert Österreich durchgängig mehr Güter und Dienstleistungen, als es importiert. Die österreichische Leistungsbilanz weist seit 2002 jährlich einen Überschuss aus. Auch der Internationalisierungsgrad der österreichischen Wirtschaft ein Maß dafür sind die Direktinvestitionen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung hat sich dynamisch entwickelt. So haben sich die (aktiven) Direktinvestitionen (hier beteiligen sich heimische Unternehmen an ausländischen oder haben diese errichtet oder gekauft) von Österreichs Unternehmen zwischen 1999 und 2013 von knapp unter 10 % auf über 50 % des BIP mehr als verfünffacht. Ebenso stiegen die Investitionen von ausländischen Unternehmen in Österreich von rund % vor der Einführung des Euro auf knapp 43 % des BIP (2013). Österreich hat hier als kleines, exportorientiertes Land überproportional profitiert. Der krisenbedingte Einbruch im Jahr 2008 hat Österreich zwar auch stark, aber weniger als viele andere Länder getroffen (insbesondere 2009). Zudem gelang es Österreichs Wirtschaft, sich schneller wieder zu erholen. Warum konnte das gelingen? Österreich war schon vor dem Euro stark mit der europäischen und internationalen Wirtschaft verflochten. Die stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik verhalf Österreich zu hoher Wettbewerbsfähigkeit und schaffte für die Währungsunion gute Voraussetzungen, die andere Länder insbesondere die südeuropäischen Länder nicht hatten. Dies machte Österreich auch krisenresistenter als das bei anderen Staaten der Fall war. THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG 5

Euro stärkt Österreichs Exportwirtschaft Leistungsbilanz dreht in Aktivum Export- und Importquoten in % des nominellen BIP 60 50 40 30 20 10 0 Euro-Buchgeldeinführung 1995 1995 1996 1996 1997 1997 1998 1998 1999 1999 2000 2000 2001 2001 2002 2002 2003 2003 2004 2004 2005 2005 2006 2006 2007 2007 2008 2008 2009 2009 2010 2010 2011 2011 20 20 2013 2013 2014 1 2014 2015 1 2015 1 2016 1 2016 1 Exporte von Gütern und Dienstleistungen Importe von Gütern und Dienstleistungen Quelle: Statistik Austria, OeNB. 1 Prognose der OeNB vom Dezember 2014. Exporte von Gütern Prognose Österreich ist Teil eines leistungsstarken Wirtschaftsraumes Einwohner im Euroraum (2014: 335 Mio) in Mio nominelles BIP in Mrd EUR Österreich; 1:39 8,5 (2,5 %) 1:31 Quelle: Eurostat. Euroraum ohne Österreich; 326,0 (97,5 %) Leistungsbilanzsaldo in % des nominellen BIP Inflation in Österreich Prognose 6 Euro-Buchgeldeinführung Veränderung des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) zum Vorjahr in % 5 4,0 4 Euro-Buchgeldeinführung 3 3,5 2 1 3,0 2,5 0 2,0 1 Ø 1988 1998: 2,2 2 3 4 1,5 1,0 0,5 Ø 1999 2014: 1,9 0,0 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 20 2013 2014 Quelle: Statistik Austria, OeNB. 1 Prognose der OeNB vom Dezember 2014. Wirtschaftsleistung im Euroraum (2014: 10.075 Mrd EUR) Euroraum ohne Österreich; 9.745,6 (96,7 %) Österreich; 329,0 (3,3 %) Prognose 2015 1 2016 1 BIP in Kaufkraftstandards je Einwohner Stand: 2013 Luxemburg Niederlande Irland Österreich Deutschland Belgien Finnland Frankreich Italien Spanien Zypern Malta Slowenien Portugal Slowakei Estland Litauen Griechenland 68,5 34,9 34,5 34,0 32,6 31,6 30,1 28,4 26,3 25,0 23,6 22,9 21,8 21,0 20,0 19,5 19,4 19,3 Euroraum-Durchschnitt: 28,5 Quelle: Eurostat. 0 10 20 30 40 50 60 70 in Tsd Kaufkraftstandards 6 THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG

ZWEI DRITTEL DER BEVÖLKERUNG SIND MIT DEM EURO ZUFRIEDEN Die Wirtschaftstreibenden waren infolge der Erleichterungen im grenzüberschreitenden Handel und der vereinfachten Geschäftsabwicklungen von Anfang an vom Euro überzeugt. Auch in der Bevölkerung nahm die Akzeptanz des Euro schnell zu. Anhand von Stimmungsindikatoren lässt sich für die österreichische Bevölkerung und teilweise auch für den gesamten Euroraum ein Meinungsprofil zum Euro(-Bargeld) ableiten. Die vierteljährlichen Umfragen des OeNB-Barometers verdeutlichen bis zum Jahr 2009 eine hohe Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem Euro. Danach allerdings war die Pro-Euro-Haltung der Bevölkerung bedingt durch die Schuldenkrise und ihre Folgewirkungen von 2010 bis Ende 2011 rückläufig. Seither hat sich die Zufriedenheit der Österreicher mit dem Euro wieder kontinuierlich gebessert. Anfang 2015 waren zwei Drittel der Befragten mit dem Euro sehr oder eher zufrieden, ein Drittel war dem Euro gegenüber eher skeptisch eingestellt. Z ufriedenheit der Ö sterreicher mit dem Euro in % 1HJ15 53 23 3Q 14 52 25 10 1Q 14 51 27 9 3Q 13 47 28 1Q 13 11 46 29 13 3Q 9 44 29 16 1Q 8 44 33 14 3Q 11 8 41 31 19 1Q 11 11 47 29 11 3Q 10 13 48 27 1Q 10 14 49 27 10 3Q 09 16 43 27 13 1Q 09 15 49 24 11 3Q 08 13 46 25 14 1Q 08 15 43 27 14 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 sehr zufrieden eher zufrieden eher unzufrieden nicht zufrieden keine Angabe Quelle: IFES - OeNB-Barometer; ab 2015 halbjährliche Befragung. Der Umgang mit dem Euro-Bargeld im täglichen Leben bereitet der österreichischen und europäischen Bevölkerung laut dem Euro-Barometer der Europäischen Kommission kaum mehr Probleme. Große Zustimmung gibt es für die persönlichen Vorteile durch den Euro: mehr Preistransparenz, günstigeres und einfacheres Reisen und Kostenvorteile im Zahlungsverkehr sind in der Bevölkerung unbestritten. GELDPOLITIK DES EUROSYSTEMS GEWÄHRLEISTET PREISSTABILITÄT DES EURO 1 Aufgabe der Geldpolitik des Eurosystems ist die Gewährleistung der Preisstabilität im Euroraum. Der EZB-Rat trifft als oberstes Entscheidungsgremium des Eurosystems auf Basis der Wirtschafts- und Preisentwicklung geldpolitische Entscheidungen. Ein wichtiges Instrument ist die Zinspolitik. Dabei können die Leitzinsen 2 unverändert bleiben, erhöht oder gesenkt werden. Höhere Leitzinsen verteuern Kredite, dämpfen die Investitionen und den Konsum das Wirtschaftswachstum und somit die Inflationsrate gehen zurück. Bei niedrigen Zinsen ist es umgekehrt. 1 Auch dazu gibt es ein ausführliches Themenblatt, weswegen hier nur ein kurzer Überblick geboten wird. 2 Jene Zinssätze, zu denen sich Geschäftsbanken Geld bei den nationalen Zentralbanken leihen können. Detaillierte Informationen dazu finden Sie im Themenblatt Nr. 5 Geldpolitik in und außerhalb von Krisenzeiten. THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG 7

DER EURO SCHÜTZT IN DER WIRTSCHAFTSKRISE Die von den USA ausgehende und sich im Lauf des Jahres 2008 vertiefende Finanz- und Wirtschaftskrise erfasste im Herbst 2008 auch den Euroraum. Die Wirtschaftsleistung brach ein und die Arbeitslosigkeit erhöhte sich erheblich. Die Inflationsrate verringerte sich als Folge der rückläufigen Rohstoffpreise deutlich. Die erforderlichen umfangreichen Stützungspakete der Länder für Konjunktur, Arbeitsmarkt und Banken belasteten die Gebarung der öffentlichen Haushalte und erhöhten die Budgetdefizite stark. Der Euro und die Zusammenarbeit der Zentralbanken des Eurosystems wirkten selbst in dieser extremen Krisenzeit als Schutzschild und bewahrten Europa und Österreich vor noch größeren negativen Auswirkungen. Durch die Mitgliedschaft in einem großen Währungsraum wurden die Unternehmen vor Schwankungen der Wechselkurse geschützt, Abwertungen innerhalb des Euroraums waren nicht mehr möglich. Der Euro ermöglichte es Europa und seinen wirtschaftspolitischen Institutionen, gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen. Durch ein koordiniertes Vorgehen im Rahmen der Geld- und Wirtschaftspolitik konnte der Schaden für den Finanzsektor und die Konjunktur einigermaßen abgefedert werden. Die Geldversorgung durch das Eurosystem wurde sehr flexibel gestaltet, und die Leitzinsen im Laufe der Krise auf den niedrigsten Stand seit Bestehen der WWU und des Euro gedrückt. Zur Bewältigung der Schuldenkrise setzte die EZB unkonventionelle Maßnahmen. In der gesamten EU wurde die wirtschaftspolitische Koordination verstärkt und durch umfangreiche Maßnahmen die Architektur der Währungsunion gefestigt (siehe auch Themenblatt Nr. 5 Geldpolitik in und außerhalb von Krisenzeiten ). Kommende Herausforderungen Konjunkturelle Schwäche überwinden Preisstabilität Finanzmarktstabilität Konsolidierung der öffentlichen Haushalte Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit DER EURO HILFT BEI DER BEWÄLTIGUNG DER KÜNFTIGEN HERAUSFORDERUNGEN Auch wenn die Krise allmählich überwunden ist und die Maßnahmen zu greifen beginnen, sind weitere Anstrengungen notwendig. Dazu gehört: nachhaltig die konjunkturelle Schwäche zu überwinden, das Wachstum im Euroraum wieder in Schwung zu bringen und damit Beschäftigung zu schaffen, die Geldpolitik weiterhin am vorrangigen Ziel der Preisstabilität auszurichten und gleichermaßen einer möglichen Deflation wie auch höherer Inflation entgegenzuwirken, die Finanzmarktstabilität (Sicherstellung der reibungslosen Funktion der Finanzmärkte und der Akteure wie beispielsweise die Banken) zu gewährleisten und durch die neu geschaffene Bankenunion mit reformierten Aufsichtsstrukturen langfristig das Vertrauen in die Banken wieder zu stärken, durch Vorantreiben der Strukturreformen für erhöhte Flexibilität der Märkte, verbesserter Bildung und mehr Forschung die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und nach der krisenbedingten Phase und hoher Staatsausgaben die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte (ausgeglichenes Budgetdefizit, Rückführung der Staatsschuldenquote) konsequent und zügig umzusetzen, um langfristig eine solide Haushaltsgebarung zu erreichen. EUROPA BRAUCHT EINE GEMEINSAME WÄHRUNG Der europäische Binnenmarkt braucht auch eine gemeinsame Währung, damit er seine volle Wirkung entfalten kann. Mit dem Zusammenschluss von 19 Ländern zum Euroraum entstand gemessen am BIP die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Der Euro verschafft dem Euroraum und der EU damit auch eine starke Stimme in der Weltwirtschaft. 8 THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG

Weitere Informationen http://www.oenb.at http://www.ecb.int http://ec.europa.eu Erklärungen zu Fachbegriffen siehe OeNB-Glossar unter http://www.oenb.at/service/glossar.html?letter=a Medieninhaber und Herausgeber: Oesterreichische Nationalbank Otto-Wagner-Platz 3, 1090 Wien Postfach 61, 1011 Wien www.oenb.at oenb.info@oenb.at Tel. (+43-1) 40420-6666 Fax (+43-1) 40420-6698 Oesterreichische Nationalbank Stand: März 2016 THEMENBLATT 2, DIE BEDEUTUNG DES EURO FÜR WIRTSCHAFT UND BEVÖLKERUNG 9