Prof. Dr. Jörg Ennuschat Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht Juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum

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Transkript:

Prof. Dr. Jörg Ennuschat Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht Juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Hausarbeit im Rahmen der Vorlesung Staatsrecht I (Grundrechte) im Wintersemester 2016/2017 bei Herrn Prof. Dr. Jörg Ennuschat Im Bundestag mehren sich die Stimmen, welche sich besorgt darüber äußern, dass immer mehr Frauen und Mädchen muslimischen Glaubens sich in der Öffentlichkeit vollständig verschleiern, indem sie z.b. eine Burka oder einen Niqab tragen. Die Bundesregierung legt daher nach dem Vorbild Österreichs und Frankreichs einen Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Förderung der Integration im öffentlichen Raum vor. Zentraler Bestandteil des Entwurfs ist das neue Gesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum (Gesichtsverhüllungsverbotsgesetz GVVG). Dieses sieht in 1 GVVG ein grundsätzliches Verbot der Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum vor. Verstöße gegen das Verbot sollen als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einer Geldbuße geahndet werden. Zudem soll ein neuer Straftatbestand in das Strafgesetzbuch eingeführt werden. Damit soll es unter Strafe gestellt werden, eine andere Person wegen ihres Geschlechts dazu zu zwingen, eine Gesichtsverhüllung wie etwa Burka oder Niqab zu tragen, und dadurch zur Verschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit und zur Hinderung von Integration beizutragen. In der Gesetzesbegründung wird u.a. (zu weiteren Inhalten der Gesetzesbegründung siehe den Anhang zu diesem Hausarbeitssachverhalt) ausgeführt, dass die Vollverschleierung ein Zeichen der Abgrenzung von der Gesellschaft und ihren Werten sei, das einer gelungenen Integration entgegenstehe. Das neue Gesetz diene dem Schutz von Frauen. Viele Frauen und Mädchen aus muslimischen Familien würden gegen ihren Willen zum Tragen eines Gesichtsschleiers gezwungen. Der Staat komme mit dem Gesetz seiner Schutzpflicht gegenüber Frauen nach und stelle zugleich die Bewahrung demokratischer und westlicher Werte und das geordnete Zusammenleben in der Gesellschaft sicher. Das Tragen einer Burka oder eines Niqabs könne zudem von Kriminellen oder Terroristen ausgenutzt werden, um im öffentlichen Raum ihre Identität zu verbergen. Unter diesem Gesichtspunkt verbiete das Gesetz konsequenterweise allgemein die Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum, also nicht nur die Verhüllung durch religiöse Kleidungsstücke. Daher diskriminiere es nicht Angehörige eines bestimmten Glaubens. Außerdem sei innerhalb des Islams selbst umstritten, ob der Koran überhaupt Frauen die Verhüllung des Gesichts vorschreibe. In den parlamentarischen Beratungen wird jedoch auch Kritik an dem Gesetzentwurf geübt: Die Wahl der Kleidung sei in vielen Fällen nicht nur Ausdruck eigener religiöser Überzeugung, sondern auch der persönlichen Identität, die durch das Verbot erheblich beeinträchtigt werde. Bestimmte Suren im Koran würden weltweit von vielen Muslimen dahingehend inter-

pretiert, dass durch die Vollverschleierung religiöse Bekleidungsvorschriften erfüllt würden. Es gebe nur Vermutungen, aber keine sicheren Belege, dass vollverschleierte Frauen von ihrem Umfeld zur Verschleierung gezwungen würden. Deshalb sei davon auszugehen, dass die meisten vollverschleierten Frauen dies freiwillig und aus eigener Überzeugung täten. Auch orientierten sich Töchter muslimischer Eltern häufig an deren Vorbild und trügen dann ebenfalls aufgrund eigener Wahl eine Gesichtsverhüllung, ohne dazu von ihren Eltern gezwungen zu werden. Der neu eingeführte Straftatbestand setze die Eltern einem unnötigen Strafbarkeitsrisiko aus. Das Gesetz sei angesichts von nur ca. 300 Burkaträgerinnen in ganz Deutschland eher populistische Meinungsmache. Insofern sei es auch bedenklich, dass das Gesetz zwar allgemein formuliert sei, aber offenbar nur auf eine kleine Gruppe abziele. Das neue Gesetz sei eine klare Diskriminierung dieser Frauen und ihrer Überzeugungen. Nach eingehender Diskussion findet sich eine Mehrheit, die im ordnungsgemäßen Verfahren das neue Gesetz beschließt. Wenig später wird es im Bundesgesetzblatt verkündet (siehe Anhang). Die Regierung des Landes L hält das neue Gesetz für verfassungswidrig. Es verletze die Grundrechte vieler Frauen und Mädchen, auch von deren Eltern. Das Gesetz verhindere zudem, dass vollverschleierte Frauen an Orten oder in Gebäuden, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, arbeiten könnten. Gerade Arbeit sei jedoch ein wichtiger Schritt zur Integration. Ein Gesichtsverhüllungsverbot sei allenfalls für Schülerinnen sowie Lehrerinnen und sonstige Beamtinnen und Angestellte des öffentlichen Dienstes bei Ausübung ihres Dienstes wegen der religiösen Neutralität des Staates zulässig, aber nicht allgemein. Davon abgesehen belaste das neue Gesetz überflüssigerweise jeden, der sich in der Öffentlichkeit ein Kleidungsstück vor das Gesicht binden wolle und anziehen könne man sich schließlich, wie man wolle. Die Landesregierung von L ist deshalb der Auffassung, dass die 1, 2 GVVG und 168a StGB nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien, erst recht nicht, wenn man den Einfluss der EMRK auf die grundgesetzlichen Wertungen berücksichtige. Es stellt daher beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG auf Überprüfung der Vereinbarkeit dieser Vorschriften mit dem Grundgesetz und fordert das Bundesverfassungsgericht auf, auch den Einfluss der EMRK auf die Auslegung des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Prüfen Sie die Erfolgsaussichten des Antrages der Landesregierung! 2 Bearbeitervermerke: 1. Der Antrag der Landesregierung gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG ist zulässig. Die 1 ff. GVVG, 168a StGB sind formell verfassungsmäßig. Die Zulässigkeit und die formelle Verfassungsmäßigkeit sind deshalb nicht zu erörtern. 2. Art. 5 GG, Art. 8 GG und Art. 33 GG sind nicht zu prüfen.

3 Anhang zum Hausarbeitssachverhalt Gesetz zur Förderung der Integration im öffentlichen Raum vom 20. Februar 2017 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Gesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum (Gesichtsverhüllungsverbotsgesetz GVVG) 1 (1) Es ist verboten, an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise zu verhüllen oder zu verbergen, dass sie nicht mehr erkennbar sind. (2) Ein Verstoß gegen das Verhüllungsverbot gemäß Abs. 1 liegt nicht vor, wenn die Verhüllung oder Verbergung der Gesichtszüge durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen oder im Rahmen der Sportausübung erfolgt oder gesundheitliche oder berufliche Gründe hat. 2 Wer gegen das Verbot des 1 verstößt, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu einhundertfünfzig Euro geahndet werden. Artikel 2 Änderung des Strafgesetzbuches Nach 168 des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3150) geändert worden ist, wird folgender 168a eingefügt: 168a Zwang zur Gesichtsverhüllung in der Öffentlichkeit (1) Wer eine andere Person oder mehrere andere Personen durch Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel oder unter Missbrauch einer Autoritäts- oder Machtstellung dazu zwingt, wegen ihres Geschlechts ihre Gesichtszüge an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise zu verhüllen oder zu verbergen, dass die Gesichtszüge nicht mehr erkennbar sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wird die Tat zum Nachteil einer Person unter achtzehn Jahren begangen, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Artikel 3 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt sechs Monate nach der Verkündung in Kraft. 4 Auszug aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/25005) 1. Gesichtsverhüllungsverbotsgesetz Ziel des Gesetzes ist die Förderung von Integration durch die Stärkung der Teilhabe am gesellschaftlichen Zusammenleben. Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung aller in Deutschland lebenden Menschen abhängt und der auf persönlicher Interaktion beruht. Die Ermöglichung zwischenmenschlicher Kommunikation ist daher eine wesentliche Funktionsbedingung für gelungene Integration und ein friedliches Zusammenleben in einem demokratischen Rechtsstaat. Für Kommunikation bildet das Erkennen des Anderen bzw. dessen Gesichts eine notwendige Voraussetzung. Zu 1 GVVG: Als öffentlicher Ort gemäß 1 Abs. 1 ist jeder Ort zu verstehen, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann, einschließlich der nicht ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs. Zu den öffentlichen Gebäuden zählen insbesondere jene Räumlichkeiten, die zu Unterrichts- und Fortbildungszwecken und Verhandlungszwecken verwendet werden (z.b. Schulen, Universitäten, Gerichte). In 1 Abs. 2 werden die Tatbestände aufgezählt, bei deren Erfüllung kein Verstoß und deshalb keine Ordnungswidrigkeit nach 2 vorliegt. Als Verhüllung der Gesichtszüge, die durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, wird etwa das Tragen eines Sturzhelms bei Personenbeförderung mit bestimmten Kraftfahrzeugen aufgrund der gesetzlichen Sturzhelmpflicht verstanden. Dabei ist etwa ein Herabsteigen vom Kraftfahrzeug zum Zwecke der Betankung vom zeitlichen Rahmen der Ausnahmeregelung umfasst. Bei künstlerischen, kulturellen oder traditionellen Veranstaltungen handelt es sich etwa um Verhüllungen zu Feiertagen (beispielsweise zu Karnevalsfeierlichkeiten etc.) oder Verhüllungen, die im Rahmen künstlerischer Darbietungen (Theater, Kunstinstallationen etc.) vorgenommen werden. Die Verhüllung der Gesichtszüge im Rahmen der Sportausübung betrifft Sportarten, bei denen zum Beispiel das Tragen eines Helms aus Schutzgründen (Motorsport) vorgesehen ist. Unter Verhüllungen aus gesundheitlichen Gründen sind solche Verhüllungen zu verstehen, die ärztlich angeordnet

werden, wie Mund- und Nasenschutz bzw. Gesichtsschutzmasken. Beim Tragen von Verhüllungen aus beruflichen Gründen handelt es sich um Gesichtsverhüllungen, die etwa aus hygienischen oder medizinischen Gründen notwendig sind. Darüber hinaus sind jene Verhüllungen oder Verbergungen der Gesichtszüge vom Tatbestand des 1 Abs. 1 ausgenommen, die aufgrund witterungsbedingter Umstände (etwa als Schutz vor Frost) vorgenommen werden. 5 Zu 2 GVVG: Die Ordnungswidrigkeit ist nötig, um die Beachtung des Verhüllungsverbotes in der Praxis durchsetzen zu können. Die Höhe des Bußgeldes entspricht den Regelungen in Österreich und in Frankreich. 2. 168a StGB 168a wird in den Elften Abschnitt des Strafgesetzbuchs (Straftaten, welche sich auf Religion und Weltanschauung beziehen) neu eingefügt. Diese Norm erfasst nach dem Vorbild bewährter Strafbestimmungen in Frankreich den besonderen Unwertgehalt, wenn jemand eine andere Person zwingt, wegen ihres Geschlechtes das Gesicht an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden zu verhüllen. Das Tragen eines Gesichtsschleiers erfolgt in vielen Fällen aufgrund von Zwang durch Personen aus dem sozialen Umfeld und nicht aufgrund eines freien Entschlusses der Trägerin. Wer aber eine Frau zur Verhüllung in der Öffentlichkeit zwingt, trägt damit zu einer integrationsfeindlichen Lage in der Gesamtgesellschaft bei. Um die freie Entfaltung der Persönlichkeit der besonders schutzbedürftigen Minderjährigen verstärkt zu schützen, ist der Strafrahmen erhöht, wenn Minderjährige das Opfer sind.

6 Wichtige Hinweise zur Hausarbeit 1. Bearbeitungshinweise Das Gutachten darf einen Bearbeitungsumfang von 60.000 Zeichen (incl. Leerzeichen und Fußnoten) nicht überschreiten. Deckblatt, Gliederung, Literaturverzeichnis und die Erklärung (unten 3.) werden dabei nicht mitgerechnet. Die Bearbeitung muss links einen Korrekturrand von mindestens 6 cm haben. Es empfiehlt sich im Übrigen folgende Formatierung: 1,5-zeilig, Schriftgröße 12 pt, Times Roman (in den Fußnoten ggf. etwas kleiner). Auf meiner Homepage und in Blackboard finden Sie weitere Empfehlungen. Sie müssen unbedingt die Standards guter wissenschaftlicher Praxis (keine Plagiate, insb. keine sog. Blindzitate!) beachten; siehe näher: http://www.djft.de/medien/pdf/beschluss%20ii%2092.%20djft%20-%20annex.pdf 2. Abgabe der Hausarbeit: 31. März 2017 Die Hausarbeit muss in Schriftform abgegeben werden, und zwar geheftet (z.b. sog. Schnellhefter) oder gebunden. Die Hausarbeit ist für eine Bearbeitungszeit von vier Wochen konzipiert. Die Frist zur Abgabe endet am 31. März 2017. Sie können die Hausarbeit entweder im Sekretariat des Lehrstuhls Prof. Dr. Ennuschat (GC 8/155; Öffnungszeiten am 31. März 2017: 9 Uhr bis 15 Uhr) oder per Post abgeben (Lehrstuhl Prof. Dr. Ennuschat, Juristische Fakultät, Gebäude GC 8/155, Ruhr- Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44801 Bochum). Bei Zusendung durch die Post ist das Datum des Poststempels maßgeblich. Bitte achten Sie auf die Lesbarkeit des Poststempels. 3. Erklärung Fügen Sie Ihrer Hausarbeit die auf der nächsten Seite abgedruckte und von Ihnen unterschriebene Erklärung bei. 4. Rückgabe und Besprechung der bewerteten Hausarbeit Die Rückgabe der Hausarbeit erfolgt am 08.05.2017 um 16.00 Uhr im Hörsaal HGC 10 und die Besprechung erfolgt im Anschluss an die Besprechung der Klausur. Etwaige Anträge auf Nachkorrektur setzen grundsätzlich die Teilnahme an der Besprechung voraus. VIEL ERFOLG!

7 Erklärung Ich versichere, die Hausarbeit selbstständig erstellt und die Standards guter wissenschaftlicher Praxis (keine Plagiate!) beachtet zu haben. Ich versichere, dass meine Hausarbeit den maximalen Bearbeitungsumfang von 60.000 Zeichen (incl. Leerzeichen und Fußnoten; ohne Deckblatt, Gliederung, Literaturverzeichnis und ohne diese Erklärung) nicht überschreitet. Meine Hausarbeit umfasst Zeichen. Ich weiß, dass der Aufgabensteller mich nach Abgabe der Hausarbeit auffordern kann, ihm eine elektronische Fassung der Hausarbeit (Datei) zu überlassen, um Täuschungsversuche festzustellen, eine Plagiatssoftware anzuwenden oder die Einhaltung des Maximalumfangs zu prüfen. Ich weiß, dass die Arbeit mit ungenügend (0 Punkte) bewertet werden kann, wenn ich die Datei auf Aufforderung nicht zur Verfügung stelle oder ein Täuschungsversuch oder ein Verstoß gegen die Standards guter wissenschaftlicher Praxis oder gegen den Maximalumfang festgestellt wird. (Ort, Datum, Unterschrift, Matrikelnummer)