33 6 Energiebilanz am 4-Takt-Dieselmotor Einem Motor wird Energie in Form von Brennstoff zugeführt. Indem man die Brennstoffmenge misst und den Energiegehalt des Brennstoffs (Heizwert) bestimmt, kann man die zugeführte Energie berechnen. Im Motor wird diese Energie durch Verbrennung in Wärme umgesetzt. Dafür muss der Brennstoff mit einer ausreichenden Menge Sauerstoff versorgt werden, damit diese Verbrennung stattfindet. Bei einem Dieselmotor geschieht dies dadurch, dass der Arbeitskolben bei der Abwärtsbewegung Luft aus der Umgebung ansaugt. Hierfür wird das Einlassventil geöffnet. Bei der anschliessenden Aufwärtsbewegung wird das Einlassventil geschlossen. Dadurch wird die Luft verdichtet und erwärmt sich durch die Verdichtungsarbeit auf über 250 C. Diese Temperatur reicht aus, den Dieselbrennstoff zu entzünden. Dieser wird durch das Einspritzventil in den Brennraum gespritzt, kurz bevor sich der Arbeitskolben in seiner oberen Endlage befindet. Durch die Verbrennung erhöht sich der Druck im Brennraum und treibt den Kolben nach unten. Abbildung 6.1: Idealer Prozeß im p,v-diagramm Ein Teil dieser Energie wird an die Welle abgegeben und treibt in unserem Fall einen Generator an, der Strom erzeugt. Ein weiterer Teil wird im Schwungrad gespeichert, da man diese Energie für die nächste Verdichtung benötigt, damit ein weiterer Arbeitstakt erfolgen kann. Die erzeugte Energie wird gemessen, indem man den Druck im Zylinder in Abhängigkeit vom Kolbenweg aufzeichnet. Dies ist das sogenannte Indikatordiagramm. Die obere Linie (von 4 nach 5) ist die abgegebene und die untere Linie (von 1 nach 2) die aufgenommene, für die Verdichtung benötigte, Energie. Im Punkt 2 erfolgt die Einspritzung des Dieselöls, was zu einer Druckerhöhung (3) führt. Die Nutzleistung des Motors besteht in elektrischer Energie. Diese wird durch Strom und Spannung beschrieben. Das Produkt aus den beiden Grössen entspricht der elektrischen Leistung. Labor Strömungsmaschinen, Laborskript
34 6: Energiebilanz am 4-Takt-Dieselmotor Die Abwärme des Motors wird durch das Abgas und das Kühlwasser abtransportiert. Diese Grössen werden bei diesem Versuch ebenfalls erfasst. Die Summe aus innerer Leistung und Abwärme ergibt wieder die eingesetzte, im Brennstoff enthaltene, Leistung. Die Differenz aus innerer Leistung und elektrischer Leistung (hierbei muss noch der Wirkungsgrad des Generators berücksichtigt werden) ergibt die Verluste innerhalb des Motors und damit den mechanischen Wirkungsgrad des Motors. 6.1 Der Motor Der Versuchsmotor ist ein Zweizylinder-Viertakt-Dieselmotor der Firma Deutz mit der Bezeichnung DVM (Deutz Versuchs Motor), Baujahr 1927. Ähnliche Motoren wurden für Industriekraftwerke gebaut. Er hat folgende Daten: Effektive Leistung P e 79 kw Nenndrehzahl n 300 U/min Hub s 450 mm Zylinderdurchmesser d 280 mm Riemenscheibendurchmesser Motor d M 1504 mm Riemenscheibendurchmesser Generator d G 600 mm Zylinderzahl z 2 Tabelle 6.1: Technische Daten des Deutz-Dieselmotors Der Motor hat im Zylinderkopf eine sogenannte verschliessbare Indizierbohrung, an die während des Motorbetriebes eine Druckmesseinrichtung angeschlossen werden kann. Zeichnet man nun den Druck über dem Kolbenweg während des Betriebes auf, so erhält man das sogenannte p, v-diagramm. Durch Ausmessen der Diagrammfläche kann so unter Berücksichtigung der Massstäbe die Arbeit des Motors während eines Arbeitsspiels ermittelt werden. Abbildung 6.2 zeigt einen schematischen Querschnitt des Motors mit den wichtigsten Messstellen. 6.2 Mechanischer Federindikator Das p,v-diagramm wird im Laborversuch mit einem mechanischen Federindikator aufgenommen. Der Indikator wird mit der Indizierbohrung des Motors verbunden.die Öffnung wird zu keinem Zeitpunkt vom Kolben verdeckt. Der Innendruck des Motors wirkt auf einen federbelasteten Kolben, der mit einem Schreibstift verbunden ist. Steigt der Zylinderdruck, so wird die Feder zusammengedrückt und der Schreibstift bewegt sich entsprechend der Druckzunahme. Der Schreibstift schreibt auf eine drehbare Trommel, die mit dem Indiziergestänge des Motors verbunden ist. 6.3 Flächeninhalts des p, v-diagramms Das Planimeter ist ein mechanisches Instrument zur Bestimmung von Flächeninhalten. Es besteht aus zwei Teilen, dem Polarm und dem Fahrarm mit Rollengehäuse. Zum Gebrauch setzt man das Planimeter so auf, dass der Polarm etwa rechtwinklig zum Jens Brodersen, Horst Schröder, Franz Vinnemeier
6.3: Flächeninhalts des p,v-diagramms 35 Abbildung 6.2: Prinzipbild des Motors Labor Strömungsmaschinen, Laborskript
36 6: Energiebilanz am 4-Takt-Dieselmotor Abbildung 6.3: Mechanischer Federindikator Fahrarm steht. Dann drückt man die Nadel des Pols fest ins Papier und umfährt mit der Fahrlupe 10 die Fläche. Nach den Umfahrungen liest man den Flächeninhalt (in Quadratmillimetern!) am Rollengehäuse ab. Abbildung 6.4: Das Planimeter Jens Brodersen, Horst Schröder, Franz Vinnemeier
6.4: Versuchsauswertung 37 6.4 Versuchsauswertung Brennstoffmessung Die Einrichtung erlaubt die Bestimmung des vom Motor in einer zu messenden Zeit durchgesetzten Brennstoffvolumens (250, 750 oder 1000 cm 3 ). Um den Kraftstoffmassenstrom zu ermitteln, ist also zu messen: Brennstoffvolumen V B Durchlaufzeit t B Kraftstoffdichte ρ B Abbildung 6.5: Volumenmessgerät Die Kraftstoffdichte wird mit Hilfe einer Aerometerspindel an einer Kraftstoffprobe ermittelt oder Tabelle A.1 entnommen. Mit diesen Messwerten errechnet sich der Kraftstoffmassenstrom ṁ B zu: ṁ B = V B t B ρ B (6.1) Mittels eines Absperrventils kann man die Dieselzufuhr unterbrechen und die Zeit messen, bis der Motor eine bestimmte Menge Diesel verbraucht hat. Der Heizwert des verwendeten Brennstoffs H u wird während des Labors aus Tabellenwerken (Tabelle A.1) ermittelt. Die zugeführte Leistung wird berechnet mit: Q zu = ṁ B H u = Q B (6.2) Hier wird extra Q zu = Q B gesetzt, weil es am Prüfstand keine Möglichkeit zur Messung der Abgaszusammensetzung gibt. Labor Strömungsmaschinen, Laborskript
38 6: Energiebilanz am 4-Takt-Dieselmotor Innenleistung Das Ausplanimetrieren des p,v-diagramms liefert die Diagrammfläche A Diagramm. Daraus erhält man unter Berücksichtigung des Federmassstabes f (in der Einheit mm/bar) und der Diagrammlänge l in mm den mittleren indizierten Druck p mi für jeden Zylinder zu: p mi = A Diagramm f l Diagramm (6.3) Da der Motor 2 Zylinder hat, wird der mittlere indizierte Druck für jeden Zylinder ermittelt (also 2 Diagramme!) und anschliessend der Mittelwert gebildet. Für alle Zylinder z wird der Mittelwert der indizierten Drücke p mi berechnet: p mi = 1 z z p mi,j (6.4) j=1 Die Innenleistung P i des Motors erhält man aus der Gleichung: P i = p mi V h n 2 mit dem Hubvolumen V h unter Beachtung von Tabelle 6.1: (6.5) V h = z π 4 d2 s (6.6) Dabei sind: z d s n Zahl der Zylinder Kolbendurchmesser Hub Drehzahl Am Ende von Glg. (6.5) wird durch 2 geteilt, da es sich bei dem Motor um einen Viertaktmotor handelt, der nur bei jeder 2. Umdrehung Arbeit liefert. Elektrische Leistung Die vom Motor abgegebene Leistung wird von einem Generator aufgenommen, dessen Strom und Spannung angezeigt werden. Die Leistung des Generator ist: Hierin bedeuten: P el = U G I G (6.7) U G I G Spannung des Generators in V Strom des Generators in A Der Generatorwirkungsgrad ist dem ausliegenden Generatorkennfeld zu entnehmen. Über den Generatorwirkungsgrad, der auch den Wirkungsgrad des Riementriebes enthält, wird die Kupplungsleistung P K1 berechnet nach: Hierin bedeuten: P K1 = P el η G (6.8) Jens Brodersen, Horst Schröder, Franz Vinnemeier
6.4: Versuchsauswertung ηg 39 Generatorwirkungsgrad Da der Prüfstand mit einer Drehmomentmeßwelle versehen ist, kann die Kupplungsleistung auch über das gemessene Drehmoment Md berecnet werden: PK2 = Md 2 π nm (6.9) Hierin bedeuten: Md Drehmoment an der Drehmomentmeßwelle nm Motordrehzahl Mechanischer Wirkungsgrad Der mechanische Wirkungsgrad errechnet sich aus dem Verhältnis von Kupplungsleistung (effektiver Leistung) zur Innenleistung. Da die Kupplungsleistung auf zwei verschiedene Arten bestimmt werden kann, gibt es auch zwei mechanische Wirkungsgrade ηm1 und ηm2 : ηm1 = ηm2 = PK1 Pi PK2 Pi (6.10) (6.11) (6.12) Abbildung 6.6: Elektrischer Generator Labor Strömungsmaschinen, Laborskript Abbildung 6.7: Messschrank
40 6: Energiebilanz am 4-Takt-Dieselmotor Innerer Wirkungsgrad Der innere Wirkungsgrad errechnet sich aus dem Verhältnis von zugeführter Leistung zu innerer Leistung: η i = P i Q B (6.13) Gesamtwirkungsgrad Der Gesamtwirkungsgrad η ges berechnet sich aus der elektrischen Leistung des Generators P el und der im Kraftstoff zugeführten Wärme Q B : η ges = P el Q B (6.14) Riemenwirkungsgrad Zuletzt soll noch der Riemenwirkungsgrad η r berechnet werden. Zur Zeit enthält der Riemenwirkungsgrad η r nur den Schlupf des Riementriebes. Das Übersetzungsverhältnis des Riementriebes n r ist: n r = d M d G (6.15) Damit läßt sich die ideale Generatordrehzahl n G,id berechnen: Der Riemenwirkungsgrad η r ist dann: n G,id = n r n M (6.16) η r = n G n G,id (6.17) 6.5 Messwerttabelle Die für die Dokumentation der Meßwerte erforderliche Tabelle ist in Tabelle 6.2 dargestellt. 6.6 Versuchsbericht Über den Laborversuch ist ein Versuchsbericht anzufertigen, der innerhalb einer Woche nach dem Versuch abzugeben ist. Der Versuchsbericht muß enthalten: Kurze Beschreibung des Prüfstands Beschreibung der Versuchsdurchführung Ausgefüllte Messwerttabelle Musterrechnung Versuchskritik Jens Brodersen, Horst Schröder, Franz Vinnemeier
Labor Strömungsmaschinen, Laborskript Tabelle 6.2: Meßwerttabelle Versuchsnummer Datum Uhrzeit Messgröße Einheit Messung 1 Messung 2 Messung 3 Messung 4 Motordrehzahl n M U/min Generatordrehzahl n G U/min Ankerspannung U G V Ankerstrom I G A Brennstoffvolumen V B ml 250/750/1000 250/750/1000 250/750/1000 250/750/1000 Durchlaufzeit t B s Generatorwirkungsgrad η G % Diagrammfläche 1 A 1 mm 2 Diagrammlänge 1 l 1 mm Diagrammfläche 2 A 2 mm 2 Diagrammlänge 2 l 2 mm Drehmoment M d Nm 6.6: Versuchsbericht 41
Labor Strömungsmaschinen, Laborskript Tabelle A.1: Brennwerte und Zusammensetzung handelsüblicher Kraftstoffe B Elementaranalyse H o H u Nr. Sorte [kg/m 3 ] C [m%] H [m%] O [m%] [MJ/kg] [MJ/kg] [MJ/l] 1 Normal bleifrei 730.6 86.85 12.51 0.23 44.62 41.89 30.61 2 Normal bleifrei 739.1 87.81 11.98 0.05 43.79 41.18 30.43 3 Normal bleifrei 735.6 87.75 11.94 0.12 44.09 41.49 30.52 Mittelwerte 735.1 87.47 12.14 0.13 44.17 41.52 30.52 4 Super bleifrei 745.2 88.22 11.34 0.11 43.14 40.67 30.30 5 Super bleifrei 755.3 88.65 11.04 0.36 43.10 40.69 30.73 6 Super bleifrei 746.7 88.65 11.40 0.04 43.42 40.93 30.56 7 Super bleifrei 756.9 88.06 11.32 0.44 44.11 41.64 31.52 Mittelwerte 751.0 88.40 11.28 0.24 43.44 40.98 30.78 8 Super+ bleifrei 753.1 87.16 11.40 1.47 42.80 40.31 30.36 9 Super+ bleifrei 772.6 88.40 10.15 1.29 42.30 40.09 30.97 10 Super+ bleifrei 748.3 86.87 11.71 1.17 42.74 40.19 30.07 11 Super+ bleifrei 770.1 88.09 10.50 1.39 42.93 40.64 31.30 Mittelwerte 761.0 87.63 10.94 1.33 42.69 40.31 30.67 12 Diesel 829.8 86.32 13.18-45.74 42.87 35.57 13 Diesel 837.1 85.59 12.70-45.67 42.90 35.91 14 Diesel 828.3 86.05 13.70-46.11 43.12 35.72 Mittelwerte 831.7 85.99 13.19-45.84 42.96 35.73 Dichte bei 15 C, Quelle DGMK, Hamburg A Stoffwerte 43