Das Krankenversicherungsgesetz (KVG): Diktat oder Wettbewerb? Grand Casino Luzern (1033.) 22. August 2012

Ähnliche Dokumente
Offene Fragen zur Spitalplanung und -finanzierung: Wie weiter? Grand Casino Luzern (1148.) 5. September 2014

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG): Diktat oder Wettbewerb? Grand Casino Luzern (1033.) 22. August 2012

Tarifverhandlungen unter DRG: Wie weiter? Die Position von tarifsuisse ag

SwissDRG Forum Stefan Kaufmann, santésuisse

ANQ Q-Day vom 28. Januar 2016

Warum 10% Investitionsanteil genug sind?!

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) Mehr Autonomie Mehr Erfolg?

Stefan Meierhans Preisüberwacher

Einführung der SwissDRG seitens der Krankenkassen

SwissDRG AG. Christopher Schmidt, Gesundheitsökonom Bereichsleitung Rehabilitation und Psychiatrie

SwissDRG - Herausforderungen für Fachpersonen. Chancen und Risiken der Einführung von SwissDRG aus der Sicht des Kantons Bern

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG):

Tarifverhandlungen: Wie künftig?

Gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL): Einführung und offene Fragen

Finanzierung der Spitäler heute und unter (Swiss) DRG aus Sicht eines (öffentlichen) Spitals. Herbstmeeting SGMC 2009 Tony Schmid

Tarifpartner und die subsidiäre Rolle des Staates: ein Auslaufmodell?

Revision TARMED Rolle und Haltung des Bundes

Herausforderungen für die Spitalversorgung

Tarife was kommt auf die Leistungserbringer zu?

ITAR_K, Projektion 2014

Tarifdelegiertentag. 6. Mai Prof. Dr. iur. Ueli Kieser

Offene Fragen zur Spitalplanung und -finanzierung: Wie weiter? Grand Casino Luzern (1148.) 5. September 2014

Medienkonferenz vom

Regierungsratsbeschluss vom 16. September 2014

Neue Spitalfinanzierung und DRG s ab 2012: Herausforderungen für Leistungserbringer und Versicherer

Kanton Zürich Gesundheitsdirektion Spitalplanungs- und -finanzierungsgesetz (SPFG)

Transporte und Rettungen

Bericht und Antrag des Regierungsrats an den Landrat

Offene Fragen zur Spitalplanung und -finanzierung: Wie weiter? Grand Casino Luzern (1148.) 5. September 2014

Pflegefinanzierung Chance oder Chaos?

SwissDRG Forum SwissDRG: Lehren aus AP-DRG. Pius Gyger, Leiter Gesundheitsökonomie und politik, Helsana Versicherungen AG

Abrechnung der Spitex- Restfinanzierung ab

Substitution von stationär zu ambulant

gilt für stationäre Behandlungen, die im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung

Verfügung. twwi. Extrait du procès-verbal du Conseil-exécutif. 1 Q g August 2013 GEF C

Zukunft der stationären und ambulanten Medizin in der Schweiz: Näher zusammen oder weiter auseinander? Grand Casino Luzern (1097.) 27.

Corrigenda. Handbuch, REKOLE 4. Ausgabe 2013

ZHAW Gesundheit Forum Pflege 2014 Ökonomische Anreize im Gesundheitswesen: Die Guten und die Bösen

Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversicherung 1

Medienworkshop Erläuterungen rund um SwissDRG

Folien-Auszüge aus dem Referat von Willy Oggier, Dr.oec.HSG, Gesundheitsökonom, Küsnacht

Nationaler Tarifstruktur-Vertrag

Qualität und Preise unter DRG Was sagt der Gesetzgeber?

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG): Diktat oder Wettbewerb? Grand Casino Luzern (1033.) 22. August 2012

Herausforderung an die Spitäler. Inhaltsverzeichnis

b) es erstellt die periodischen Berichte zum Stand der Spitalplanung gemäss Art. 4 Spitalgesetz zuhanden des Regierungsrates;

Informationen zur Verselbständigung. Mehr wissen. Alles geben.

Das Koordinationsrecht

Symposium REHA TICINO 2014

SGMC Frühlingstagung 2010 Datenschutz unter DRG aus Sicht der Versicherer

Hemmt das heutige Finanzierungssystem eine sinnvolle Leistungsentwicklung?

Tarif und Tarifanpassung in der Krankenversicherung (KVG)

EDI-Potium SwissDRG und EDI

Massgebend sind ausschliesslich die in den jeweiligen Beschlüssen, Entscheiden oder genehmigten Tarifverträgen aufgeführten, rechtskräftigen Tarife.

Verfügung des Regierungsrates

Ziele und Potenzial der ANQ-Messungen. Dr. Petra Busch, Geschäftsleitung

Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats. vom 13. November 2006

Schweizerisches Tarifsystem Rehabilitation ST Reha. Markus Tschanz, Projektleiter ST Reha ein Mandat der SwissDRG AG

Bundesgesetz über die Krankenversicherung

von den Gesundheitsdirektorinnen und Gesundheitsdirektoren der Kantone der GDK Ost (AI, AR, GL, GR, SG, SH, TG und ZH) beschlossen 1)

Volksinitiative Einheitskasse:

OFFENE FRAGEN ZUR SPITALPLANUNG UND -FINANZIERUNG: WIE WEITER?

Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich

Auflage: Gewicht: Titelseiten-Anriss u. Seitenaufmachung

Flankierende Massnahmen zur Einführung des Fallpauschalensystems SwissDRG in der Schweiz

Patientenbefragung als Teil der externen Qualitätsmessung in Schweizer Krankenhäusern

Haben Privatspitäler eine Zukunft?

Nr. 881 Gesetz über die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV. vom 10. September 2007 (Stand 1. Januar 2014)

Finanzierung der innerkantonalen stationären Behandlung von Privat- und Halbprivatpatienten in öffentlichen und öffentlich subventionierten

Normierung der TARMED Tarifstruktur. Tarifdelegierten-Tag FMH, 6. Mai 2015 Dr. med. Urs Stoffel

Staatsmedizin vs. Tarifautonomie

Vertrag über den Taxpunktwert zu TARMED. vertreten durch das Spitalamt Solothurn

Der Bund: Dilemma zwischen Struktur und Preis

Die Finanzierung des Gesundheitswesens mit Fokus Langzeitpflege

Antrag um Tarifgenehmigung der Preise 2012 für die Versicherungsgruppe Helsana / Sanitas / KPT

Kantonsspital Baselland, Beschwerdegegner,

DIE OPITK DER KANTONE

Status quo und Perspektive der ambulanten Versorgungsplanung

Verordnung über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung

Zukunft der stationären und ambulanten Medizin in der Schweiz: Näher zusammen oder weiter auseinander? Grand Casino Luzern (1097.) 27.

Dr. Thomas Schurter Verwaltungsratspräsident. Rinaldo Keiser Heimleiter

Ausblick der HSK für die Verhandlungen 2015

über die Finanzierung der Spitäler und Geburtshäuser

Regierungsrat des Kantons Schwyz

Empfehlungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung: Ermittlung der effizienten Spitäler nach Art. 49 Abs. 1 KVG

Die Leistungsträger im Rettungsdienst was wir brauchen

Generationenprojekt Spitalversorgung Kanton St.Gallen

Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung

Auswirkungen einer Einheitskasse für die Versicherten und die Zentralschweiz

Kennzahlen im Qualitätsmanagement. Version 1.0 vom 16. Februar 2013

WAS BEDEUTET EIN FREIHEITLICHES GESUNDHEITSWESEN FÜR DIE LABORMEDIZIN?

Zusammenstellung der Spitaltarifstrukturen in allen Kantonen (Stand 2007)

Zukunft der stationären und ambulanten Medizin in der Schweiz: Näher zusammen oder weiter auseinander? Grand Casino Luzern (1097.) 27.

REGIERUNGSRAT. Aarau, Juni 2014 HINTERGRUNDINFORMATION. Schlanke und effiziente Verwaltung im Kanton Aargau. 1. Zusammenfassung

Spital, Altersheime, Spitex. Finanzierung im Gesundheitswesen

Pflegefinanzierung: Tarife auf dem Prüfstand

KOSTENRECHNUNG UND RAT. Auswirkungen Revision ambulanter Tarif (RAT) auf die Kostenrechnung

Kantonales Impfprogramm gegen Humane Papillomaviren (HPV)

Herausforderungen aus der Neuordnung der Pflegefinanzierung Juni 2010

Transkript:

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG): Diktat oder Wettbewerb? Grand Casino Luzern (1033.) 22. August 2012

Neue Spitalfinanzierung: Erfahrungen und Konsequenzen aus Sicht tarifsuisse ag mag. oec. HSG Verena Nold Direktorin tarifsuisse ag

Inhaltsverzeichnis Aktuelles Verhandlungsumfeld Ziele der neuen Spitalfinanzierung Ziele und Verhandlungsstrategien von tarifsuisse ag Erfahrungen aus den Tarifverhandlungen 2012 Wie geht es weiter? Schlussfolgerung

Aktuelles Verhandlungsumfeld Vertragszwang (Art. 41 i.v.m. Art. 35 und Art. 43 Absatz 4 KVG) Enge gesetzliche Rahmenbedingungen bei der Tarifbildung Beispiel: Berechnung der Investitionen im Spital Die kalkulatorische Verzinsung der für die Erbringung der stationären Leistungen erforderlichen betriebsnotwendigen Anlagen berechnet sich nach der Durchschnittswertmethode. Der Zinssatz beträgt 3.7 Prozent. Er wird periodisch überprüft. (VKL Art. 10a, Abs. 4) Verbot von Exklusivitäts- und Meistbegünstigungsklauseln (KVG Art. 46, Abs. 3, lit. d) Genehmigungspflicht der Tarifverträge durch die Kantonsregierungen oder den Bundesrat (KVG Art. 46 Abs. 4)

Aktuelles Verhandlungsumfeld Schiedsrichter : Bundesverwaltungsgericht Genehmigungs- Bund Kantone behörden: Verhandlungspartner: 5

Aktuelles Verhandlungsumfeld Fazit Im Krankenversicherungsbereich besteht grundsätzlich kein wettbewerbliches Umfeld für Tarifverhandlungen Wer Wettbewerb will, muss zuerst die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern! 6

Ziele der neuen Spitalfinanzierung Die Einführung der neuen Spitalfinanzierung verfolgte im Grundsatz folgende wesentlichen Ziele: Stärkung des Wettbewerbs Wahlfreiheit für Patientinnen / Patienten Öffnung der kantonalen Spitalversorgungstrukturen

Elemente der neuen Spitalfinanzierung Leistungsorientierte Spitalplanung Leistungsorientiere Finanzierung (Fallkostenpauschalen) Preisverhandlung an Stelle von Kostenabgeltung Nationale Tarifstrukturen: Einführung SwissDRG Dual-fixe Vergütungsteilung (Kantone / Versicherer) Gleichbehandlung von privaten und öffentlichen Spitälern Investitionen im Preis enthalten Kosten von nicht-universitärer Lehre im Preis enthalten

Ziele von tarifsuisse ag Verhindern, dass die neue Spitalfinanzierung zu ungerechtfertigten Kosten- und damit Prämienerhöhungen führt.

Verhandlungsstrategie tarifsuisse ag Fokus auf Verhandlungslösungen, die sich an den Tarifen günstiger Spitäler und in günstigen Kantonen orientieren. Günstige Preise sollen durch Preiswettbewerb auf nationaler und kantonaler Ebene erreicht werden. Zentrales Element der Preisverhandlung ist der Wettbewerb auf Basis eines breit abgestützten Benchmarkverfahrens. 10

Erfahrungen aus Sicht tarifsuisse (1) Viele Kantone optimieren den Vergütungsteiler zu ihren Gunsten => Kostenverlagerung von Steuer- zu Prämienzahlern Einige Spitäler verweigern die gesetzlich vorgegebene Lieferung der Kosten- und Leistungsdaten => Berechnung der Baserates und Durchführung des Benchmarks wird erschwert Viele Spitäler denken noch gemäss alter Spitalfinanzierung => erwarten volle Kostenabgeltung

Erfahrungen aus Sicht tarifsuisse (2) Verhandlungen verzögerten sich wegen ausstehenden Entscheiden bezüglich Investitionskostenabgeltung und systematischer Datenlieferung Kantone legten Arbeitstarife noch vor Abschluss der Tarifverhandlungen fest Grosse Effizienzunterschiede bei den Spitälern wurden sichtbar => Ergebnis Benchmarkverfahren

Kalkulatorische Baserates von 74 SwissDRG Spitälern im Vergleich Kalkulierte Baserates (exkl. Kosten für nichtuniversitäre Bildung, inkl. 10% Investitionskosten) 16'000 15'500 15'000 14'500 14'000 13'500 13'000 12'500 12'000 11'500 11'000 10'500 10'000 9'500 9'000 8'500 8'000 7'500 7'000 6'500 6'000 5'500 5'000 4'500 4'000 3'500 3'000 2'500 2'000 1'500 1'000 500 - kalk. BR (inkl. 10% Investitionen) Zürcher Spitäler Spitäler Basel-Stadt Spitäler Graubünden Spital 1 Spital 3 Spital 5 Spital 7 Spital 9 Spital 11 Spital 13 Spital 15 Spital 17 Spital 19 13 Spital 21 Spital 23 Spital 25 Spital 27 Spital 29 Spital 31 Spital 33 Spital 35 Spital 37 Spital 39 Spital 41 Spital 43 Spital 45 Spital 47 Spital 49 Spital 51 Spital 53 Spital 55 Spital 57 Spital 59 Spital 61 Spital 63 Spital 65 Spital 67 Spital 69 Spital 71 Spital 73

Ergebnis der Tarifverhandlungen 2012 Total Spital stationär

Wie geht es weiter? Abwarten der Empfehlungen der Preisüberwachung betreffend Tarife 2012 Abwarten der Vertragsgenehmigungen und Festsetzungsentscheide der Kantone Entscheid, welche Festsetzungsentscheide an das Bundesverwaltungsgericht weiter gezogen werden

Schlussfolgerungen Welches der effiziente Spitaltarif ist, wird wahrscheinlich erst der Schiedsrichter, nämlich das Bundesverwaltungsgericht, beantworten können. Ob die Spitalfinanzierung kostenneutral umgesetzt werden konnte, wird man erst in ca. 6 Monaten beurteilen können.

Wettbewerb im Krankenversicherungsbereich ist mehr Wunsch als Wirklichkeit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit