18. Wahlperiode Drucksache 18/0197 01.03.2017 Mitteilung zur Kenntnisnahme Frühzeitige Jugendkriminalitätsprävention verbessern Drucksachen 17/2972 und 17/3041 und Schlussbericht
Abgeordnetenhaus von Berlin 18. Wahlperiode Seite 2 Drucksache 18/0197
Der Senat von Berlin SenInnSport III B 22-0355 9(0)223-2332 An das Abgeordnetenhaus von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Mitteilung - zur Kenntnisnahme - über Frühzeitige Jugendkriminalitätsprävention verbessern - Drucksachen Nr. 17/2972 und 17/3041 und Schlussbericht - ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- - Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor: Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 23.06.2016 Folgendes beschlossen: Der Senat wird aufgefordert, die frühzeitige Jugendkriminalitätsprävention und den Jugendarrestvollzug zu verbessern. Hierzu werden/wird 1. der Datenaustausch zwischen Schulen, Jugendämtern, Polizei und Staatsanwaltschaft verbessert zum Beispiel durch das Einholen von Einverständniserklärungen der Eltern für wohnortbezogene und ressortübergreifende Fallkonferenzen in den Bezirken, notwendige Gesetzesänderungen sind zu initiieren; 2. nach Auswertung der Evaluation des Pilotprojektes Täterorientierte Intervention (TOI) zügig über eine landesweite Einführung entschieden. Wird in einem Fall weiterer Handlungsbedarf gesehen, ist dieser nach den Präventionsgesprächen an die Jugendhilfe zu übergeben; 3. zeitnah geprüft, ob das Wohnortprinzip zur Bearbeitung von Jugendstrafsachen bei der gesamten Berliner Polizei eingeführt werden sollte; 4. Jugendkommissariate in den Polizeidirektionen oder Polizeiabschnitten eingerichtet zur präventiven engen Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendämtern und Staatsanwaltschaft; 5. das Pilotprojekt Staatsanwaltschaft für den Ort mit seinem Wohnortprinzip für die Bearbeitung von Jugendstrafsachen bei der Berliner Staatsanwaltschaft evaluiert und bei positivem Evaluationsergebnis eine Ausweitung auf alle Berliner Bezirke geprüft;
6. das Amtsgericht Tiergarten als federführende Stelle sowie die beteiligten Strafverfolgungsbehörden und die Polizei gebeten und bei Bedarf dabei unterstützt, die Anwendung des besonders beschleunigten vereinfachten Jugendverfahrens nach dem Neuköllner Modell weiter zu verbessern und dabei insbesondere durch Schulungen auf eine sichere Anwendung der Konzeption bei der Polizei hinzuarbeiten; Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. August 2016 zu berichten. Hierzu wird berichtet: Dem Abgeordnetenhaus liegt die Drucksache Nr. 17/3166 als Mitteilung zur Kenntnisnahme über Frühzeitige Jugendkriminalitätsprävention verbessern - Drucksachen Nr. 17/2972 und 17/3041 und Zwischenbericht - vor. Zu den Fragen 1., 4. und 6. wird darin abschließend berichtet, auf die Antworten wird verwiesen. Zu den Fragen 2., 3. und 5. wurde eine Fristverlängerung bis zum 28.02.2017 erbeten und es wird wie folgt berichtet: Zu 2.: Das Pilotprojekt,,Täterorientierte lntervention" (TOI) wurde in der Polizei Berlin im Jahr 2012 in der Polizeidirektion 5 ins Leben gerufen. Aufgabe der drei eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es, durch Recherchen und intensive Prüfungen gefährdete Kinder und Jugendliche zu ermitteln und durch eine starke Vernetzung nach innen und nach außen zu den zuständigen Jugendbehörden einer negativen Entwicklung entgegenzuwirken. Hierbei wird ausschließlich ein präventiver Ansatz gewählt. Zu der Arbeit gehören Präventionsgespräche mit den Betroffenen und deren Eltern, in die auch die Kooperationspartnerinnen und -partner eingebunden werden sollen. Nach der ersten Erprobung wurde das Konzept 2014 zur Sammlung weiterer Erkenntnisse auf die Polizeidirektionen 3 und 4 erstreckt. Eine Evaluierung des Projekts wurde durch die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin durchgeführt. Der Entscheidungsprozess über eine landesweite Einführung ist eingeleitet. Mit der Klärung grundsätzlicher und organisatorischer Fragen beschäftigt sich seit September 2016 eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe der Polizei. Im Fokus steht dabei auch die Frage, welche Kernaufgaben und kompetenzen in der Zusammenarbeit mit den übrigen Akteurinnen und Akteuren der Jugendkriminalprävention bei der Polizei liegen sollen. Die diesbezügliche Abstimmung erfolgt in der Arbeitsgruppe unter Einbeziehung in der Jugendhilfe tätiger staatlicher und nichtstaatlicher Stellen. Ebenfalls Gegenstand der Prüfung ist die mögliche Auswirkung auf den Personalbedarf im Falle einer landesweiten Erstreckung. Über die haushaltsmäßigen personellen Auswirkungen ist im Zuge der Haushaltsplanung 2018/19 im Rahmen der vorhandenen finanziellen Möglichkeiten zu entscheiden. Zu 3.: Das seit April 2012 in der Polizeidirektion 2 in Erprobung befindliche Programm Strategische Ausrichtung der Direktion 2 im Themenfeld Jugendkriminalität (StrAus) verfolgt den Ansatz, dass die Tatortzuständigkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsvorgängen mit tatverdächtigen Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden zugunsten der Wohnortzuständigkeit durchbrochen wird. Vorgesehen ist, dass alle Vorgänge mit kindlichen, jugendlichen oder heranwachsenden Ersttätern dem Woh- 2
nortabschnitt angeboten und bereits ab der ersten Tat zuständigkeitshalber dorthin übersandt werden. Ziel dieser Vorgehensweise ist, dass die zuständige Jugendsachbearbeitung so einen verbesserten Überblick über die Entwicklung des/der Betroffenen gewinnt und bei der Gefahr einer Verfestigung krimineller Karrieren geeignete Maßnahmen unter Einbeziehung anderer, nichtpolizeilicher Akteure ergreifen kann. Ein Abschlussbericht der Polizeidirektion 2 sowie eine Stellungnahme aus kriminologischer Sicht der Hochschule für Wirtschaft und Recht wurden inzwischen erstellt. Aus beiden Berichten ergab sich ein uneinheitliches Bild hinsichtlich der praktischen Anwendbarkeit und dem präventiven und repressiven Nutzen. Die Prüfung, ob das Wohnortprinzip zur Bearbeitung von Jugendstrafsachen in der Polizei Berlin eingeführt werden soll, ist ebenfalls eingeleitet und erfolgt in der unter 2. beschriebenen Arbeitsgruppe. Hierbei wird auch geprüft, wie ggf. beide Ansätze optimal miteinander verzahnt werden können. Zu 5.: Zum Zwecke der fortlaufenden Evaluation des am 1. Juli 2015 begonnenen und auf drei Jahre angelegten Pilotvorhabens Staatsanwalt für den Ort berichtet die Staatsanwaltschaft Berlin halbjährlich den Sachstand. Die Auswertung der ersten beiden Halbjahresberichte aus März und September 2016 stimmt optimistisch. Das Pilotvorhaben ist geprägt von einem erheblichen Engagement der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese haben in großem Umfang Zusatzaufgaben mit dem Ziel übernommen, die Qualität der Verfahrensbearbeitung weiter zu verbessern. Die eingegangenen Ermittlungsverfahren wurden zügig bearbeitet und zwei Drittel der Verfahren binnen eines Monats erledigt. Damit konnte dem in Jugendstrafsachen besondere Bedeutung zukommenden Beschleunigungsgrundsatz Rechnung getragen werden. Die Zusammenarbeit zwischen den Verfahrensbeteiligten entwickelt sich gut. So funktioniert sie mit der Jugendgerichtshilfe (JGH) Neukölln weitestgehend reibungslos. Hierzu trägt insbesondere der durch die persönlichen Kontakte beschleunigte Informationsfluss bei. Im Weiteren haben die Staatsanwaltschaft, die JGH Neukölln und die Polizei die gemeinsame Arbeit zur Einführung des Konzepts Oberhausener Modell fortgesetzt. Ziel ist es, dass die Polizei die Jugendgerichtshilfe bereits frühzeitig und durchgängig über kriminalprognostisch relevante Umstände bezüglich der beschuldigten Jugendlichen informiert und die Jugendgerichtshilfe auf diese Weise bestmöglich unterstützt wird. Es wurde bereits eine Roadmap für die nächsten Schritte zur Einführung dieses Kooperationsmodells in Neukölln entwickelt. Auch in der Zusammenarbeit mit der Polizei werden die Kontakte weiter intensiviert. Die nach Personalwechseln dauerhaft besetzte Koordinierungsstelle im Arbeitsbereich Diversion dürfte sich auf Grund der damit einhergehenden personellen Kontinuität perspektivisch positiv auswirken. Auch der Informations- sowie Anregungsaustausch mit den für Neukölln zuständigen Jugendrichtern gestaltet sich in der Wahrnehmung der Verfahrensbeteiligten ausgezeichnet und trägt somit zu einer qualitativen Verbesserung der Verfahrensbearbeitung bei. Der Arbeitsbelastung Rechnung tragend ist das Team des Pilotvorhabens zum 3
1. August 2016 um eine in Teilzeit in Höhe von 50 Prozent der wöchentlichen Regelarbeitszeit tätigen Staatsanwältin verstärkt worden. Die bisherigen Ergebnisse sind insgesamt erfreulich. Hervorzuheben ist, dass durch die personelle Kontinuität auch die persönlichen Kontakte zwischen den Ressorts gesteigert werden konnten. Für die Beteiligten schafft dies ein angenehmes Arbeitsklima und fördert somit die Produktivität. Wir bitten, den Berichtsauftrag damit als erledigt anzusehen. Berlin, den 14.02.2017 Der Senat von Berlin Michael Müller Andreas Geisel...... Regierender Bürgermeister Senator für Inneres und Sport 4