THÜRINGER LANDTAG Drucksache... 5. Wahlperiode 16.05.2013 Entwurf (Stand 16.05.2013) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Thüringer Gesetz über die generationengerechte Finanzierung der Versorgungsausgaben (Thüringer Versorgungsfondsgesetz - ThürVFG -) A Problem und Regelungsbedürfnis Die zukünftigen Versorgungsausgaben stellen neben dem Auslaufen des Solidarpaktes II eine weitere große finanzpolitische Herausforderung für den Freistaat Thüringen dar. Mit dem bestehendem Pensionsfonds nach dem Thüringer Pensionsfondsgesetz wurde zwar eine gewisse Vorsorge für die zukünftigen Versorgungsaufwendungen geschaffen. Die vorgesehenen Zuführungen und die daraus resultierenden Erträge reichen aber nur dazu aus, die Last zukünftiger Versorgungsaufwendungen in ihrer Spitze abzumildern. Um eine zusätzliche Vorsorge für die stark steigenden Versorgungsaufwendungen zu schaffen, wird daher ein Thüringer Versorgungsfonds errichtet. Ziel ist es, den Anteil der Versorgungsausgaben am Landeshaushalt auf Dauer auf ein vertretbares Maß zu begrenzen und eine generationengerechte Finanzierung der Versorgungsausgaben zu erreichen. B. Lösung Für jeden neu eingestellten Beamten und Richter, deren Dienstverhältnis zum Land erstmals nach dem 31. Dezember 2013 begründet wird, sind vom 1. Januar 2014 an und während der gesamten Dienstzeit regelmäßige Zuweisungen an ein auf Dauer angelegtes Sondervermögen Thüringer Versorgungsfonds zu leisten. Der monatliche Zuführungsbetrag zum Sondervermögen wird laufbahnabhängig auf der Grundlage versicherungsmathematischer Berechnungen nach Prozentsätzen der jeweiligen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge oder Entgeltzahlungen ermittelt und alle drei Jahre überprüft. Der Versorgungsfonds wird als Sondervermögen im Sinne von 113 der Landeshaushaltsordnung eingerichtet. Die rechtliche Ausgestaltung, die Verwaltung, die Anlagemöglichkeiten und die Berichtspflichten des neuen Sondervermögens orientieren sich an den bewährten Regelungen für das bereits bestehende Sondervermögen Thüringer Pensionsfonds.
Die Versorgung der Beamten und Richter des Landes wird durch den Versorgungsfonds um ein Element der Kapitaldeckung ergänzt. Damit wird der Einstieg in eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung der zukünftigen Versorgungausgaben für die Beamten vollzogen. C. Alternativen Beibehaltung des geltenden Rechtszustandes. D. Kosten Über die gesamte Lebenszeit der betroffenen Beamten und Richter betrachtet, entstehen dem Freistaat Thüringen durch das Gesetz keine zusätzlichen Kosten. Allerdings müssen nun für neue Beamte und Richter im Dienste des Landes Zuführungen an den Versorgungsfonds im Haushalt des Landes berücksichtigt werden, wodurch spätere Versorgungsaufwendungen bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung finanziert werden. Die pro Beamten und Richter anfallenden Kosten sind abhängig vom Ergebnis der nach dem Gesetz vorgesehenen versicherungsmathematischen Berechnungen. Auf der Grundlage der Erfahrungen des Bundes und anderer Bundesländer wird geschätzt, dass die Kosten je Beamter und Richter zwischen 20 und 30 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienst- oder Amtsbezüge betragen. Zudem beeinflusst die Anzahl der pro Jahr in Thüringen vorgesehenen Verbeamtungen die entstehenden Kosten. Der Verwaltungsaufwand für den Thüringer Versorgungsfonds ist geringfügig. Er wird aus vorhandenen Personal- und Sachmitteln gedeckt.
1 Anwendungsbereich, Errichtung Zur Absicherung der Finanzierung der Versorgungsausgaben (Versorgungsaufwendungen und Beihilfen) für Beamte und Richter des Landes errichtet der Freistaat Thüringen unter dem Namen Versorgungsfonds des Freistaates Thüringen ein Sondervermögen im Sinne von 113 der Landeshaushaltsordnung. 2 Rechtsform Das Sondervermögen Thüringer Versorgungsfonds ist nicht rechtsfähig. Es kann unter seinem Namen im rechtsgeschäftlichen Verkehr handeln, klagen und verklagt werden. Das Sondervermögen wird durch das für Finanzen zuständige Ministerium vertreten. Der allgemeine Gerichtsstand des Sondervermögens ist Erfurt. 3 Verwaltung, Anlage der Mittel (1) Der Thüringer Versorgungsfonds wird durch das für Finanzen zuständige Ministerium verwaltet. Eine Erstattung von Verwaltungskosten erfolgt nicht. (2) Die dem Sondervermögen zufließenden Mittel einschließlich der Erträge sind mündelsicher im Sinne von 1807 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu marktgerechten Bedingungen anzulegen. (3) Jährlich ist ein Wirtschaftsplan zu erstellen. (4) Nach Abschluss eines Wirtschaftsjahres ist Rechnung zu legen und ein Bericht über die Anlage des Sondervermögens und die Verwendung der Erträge zu erstellen. Die Jahresrechnung des Sondervermögens wird der Haushaltsrechnung des Landes beigefügt. 4 Zuführung der Mittel (1) Dem Sondervermögen wird vom Dienstherren für jeden Beamten und Richter, dessen Dienstverhältnis nach dem 31.12.2013 begründet worden ist, ein nach Absatz 2 festzulegender Betrag zugeführt. Dies gilt nicht für Beamte auf Widerruf. (2) Die Höhe der Zuführungen an das Sondervermögen für die Beamten und Richter gemäß Abs. 1 bestimmt sich laufbahnabhängig auf der Grundlage versicherungsmathematischer Berechnungen nach Prozentsätzen der jeweiligen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge oder Entgeltzahlungen. Die Ergebnisse der versicherungsmathematischen Berechnungen werden im Abstand von 3 Jahren überprüft und den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Das Nähere zur Höhe der für die Deckung der Versorgungsausgaben erforderlichen Zuweisungssätze, zum Zahlverfahren der Zuweisungen sowie zur Überprüfung der Höhe der Zuweisungssätze bestimmt das für Finanzen zuständige Ministerium per Rechtsverordnung.
(3) Nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes können dem Sondervermögen zusätzliche Mittel zugeführt werden. (4) Die vom Sondervermögen erwirtschafteten Erträge fließen diesem zur Wiederanlage zu. (5) Eine Kreditaufnahme durch das Sondervermögen ist nicht zulässig. 5 Verwendung des Sondervermögens (1) Entnahmen aus dem Sondervermögen sind ab dem Jahr 2035 zur Entlastung von Versorgungsaufwendungen zulässig. (2) Die Landesregierung erstellt auf Vorschlag des für Finanzen zuständigen Ministeriums ab dem Jahr 2034 einen Entnahmeplan, der bei der Haushaltsplanung zu berücksichtigen ist. Der Entnahmeplan ist dem Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags vorzulegen. (3) Die Entnahmen aus dem Sondervermögen haben sich am Finanzierungsbedarf künftiger Versorgungsaufwendungen und dem Ziel einer Verstetigung der Haushaltsbelastung zu orientieren. Höhe und Zeitpunkt der Entnahmen werden durch die Haushaltsgesetze geregelt. (4) Die Landesregierung hat dem Landtag zu Beginn einer Legislaturperiode und auf Verlangen einen Bericht über die Entwicklung der Beamtenversorgung vorzulegen. 6 Verwaltungsrat (1) Die Mitglieder des Verwaltungsrats des Thüringer Pensionsfonds nehmen die Aufgabe des Verwaltungsrats des Thüringer Versorgungsfonds in Personalunion wahr. Der Verwaltungsrat beschließt die Anlagerichtlinien und den Wirtschaftsplan und stellt die Rechnung und den Bericht nach 3 Absatz 4 fest. (2) Für die Zusammensetzung des Verwaltungsrates, die Vergütung der Mitglieder sowie die Geschäftsordnung des Verwaltungsrats gelten die Vorschriften des 7 Absatz 2 bis 4 Thüringer Pensionsfondsgesetz. 7 Gleichstellungsbestimmungen Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form. 8 In-Kraft-Treten Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 01. Januar 2014 in Kraft
Begründung: A. Allgemeines Im Bericht der Landesregierung zur Entwicklung der Versorgungsausgaben für die Beamten und Richter des Freistaates Thüringen (Drucksache 5/5342) wird für die untersuchte Zeit bis zum Jahr 2032 ein dramatischer Anstieg der in Thüringen anfallenden Kosten für Zahlungen an Versorgungsempfänger und deren Hinterbliebene prognostiziert. Diese Entwicklung stellt neben dem Auslaufen des Solidarpaktes II eine weitere gewaltige finanzpolitische Herausforderung für das Land dar. Wie in den alten Bundesländern wurde auch in Thüringen nach der deutschen Wiedervereinigung der Fehler begangen, Verbeamtungen in großem Umfang durchzuführen, ohne die Folgelasten ausreichend im Blick zu haben. Erst mit dem Versorgungsreformgesetz des Bundes aus dem Jahre 1998 wurde Bund und Ländern die Bildung einer geringfügigen Versorgungsrücklage für alle zukünftigen Versorgungsempfänger vorgeschrieben. Die Mittel dieser Versorgungsrücklage werden generell dadurch aufgebracht, dass in den Jahren 1999 bis 2013 die Besoldungs- und Versorgungsanpassungen geringer ausfallen als die entsprechenden Tariferhöhungen bei den Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst. Der Unterschiedsbetrag wird dem Sondervermögen zugeführt. Allerdings können auf Grund des geringen Umfanges dieser Versorgungsrücklage und der daraus resultierenden Erträge die zukünftig erwarteten Belastungsspitzen finanziell nur leicht abgefedert werden. In der Bundesrepublik Deutschland hat sich beim Bund und bei zahlreichen Ländern inzwischen die Einsicht durchgesetzt, dass die Kosten für die Beamten und Richter periodengerecht veranschlagt werden müssen, um nicht wie bisher finanzielle Lasten in großem Umfang in die Zukunft zu verlagern. Der Bund und die Mehrheit der Länder haben damit begonnen für alle neuen Beamten pauschale oder versicherungsmathematisch berechnete Versorgungsrücklagen zu bilden und in Form von Sondervermögen anzulegen. Diesem Beispiel folgt nun auch der Freistaat Thüringen durch Schaffung des Sondervermögens Thüringer Versorgungsfonds und der gesetzlichen Regelungen für entsprechende Zuführungen. B. Zu den einzelnen Bestimmungen Zu 1: Anwendungsbereich, Errichtung 1 beschreibt den Zweck und regelt die Errichtung des Sondervermögens. Zu 2: Rechtsform Die Rechtsform des Sondervermögens ist identisch mit den Regelungen zum Sondervermögen Thüringer Pensionsfonds. Zu 3: Verwaltung, Anlage der Mittel 2 regelt die Verwaltung und Anlage der Mittel. Zuständig hierfür ist das für Finanzen zuständige Ministerium. Im Übrigen entsprechen die Festlegungen den Regelungen zum Sondervermögen Thüringer Pensionsfonds.
Zu 4: Zuführung der Mittel Abs. 1 beschreibt den Personenkreis, für den jeweils ein monatlicher Betrag an das Sondervermögen abgeführt wird. Abs. 2 bestimmt das Verfahren, nach dem der Zuführungsbetrag an das Sondervermögen zu ermitteln ist. Abs. 3 ermöglicht die Zuführung weiterer Mittel nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes. Abs. 4 regelt die Verwendung der Erträge des Sondervermögens. Abs. 5 schließt eine Kreditaufnahme des Sondervermögens aus. Zu 5: Verwendung des Sondervermögens Nach Absatz 1 soll eine Entnahme aus dem Sondervermögen frühestens 2035 möglich sein, um ab diesem Zeitraum die Höhe der Belastungen des Landes aus der Zahlung von Versorgungsaufwendungen zu begrenzen. Abs. 2 bestimmt, dass im Jahr 2034 für die Entnahmen ab dem Jahr 2035 ein entsprechender Entnahmeplan zu erstellen und vom Kabinett zu beschließen ist. Der Entnahmeplan ist dem Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags vorzulegen. In Absatz 3 werden die Kriterien für eine Entnahme aus dem Sondervermögen näher bestimmt. Die Berichterstattung zur Entwicklung der Versorgungsausgaben für die Beamten und Richter durch die Landesregierung ist gesetzlich nicht geregelt. Bisher wird der Landtag auf Basis eines Landtagsbeschlusses informiert. In Absatz 4 wird nunmehr eine Berichtspflicht der Landesregierung zu den Versorgungsausgaben gesetzlich festgelegt. Zu 6: Verwaltungsrat In Abs. 1 werden der Personenkreis und die Aufgaben des Verwaltungsrats geregelt. Die Mitglieder des Verwaltungsrats des Thüringer Pensionsfonds sollen die Aufgabe des Verwaltungsrats des Thüringer Versorgungsfonds in Personalunion wahrnehmen. Beide Sondervermögen sollen zukünftige Versorgungsaufwendungen abmildern. Die gesetzlichen Regelungen für das Sondervermögen Thüringer Versorgungsfonds wurden aus Verwaltungsvereinfachungsgründen bewusst an die bestehenden gesetzlichen Regelungen für das Sondervermögen Thüringer Pensionsfonds angelehnt. Das macht es umso sinnvoller, dass die Verwaltungsräte beider Sondervermögen diese Aufgaben in Personalunion wahrnehmen. Durch Verweis auf 7 Abs. 2 bis 4 Thüringer Pensionsfondsgesetz wird in Absatz 2 sichergestellt, dass für die in Personalunion zu besetzenden Personalräte beider Sondervermögen gleich lautende Regelungen zur Anwendung kommen.
Das Finanzministerium ist als Verwalter des Fonds, das Innenministerium als das für das Beamtenrecht zuständige Ministerium vertreten. Den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes wird durch die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat ein eigenständiges Recht auf Beteiligung und Unterrichtung in Angelegenheiten des Fonds eingeräumt. Damit wird dem berechtigten Interesse der Besoldungs- und Versorgungsempfänger an der ordnungsgemäßen Verwendung der zu Lasten ihrer Besoldung aufgebrachten Mittel Rechnung getragen. Das Vertrauen in die Sicherheit und Beständigkeit des Thüringer Pensionsfonds wird gestärkt. Durch das Versagen von Aufwandsentschädigung und Auslagenerstattung steht das Sondervermögen ungeschmälert seiner Bestimmung zur Verfügung. Zu 7: Gleichstellungsbestimmungen Die Aufnahme der Gleichstellungsbestimmung erfolgt im Hinblick auf Artikel 3 des Grundgesetzes und Artikel 2 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen. Zu 8: In-Kraft-Treten Die Vorschrift regelt den Zeitpunkt für das Inkrafttreten dieses Gesetzes. Für die Fraktion der SPD: