Chancenungleichheit der Geschlechter während der Promotionsphase die Wirkung von Kapitaleinsätzen nach Bourdieu 9. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung, 25.-27.06 2014, Dortmund Sarah Oberkrome Internationales Zentrum für Hochschulforschung (INCHER-Kassel) Universität Kassel
Geschlecht Promotion Promotion in Deutschland: neben Qualifikation für Hochschullaufbahn auch wichtige Qualifikation für Karriere außerhalb von Hochschulen und wissenschaftlichen Tätigkeiten Mehr Frauen promovieren in Deutschland Gruppe der Promovierten wird heterogener Dennoch: Auch promovierte Frauen verdienen immer noch weniger, als ihre männlichen Kollegen Lassen sich bereits in der Promotionsphase geschlechtsspezifische Unterschiede feststellen, welche sich aus dem Arbeitsmarkt als Benachteiligungen manifestieren?
Theoretischer Rückbezug Soziale Ungleichheit Ungleiche Verteilung von als wertvoll angesehenen Gütern in einer Gesellschaft, die Resultat von strukturierten, vergleichsweise beständigen und verallgemeinerbaren Faktoren ist (z.b. Einkommensunterschiede je nach Beruf). (vgl. Hradil, 2001) Unser Interesse: Soziale Herkunft, Geschlecht und Promotion Geschlecht und soziale Herkunft als Mechanismus der Reproduktion sozialer Ungleichheitslagen, Weitergabe durch Kapitaleffekte Intersektionale Betrachtung (nach Degele): Geschlecht wirkt nicht alleine sondern im Verbund mit anderen Gesellschaftskategorien Warum ist ein solcher Effekt anzunehmen? Theorien: Pierre Bourdieus Kapitalien-Konzept (mit dem Habitus als Vermittlungsinstanz zwischen Struktur und Handlung) sowie Ungleichheitstheorien Empirische Ergebnisse aus der Bildungsforschung
Soziale Ungleichheit Geschlecht Promotion Angelehnt an Cyba (2000, 76ff)
Theoretischer Hintergrund: Bourdieus Kapitalienkonzept
Kulturkapital Drei Ausprägungen
Operationalisierung: Kulturelles Kapital - Bildungsniveau - Bildungsniveau der Eltern akademische Hintergrund (mindestens ein Elternteil hat einen Hochschulabschluss) - Migrationshintergrund Geburtsland der Eltern (mindestens ein Elternteil stammt nicht aus Deutschland) Staatsangehörigkeit - Dauer des Bildungserwerbs - Ab wann war Erwerbsarbeit notwendig?
Ökonomisches Kapital
Soziales Kapital
Zusammenfassung und Bezüge Männer und Frauen sind aufgrund ihrer gesellschaftlicher Strukturen unterschiedlich mit Kapitalsorten ausgestattet Die Kapitalsorten stehen teilweise in einer Wechselbeziehung und verstärken oder schwächen sich gegenseitig. Dieser unsichtbare Mechanismus wird im Gegensatz zu sichtbaren Mechanismen von Benachteiligung kaum geächtet (Tabu) Kapitalausstattung und normative Gesellschaftsstrukturen entfalten ihre Wirkung vor, während und nach der Promotionsphase Empirisch soll überprüft werden, wie dieser Mechanismus der Kapitalausstattung bezüglich Geschlecht sich während der Promotionsphase manifestiert.
Datengrundlage Kooperationsprojekt Absolventenstudien (KOAB): Absolventenbefragungen an ca. 50 Hochschulen, 1,5 Jahre nach Studienabschluss bzw. Abschluss der Promotion Abschlussjahrgang 2009, befragt in Winter 2010/11 18 Universitäten, die Promovierte befragt haben Rücklauf: 49 % Bereinigte Fallzahlen Promovierte: n = 2081
Hypothesen Frauen haben öfter einen nicht-akademischen Hintergrund und somit höhere Opportunitätskosten (kulturelles Kapital) Zu Beginn der Promotionsphase werden Männer häufiger als Frauen protegiert (soziales Kapital) Männer sind stärker in (Arbeits-)Netzwerke eingebunden (soziales Kapital) Frauen profitieren weniger von sozialen Netzwerken (soziales Kapital) Frauen steht weniger ökonomisches Kapital während der Promotionsphase zur Verfügung
Ergebnisse Kulturkapital - Bildungshintergrund Höchster Bildungsabschluss der Eltern
Ergebnisse Kuturkapital - Migrationshintergrund
Ergebnisse Soziales Kapital - Netzwerke Zugang zur Promotionsbetreuung M F Bereits bestehender Kontakt Kein bereits bestehender Kontakt 59,96% 57,67% 40,04% 42,33%
Ergebnisse Soziales Kapital - Netzwerke
Ergebnisse Soziales / Ökonomisches Kapital
Fazit Geschlecht und soziale Herkunft wirken gemeinsam und determinieren u.a. den Weg zur Promotion / die Fächerwahl / die Karrierewahl Unterschiedliche Kapitaleinsätze sind dafür mitverantwortlich und determinieren u.a. Einsätze, Risiken und Opportunitätskosten Divergente Wirkungen von Kapital bei Frauen und Männern (etwa: soziale Wirkungen) reifizieren Chancenungleichheit Nachwirkungen kristallisieren sich in der späteren Karriere heraus (Literatur): - Position - Prestige - Aufstieg -Verantwortung - Einkommen... Bourdieus Kapitalartentheorie illustriert die latenten Wirkungsweisen sozial Positionen durch Bildungs- und Berufslaufbahnen, auch und gerade die Kategorie Geschlecht ist aufgrund ihrer normativen Struktur davon nicht ausgenommen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Sarah Oberkrome INCHER-Kassel Universität Kassel Sarah.oberkome@incher.uni-kassel.de 23.06.14
Literatur Bourdieu, Pierre (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: Kreckel, Reinhard (Hg.):, Soziale Ungleichheiten. Göttingen: Soziale Welt Sonderband 2, S.183-198. Cyba, Eva (2000): Geschlecht und soziale Ungleichheit. Leske + Budrich Hradil, Stefan (2001): Soziale Ungleichheit in Deutschland. Opladen: Leske + Budrich. Lenger, Alexander (2008): Die Promotion. Ein Reproduktionsmechanismus sozialer Ungleichheit. Konstanz: UKV Winker, G. / Degele, N. (2010): Intersektionalität: Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: Transcript Verlag