Medizinische Soziologie



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Vorlesung WS 2012/13 Medizinische Soziologie Thomas Kohlmann Sandra Meyer-Moock, You-Shan Feng Institut für Community Medicine Universität Greifswald

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens Einführung von Gesundheitsleistungen Einführung des Sozialversicherungssystems Leistungsträger Das Gesundheitssystem in Deutschland Aufbau und Funktionsweise Finanzierung

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens Industrialisierung Folgen Einführung von Maschinen in den Produktionsprozess Veränderung der Arbeitsprozesse: Einführung der Arbeitsteilung Landflucht niedriges Lohnniveau Soziale Leistungen abgesehen von einem nur wenig entwickelten Fürsorgesystem fehlten völlig. biologische Schäden (Unternährung, häufige Krankheiten, hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit, geringe Lebenserwartung) moralische Schäden (Trunksucht, Neid, Verbitterung und sexuelle Verwahrlosung)

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens Beginn Gründung einer staatlich organisierten Sozialversicherung Otto von Bismarck 1815-1898 Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung (1883) Es gilt allgemeiner Versicherungszwang.

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens Das erste sozial- und gesundheitspolitische Gesetz in Deutschland: Preußisches Fabrikregulativ 1839 Friedrich Wilhelm III König von Preußen 1770-1840 Verbot der Arbeit von Kindern unter 9 Jahren Unter 16 Jahren: Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit und Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf 10 Std.

Wilhelm I Geschichte des deutschen Gesundheitswesens

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens Kaiserliche Botschaft 1881 Wilhelm I... dass die Heilung der sozialen Schäden nicht ausschließlich im Wege der Repression sozialdemokratischer Ausschreitungen, sondern gleichmäßig auf dem Wege der positiven Förderung des Wohles der Arbeiter zu suchen sein werde

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens Beginn Otto von Bismarck Gründung einer staatlich organisierten Sozialversicherung Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung (1883) Es gilt allgemeiner Versicherungszwang. Leistungen vom Beginn der Krankheit an: freie ärztliche Behandlung, Arznei sowie Brillen, Bruchbänder und ähnliche Heilmittel, Krankenhauspflege bei Erwerbsunfähigkeit (heute: Arbeitsunfähigkeit) vom dritten Tag an ein Krankengeld Die Krankenunterstützung endete spätestens mit Ablauf der 13. Woche nach Krankheitsbeginn.

Geschichte des deutschen Gesundheitswesens 1839 Preußisches Fabrikregulativ 1881 Kaiserliche Botschaft 1883 Bismarcksche Sozialgesetzgebung 1883 Krankenversicherung 1884 Unfallversicherung 1889 Gesetzliche Rentenversicherung (ursprünglich: Alters- und Invaliditätssicherung) 1911 Reichsversicherungsordnung RVO 1976ff Sozialgesetzbuch SGB Bis heute gegliedertes Sozialversicherungssystem

Gesetzliche Rentenversicherung 5 Säulen der Sozialen Sicherung Gesetzliche Krankenversicherung Sozialgesetzbuch I XII Soziale Pflegeversicherung Gesetzliche Unfallversicherung Arbeitsförderung seit 1889 seit 1883 seit 1995 seit 1884 seit 1927 SGB VI SGB V SGB XI SGB VII SGB III Alter und Erwerbsminderung, Reha Krankheit (Behandlungskosten, Krankengeld) Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten Pflegebedürftigkeit Erwerbslosigkeit

Das Gesundheitssystem in Deutschland Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) Aufbau und Funktionsweise Finanzierung Ambulante Versorgung Stationäre Versorgung Rehabilitation

Mitgliedschaft Honorar Kassenärztl. Vereinigung Facharzt Mitgliedschaft Honorar Med. Dienstleistung Gesamtvergütung Abr.-Belege Mitgliedschaft Beitrag Rezept Krankenkassen Rezepte Zahlungen Einweisung KV-Karte Med. Dienstleistung Investitionskosten Öffentl. Haushalte Privatwirtschaft Medikamentenabgabe Geld, Waren Pharmazeut. Großhandel Pharma. Industrie Kosten-/Leistungsnachweis Fallpauschalen/DRGs

Krankenversicherung der deutschen Bevölkerung Bevölkerungsanteile in % Gesetzliche Krankenversicherung darunter: AOK 36,6 Ersatzkassen 33,2 BKK 20,3 Andere 9,9 88,5 Private Krankenversicherung 8,9 Sonstiger Versicherungsschutz 2,4 Nicht krankenversichert 0,2

Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) Arbeitet nach dem Solidarprinzip: Jede(r) Versicherte zahlt einen festen Prozentsatz seines Nettolohns unabhängig vom Krankheitsrisiko: (ab Jan. 2011: 15,5%) Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen jeweils etwa die Hälfte (AG: 7,3% / AN: 8,2%). Krankenkassen finanzieren sich aus Zuweisungen zum Gesundheitsfond und kassenindividuellen Zusatzbeiträgen Standardisierte Leistungsangebote, die nur geringfügig variieren. Die Abrechnung medizinischer Leistungen erfolgt nach dem Sachleistungsprinzip.

Sektoren des Gesundheitssystems Ambulante Versorgung Stationäre Versorgung

Ambulante Versorgung KV-Karte Med. Dienstleistung Facharzt Überweisung Mitgliedschaft KV-Karte Mitgliedschaft Honorarverteilung Gesetzliche Krankenkassen Gesamtvergütung Abr.-Belege KV (Kassenärztliche Vereinigung)

Stationäre Versorgung KV-Karte Med. Dienstleistung Mitgliedschaft KV-Karte Rechnungsstellung Bezahlung Investitionskosten Gesetzliche Krankenkassen Öffentl. Haushalt Privatwirtschaft

Gesetzliche Rentenversicherung 5 Säulen der Sozialen Sicherung Gesetzliche Krankenversicherung Sozialgesetzbuch I XII Soziale Pflegeversicherung Gesetzliche Unfallversicherung Arbeitsförderung seit 1889 seit 1883 seit 1995 seit 1884 seit 1927 SGB VI SGB V SGB XI SGB VII SGB III Alter und Erwerbsminderung, Reha Krankheit (Behandlungskosten, Krankengeld) Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten Pflegebedürftigkeit Erwerbslosigkeit

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung Die Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand haben den gesetzlichen Auftrag, Arbeits- und Schulunfälle sowie Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Nach Eintritt eines Versicherungsfalles entschädigen sie die Versicherten oder deren Hinterbliebene. Die Unfallversicherungsträger sorgen mit allen geeigneten Mitteln dafür, dass die Gesundheit von Verletzten/Erkrankten durch geeignete Maßnahmen der Akutversorgung / medizinischen Rehabilitation möglichst wiederhergestellt wird.

Meldepflichtige Arbeitsunfälle 2007 N je 1000 Quelle: DGUV-Statistik

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