Forschungsprojekt: Lernaufgaben von und für Hochbegabte Dr. Silvia Greiten
Gliederung 1. Forschungskontext 2. Fragestellung und Forschungsdesign 3. Ausgewählte Ergebnisse 4. Ausblick und Fragen Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 2
Forschungskontext beste Förderung Hochbegabter durch Akzeleration und Enrichment (vgl. Vock u.a. 2007; Preckel u.a. 2013) Modelle zur Gestaltung von Lernumgebungen Forschungsschwerpunkte in den Fachdidaktiken: Mathematik, Naturwissenschaften Geeignete Aufgabenformate, die curricularbezogen im binnendifferenzierten Unterricht eingesetzt werden können, werden in der Hochbegabtenforschung kaum untersucht Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 3
Besonderer Department Erziehungswissenschaft Unterricht - Psychologie für Hochbegabte? Qualitätskriterien zum begabungsförderndem Lernen aktiv-konstruktiv zielgerichtet kumulativ systematisch situiert selbstgesteuert kooperativ (vgl. Shuell 1988/ Weinert 2000; Fischer 2007) Merkmale des Lernens besonders Begabter höheres Lerntempo höheres kognitives Niveau (Tiefe und Komplexität des Verstehens) intelligentere Wissensorganisation höhere metakognitive Kompetenzen höhere kreative Fähigkeiten (vgl. Weinert 2000; Fischer 2007) Neurobiologische Forschung Intelligente Gehirne arbeiten besonders effizient, effizienter Einsatz scheint übungs- und lernabhängig zu sein. (vgl. Neubauer 2005) Kognitionsforschung Intelligentere Kinder verfügen über mehr Wissen. (vgl. Stern 2005) Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 4
AUFGABENKONSTRUKTION Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 5
Fächerübergreifendes Kategoriensystem zur Analyse und Konstruktion von Aufgaben Art des Wissens Kognitive Prozesse Anzahl der Wissenseinheiten Offenheit der Aufgabenstellung Kognitive Ziele nach Bloom Wissen Verstehen Anwenden Analyse Synthese Evaluation (vgl. Bloom 1956, 1974) Lebensweltbezug Sprachlogische Komplexität Repräsentationsformen des Wissens Maier, Kleinknecht, Metz (2010), 28 Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 6
Anderson/ Krathwohl (2001) Wissensdimensionen Kognitive Prozess- Kategorien Faktenwissen Konzeptuelles Wissen Prozedurales Wissen Metakognitives Wissen 1. Wissen 2. Verstehen 3. Anwenden 4. Analysieren 5. Beurteilen 6. (Er)schaffen, konstruieren, entwickeln Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 7
Lernaufgaben Eine Lernaufgabe ist eine Lernumgebung zur Kompetenzentwicklung. Sie steuert den individuellen Lernprozess durch eine Folge von gestuften Aufgabenstellungen mit entsprechenden Lernmaterialien so, dass die Lerner möglichst eigentätig die Problemstellung entdecken, Vorstellungen entwickeln und Informationen auswerten. Dabei erstellen und diskutieren sie ein Lernprodukt, definieren und reflektieren den Lernzugewinn und üben sich abschließend im handelnden Umgang mit Wissen. (Leisen 2010, 60) Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 8
Anforderungen an Lernaufgaben (nach Leisen 2010) Atmosphäre des Lernens und nicht des Prüfens Orientierung an Bildungsstandards und ihren Anforderungsbereichen Einbettung in einen Kontext Anknüpfen an Vorwissen Problemstellungen, die mittels Arbeitsaufträgen selbstständig bearbeitet werden können unterstützen durch differenzierend abgestufte Lernhilfen führen zu einem auswertbaren Lernprodukt fördern das Könnensbewusstsein und zeigen den Lernzuwachs verankern das neu Gelernte im Wissensnetz und dekontextualisieren das Gelernte Anwendung des neu Gelernten auf andere Beispiele Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 9
Modell des Lehr-Lern-Prozesses Lernumgebung Aufgabenstellungen Lernmaterialien Problemstellung entdecken Vorstellungen entwickeln Informationen auswerten Lernprodukt diskutieren Moderation Rückmeldung / Reflexion Steuerung des Lernprozesses durch Lernaufgabe innerhalb einer lernpsychologisch abgesicherten Schrittfolge (vgl. Leisen 2010, 60) Sicher werden und üben Kompetenzen 10 Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten
Forschungsprojekt LERNAUFGABEN VON UND FÜR HOCHBEGABTE Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 11
Design des Forschungsprojektes Fakultät Bildung Architektur Künste Qualitativ-empirischer Forschungszugang Frage: Konstruktionskriterien für Aufgaben zur Förderung Hochbegabter (aus Sicht Hochbegabter)? Ziel: Empfehlungen zur Entwicklung von Lernaufgaben für das reguläre Curriculum November 2012 bis Februar 2014; Erweiterung ab Mai 2014 Stand: sechs Projektgruppen (Gymnasium, jeweils 5-7 Hochbegabte, 9. -12. Jg), zwei Kontrollgruppen (Gymnasium 3 und 5 Nicht-Hochbegabte) (9.-12. Jg.), zwei Projektgruppen aus Hochbegabtenschulen Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 12
Design des Forschungsprojektes Fakultät Bildung Architektur Künste Phasen 1. Gruppendiskussionen mit Projektgruppen und Kontrollgruppen (Unterricht/ Aufgaben) 2. Entwicklung von Lernaufgaben (zu Themen des Jahrgangs 8/9 außer Fremdsprachen) 3. Diskussionen mit Projektgruppen und Kontrollgruppen über Aufgabenformate (Einschätzungsbogen zu Kriterien für Aufgabenformate) 4. Erweiterung: Aufgabenentwicklung durch Schülerinnen und Schüler aus Hochbegabtenklassen und Kontrollgruppen Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 13
ERGEBNISSE AUS DEN GRUPPENDISKUSSIONEN (GYMNASIUM) Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 14
HB Wie lernt ihr? Lerntechniken nicht zwingend notwendig Lerntechniken findet jeder für sich vor Klausuren reichen Lernzettel mit Wörtern Boah.. Gar nicht Kontrollgruppe Texte durchlesen, Stichpunkte schreiben, evtl. noch einmal abschreiben Eselsbrücken bilden Unterrichtsinhalte, die man im Unterricht notiert hat, in Stichpunkten notieren und logisch klar machen; wichtigste Inhalte notieren, unterstreichen Pfeile und Muster; Schaubilder; Ziel: Schlüsselbegriffe; komprimieren vom Fließtext ausgehen, wäre nur Auswendiglernen, ohne sich in das Thema hineinzudenken. Mathe: Lernblatt: Regeln + Beispielaufgaben weil man sieht, wie es gemacht wird Lernen in Fremdsprachen: Texte analysieren; Grammatikregeln Biologie: Begriffe klar machen, Zusammenhänge erschließen, zu Begriffen Vorgänge klären, Mindmap als gebündelte Form; Glossar: Begriff + Definition Merkmale erkennen, die für bestimmte Vorgänge ausschlaggebend sind 15 Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten
Ausgewählte Ergebnisse aus den Gruppendiskussionen Einschätzungen Hochbegabter über ihr eigenes Lernen Neue Inhalte werden schnell abgespeichert, große Mengen können auswendig gelernt werden Inhalte werden schneller verstanden breiteres Interesse Lernen als Verknüpfungsprozess i.s. des Verbindens thematisch unterschiedlicher Inhalte V. a. Gesellschaftswissenschaften bieten Verknüpfungsmöglichkeiten Vergessenes kann leicht reaktiviert werden Gruppenarbeit hinsichtlich des Lerneffektes nur mit Gleichgesinnten sinnvoll für das Lernen einiger Inhalte ist der Austausch wichtig Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 16
Ausgewählte Ergebnisse aus den Gruppendiskussionen mit HB Aufgabenformate Übungsaufgaben nur nach eigenem Ermessen Freiheit im Lösungsprozess und der Lösung eigene Ideen fordern, nicht behindern abstrakte Aufgaben mit wenig Hinweisen, um selber arbeiten zu können Mathematik/ NW: wenig Situationskontext, wenn es um das Erlernen von Prinzipien, Regeln, Systematik geht; dafür komplizierte Textaufgaben für die Anwendung des Gelernten mit echten Situationskontexten Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 17
Ausgewählte Ergebnisse aus den Gruppendiskussionen mit HB - Empfehlungen zu Aufgabenformaten Zitat: Aufgaben aus dem Anforderungsbereich eins (Reproduktion) können meist überschlagen werden, weil der Anforderungsbereich zwei (Transfer) diesen mit einschließt. Erst im Anforderungsbereich drei (Entwicklung) erkennt man, ob die Inhalte verstanden worden sind. (Erg. in Klammern zum Verständnis) weglassen: Fasse den Text zusammen. Beschreibe das Diagramm. Beschreibe die Karikatur. mehr nutzen: Reflexion über Textinhalte und Recherchen zu Inhalten sind interessant und anspruchsvoll, aber weniger Formate wie Schreibe einen inneren Monolog, einen Zeitungsartikel, eine E-Mail. am besten: Argumentieren Sie, warum xxx ; Zusammenhänge selber erschließen; Faktoren gegeneinander ausspielen; Vorwissen einbeziehen; andere Theorien hinzuziehen, vergleichen und bewerten, unbekannte Theorien hinzunehmen Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 18
Zur Aufgabenentwicklung: Schüler erhalten eine Kopie von zwei bis vier Seiten aus einem gängigen Schulbuch der Klassenstufen 8 und 9, in denen die Aufgaben entfernt wurden, um ein curriculumbezogenes thematisches Feld für die Aufgabenentwicklung vorzugeben. Schüler sollen dazu Lernaufgaben entwickeln, die ihrer Einschätzung nach von ihnen auch im Unterricht bearbeitet werden können, die sie interessieren und die sie im Lernen unterstützen. Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 19
Chancen Subjektive Sicht Hochbegabter auf Unterricht, Aufgaben und Lernprozesse Typische unterrichtsbezogene Aufgabenformate Grenzen keine Entwicklung von Aufgaben nach fachwissenschaftlichen oder fachdidaktischen Kriterien keine Überprüfung von Wirksamkeit Hinweise auf Konstruktion von dienlichen Aufgaben Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 20
Ableitung weiterer Forschungsfragen (Auswahl): Verstehen Hochbegabte Inhalte aus Texten oder sonstigen Lernmaterialien schneller als Nicht-Hochbegabte? Kann der Lernschritt des Zusammenfassens bei Hochbegabten vernachlässigt werden? Welche Bedeutung für das Lernen Hochbegabter bzw. verschiedene Lernphasen Hochbegabter haben kontextgebundene Aufgabenstellungen? Bringen Hochbegabte in selbstentwickelte Aufgaben mehr Wissensbereiche ein als Nicht-Hochbegabte? Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 21
Lernen Hochbegabte durch vorstrukturierte Lernaufgaben oder durch Vorgaben von Themen, zu denen sie recherchieren und eigene Aufgaben entwickeln müssen, effektiver und mehr Inhalte? Welchen Nutzen können Hochbegabte im Vergleich zu Nicht- Hochbegabten aus der Arbeit mit Lernaufgaben ziehen? Lassen sich aus der Analyse von selbstentwickelten Aufgaben mit Hilfe fächerübergreifender Analysekriterien erste Empfehlungen für die Konstruktion von Lernaufgaben für Hochbegabte formulieren? Welche Impulse können von Hochbegabten entwickelte Aufgaben und Gruppendiskussionen mit Hochbegabten für die Fachdidaktiken bieten? Wie lassen sich Lernprozesse von Hochbegabten bei der Bearbeitung von Lernaufgaben beschreiben? Lernaufgaben, Dr. Silvia Greiten 22
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