Deutsches Immobilienrecht Dr. Peter Zimmermann Rechtsanwalt Partner Frühjahrstagung der Deutsch-Nordischen Juristenvereinigung e.v. vom 11. bis 13. Mai 2012 in Lund Immobilienrecht
Inhaltsübersicht (I) Immobilienerwerb in Deutschland Besonderheiten Fallbeispiel / Vorüberlegungen Vertragsgestaltung Besonderheiten Vertragsparteien/Grundbuch/Baulastenverzeichnis Kaufgegenstand Kaufpreis Kaufpreisfälligkeit Kaufpreisfinanzierung 2
Inhaltsübersicht (II) Exkurs: Finanzierung ohne Bankbeteiligung Vertragsgestaltung (Fortsetzung) Wirtschaftlicher Übergang Haftung für Mängel Auflassung / Vormerkung Sonstige Erklärungen und Vereinbarungen Zusammenschlusskontrolle 3
Immobilienerwerb in Deutschland (I) Besonderheiten Abstraktionsprinzip Trennung: Schuldrechtlicher (Kauf-, Schenkungs-, Einbringungs- etc.) Vertrag (Verpflichtungsgeschäft) Beurkundungserfordernis Dingliche Übertragung des Eigentums am Grundstück (Verfügungsgeschäft) Zwecke: Warn-, Schutz- und Beweisfunktion Umfang: Gesamter Vertrag nebst Anlagen sowie eventuell weitere Verträge (Geschäftseinheit) 4
Immobilienerwerb in Deutschland (II) Besonderheiten Grundbuchverfahren Antragsprinzip (Eintragung nur auf Antrag) Bewilligungsprinzip ( formelles Konsensprinzip ) Voreintragungsprinzip (betroffener Berechtigter muss eingetragen sein) Formprinzip: Nachweis der Eintragungsunterlagen in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form Legalitätsprinzip (Gesetzmäßigkeit der beantragten Eintragung) Erwerb durch Ausländer (ausländische natürliche oder juristische Personen) Materiell: keine Einschränkungen Formell: Erfüllung der Anforderungen des Beurkundungs- und Grundbuchverfahrens (z.b. Nachweis der Existenz und der Vertretungsbefugnis etc.) 5
Fallbeispiel / Vorüberlegungen (I) Fallbeispiel Ein ausländischer Immobilienfonds will ein in Deutschland gelegenes Immobilienportfolio (Büro, Einzelhandel, Wohnungen, Hotel, Gesundheits- oder Logistikimmobilien oder eine Mischform) erwerben. 6
Fallbeispiel / Vorüberlegungen (II) Vorüberlegungen Erwerbsstruktur: z.b. eine oder mehrere Luxemburger S.à r.l. gegebenenfalls mit Holding Verkäuferstruktur: ein oder mehrere Eigentümer gegebenenfalls gesellschaftsrechtlich verbunden Asset oder Share Deal oder Kombination von beidem Due Diligence: Technisch Wirtschaftlich Finanziell Rechtlich 7
Vertragsgestaltung Besonderheiten Notarielle Beurkundung erforderlich Keine Abwicklung Zug um Zug möglich, da Mitwirkung Dritter (Grundbuchamt und Finanzamt etc.) für den Vollzug notwendig Verschiedene Verfahrenserklärungen, Bewilligungen, Anträge etc. in notarieller Form erforderlich Praxisgerechter Vertragsaufbau/-inhalt erforderlich Timing festlegen für: Wirksamkeit des Kaufvertrages Zahlung des Kaufpreises Wirtschaftlicher Übergang des Kaufgegenstandes 8
Vertragsinhalt (I) Vertragsparteien Genaue Bezeichnung (Rechtsform, Eintragung im Handelsregister etc.) Nachweis der Vertretungsbefugnis Grundbuch Bestandsverzeichnis: Gemarkung, Flur, Flurstück, Wirtschaftsart und Lage, Größe Abteilung I: Eingetragener Eigentümer (Gutglaubensschutz) Besonderheiten: Noch nicht eingetragener Erbe, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter Abteilung II: Belastungen durch Dienstbarkeiten, Vormerkungen, Vorkaufsrechte etc. Abteilung III: Grundpfandrechte Baulastenverzeichnis 9
Vertragsinhalt (II) Kaufgegenstand Ein oder mehrere grundbuchmäßig erfasste Grundstücke (Grundbuchdaten) Bei Immobilienportfolio genaue Bezeichnung zumeist in der Anlage zur notariellen Urkunde Teilfläche (Identifizierung durch Lageplan und Quadratmeterangabe) Vermessung Identitätserklärung Baufläche (bauplanungsrechtliche/bauordnungsrechtliche Zulässigkeit, Realisierbarkeit etc.) Erbbaurecht (Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung und Belastung erforderlich) Wohnungs- oder Teileigentum (eventuell gesetzliches Vorkaufsrecht des Mieters) 10
Vertragsinhalt (III) Kaufpreis Festpreis (für Gesamtgrundstück oder pro Quadratmeter Teilfläche) Multiplikator des Mietertrags Anpassung wegen höherer/geringerer Ausnutzbarkeit des Baugrundstücks Immobilienportfolio: Gesamt- oder Einzelkaufpreis Umsatzsteuer (fällt grundsätzlich nicht an, es sei denn Option des Verkäufers zur Umsatzsteuer) 11
Vertragsinhalt (IV) Kaufpreisfälligkeit Wirksamkeit des Kaufvertrages (Genehmigungen, aufschiebende Bedingungen etc.) Eigentumsverschaffungsvormerkung (Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Eigentumsübertragung) Löschungsbewilligung der abzulösenden Grundpfandrechtsgläubiger Negativattest hinsichtlich gemeindlichen Vorkaufsrechts Nicht: Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts Fälligkeitsmitteilung durch beurkundenden Notar Unterwerfung des Käufers unter sofortige Zwangsvollstreckung Kaufpreisfinanzierung Darlehen besichert durch Grundschulden am Kaufgegenstand Bestellung unter Mitwirkung des Verkäufers Vollmacht an Käufer 12
Exkurs: Finanzierung ohne Bankbeteiligung forward funding typischer Verkäufer: Projektentwickler typischer Käufer: (institutioneller) Investor Besonderheiten: Kaufpreiszahlung nach Baufortschritt (Verzinsung der Kaufpreisraten) Kombination Kauf- und Generalübernehmervertrag Besonderes Sicherungsbedürfnis Käufer: Eintrittsrecht in Bauverträge Finanzierung durch Versicherungen Solvency II Regeln für Versicherungen ( Basel III für Banken) Eigenkapitalanforderungen für Grundstücksfinanzierungen niedrig (15%) Anforderung an Sicherheitenpaket und Dokumentation wie Banken Beispielsfall: Allianz finanziert Deutsche Bank Türme in Frankfurt ( 315 Mio) 13
Vertragsinhalt (Fortsetzung) (V) Wirtschaftlicher Übergang (mit Kaufpreiszahlung) Besitz Nutzungen Exkurs: Mietverhältnisse als Ertragsfaktor Kauf bricht nicht Miete gesetzlicher Übergang, aber erst mit Eigentumsübergang Kosten / Lasten Wirtschaftlichen Übergang vorab regeln Sonstige grundstücksbezogene Vertragsverhältnisse (Versorgungs-, Wartungsverträge etc.) Vertraglichen Übergang gesondert regeln Exkurs: Erschließungskosten (Erschließungs- (Straßen, Wege, Plätze) und Anlieger (Wasser, Strom, Gas) beiträge) Anliegerbescheinigung einholen offene Beiträge verteilen 14
Vertragsinhalt (VI) Haftung für Mängel (1) Rechtsmängel Verkauf grundsätzlich frei von Rechtsmängeln soweit nicht Rechte ausdrücklich übernommen werden (z.b. Baulasten oder Belastungen in Abteilung II des Grundbuchs) Sachmängel Beschaffenheitsvereinbarung - Katalog von Gegenständen, wie z.b.: Eigentum und Belastungen des Grundstücks Keine Altlasten oder schädliche Bodenveränderungen Keine Zahlungsrückstände grundstücksbezogener Steuern oder Abgaben Keine offenen Erschließungsbeiträge Baurechtliche Zulässigkeit und Genehmigung der Gebäude und ihrer Nutzung Mietverhältnisse Versicherungsschutz Kein Denkmalschutz, kein Sanierungsgebiet Keine Arbeitsverhältnisse 15
Vertragsinhalt (VII) Haftung für Mängel (2) Beschaffenheitsgarantie oder selbstständige Garantie (Verschuldensunabhängige Haftung - evtl. vergleichbarer Katalog oder ergänzend zu vorstehendem Katalog) Haftungsbegrenzung Verjährung 16
Vertragsinhalt (VIII) Auflassung Einigung zur Eigentumsübertragung Gleichzeitige Anwesenheit vor einem deutschen Notar (Stellvertretung zulässig) Auflassung ist Erfüllungsakt, aber dennoch Teil der notariellen Kaufvertragsurkunde Vormerkung Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Eigentumsübertragung Löschung bei Eigentumsumschreibung oder bei Rücktritt Exkurs: Schwierigkeiten bei Löschung, wenn Käufer eine ausländische Gesellschaft ist, hinsichtlich der die Existenz und die Vertretungsbefugnisse vom Grundbuchamt erstmalig bei der beantragten Löschung überprüft werden 17
Vertragsinhalt (IX) Sonstige Erklärungen und Vereinbarungen (1) Vollzugsauftrag und Vollmachten an den Notar (und seine Mitarbeiter) Kostentragung (grundsätzlich gesamtschuldnerisch) Verkäufer: Löschung nicht übernommener Belastungen Käufer: Beurkundung / Vollzug des Kaufvertrages (Notar- und Gerichtsgebühren) Grunderwerbsteuer (3,5 % bis 5 % des Kaufpreises je nach Bundesland) Eintragung Finanzierungsgrundschulden 18
Vertragsinhalt (X) Sonstige Erklärungen und Vereinbarungen (2) Anwendbares Recht Deutsches Recht (bei ausländischer Partei gesondert vereinbaren) Anwendbarkeit anderen Rechts grundsätzlich möglich, aber Auflassung und Verfahrenshandlungen unterliegen zwingend deutschem Recht Gerichtsstand Dinglicher Gerichtsstand der Belegenheit (nicht zwingend, wohl aber, wenn Beklagter ausländischer Eigentümer deutschen Grundbesitzes ist und in Deutschland deswegen verklagt werden soll) 19
Zusammenschlusskontrolle Anmeldepflicht nur, wenn aus erworbener Immobilie oder Immobilienportfolio Umsatzerlöse (zumeist Mieterlöse) von mehr als EUR 5 Mio. im letzten Jahr erzielt worden sind. 20
Ihr Referent Dr. Peter Zimmermann Rechtsanwalt Partner Orrick Hölters & Elsing Orrick-Haus Heinrich-Heine-Allee 12 40213 Düsseldorf Telefon: +49 (0) 211 36 78 7-134 Telefax: +49 (0) 211 36 78 7-512 E-Mail: pzimmermann@orrick.com 21
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