B. Der Begriff des Unternehmers. Martin Ebers



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Transkript:

785 Martin Ebers I. Europäisches Gemeinschaftsrecht Der Begriff des Unternehmers im Gemeinschaftsrecht Richtlinie Richtlinie 85/577, Art. 2 Richtlinie 90/314, Art. 2(2) und (3) Richtlinie 93/13, Art. 2 lit. (c) Richtlinie 94/47, Art. 2 Begriff des Unternehmers,,Gewerbetreibender : eine natürliche oder juristische Person, die beim Abschluss des betreffenden Geschäfts im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, sowie eine Person, die im Namen und für Rechnung eines Gewerbetreibenden handelt. Veranstalter: die Person, die nicht nur gelegentlich Pauschalreisen organisiert und sie direkt oder über einen Vermittler verkauft oder zum Verkauf anbietet. Vermittler: die Person, welche die vom Veranstalter zusammengestellte Pauschalreise verkauft oder zum Verkauf anbietet. Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlichrechtlichen Bereich zuzurechnen ist Verkäufer : jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen ihrer Berufsausübung

786 Richtlinie 97/7, Art. 2(3) Richtlinie 98/6, Art. 2 lit. (d) Richtlinie 99/44, Art. 1(2)(c) durch die unter diese Richtlinie fallenden Vertragsabschlüsse das im Vertrag vorgesehene Recht begründet, überträgt oder zu ü- bertragen sich verpflichtet; Lieferer : jede natürliche oder juristische Person, die beim Abschluss von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt; Händler : jede natürliche oder juristische Person, die unter ihre kommerzielle oder berufliche Tätigkeit fallende Erzeugnisse verkauft oder zum Verkauf anbietet; Verkäufer : jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Vertrags im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft. Der Begriff des Unternehmers in Richtlinien, die nicht Gegenstand dieser Studie sind Richtlinie Richtlinie 87/102, Art. 1(2) lit. (b) Richtlinie 2000/31, Art. 2 lit. (b) Richtlinie 2002/65, Art. 2 lit. (c) Begriff des Unternehmers Kreditgeber eine natürlich oder juristische Person, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einen Kredit gewährt, oder eine Gruppe solcher Personen Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die einen Dienst der Informationsgesellschaft anbietet; Anbieter jede natürliche oder juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Dienstleistungen auf-

787 Richtlinie 2005/29, Art. 2 lit. (b) grund von Fernabsatzverträgen erbringt; Gewerbetreibender jede natürliche oder juristische Person, die im Geschäftsverkehr im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden handelt. 1. Gemeinsamkeiten Im Gegensatz zum Verbraucher verwendet das Gemeinschaftsrecht keinen einheitlichen Begriff für den Vertragspartner des Verbrauchers. Der Vertragspartner des Verbrauchers (im Folgenden: Unternehmer ) wird als Gewerbetreibender (Richtlinie 85/577; 93/13; 2005/29), Lieferer (Richtlinie 97/7), Verkäufer (Richtlinie 94/47; 99/44), Diensteanbieter (Richtlinie 2000/31), Anbieter (Richtlinie 2002/65), Händler (Richtlinie 98/6) oder Kreditgeber (Richtlinie 87/102) bezeichnet. Gemeinsam ist jedoch sämtlichen Richtlinien, dass der Unternehmer sowohl eine natürliche als auch juristische Person sein kann, die beim Abschluss des betreffenden Geschäfts im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt. 2. Gewinnerzielungsabsicht (animo lucri) Ob die betreffenden Richtlinien beim Unternehmer eine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzen, ist fraglich. Mehrere Gründe sprechen dafür, dass es auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht nicht ankommt. 1 Bei der Gewinnerzielungsabsicht handelt es sich um einen unternehmensinternen Umstand, der unter Umständen nur schwer nachweisbar ist und von Unternehmen manipuliert werden kann (beispielsweise durch Gewinnverlagerungen im Konzern). Die Richtlinie 93/13 spricht ebenfalls dafür, dass es auf eine Gewinnerzielungsabsicht nicht ankommen kann, denn diese Richtlinie ist auch auf Personen des öffentlichen Rechts 1 Vgl. hierzu Micklitz, MüKo 4, 14 Rn. 16.

788 anwendbar (siehe unten, 4.). Interna des Unternehmens sollten daher keinen Ausschlag dafür geben, ob Verbraucher geschützt werden oder nicht. Vielmehr sollte allein die Verkehrsanschauung maßgeblich sein. Rechtssicherheit in dieser Frage kann letztlich nur durch den EuGH oder durch eine Revision des Acquis hergestellt werden. 3. Handeln im Namen und für Rechnung eines Gewerbetreibenden Teilweise enthält das Gemeinschaftsrecht eine erweiterte Definition des Unternehmers. So gilt etwa als Gewerbetreibender bei Haustürgeschäften auch eine Person, die im Namen und für Rechnung eines Gewerbetreibenden handelt (Art. 2 der Richtlinie 85/577). Ganz ähnlich sieht auch die Richtlinie 2005/29 vor, dass Gewerbetreibender jede Person ist, die im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden handelt. Der erste Entwurf zur Richtlinie 97/7 enthielt ebenfalls eine solche Regelung, 2 der geänderte Vorschlag vom 7.10.1993 3 verzichtete demgegenüber auf die ausdrückliche Ausweitung auf Hilfspersonen, ohne dass die Gründe für die Streichung erkennbar sind. Nach Art. 1(2) lit. (b) der Richtlinie 87/102 werden als Kreditgeber außerdem nicht nur Personen betrachtet, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einen Kredit gewähren, sondern auch eine Gruppe solcher Personen. Wann eine Person im Namen und für Rechnung eines Gewerbetreibenden handelt, ist bislang noch nicht vom EuGH geklärt worden. In der Rechtssache C-229/04 (Crailsheimer Volksbank) 4 hat der Gerichtshof aber zumindest klargestellt, dass die Richtlinie 85/577 dahin auszulegen ist, dass die Anwendung der Richtlinie, wenn ein Dritter im Namen oder für Rechnung eines Gewerbetreibenden in die Aushandlung oder den Abschluss eines Vertrages eingeschaltet wird, nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass der Gewerbetreibende wusste oder hätte wissen müssen, dass der Vertrag in einer Haustürsituation im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie geschlossen wurde (Rn. 45). 2 KOM(1992) 11 endg. 3 KOM(1993) 396 endg. 4 EuGH, Urteil vom 25. November 2005, Rs. C-229/04 (Crailsheimer Volksbank eg gegen Klaus Conrads, Frank Schulzke und Petra Schulzke-Lösche, Joachim Nitschke), Slg. 2005, I-9273.

789 4. Gewerbliche Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Bereich Manche Richtlinien (wie etwa die Richtlinie 93/13 und die Richtlinie 2002/65) stellen ausdrücklich klar, dass auch staatliche Behörden Unternehmer sein können. Die Richtlinie 93/13 betont in Erwägungsgrund 14, dass die Richtlinie auch für die gewerbliche Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Rahmen gilt. Art. 2 lit. (c) der Richtlinie hebt in der englischen Sprachfassung zusätzlich hervor, dass es für die Definition des Gewerbetreibenden (trader or supplier) nicht auf die Eigentumsverhältnisse ankommt (Art. 2 lit. (c): 'seller or supplier' means any natural or legal person who, in contracts covered by this Directive, is acting for purposes relating to his trade, business or profession, whether publicly owned or privately owned. ). In der deutschen Sprachfassung wird demgegenüber unterstrichen, dass die Richtlinie auch dann anwendbar ist, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit dem öffentlichrechtlichen Bereich zuzurechnen ist, während die französische Version von der activité professionnelle, qu elle soit publique ou privée spricht. Angesichts dieser Formulierungen muss davon ausgegangen werden, dass sich die Richtlinie in jedem Falle auf privatrechtliche Verträge zwischen einem Verbraucher und staatlichen Behörden erstreckt. Ob darüber hinaus nicht nur privatrechtliche, sondern auch öffentlich-rechtliche Verträge erfasst werden, ist demgegenüber ungewiss. Hierfür spricht, dass die Grenzen zwischen dem öffentlichen Recht und dem Privatrecht in jedem Land anders gezogen werden und es insofern nicht im Belieben des nationalen Gesetzgebers stehen kann, ob Vertragsklauseln der Richtlinie 93/13 unterworfen sind oder nicht. Rechtssicherheit kann wiederum nur dann erzielt werden, wenn der EuGH über diese Frage entscheidet oder der Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen der Revision des Verbraucherrechts eine entsprechende Klarstellung vornimmt. II. Gesetzgebungstechniken in den Mitgliedstaaten Die meisten Mitgliedstaaten haben die Begriffe Gewerbetreibender, Lieferer, Verkäufer, Diensteanbieter, Anbieter, Händler oder andere Begriffe (wie Unternehmer in ÖSTERREICH und DEUTSCHLAND oder professionista in ITALIEN) im Einklang mit den Richtlinien umgesetzt; vgl. ausführlich Teil 2 dieser Studie.

790 Einige Mitgliedstaaten haben eine einheitliche Definition für die dem Verbraucher gegenüberstehende Vertragspartei eingeführt, so insbesondere ÖSTERREICH 5, die TSCHECHISCHE RE- PUBLIK 6, FINNLAND 7, DEUTSCHLAND 8, ITALIEN 9 und SLOWENIEN 10. In BULGARIEN unterscheidet das Verbraucherschutzgesetz zwischen drei verschiedenen Verbrauchervertragstypen, die sich nach dem Kontrahenten des Verbrauchers (Händler, Hersteller oder Lieferer) 11 bestimmen und jeweils zur Anwendung verschiedener Regeln führen. In LETTLAND und LITAUEN werden die Begriffe Verkäufer und Diensteanbieter generell für sämtliche Verbraucherverträge definiert 12. In der SLOWAKEI wurden demgegenüber die Begriffe Verkäufer und Lieferer im Verbraucherschutzgesetz übergreifend definiert 13. Andere Mitgliedstaaten (insbesondere FRANKREICH) verzichten demgegenüber auf ausdrückliche Definitionen und vertrauen stattdessen auf ihre Rechtsprechung. In MALTA besteht nach dem Gesetz zu Verbraucherfragen die Möglichkeit, dass der für Verbraucherangelegenheiten verantwortliche Minister jede Person nach Konsultation des Rats für Verbraucherfragen zum Unternehmer erklärt. III. Inhaltliche Ausgestaltung in den Mitgliedstaaten Der Begriff des Unternehmers wird in vielen Mitgliedstaaten konkreter als in den betreffenden Richtlinien definiert. Viele Mitgliedstaaten haben versucht, Einzelfragen zu klären und Beispiele zu geben. 5 Art. 1(2) Konsumentenschutzgesetz. 6 Art. 52(2) CC. 7 Kapitel 1, 5 Verbraucherschutzgesetz. 8 14 BGB. 9 Art. 3(1) lit. (c) Verbrauchergesetzbuch. 10 Art. 1(3) Verbraucherschutzgesetz. 11 Zusatzvorschrift Nr. 13 (2)-(4) Verbraucherschutzgesetz. 12 Art. 1(1) sec. 4-5 des lettischen Gesetzes zum Schutz der Verbraucherrechte; Art. 2(2) und (3) des litauischen Verbraucherschutzgesetzes. 13 Art. 2(1) lit. (b) und (e).

791 1. Gewinnerzielungsabsicht (animo lucri) Einige Mitgliedstaaten haben die in den Richtlinien nicht behandelte Frage geregelt, ob eine Person, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, als Unternehmer qualifiziert werden kann. In ÖSTERREICH wird in 1(2) Konsumentenschutzgesetz als Unternehmer jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit bezeichnet, auch wenn diese Organisation nicht auf Gewinn gerichtet ist. In DEUTSCHLAND hat der BGH mit Urteil vom 29.3.2006 für Verbrauchsgüterkaufverträge klargestellt, dass es für den Begriff des Unternehmers allein darauf ankommt, dass der Verkäufer planmäßig auf eine gewisse Dauer entgeltliche Leistungen am Markt anbietet. Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob der Verkäufer mit seiner Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen. 14 In BULGARIEN enthalten die Definitionen der Begriffe Händler, 15 Hersteller, 16 Lieferer 17 und Importeur 18 keine Regelung, die gemeinnützige Organisationen vom Anwendungsbereich der Verbraucherschutzvorschriften ausnimmt. Dies wird jedoch als Ausnahme von dem Grundsatz angesehen, dass gemeinnützige Organisationen nur idealistische Ziele verfolgen. Darüber hinaus bestimmen die Definition der Begriffe Händler und Lieferer, dass es unbeachtlich ist, ob das Unternehmen in öffentlicher oder privater Hand ist. In GRIECHENLAND ist ebenfalls anerkannt, dass non-profit Organisationen oder Institutionen sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts und andere staatliche Einrichtungen als Unternehmer handeln können. In den NIEDERLANDEN und in SCHWEDEN können non-profit Unternehmen ebenfalls Unternehmer sein. Anders ist demgegenüber die Rechtslage in FINNLAND, SLOWENIEN und SPANIEN. Nach 1:5 des FINNISCHEN Verbraucherschutzgesetzes muss ein Unternehmer mit der Absicht handeln, Einkommen zu erzielen oder ein sonstiges wirtschaftliches Interesse verfolgen. Nach Art. 1(3) des SLOWENISCHEN Verbraucherschutzgesetzes wird der Unternehmer als eine juristische oder natürliche Person definiert, deren Geschäft unabhängig von der Rechtsform oder den Eigentumsverhältnissen auf eine profitable Tätigkeit ausgerichtet ist. SPANIEN verwendet zur Umsetzung der Richtlinie 97/7 den Begriff des Einzelhändlers, der in Art. 1(2) Gesetz Nr. 7/1996 vom 15. Januar über den Einzelhandel als eine Tätigkeit definiert wird, die auf eine Gewinnerzielungsabsicht (ánimo de lucro) ausgerichtet ist. 14 BGH, Urteil vom 29. März 2006, VIII ZR 173/05. 15 Zusatzvorschrift 13 Nr. (2) zum Verbraucherschutzgesetz. 16 Zusatzvorschrift 13 Nr. (3) zum Verbraucherschutzgesetz. 17 Zusatzvorschrift 13 Nr. (4) zum Verbraucherschutzgesetz. 18 Zusatzvorschrift 13 Nr. (5) zum Verbraucherschutzgesetz.

792 2. Handeln im Namen und für Rechnung eines Gewerbetreibenden Die im Gemeinschaftsrecht in einigen Richtlinien behandelte Frage, ob dem Gewerbetreibenden das Handeln Dritter zugerechnet werden kann, wird in den Mitgliedstaaten zum Teil grundsätzlich für sämtliche oder mehrere verbraucherschützende Gesetze geregelt. Das BEL- GISCHE Gesetz vom 14. Juli 1991 zu Handelspraktiken, Verbraucherinformationen und Verbraucherschutz nimmt auf den Begriff Verkäufer Bezug, der in Art. 1.6 als eine Person definiert wird, die im eigenen Namen oder in Vertretung einer dritten Partei handelt. In ZYPERN wird ebenfalls klargestellt, dass der Anbieter entweder persönlich oder durch seine Vertreter handelt. Das LETTISCHE Verbraucherschutzgesetz versteht unter dem Begriff Verkäufer jedwede natürliche oder juristische Person, die Waren oder Dienstleistungen gewerblich anbietet oder verkauft, sowie Personen, die im Namen des Verkäufers oder auf seine Anweisung hin handeln. Ein ähnliche Vorschrift findet sich im BULGARISCHEN Verbraucherschutzgesetz, welches Händler definiert als jede natürliche oder juristische Person in öffentlicher oder privater Hand, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Waren verkauft oder zum Verkauf anbietet, Dienstleistungen erbringt oder einen Vertrag mit einem Verbraucher schließt, sowie jede Person, die im Namen oder auf Rechnung dieser Person handelt. Die RUMÄNISCHE Regierungsverordnung Nr. 106/1999 über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verbraucherverträge zur Umsetzung der Richtlinie 85/577 verweist ausdrücklich auf einen im Namen des Händlers handelnden Vertreter. Ansonsten enthalten die rumänischen Umsetzungsvorschriften diesbezüglich jedoch keine gesonderten Regelungen. In anderen Rechtsordnungen wird diese Frage zwar nicht ausdrücklich geregelt, jedoch folgt aus der allgemeinen Verbraucherdefinition und den Regeln der Stellvertretung, dass fremdes Verhalten zugerechnet wird und ein Unternehmer nicht dadurch seine Unternehmereigenschaft verliert, wenn er sich eines Vertreters bedient, der an sich als Verbraucher einzustufen wäre (so insbesondere im ÖSTERREICHISCHEN Recht). 19 Ungeklärt ist die Rechtslage demgegenüber in GRIECHENLAND und POLEN. In GRIECHENLAND wird im Unterschied zur Richtlinie 85/577 nicht jede Person, die im Namen und für Rech- 19 OGH, Urteil vom 5. August 2003, 7 Ob 155/03z.

793 nung eines Gewerbetreibenden handelt, als Unternehmer betrachtet. Gleiches gilt für das POLNISCHE Recht. Nach Art. 43 CC muss die betreffende Tätigkeit ihrer Natur nach vom Unternehmer im eigenen Namen ausgeführt werden. Dies deutet darauf hin, dass beiden Rechtsordnungen ein im Vergleich zu Art. 2 Richtlinie 85/577 engerer Unternehmerbegriff zugrunde liegt. Unterschiedlich wird ferner die Frage behandelt, ob die verbraucherschützenden Vorschriften auch dann eingreifen, wenn sich eine private Person durch einen Unternehmer vertreten lässt. In ÖSTERREICH und DEUTSCHLAND kommt es grundsätzlich darauf an, wer Vertragspartner ist. Ein Vertrag zwischen zwei Privatleuten unterfällt daher nicht deshalb den verbraucherschützenden Vorschriften, weil er von einer gewerbsmäßig oder berufsmäßig handelnden Person vermittelt wird. Im Unterschied hierzu wird in DÄNEMARK, ITALIEN und PORTUGAL für Teilzeitwohnrechteverträge klargestellt, dass der Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Vorschriften auch dann eröffnet ist, wenn der Vertrag für den Verkäufer (Verbraucher) von einem Unternehmer vermittelt wird. 20 3. Gewerbliche Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Bereich In einigen Mitgliedstaaten wird (über den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 hinaus) ausdrücklich klargestellt, dass nicht nur juristische Personen des Privatrechts, sondern auch juristische Personen des öffentlichen Rechts erfasst werden. In ÖSTERREICH gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts immer als Unternehmer. 21 In BELGIEN verweist der (im Gesetz zu Handelspraktiken für Haustürgeschäfte, Fernabsatzverträge und Preisindizierungen verwendete) Begriff Verkäufer ebenfalls auf staatliche Einrichtungen, die einer kommerziellen, finanziellen oder industriellen Tätigkeit nachgehen und Waren oder Dienstleistungen verkaufen oder anbieten. Im BULGARISCHEN Recht wird ausdrücklich klargestellt, dass die Begriffe Händler und Lieferer sowohl juristische Personen in privater als auch in öffentlicher Hand umfassen. 22 In ZYPERN umfasst der Begriff Unternehmer gemäß Art. 2 Verbraucherschutzgesetz den Handel, das Gewerbe und die Aktivitäten sämtlicher Regierungsstellen, örtlicher oder öffentlicher Ämter, Gerichte und Direktoren. In ITALIEN wird (mit Blick auf Kaufverträge) unter einem Verkäufer jede natürliche oder juristische Person des priva- 20 Siehe Teil 2 D.II.1.b. 21 Art. 1 (2), S. 2 Konsumentenschutzgesetz. 22 Zusatzvorschrift 13 Nr. (2) und (4) zum Verbraucherschutzgesetz.

794 ten und öffentlichen Rechts verstanden 23. In SLOWENIEN bezeichnet der Begriff Unternehmer sämtliche juristischen und natürlichen Personen, ohne dass es auf ihre Rechtsform oder Eigentumsverhältnisse ankäme 24. Ähnlich wird auch im VEREINIGTEN KÖNIGREICH bzgl. der Umsetzung der Richtlinie 99/44 klargestellt, dass der Begriff Unternehmer sämtliche gewerblichen Tätigkeiten der Regierungsstellen (einschließlich der Regierungsstellen in Nordirland), örtliche oder öffentliche Behörden umfasst 25. In anderen Mitgliedstaaten, wie beispielsweise DEUTSCHLAND, folgt aus der allgemeinen Definition der juristischen Person, dass Personen des öffentlichen Rechts erfasst werden. IV. Schlussfolgerungen Die meisten Mitgliedstaaten kennen keine einheitliche Definition für den Vertragspartner des Verbrauchers (Unternehmer). Dabei ist indessen zu bedenken, dass der Hauptzweck der Unternehmerdefinition letztlich darin liegt, dass die Richtlinien auf B2C-Geschäfte, nicht jedoch auf P2P-Geschäfte Anwendung finden. Die unterschiedliche Ausgestaltung des Begriffs Unternehmer in den Mitgliedstaaten hat dementsprechend keinen großen Einfluss auf die richtige Umsetzung der Richtlinien, solange nur der Begriff des Verbrauchers präzise genug gewählt und sichergestellt wird, dass die Definition des Unternehmers nicht dazu führt, dass der Schutz in Situationen versagt wird, in denen der Verbraucher geschützt werden muss. Ein Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben lässt sich auf der Grundlage der durchgeführten Studie nur in GRIECHENLAND und POLEN bzgl. Umsetzung der Richtlinie 85/577 feststellen, denn in beiden Ländern wird nicht jede Person, die im Namen und für Rechnung eines Gewerbetreibenden handelt, als Unternehmer betrachtet. 26 Bei einer Revision des Verbraucherrechts sollten vor allem folgende Aspekte beachtet werden: Die Definitionen des Unternehmers weisen zwar im europäischen Recht einen gemeinsamen Kern auf, die Richtlinien verwenden jedoch ihrem Wortlaut nach unterschiedliche Definitionen, die noch dazu in den einzelnen Sprachfassungen divergieren. 23 Art. 128(2) lit. (b) Verbrauchergesetzbuch. 24 Art. 1(3) Verbraucherschutzgesetz. 25 61(1)(b) Sale of Goods Act 1979. 26 Vgl. oben, Teil 3.B.III.2.

795 Es sollte daher künftig eine einheitliche Definition des Unternehmers für sämtliche verbraucherschützenden Richtlinien gefunden werden. Dabei könnte klargestellt werden, ob die Frage, inwieweit ein Handeln zu gewerblichberuflichen Zwecken vorliegt, objektiv oder nach der Verkehrsanschauung festzustellen ist. Umfasst der Begriff Unternehmer auch Personen, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen? Wie sind Fälle zu behandeln, in denen sich der Unternehmer einer dritten Person bedient, die in seinem Namen oder für seine Rechnung handelt? Werden (über die Richtlinie 93/13 hinaus) auch juristische Personen des öffentlichen Rechts vom Anwendungsbereich der Richtlinien erfasst? Wer muss beweisen, dass der Vertragspartner des Verbrauchers im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelte? Welche Anforderungen sind an einen solchen Beweis zu stellen?

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