Kartellrechtliche Einordnung von Stadtwerkenetzwerken wie Thüga und Steag



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Transkript:

www.pwc.de Kartellrechtliche Einordnung von Stadtwerkenetzwerken wie Thüga und Steag Vorlesung Ruhr-Universität Bochum Dr. Sven-Joachim Otto

Agenda 1 A B C STADTWERKENETZWERKE Begriff Entwicklungen im Energiebereich Beispiele 2 A B ZUSAMMENSCHLUSSKONTROLLE Horizontale Kooperation Vertikale Integration 3 A B KARTELLVERBOT Kooperationen Potentieller Wettbewerb bei Zusammenschlüssen Folie 2

A Begriff Stadtwerkenetzwerke Der Begriff Netzwerk bezeichnet sämtliche Formen der Zusammenarbeit/ Kooperation von Stadtwerken und kommunalen Versorgungsunternehmen bis hin zur gegenseitigen Beteiligung. Er ist zu unterscheiden vom Netz als der Gesamtheit von Transportund Durchleitungssystemen zur Verteilung von Strom und Gas. Folie 3

A Begriff Stadtwerkenetzwerke meint Netzwerk Tätigkeit als Energieerzeuger und/oder anbieter Wettbewerb verschiedener Unternehmen Gesetzlicher Rahmen des GWB (allg. Kartellrecht) Überwachung durch Kartellbehörden (BKartA, LKartÄmter) Folie 4

A Begriff Stadtwerkenetzwerke meint nicht Netz Durchleitung von Energie Netze als natürliche Monopole Gesetzlicher Rahmen des EnWG (Sonderkartellrecht) Regulierung durch Bundesnetzagentur (Bonn) Folie 5

B Entwicklungen im Energiebereich Tendenzen im Zuge der Liberalisierung strategische Partnerschaften Strategische Partnerschaften mit privaten Energieunternehmen (i.d.r. Vorlieferanten) mit privaten Energieunternehmen (i.d.r. Vorlieferanten) Effizienzsteigerung Erhaltung/ Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nach erfolgter Liberalisierung (Erhalt der Großkunden, Einstieg in Wettbewerb um wechselaffine Kunden) Finanzieller Beitrag zur Haushaltssanierung Rekommunalisierung Neugründungen, Anteilserwerb an Stw Weitere Spielart: Re-Verstaatlichung (EnBW) Direkter Einfluss der Kommunalpolitik auf Energiekonzept (erneuerbare Energien, Fernwärme), Arbeitsplätze, Auftragsvergabe Steigerung kommunaler Einnahmen Politisch umstritten Verbot weiterer Zusammenschlüsse von Verbundunternehmen mit Stadtwerken (BGH, Beschluss vom 11.11.2008, KVR 60/07 - E.ON/ Stadtwerke Eschwege) Folie 6

C Beispiele Beispiele für Stadtwerkenetzwerke (Steag) (Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern) Folie 7

C Beispiele Thüga AG Sitz in München Betrieb von Versorgungsunternehmen Gas, Strom, Wärme Schwerpunkt in Süd- und Ostdeutschland (auch Essen, Neuss) Beteiligungen an rund 90 Stadtwerken (bestehendes Stadtwerkenetzwerk) Versorgung mit Gas, Strom, Wärme und Wasser Deutschlandweit Thüg Thüga Wechselseitige Beteiligung kommunaler Unternehmen, Plattform Erneuerbare Energien Shared services Umsatzerlöse: Thüga AG: EUR 380 Mio. (2008) Thüga Gruppe: EUR 15,3 Milliarden (2009) Folie 8

C Beispiele Thüga AG E.ON AG, Düsseldorf 100% E.ON Ruhrgas AG 100% E.ON Ruhrgas Thüga Holding GmbH 100% Contigas 19,9% 81,1% Veräußerung EUR 2,9 Milliarden Thüga AG AG, München Integra Energie, Frankfurt Mainova, Frankfurt 47 kommunale Energieversorger N-ERGIE, Nürnberg je 20,53% Stadtwerke Hannover KOM9 38,41% Folie 9

C Beispiele Evonik Steag GmbH Sitz in Essen Strom- und Wärmeerzeugung Steinkohlekraftwerke an 8 Standorten in D sowie im Ausland Wärmehandel Regenerative Energien (Biomasse, Grubengas, Geothermie) Services (Zähler- und Messwesen) Thüg Thüga Contracting Bisher kein Stadtwerkenetzwerk Umsatzerlöse: EUR 616 Mio. (2009) Folie 10

C Beispiele Evonik Steag GmbH RAG Stiftung RAG AG CVC Capital Partners Essen Dortmund Bochum 69,89% 5,1% 25,01% Evonik Industries AG 100% RBV Verwaltungs GmbH 5,1% 94,9% Steag GmbH, Essen AG Duisburg 19% 15% Oberhausen 36% 6% 6% Dinslaken 18% Stadtwerkekonsortium Rhein-Ruhr Veräußerung von 51% EUR 649 Mio. Option auf restliche 49% Folie 11

Kartellrechtliche Beurteilung Kooperationen von Stadtwerken sind kartellrechtlich je nach Ausgestaltung unter mehreren Gesichtspunkten zu untersuchen Stadtwerke- Kooperationen Zusammenschlusskontrolle, 35ff. GWB (vorab Kontrolle) Kartellverbot, 1ff. GWB (nachträgliche Kontrolle) Das GWB versteht Unternehmen in einem funktionalen Sinn. Daher werden auch kommunale = öffentliche Unternehmen wie Stadtwerke erfasst. Folie 12

2 Zusammenschlusskontrolle Organisches Wachstum entspricht dem Grundgedanken eines marktwirtschaftlichen Systems. Wachstum von außen unterliegt hingegen der Kontrolle. Größere Zusammenschlussvorhaben müssen angemeldet und genehmigt werden, bevor sie vollzogen werden dürfen. Abgrenzung der zuständigen Behörde: Europäische Kommission Schwellenwert Zusammenschluss Bundeskartellamt Schwellenwert Zusammenschluss Bei Stadtwerken i.d.r. zuständig Folie 13

2 Zusammenschlusskontrolle Maßstab für die Zulässigkeit von Zusammenschlüssen in Deutschland ist Marktmacht 36 GWB: Ein Zusammenschluss, von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen, es sei denn, die beteiligten Unternehmen weisen nach, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und dass diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Folie 14

2 Zusammenschlusskontrolle Beurteilung eines Zusammenschlussvorhabens nach folgenden Schritten: Marktabgrenzung Sachlich Räumlich Austauschbarkeit aus Sicht der Marktgegenseite (Ausweichen von Kunden, Angebotsumstellung bei Herstellern) Ermittlung der Marktverhältnisse (Beobachtung, Befragung, Gutachten) Abschätzung der Zusammenschlussauswirkungen Folie 15

2 Zusammenschlusskontrolle Exemplarische Untersuchung der kartellrechtlichen Zulässigkeit von Stadtwerkenetzwerken für Strom und Gas In beiden Segmenten unterteilt das BKartA die Aktivitäten nach Stufen im Erzeugungs- und Distributionsprozess. Erzeugungsstufe (Erzeugung und Importe) Distributionsstufe (Handel) Letztverbraucherstufe (Abgabe an Letztverbraucher) Folie 16

A Horizontale Kooperation Beteiligung von Unternehmen an ihren Konkurrenten nachteilig für den Wettbewerb? Konkurrierende Unternehmen Horizontaler Zusammenschluss U 1 U 2 U 1 U 2 Wettbewerb U 3 U 4 U 3 U 4 Folie 17

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Strommarkt Erzeugung Marktabgrenzung: Erstmaliger Absatz von Strom (sämtliche in D verfügbare Strommenge) Tatsächliche Erzeugung, nicht Kapazitäten Deutschlandweiter Markt Marktsituation: Tätig sind große Energieversorgungsunternehmen, Stadtwerke mit Erzeugerkapazitäten und unabhängige Kraftwerksbetreiber Distribution Letztverbraucher Duopol aus E.ON und RWE marktbeherrschend (52% MA in 2009) Vom BGH offen gelassen, ob Oligopol zusammen mit EnBW und Vattenfall (82% MA) (MA laut BKartA, Sektoruntersuchung Stromerzeugung und Stromgroßhandel, Jan. 2011, S. 94) Auswirkung einer horizontalen Kooperation: Geringe Auswirkungen von Stadtwerkezusammenschlüssen auf diesen Markt Thüga unter 0,2% MA, Integra-Gesellschafter bei 1,0% Steag größer (ca. 5%), Steag-Gesellschafter ca. 1,5% Keine Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung Folie 18

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Strommarkt Erzeugung Marktabgrenzung: Handel mit Strom Eigene Stufe, um Mehrfachzählung erzeugten Stroms zu verhindern Energiebörse in Leipzig, Over the Counter Spot- und Terminmarkt noch keine finale Marktabgrenzung Distribution Marktsituation: Tätig sind neben den Energieerzeugern auch reine Stromhändler Einige Stadtwerke auf dieser Marktstufe aktiv Letztverbraucher Auswirkung einer horizontalen Kooperation: In den meisten Fällen durch Stadtwerkekooperationen nicht betroffen Wenn Stadtwerke aktiv, dann mit geringem Marktanteil Keine Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung Folie 19

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Strommarkt Marktabgrenzung: Lieferung an Nachfrager zum eigenen Verbrauch Erzeugung Distribution Industrie und größeres Gewerbe Privatkunden und Kleingewerbe Letztverbraucher Strom als Produktionsfaktor Preissensibilität Wechselbereitschaft Nachfragemenge relativ starr, vom Verbrauch stärker als vom Preis beeinflusst Merkmal: Registrierende Leistungsmessung (RLM) Abrechnung nach Standardlastprofil (SLP) Folie 20

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Strommarkt Erzeugung Industrie und größeres Gewerbe Distribution Marktsituation: Markt maßgeblich durch Marktverhältnisse auf Erzeugerstufe determiniert Strom kaum speicherbar (könnte sich künftig ändern) Angebot muss Nachfrage entsprechen Stromhandel (zweite Marktstufe) wirkt sich nicht spürbar aus Marktbeherrschung derzeit analog Erzeugerstufe bei Duopol E.ON/ RWE Letztverbraucher Keine Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung Folie 21

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Strommarkt Privatkunden und Kleingewerbe Erzeugung Sondervertragskunden Grundversorgung Heizstrom Distribution Letztverbraucher Freie Anbieterwahl Deutschlandweiter Markt Marktverhältnisse analog Erzeugermarkt Keine Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung Je ein Grundversorgers pro Netzgebiet, Lieferpflicht Regionaler Markt: jeweiliges Netzgebiet des Grundversorgers/ Heizstromanbieters Jeweiliger Anbieter marktbeherrschend Keine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung durch Zusammenschluss Folie 22

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Gasmarkt Die Rechtsprechung und das BKartA gehen davon aus, dass ein eigenständiger Markt für Gas (insb. Erdgas) existiert. Ein einheitlicher Wärmemarkt, auf dem Gas mit anderen Brennstoffen konkurrieren würde, besteht nach der Entscheidungspraxis nicht. BGH, Urteil vom 29.04.2008 Erdgassondervertrag BGH, Urteil vom 10.12.2008 Stadtwerke Uelzen Folie 23

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Gasmarkt Erzeugung Distribution Marktabgrenzung: Gasimport (keine nennenswerte Erdgaserzeugung in D) Überregionale Ferngasgesellschaften beliefern regionale Ferngasgesellschaften zusätzliche Dienste wie Speicherung, Gewährleistung der Versorgungssicherheit durch langfristige Verträge und Langstreckentransport Räumliche Marktabgrenzung nach Netzgebieten Marktsituation: Mit der Erdgasnetzgesellschaft verbundene Vertriebsgesellschaft jeweils marktbeherrschend Stadtwerke regelmäßig auf dieser Marktstufe nicht vertreten Letztverbraucher Keine Entstehung/ Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung Folie 24

A Horizontale Kooperation Auswirkung auf den Gasmarkt Erzeugung Marktabgrenzung: Regionale Ferngasgesellschaften (Erdgashändler, weder eigene Erzeugung noch Import) beliefern Weiterverteiler Räumliche Marktabgrenzung nach Netzgebieten Marktsituation: Mit der Erdgasnetzgesellschaft verbundene Vertriebsgesellschaft jeweils marktbeherrschend Distribution Letztverbraucher Auswirkungen einer horizontalen Kooperation: Keine Veränderung der Marktsituation zu erwarten, Wechselquote gering Nicht zu erwarten, dass anderer Anbieter im Erdgasnetz eines Konkurrenten erhebliche Marktanteile erlangt Keine Entstehung/ Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung Folie 25

A Horizontale Kooperation Auswirkungen auf den Gasmarkt Erzeugung Marktabgrenzung: Weiterverteiler liefern an Nachfrager zum eigenen Verbrauch Großkunden mit registrierender Leistungsmessung Klein- und Privatkunden mit Standardlastprofil Räumliche Marktabgrenzung nach Netzgebieten Marktsituation: Jeweiliger Gasversorger marktbeherrschend Distribution Auswirkungen einer horizontalen Kooperation: Vertriebstätigkeit auf eigenes Erdgasnetz beschränkt, Zusammenschluss lässt nicht erwarten, dass sich Marktverhältnisse grundlegend ändern Letztverbraucher Keine Entstehung/ Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung Folie 26

B Vertikale Integration Negative Auswirkung durch Beteiligung an Unternehmen auf anderer Stufe der Wertschöpfungskette? BKartA überprüft auch, ob durch die vertikale Integration des Unternehmens infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder gefestigt wird. Unternehmen Endprodukt Zwischenprodukt Rohstoff Vertikale Integration: Mehrere Stufen unter einem Dach Folie 27

B Vertikale Integration Gefahren bei vertikaler Integration Entstehen durch einen Zusammenschluss vertikal integrierte Unternehmen, so besteht die Gefahr, dass sich die Unternehmen der künftig im eigenen Haus hergestellten (Vor-)Produkte bedienen und bisher an dieser Stelle stattfindender Wettbewerb ausgeschaltet wird. Gefahr der Verstärkung einer bestehenden marktbeherrschenden Stellung und einer Abschottung des Wettbewerbs Folie 28

B Vertikale Integration Abschottung bei Stadtwerkenetzwerken? (Bsp. Steag und Stadtwerkekonsortium) Werden sich Stadtwerke künftig anstatt am Markt im eigenen Haus beliefern lassen? Müssen Anbieter sich dem Wettbewerb stellen oder haben sie einen sicheren Abnehmer im eigenen Unternehmen? BKartA: Droht eine Abschottung? Bestand eine solche bereits? Wird eine bereits bestehende Abschottung signifikant verstärkt? Gibt es andere Gesellschafter, die eine Abschottung nicht dulden werden? Folie 29

B Vertikale Integration Abwägungsklausel 36 Abs. 1 GWB: Abwägung negativer und positiver Zusammenschlussfolgen: Nachteile für den Wettbewerb aus dem Zusammenschluss Durch den Zusammenschluss bedingte marktstrukturelle Verbesserungen Folie 30

3 Kartellverbot Stadtwerke müssen bei Kooperationen das Kartellverbot beachten. 1 GWB: Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten. Folie 31

A Kooperationen Beispiele für Kooperationen zwischen Stadtwerken Einkaufsgemeinschaften Vertriebskooperationen Gemeinsames Marketing Gemeinschaftsunternehmen Forschungskooperationen (z.b. erneuerbare Energien) Anteilserwerb (auch am Maßstab von 1 GWB zu messen) Folie 32

A Kooperationen Die Zusammenarbeit von Stadtwerken kann zu Wettbewerbsbeschränkungen führen. Es ist unerheblich, ob die Zusammenarbeit schriftlich, mündlich oder durch ein Gentlemen s Agreement vereinbart wird. Der Wettbewerb wird z.b. dadurch beschränkt, dass Stadtwerke vereinbaren, einander in einem Liefergebiet keine Konkurrenz zu machen, oder ihre Preise abstimmen. Wenn die Absprache Vorteile hat, an denen auch die Verbraucher partizipieren, kann sie vom Kartellverbot freigestellt, also zulässig sein. Bsp.: Mehrere Stadtwerke schließen sich zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammen, um billiger Energie einkaufen zu können. Die Preisvorteile geben sie an ihre Endkunden weiter. Folie 33

B Potentieller Wettbewerb bei Zusammenschlüssen Ein Zusammenschlussvorhaben kann den potentiellen Wettbewerb beschränken. Stadtwerk 1 könnte davon absehen, mit seinen Angeboten in Wettbewerb mit Stadtwerk 2 zu treten, wenn zwischen diesen eine Verbindung besteht (Beispiel Thüga). Die Stadtwerke werden darlegen, dass erst ihre Zusammenarbeit ihnen ermöglicht, gemeinsam den großen Energieversorgern Konkurrenz zu machen. Bsp: Erst durch die Zusammenarbeit wird es den Stadtwerken möglich, ihr Angebot auszuweiten (neue Kraftwerke zu bauen, ein neues Vertriebsgebiet zu erschließen) und damit in Wettbewerb zu anderen Anbietern zu treten. Überwiegen der Vorteile ggü. Nachteilen Folie 34

Fazit Kartellrechtliche Bedenken gegen Stadtwerkenetzwerke bestehen derzeit grundsätzlich nicht. Kooperationen/ Zusammenschlüsse von Stadtwerken haben positiven Einfluss auf den Wettbewerb auf den Energiemärkten. Stadtwerkenetzwerke können dazu beitragen, ein Gegengewicht zu den großen Energieversorgungsunternehmen zu bilden und künftige Beteiligungen der großen Energieversorgungsunternehmen an Stadtwerken wieder ermöglichen. Folie 35

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Sven-Joachim Otto Rechtsanwalt, Dipl.-Kfm., Mag. rer. publ. PricewaterhouseCoopers AG Moskauer Str. 19, 40227 Düsseldorf Tel.: 0211/981-2739 Fax: 0211/981-4010 Mobil: 0170/3382666 E-Mail: sven-joachim.otto@de.pwc.com Folie 36