Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Ähnliche Dokumente
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Allgemeines GleichbehandlungsGesetz

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

RA Harald Bex. Die Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Schadenseratzansprüchen wurde von 3 Monaten auf 2 Monate gekürzt.

Inhaltsübersicht. Abschnitt I. Allgemeines zum AGG

Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Neue Gefahrenstellen im Arbeitsrecht!

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Hingegen verpflichten die Regelungen des AGG die Arbeitgeber, Entleiher, Auftraggeber und Zwischenmeister.

Merkblatt zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Neue Gefahrenstellen im Arbeitsrecht!

Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Auszug

IG Metall Informationstagung Bereich Industrie am 4. Mai Beschwerderecht und die Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht

DAS NEUE GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Neue Gefahrenstellen im Arbeitsrecht!

Artikel 1 des Gesetzes beinhaltet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auf dessen Auswirkungen wir Sie im besonderen hinweisen möchten.

Handreichung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

ALLGEMEINES GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ IM ARBEITSRECHT Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien

AGG Allgemeines. Gleichbehandlungsgesetz. Informationen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers

AMTLICHE BEKANNTMACHUNG

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht. Nr. 165/14

Definition der Schlüsselbegriffe

Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Sanktionen nach dem AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Kurzübersicht

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in der betrieblichen Praxis

Gleichbehandlung im Arbeitsverhältnis

... und noch n Gesetz... Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erlangt Rechtskraft

Gleichstellung von Frauen und Männern im Betrieb. Gestaltungsaufgabe der Betriebs- und Personalräte

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Was darf mein Arbeitgeber mich alles im Vorstellungsgespräch fragen?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

- Sind Sie vorbereitet? -

Das neue Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG)

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und seine Auswirkung auf das Arbeitsrecht Eine Einführung

Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

Rund ums Arbeitsrecht. Volkmar Kohkemper Rechtsanwalt/Steuerberater DWAZ Wirtschaftskanzlei Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte

«Diskriminierung und Antidiskriminierung im Kreuzberger Alltag»

Einführung in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Schulung

über die inhaltliche Ausgestaltung des

Der Entscheidungsausspruch des Gerichts in der Rechtssache C- 438/99 lautet

Vorlesung Privatrecht II (Wirtschaftsrecht) Teil 3 Arbeitsrecht Fälle, Lösungsskizzen und Lösungen Fälle 1, 2

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und seine Bedeutung für die Versicherungswirtschaft. Dr. Martina Vomhof

Befristung von Arbeitsverhältnissen

Arbeitsrecht Praxistipps für den Handwerker

AGG und EU-Rechtsgrundlagen

Schlüsselbegriffe der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien

Entscheidende Kommission. Senat. Entscheidungsart. Geschäftszahl. Entscheidungsdatum. Diskriminierungsgrund. Diskriminierungstatbestand

Neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung

Betriebsvereinbarung

Tarifvertrag Leiharbeit

Was tun bei Diskriminierung?

Allgemeine Hamburger Arbeitgebervereinigung e.v.

Individualarbeitsrecht Arbeitspapier 3

1. WANN DARF EIN ARBEITNEHMER BEFRISTET EINGESTELLT WERDEN?

Grenzen setzen. Was tun bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz?

Befristung Nein Danke was tun als Betriebsrat?

RECHTLICHE ASPEKTE DES BETRVG ZUR BERUFLICHEN ENTWICKLUNG VON BETRIEBSRATSMITGLIEDERN

Diskriminierungsschutz behinderter Menschen in der Arbeitswelt Die Erfahrungen der Behindertenanwaltschaft

Konfliktmanagement im Arbeitsverhältnis

M e r k b l a t t. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht

Befristete Arbeitsverhältnisse und Interessenvertretung

Positive Benachteiligungen Handlungsmöglichkeiten nach dem AGG

Rechtswissenschaftliches Institut. Diskriminierungsverbot

Arbeitsrecht Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Georg Grotefels Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht 2016

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und 61b Arbeitsgerichtsgesetz. Gesetzestext

Europäisches Arbeitsrecht. SoSe Mai/3. Juni 2010, S. 1. Diskriminierungsschutz im Gemeinschaftsrecht

Beachtung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bei Stellenausschreibungen und im Bewerbungsverfahren

Inhaltsübersicht. Bibliografische Informationen digitalisiert durch

Merkblatt Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Gleichbehandlungsgesetz AGG

Merkblatt zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Einführung in die EU-Gesetzgebung und Definitionen der Grundbegriffe:

NÖ Antidiskriminierungsgesetz (NÖ ADG)

Newsletter Arbeitsrecht

6. Diskriminierung aufgrund Nationalität/Staatsangehörigkeit?

Forschung der ADS auf einen Blick: Beschwerdestelle und Beschwerdeverfahren nach 13 AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht

Tarifverträge. 1. Allgemeines

Dr. Andreas Priebe Leiharbeit als Betriebsratsaufgabe. Auf einen Blick. Januar 2009 Copyright Hans-Böckler-Stiftung

EMPFEHLUNG DER GLEICHBEHANDLUNGSANWALTSCHAFT

Arbeitsrecht für Arbeitgeber

auf Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren

Merkblatt: Private Arbeitsvermittlung was ist zu beachten?

Arbeitsrechtliche Aspekte des Mobbings

Schulung zum Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Soziale Verantwortung von Betrieben Mobbing: Ursachen und Lösungsansätze aus betrieblicher Sicht

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ver.di Bundesverwaltung Bereich Frauen-und Gleichstellungspolitik Ute Brutzki

Arbeitsvertrag (Teilzeit) für Angestellte und Arbeiter ohne Tarifbindung

Inhaltsverzeichnis III

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, eine Übersicht

Das SGB IX und die sich hieraus ergebenen Aufgaben/Pflichten für Betriebsräte ( 93 SGB IX).

Transkript:

Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) setzt vier EU-Richtlinien in deutsches Recht um. Ziel des Gesetzes ist die Verhinderung oder Beseitigung bestimmter Benachteiligungen. Für die Praxis gerade im Arbeitsrecht stellt das Gesetz eine erhebliche Herausforderung dar. Arbeitgeber müssen ab sofort dafür sorgen, dass ihre betrieblichen Abläufe und Strukturen und alle arbeitsrechtlichen Verträge und Maßnahmen mit dem AGG vereinbar sind. Ihr Ansprechpartner: Katharina Buddenberg Telefon: 0521 554-159 Fax: 0521 554-420 Stand: 04/2016 Gesamt: 6 Seiten Dieses Merkblatt geben wir Ihnen erste Hinweise und informieren Sie über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Vorschriften. 1. Ziel und Schutzbereich des AGG Benachteiligungen von Beschäftigten aus Gründen der Rasse der ethnischen Herkunft des Geschlechts der Religion oder Weltanschauung der Behinderung des Alters der sexuellen Identität sollen durch das AGG verhindert oder beseitigt werden. Diese Benachteiligungsmerkmale sind im Gesetz selbst nicht definiert nach der Gesetzesbegründung sind die Kriterien weit zu verstehen. Hier wird eine Konkretisierung durch die Rechtsprechung abzuwarten sein. Das AGG fasst den Kreis der Beschäftigten ebenfalls weit. Dazu zählen nicht nur die klassischen Arbeitnehmer, sondern auch Bewerber Leiharbeitnehmer Auszubildende ehemalige Beschäftigte Geschäftsführer und Vorstände (zum Teil) Eine Benachteiligung kann unmittelbar und mittelbar erfolgen. HINWEIS: Dieses Merkblatt soll eine erste Information bieten. Die hierin enthaltenen Angaben sind mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt worden. Dennoch kann für Vollständigkeit und Richtigkeit keine Gewähr übernommen werden. Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld Hausanschrift: Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld Elsa-Brändström-Str. 1 3 33602 Bielefeld Tel.: 0521 554-0 Fax: 0521 554-444 Internet: www.ostwestfalen.ihk.de Parkmöglichkeit: Parkhaus Am Zwinger 1/6

2/6 Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines der o.g. Benachteiligungsmerkmale eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Von einer mittelbaren Benachteiligung spricht man, wenn eine Maßnahme/Vorschrift dem Anschein nach neutral ist, also keine der oben genannten Diskriminierungsgründe betrifft, aber dennoch geeignet ist, mittelbar eine Benachteiligung hervorzurufen. Beispiel: Jubiläumszuwendung Alle Beschäftigten erhalten nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit eine Prämie in Höhe von 500, Teilzeitbeschäftigte erhalten die Hälfte. Wenn im Betreib in der Regel Frauen in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen anzutreffen sind und grundsätzlich eher Männer als Frauen eine langjährige Betriebszugehörigkeit haben, stellt sich die neutrale Vorschrift Jubiläumszuwendung als mittelbare Benachteiligung von Frauen dar. Als Benachteiligung gelten auch Belästigungen einschließlich sexueller Belästigungen. 2. Adressat und Reichweite des Benachteiligungsverbotes Das Verbot der Benachteiligung gilt für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Arbeitgeber. Als Arbeitgeber i.s. des Gesetzes gilt bei der Arbeitnehmerüberlassung auch der Entleiher. Ebenfalls die Benachteiligung eines Mitarbeiters durch Kollegen (also nicht durch einen weisungsbefugten Vorgesetzten) oder sogar durch betriebsfremde Dritte kann für den Arbeitgeber Konsequenzen haben, da er ist zum Schutz der Beschäftigten verpflichtet ist. Das Benachteiligungsverbot umfasst grundsätzlich den gesamten Bereich des Arbeitsrechts. Dazu gehören u.a. Bewerbungsverfahren und Einstellung beruflicher Aufstieg (Beförderung) Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere auch in kollektivrechtlichen Vereinbarungen (Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen) und Beendigung des Arbeitsverhältnisses Berufsbildung (Aus- und Weiterbildung) 3. Zulässigkeit von Ungleichbehandlungen Nicht alle Benachteiligungen sind unzulässig. Unter bestimmten Voraussetzungen können Ungleichbehandlungen gerechtfertigt sein.

3/6 a) wegen beruflicher Anforderungen Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines der oben genannten 7 Benachteiligungsmerkmale kann zulässig sein, wenn dieses Merkmal wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Im Zweifelsfall ist der Arbeitgeber hier in der Beweispflicht. Umstritten ist, inwieweit Kundenerwartungen berücksichtigungsfähig sind. Beispiele: Fließende Deutschkenntnisse dürften eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für einen Radiosprecher sein, nicht aber für die Stelle eines Bauhelfers. Dass ein Pilot körperlich fit sein und uneingeschränkte Sehfähigkeit haben muss, dürfte unbestritten sein, weshalb hier eine Benachteiligung wegen einer Behinderung zulässig sein dürfte. b) wegen Religion oder Weltanschauung Ist der Arbeitgeber eine kirchliche (religiöse) Einrichtung, kann er bei der Einstellung hinsichtlich der Religion oder Weltanschauung differenzieren, wenn diese nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Beispiel: In einem katholischen Kindergarten wird man wohl entsprechende Anforderungen an Erzieher/innen stellen dürfen. Bei einer Reinigungskraft wäre eine Differenzierung nach der Religion dagegen wahrscheinlich nicht gerechtfertigt. c) wegen Alters Zulässig sind auch unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind. Die Vorschrift des 10 AGG enthält einen ausführlichen Beispielskatalog, der aber nicht abschließend ist. Beispielsfälle des 10 AGG: Mindestalter/Berufserfahrung für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte Vorteile, insbesondere für Entgeltregelungen Höchstalter für Einstellung auf Grund spezifischer Ausbildungsanforderungen oder der Notwendigkeit einer bestimmten Beschäftigungszeit vor dem Ruhestand Festsetzung von Altersgrenzen bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Vereinbarungen, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung ab Erreichen des Rentenalters vorsehen.

4/6 Selbst bei Vorliegen der Beispielsfälle ist immer zu prüfen, ob die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind und ob das Ziel objektiv und angemessen ist. d) wegen Ausgleichs bestehender Nachteile Das Gesetz erlaubt eine sogenannte positive Diskriminierung, d.h. eine Benachteiligung kann gerechtfertigt sein, wenn dadurch bestehende Nachteile wegen eines Benachteiligungsmerkmals verhindert oder ausgeglichen werden sollen. Dieser Rechtfertigungsgrund kommt vor allem bei Regelungen in Betracht, die die Einstellung von Frauen oder von Behinderten fördern sollen. 4. Rechtsfolgen einer unzulässigen Benachteiligung a) Beweislast Abweichend von den allgemeinen Beweislastregeln muss der Beschäftigte oder die Beschäftigte lediglich Indizien darlegen, die eine Benachteiligung wegen eines der o.g. Benachteiligungsmerkmale vermuten lassen (z.b. eine diskriminierende Stellenausschreibung, entsprechende Bemerkungen im Vorstellungsgespräch). Der Arbeitgeber trägt sodann die volle Beweislast dafür, dass entweder keine Benachteiligung nach dem AGG vorliegt oder diese wegen eines der unter Punkt 3. genannten Gründe gerechtfertigt gewesen ist. b) Beschwerderecht Benachteiligte können sich bei der zuständigen Stelle des Betriebes schriftlich beschweren. Welche Stelle im Betrieb zuständig ist, kann der Arbeitgeber festlegen. Er muss die Beschäftigten davon in Kenntnis setzten. Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nicht wegen der Inanspruchnahme ihres Beschwerderechts benachteiligen. c) Leistungsverweigerungsrecht Im Falle einer Belästigung oder sexuellen Belästigung hat der oder die Beschäftigte das Recht zur Arbeitsverweigerung unter Entgeltfortzahlung, sofern der Arbeitgeber keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung der Belästigung ergriffen hat. d) Schadensersatz und Entschädigung Es besteht Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Vertretenmüssen ist gegeben bei: eigenem Verschulden, d.h. bei Vorsatz und Fahrlässigkeit ( 276 BGB); Verschulden von Organmitgliedern, z.b. des Geschäftsführers ( 31 BGB); Verschulden von Erfüllungsgehilfen, z.b. Vorgesetzten ( 278 BGB). Materielle Schäden sind alle Vermögensschäden, z. B. der durch die Diskriminierung entgangene Lohn oder die Rechtsanwaltskosten. Der Schadensersatzanspruch ist der Höhe nach nicht begrenzt. Für Schäden, die keine Vermögensschäden sind, kann der oder die Benachteiligte eine angemessene Entschädigung verlangen. Ausgeglichen wird hier die Verletzung der Wür-

5/6 de. Dieser Anspruch besteht neben einem evtl. Schadensersatzanspruch, ist mit dem Schmerzensgeld vergleichbar und der Höhe nach ebenfalls nicht begrenzt. Dieses Schmerzensgeld ist unabhängig vom Verschulden des Arbeitgebers. Die Entschädigungshöhe muss angemessen sein. Bei Nichteinstellung ist sie auf höchstens drei Monatsgehälter begrenzt, wenn die Einstellung auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht erfolgt wäre. Ansonsten gibt es keine Höchstgrenzen. Schadensersatz und Entschädigung müssen binnen zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt bei einer Bewerbung oder Beförderung mit dem Zugang der Ablehnung, ansonsten mit der Kenntniserlangung von der Benachteiligung. Die Klagefrist für die Geltendmachung der Entschädigung (umstritten ist, ob hiervon auch der Schadensersatz erfasst ist) beträgt drei Monate nach schriftlicher Geltendmachung ( 61 b Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG). Werden die Fristen versäumt, entfällt der Anspruch! e) Keine Pflicht zum Vertragsabschluss Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot begründet keinen Kontrahierungszwang, also keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses. Nach dem AGG kann sich also kein abgelehnter Bewerber auf eine Stelle im Betrieb einklagen, für die ein anderer ausgewählt wurde, selbst wenn er als der beste Bewerber eigentlich die Stelle hätte bekommen müssen. f) Sonstiges In Betrieben, die unter das Betriebsverfassungsgesetz fallen, kann der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft bei einem groben Verstoß gegen das AGG auf Unterlassung, Duldung oder Vornahme einer Handlung klagen. Nicht geltend gemacht werden können dagegen individuelle Ansprüche der Benachteiligten, z.b. auf Schadensersatz oder Entschädigung. 5. Pflichten des Arbeitgebers Einrichtung einer Beschwerdestelle im Betrieb ( 13 AGG), z.b. Personalchef oder Betriebsratsvorsitzender Bekanntmachung der Gesetzestexte (AGG, 61 b ArbGG) sowie der Beschwerdestelle ( 12 Abs. 5 AGG) durch Aushang, Auslegen oder durch den Einsatz der im Betrieb üblichen Kommunikationstechnik, z.b. Intranet Treffen vorbeugender Maßnahmen. Mit der Durchführung einer Mitarbeiterschulung gilt die Vorbeugepflicht als erfüllt, ( 12 Abs. 1, 2 AGG) Bei Benachteiligungen durch andere Beschäftigte oder Dritte müssen die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen ergriffen werden ( 12 Abs. 3 und 4 AGG), z.b. Abmahnung, Umsetzung oder Kündigung

6/6 6. Praxistipps a) Überprüfung interner Abläufe Alle Arbeitgeber sollten bestehende Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen auf Benachteiligungen überprüfen, z.b. ob hier Altersdifferenzierungen enthalten sind oder Teilzeitkräfte und damit mittelbar Frauen ungleichbehandelt werden. Zur Erleichterung diskriminierungsfreier Personalarbeit sollten Konzepte für Beurteilungssysteme, Bonuszahlungen, Beförderungen, Gesprächsführung bei Einstellung etc. erstellt werden bzw. bestehende Konzepte überprüft werden. Personalentscheidungen sollten dokumentiert werden. b) Bewerbungsverfahren Stellen müssen durchweg neutral ausgeschrieben werden. Stellen Sie sicher, dass Stellenausschreibungen nicht nur geschlechtsneutral formuliert sind, sondern auch keine Benachteiligung aus den anderen Gründen enthalten. Es wird empfohlen, auf die Anforderung von Fotos, Alters- und Geburtsortsangabe zu verzichten. Bei Einschaltung der Bundesagentur für Arbeit bzw. von Personalagenturen hat der Arbeitgeber den Dritten im Hinblick auf diese Vorgaben sorgfältig zu überwachen, ansonsten besteht ein Haftungsrisiko. Die Auswahl der Bewerber sollte sorgfältig dokumentiert werden. Bewahren Sie alle relevanten Informationen wenigstens für die Dauer der Klagefrist auf. Bei Risikofällen und evtl. bei hochdotierten Stellen sollte darüber nachgedacht werden, die Absage per Einschreiben zu versenden, um den Zugang der Ablehnung beweisen zu können. Absageschreiben sollten neutral abgefasst werden, also keine Gründe für die Absage benennen. c) Umgang mit Beschwerden Arbeitgeber sind verpflichtet eine Beschwerdestelle einzurichten und die Mitarbeiter darüber zu informieren. Beschwerden von Mitarbeitern müssen von der Beschwerdestelle geprüft werden. Sind sie berechtigt, ist Abhilfe zu schaffen. Das Ergebnis ist dem Betroffenen mitzuteilen. Die zur Prüfung und Abhilfe getroffenen Maßnahmen sollten von der Beschwerdestelle schriftlich dokumentiert werden. d) Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter Dem Arbeitgeber obliegt die Pflicht, erforderliche Maßnahmen zum Schutz seiner Mitarbeiter vor Benachteiligungen zu treffen. Der Arbeitgeber muss seine Arbeitnehmer für dieses Thema sensibilisieren. Er muss deutlich machen, dass er keinerlei Benachteiligung duldet und jegliche Benachteiligung von Kollegen arbeitsrechtliche Sanktionen zur Folge hat. Verpflichten Sie auch Ihre Lieferanten oder Kunden zu einer diskriminierungsfreien Vertragsdurchführung und nehmen Sie entsprechende Regelungen in Ihre AGB auf. Alle Mitarbeiter, Betriebsrat und v.a. Führungs- und Personalverantwortliche sind entsprechend zu informieren und mit Nachweis zu schulen. Bei Neueinstellungen ist auf eine entsprechende Belehrung zu achten. Verantwortlich für den Inhalt: Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen