Höhere Einkommen für Frauen - auch durch Mindestlöhne?

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Transkript:

Höhere Einkommen für Frauen - auch durch Mindestlöhne? Seminar zum Equal Pay Day / Nordelbisches Frauenwerk Hamburg-Altona, Dorothee-Sölle-Haus am 25. März 2010 Dr. Claudia Weinkopf ( FLEX ) Forschungsabteilung Flexibilität und Sicherheit

Gliederung Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede in Deutschland besonders ausgeprägt Was steckt dahinter? Niedriglohnbeschäftigung Umfang und Entwicklung Struktur der Betroffenen Besondere Betroffenheit von Frauen Fazit und Schlussfolgerungen

Gender Pay Gap ( Stunde (brutto pro Deutschland unter den Schlusslichtern in der EU! Noch schlechter: Österreich mit 25,6% Geringste Lücke in Italien mit 4,4%, aber sehr niedrige Frauenerwerbs- ( 46% ) quote

Durchschnittliche Stundenlöhne, 2006 alle Normalarbeitsverhältnis Teilzeit ( svp ) Minijob Frauen 14,26 15,42 14,81 9,07 Männer 18,50 19,63 16,77 8,78 Anteil des Frauen- am Männerlohn 77,1% 78,6% 88,3% 103,3% Normalarbeitsverhältnis = Vollzeit ohne Befristung und Leiharbeit Quelle: Statistisches Bundesamt 2009

Ursachen auf unterschiedlichen Ebenen Strukturelle Effekte Persönliche Merkmale: z.b. Bildung, Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit Arbeitsplätze: Branche, Betriebsgröße, Hierarchiestufe, Arbeitszeit Es bleibt ein nicht erklärbarer Rest Der je nach Studie auf ein bis zwei Drittel geschätzt wird ( 2008 (Ziegler 2005; Busch/Holst

Frauen sind seltener in höhere Positionen arbeiten oft in Branchen mit niedrigerem Lohnniveau und häufiger in kleineren Betrieben wechseln seltener den Arbeitsplatz wegen des Einkommens haben weniger Berufsjahre aufgrund familienbedingter Unterbrechungen haben geringere Chancen bei der beruflichen Förderung und beim Aufstieg arbeiten häufiger in Teilzeit und leisten weniger bezahlte Überstunden ( Schichtarbeit erhalten seltener Zulagen (z.b. für Eigene Darstellung in Anlehnung an Klenner 2008 und BMFSFJ 2007: Fair P(l)ay

Gängige Aussagen und was davon zu halten ist Die Einkommensunterschiede sind doch nicht auf Diskriminierung zurückzuführen Richtig ist, dass es auch strukturelle Ursachen gibt. Es bleibt aber ein unerklärter Rest Wenn Frauen oft Teilzeit arbeiten, ist doch klar, dass sie weniger verdienen Bei Monats- oder Jahresverdienst spielt dies tatsächlich eine Rolle, aber die Lohnlücke von 23% wurde pro Stunde berechnet Auch wenn nur Vollzeitbeschäftigte vergleichen werden, verdienen Frauen im Durchschnitt deutlich weniger (2006: 82%) Frauen sind weniger qualifiziert Das stimmt nur für die Älteren; bei den Jüngeren haben die Frauen inzwischen die besseren Schul- und Berufsabschlüsse Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Klenner 2008; Busch/Holst 2008

( 2009 Beschäftigung nach Arbeitszeitform (Juni Quelle: Eigene Berechnung nach Bundesagentur für Arbeit (2010): Analyse des Arbeitsmarktes für Frauen und Männer

Leitbilder und Anreize des Sozialstaates Das traditionelle Leitbild Ernährermodell wird nur zaghaft modernisiert Frauen als Zuverdienerin: Ehegattensplitting, Familienversicherung GKV, Minijobs (kleinere) Fortschritte z.b. bei Kinderbetreuung, Elternzeit, Geschiedenenunterhalt Klare Orientierung an einem Leitbild, das auf eigenständige Existenzsicherung von Männern und Frauen abzielt, noch nicht erkennbar

Niedriglohnbeschäftigung

Was ist ein Niedriglohn? OECD-Definition: Lohn in Höhe von bis zu zwei Dritteln des gesamtwirtschaftlichen Medians IAQ-Berechnungen mit zwei Datensätzen SOEP (Stundenlohn): abhängig Beschäftigte* (einschließlich Teilzeit- und Minijobs) BA-Daten (Monatslohn): Vollzeitbeschäftigte * Ohne Auszubildende, Praktikant/innen, Selbständige, Mithelfende Familienangehörige, Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, Beschäftigte in Behindertenwerkstätten, Wehr- und Zivildienstleistende, Beschäftigte in Altersteilzeit Ebenfalls ausgeschlossen: Schüler/innen, Studierende, Rentner/innen

Niedriglohnschwellen und -anteile (abhängig Beschäftigte, ( 2008 Niedriglohnschwelle (brutto pro ( Stunde Zahl der Betroffenen Getrennte Niedriglohnschwellen für Ost und West 9,50 ( West ) 6,87 ( Ost ) 9,06 Einheitliche Niedriglohnschwelle Niedriglohnanteil Westdeutschland 20,8% 17,9% Ostdeutschland 20,1% 39,3% Deutschland 20,7% 21,5% Deutschland 6,55 Millionen 6,81 Millionen Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

Niedriglohnanteile 1995 2008 (Ost-West- ( Beschäftigten differenzierte Niedriglohnschwellen, in % der Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

Zahl der Niedriglohnbeschäftigten, 1995 2008 ( Millionen (Ost-West-differenzierte Niedriglohnschwellen, in Davon 4,53 Millionen Frauen! Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

Struktur der Niedriglohnbeschäftigten

Zwei Betrachtungsweisen, die häufig verwechselt werden Anteil der von Niedriglöhnen Betroffenen innerhalb ( Niedriglohnrisiko ) einer Beschäftigtengruppe Beispiel: Von den unter 25-Jährigen arbeiten mehr als die Hälfte für einen Niedriglohn Struktur der Niedriglohnbeschäftigten nach verschiedenen Merkmalen ( Anteil am Niedrig( lohnsektor Beispiel: 13,2% aller Niedriglohnbeschäftigten sind unter 25 Jahre alt

Beschäftigtengruppen mit besonders hohem ( 2008 ) Niedriglohnrisiko Minijobber/innen: 86,2% Jüngere (unter 25 Jahre): 54,5% Befristet Beschäftigte: 38,9% Gering Qualifizierte: 37,9% Ausländer/innen: 33,7% Frauen: 29,9% Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

Qualifikation Gering Qualifizierte sind überdurchschnittlich häufig von ( 37,9% (2008: betroffen Niedriglöhnen Aber: Unter allen Niedriglohnbeschäftigten ist nur jede/r Fünfte ( 20,4% ) gering qualifiziert Die große Mehrheit (79,6%) hat eine abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar einen akademischen Abschluss Ähnliche Verteilung auch bei Vollzeitbeschäftigten mit Niedriglohn Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

Alter Unter 25-Jährige haben ein sehr hohes Niedriglohn- ( 54,4% (2008: Risiko Aber: Unter allen Niedriglohnbeschäftigten sind nur 13,2% jünger als 25 Jahre Über zwei Drittel der Niedriglohnbeschäftigten ( Jahre (69,3%) sind im mittleren Alter (25 bis 54 Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP

Geschlecht Das Niedriglohnrisiko ist im Vergleich zu 1995 für beide Geschlechter gestiegen, besonders stark bei den Männern ( 19,9% +) Frauen: von 24,9% auf 29,9% Männer: von 8,0% auf 12,2% (+53,3%) Aber Frauen stellen nach wie vor die große Mehrheit bei den Niedriglohnbeschäftigten 2008: 69,2% im Vergleich zu 68,4% im Jahr 2005 Und sind von Niedrigstlöhnen besonders betroffen ( 3,6% (Männer: Jede 10. Frau arbeitet für weniger als 6 Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP

Arbeitszeitform Teilzeitbeschäftigte (24,9%) und insbesondere Minijobber/innen (86,3%) sind von Niedriglöhnen überproportional betroffen Anteil der Vollzeitbeschäftigten an allen Niedriglohnbeschäftigten ist rückläufig (2008: 44,7% ( 1995 gegenüber 61,1% im Jahr Aber: Auch unter den Vollzeitbeschäftigten ist der Niedriglohnanteil gestiegen (von 11,3% 1995 auf 12,7% ( 2008 Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP

Besondere Betroffenheit von Frauen

Ursachen und Hintergründe Dienstleistungsbranchen weisen oft hohe Niedriglohnanteile auf z.b. Gastgewerbe: 63% Einzelhandel: 40% Gesundheits- und Sozialwesen: 24% Kleine und mittlere Betriebe zahlen deutlich häufiger Niedriglöhne als Großunternehmen Löhne in typischen Frauenbranchen sind oftmals deutlich niedriger als in männerdominierten Bereichen Auch weil Anforderungen, die für Frauentätigkeiten typisch sind (z.b. psychosoziale und physische Anforderungen), bei der Arbeitsbewertung nicht oder nicht angemessen berücksichtigt werden

Teilzeit und Niedriglohn Bei Frauen kommen häufig niedrige Stundenlöhne und kurze Arbeitszeiten zusammen Von allen Frauen mit Niedriglohn arbeiten knapp zwei Drittel in sozialversicherungspflichtiger Teilzeit oder in Minijobs Männer: nur rund 20% Strittig: Spricht das für oder gegen Mindestlöhne?

Niedriglohn und Teilzeit = kein Problem?! Teilzeit- und Minijobs sind (..) nicht auf Existenzsicherung angelegt, sondern stellen meist eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit dar. ( 2008 (DIW-Stellungnahme von Februar Nur ein Zuverdienst?! Fraglich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind zwei von drei Teilzeitbeschäftigten auf ihren Verdienst ( Viertel angewiesen (in Ostdeutschland sogar drei Nur 49,9% der geringfügig Beschäftigten leben mit einem/r Normalarbeitnehmer/in zusammen und das Armutsrisiko ist erheblich gestiegen (von ca. 10% 1998 auf gut ( 2008 23% Außerdem ist die Absicherung im Haushaltskontext nicht zwingend stabil

Andere Sichtweise Eigenständige Existenzsicherung ist besonders schwierig (bis unmöglich), wenn kurze Arbeitszeiten und niedrige Stundenlöhne zusammen kommen Negative Auswirkungen auch auf die Absicherung im Alter und bei Arbeitslosigkeit Insbesondere bei Minijobs werden von Arbeitgebern häufig (rechtswidrig!) Lohnabschläge vorgenommen und den Beschäftigten weitere Ansprüche vorenthalten Z.B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlter Urlaub Dies setzt auch die Löhne insgesamt unter Druck

Sprungbrett in besser bezahlte Beschäftigung? Neuere Analysen zeigen für Deutschland Insgesamt geringe Chancen, aus dem Niedriglohnsektor herauszukommen für Vollzeitbeschäftigte 1999 2005: 13,3% Aufstiegschancen aus dem Niedriglohnsektor sind im internationalen Vergleich sehr niedrig im Zeitverlauf eher sinkend für Frauen besonders ungünstig Quellen: Schank u.a. 2008; Bosch/Kalina 2007; European Commission 2004

( 1 ) Fazit und Schlussfolgerungen Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen gibt es auf allen Ebenen Das hat zahlreiche Ursachen und Hintergründe Die deutliche Zunahme der Niedriglohnbeschäftigung ist nur ein Faktor, aber ein nicht unwichtiger Deutschland hat inzwischen einen der höchsten Niedriglohnanteile in Europa und eine beispiellose Ausdifferenzierung der Löhne nach unten

( 2 ) Fazit und Schlussfolgerungen Die anderen EU-Länder haben einen gesetzlichen Mindestlohn (20 Länder) in der Spitzengruppe (Niederlande, Belgien, Irland, Frankreich und Luxemburg) aktuell zwischen 8,41 und 9,73 pro Stunde und/oder eine deutlich höhere Tarifbindung als Deutschland Gesetzliche Mindestlöhne tragen dazu bei, dass vor allem die untere Löhne im Dienstleistungssektor angehoben werden müssen

( 3 ) Fazit und Schlussfolgerungen Frauen würden demnach von Mindestlöhnen besonders profitieren Fast jede fünfte Frau hätte bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 pro Stunde Anspruch auf eine Lohnerhöhung, bei den Männern nur etwa jeder zehnte Branchenbezogene Lösungen alleine reichen nicht aus viele Frauenbranchen ohne Tarifbindung oder mit extrem niedrigen tariflichen Löhnen bleiben außen vor

( 4 ) Fazit und Schlussfolgerungen Notwendig wäre eine verbindliche Lohnuntergrenze, die nicht unterschritten werden darf Dies könnte auch einen wichtigen Beitrag leisten zur Verringerung des Lohnabstandes zwischen Männern und Frauen Beispiel Großbritannien: Hier stiegen die Durchschnittslöhne von vollzeitbeschäftigten Frauen von 83,9% der Männerlöhne (1997) in der Folge der Einführung und Erhöhung des ( 2006 ) gesetzlichen Mindestlohnes auf 89,2%

( 5 ) Fazit und Schlussfolgerungen Ein gesetzlicher Mindestlohn wäre aber nur ein Baustein in einem Bündel von Maßnahmen für mehr Chancengleichheit und gute Arbeit Höherbewertung typisch weiblicher Tätigkeiten Aufhebung des Sonderstatus von Minijobs bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter Weniger unfreiwillige Teilzeitarbeit gezieltere Förderung von Aufstiegsmobilität (Übergänge in ( Beschäftigung besser bezahlte

Zum Weiterlesen Bosch, Gerhard / Weinkopf, Claudia / Kalina, Thorsten (2009): Mindestlöhne in Deutschland. Expertise für die Friedrich Ebert Stiftung. Wiso Diskurs. Bonn. Daten und Fakten zur Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland Mindestlöhne in anderen Ländern Zusammenstellung der Ergebnisse neuerer US-Studien zu (Beschäftigungs-)Effekten von Mindestlöhnen Fortschritte und Stolpersteine der Umsetzung branchenbezogener Mindestlöhne in Deutschland nach AEntG und MiarbG Download unter www.iaq.uni-due.de oder www.fes.de