Verlagerung von Wertschöpfung Geht die Produktion ins Ausland?

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Transkript:

Studie Verlagerung von Wertschöpfung Eine bayme vbm vbw Studie, erstellt von der IW Consult GmbH Stand: April 2017 www.vbw-bayern.de

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Geht die Produktion ins Ausland? Vorwort Vorwort Die Verlagerung von Wertschöpfungsketten geht weiter Bayern muss sich im globalen Standortwettbewerb behaupten. Zahlreiche bayerische Industrieunternehmen haben ihre Wertschöpfungsketten internationalisiert, sei es in Form von Vorleistungsimporten, sei es durch eigene Produktionsstätten im Ausland. Dies hat dem Industriestandort Bayern bislang nicht geschadet. Im Gegenteil: Durch die globale Aufstellung konnten die Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, was zu einem merklichen Anstieg der industriellen Wertschöpfung im Inland geführt hat. Die vorliegende Studie, die die vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. bei der IW Köln Consult GmbH in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass sich die Internationalisierung der bayerischen Industrie fortsetzen wird. Eine größere Verlagerung von Wertschöpfung ist vorerst noch nicht zu erwarten. Dieser positive Befund für den Standort Bayern ist aber kein Grund zur Selbstzufriedenheit. Denn die Studie zeigt auch: Die eigentliche Dynamik findet an den Auslandsstandorten statt. Und im Inland kommen vor allem die einfachen Tätigkeiten unter Verlagerungsdruck. Der globale Standortwettbewerb nimmt immer weiter zu durch das Auftreten und Aufholen neuer Wettbewerber und durch die Re-Industrialisierungsbemühungen in vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Hinzu kommen protektionistische Tendenzen und wirtschaftspolitische Kurse in vielen Staaten, die eine Intensivierung des internationalen Standortwettbewerbs zur Folge haben werden. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts ist eine Daueraufgabe. Deshalb gilt es, die Kostenentwicklung im Inland zu begrenzen und für Rahmenbedingungen zu sorgen, die es den Unternehmen ermöglichen, ihre Produktivität zu erhöhen, Investitionen zu tätigen und Innovationen umzusetzen. Bertram Brossardt 10. April 2017

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Inhalt Inhalt 1 Executive Summary... 1 2 Einleitung... 3 3 Die Situation in Bayern... 5 3.1 Die Entwicklung der bayerischen Industrie... 5 3.2 Zukünftige Produktionsmöglichkeiten... 9 3.3 Veränderungen in der Produktion... 13 3.4 Zwischenfazit... 15 4 Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen... 17 4.1 Vorleistungseinkäufe im Ausland... 17 4.2 Auslandsproduktion... 19 4.3 Zwischenfazit zu den Auslandsaktivitäten... 26 5 Künftige Auslandsaktivitäten... 27 5.1 Entwicklung der Vorleistungseinkäufe im Ausland... 27 5.2 Entwicklung der Auslandsproduktion... 28 5.3 Auswirkungen auf Bayern... 30 6 Fazit... 33 Ansprechpartner / Impressum... 35 Hinweis Zitate aus dieser Publikation sind unter Angabe der Quelle zulässig.

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Executive Summary 1 1 Executive Summary Die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten geht weiter und stärkt den Standort Bayern Die bayerische Industrie hat sich nach der Wirtschaftskrise 2008/09 robust entwickelt. Wertschöpfung, Beschäftigung und Produktivität sind gestiegen. Allerdings konnten nicht alle Branchen gleichermaßen Beschäftigung aufbauen. Auch der Produktivitätsfortschritt erfolgt am aktuellen Rand langsamer als noch vor der Wirtschaftskrise. Die Internationalisierung der bayerischen Wertschöpfungsketten schreitet voran. Dies zeigen die Auswertung der amtlichen Daten und die Ergebnisse einer Befragung von 200 bayerischen Unternehmen der M+E Industrie, die für diese Studie durchgeführt worden ist. Während kleinere und mittlere Unternehmen der M+E Industrie dabei eher auf die Auslandseinkäufe setzen, haben viele Unternehmen ab 250 Beschäftigten eigene Auslandsproduktionsstätten. Dabei wird Mittel- und Osteuropa als kostengünstigerer Standort genutzt, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Gleichzeitig werden neue Märkte erschlossen. Daher bleiben negative Auswirkungen der Auslandsproduktion auf die Produktion in Bayern als Ganzes weitgehend aus, die Inlandsproduktion wird meist unvermindert fortgesetzt. Gleichwohl geraten einfache Tätigkeiten durch die Auslandsproduktion unter Druck, wenngleich sie durch die fortschreitende Automatisierung noch stärker bedrängt wird. Insgesamt geht die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten weiter. Bis zum Jahr 2021 wollen viele Unternehmen Auslandseinkäufe stärker nutzen als heute. Auch bei der Auslandsproduktion ist eine Ausweitung zu erwarten. Dies liegt auch daran, dass durch die Investitionen im Ausland häufig neue Märkte erschlossen werden sollen. Eine flächendeckende Verlagerung der Produktion ins Ausland findet nicht statt, obgleich es innerhalb der Unternehmen Druck auf weniger produktive Tätigkeiten gibt. Zudem zielen diejenigen Unternehmen, die im Ausland produzieren, mit ihren Inlandsinvestitionen seltener auf einen Auf- oder Ausbau der inländischen Produktionskapazitäten als Unternehmen ohne Auslandsproduktion. Stattdessen liegt ihr Schwerpunkt auf dem Erhalt oder der Modernisierung der bestehenden Kapazitäten. Damit geht ein Teil der Dynamik ins Ausland statt nach Bayern. Damit der Standort Bayern auch in Zukunft weiter von der Internationalisierung der Wertschöpfungsketten profitiert, ist die Qualität der Standortfaktoren zu erhalten und weiter zu verbessern. Angesichts der robusten Entwicklung in den vergangenen Jahren besteht die Gefahr, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Vor allem ist aber der freie Marktzugang zu sichern, da viele bayerische Unternehmen international aufgestellt sind. Hier ist es an der Politik, den freien Marktzugang weiter zu fördern und protektionistischen Tendenzen entgegenzutreten, da diese den Produktionsstandort Bayern schwächen.

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Einleitung 3 2 Einleitung Verlagerung durch Einkauf oder Produktion im Ausland Die zunehmende Zerlegung und Verschiebung von Wertschöpfungsketten aus klassischen Industrieländern in aufstrebende Schwellenländer wie die Länder in Mittel- und Osteuropa ist einer der bedeutenden Megatrends der vergangenen Jahre. Durch die Digitalisierung, den Abschluss von Freihandelsabkommen und die zunehmende Vernetzung haben Industrieunternehmen Möglichkeiten, ihre Wertschöpfungsketten neu auszurichten. Auf der Suche nach Optimierungspotenzialen können sie das Ausland auf verschiedenen Wegen in ihre Wertschöpfungsketten einbinden: internationales Outsourcing hin zu Einkäufen bei ausländischen Drittanbietern unternehmensinternes Offshoring hin zu unternehmensinternen Einheiten im Ausland (Auslandsproduktion) Anhand der Verlagerungsmöglichkeiten soll der Frage nachgegangen werden, ob die Produktion der bayerischen Industrie mit Fokus auf die bayerische M+E Industrie ins Ausland geht oder nicht. Aufbauend auf der Untersuchung, wie sich die bayerische Industrie insgesamt entwickelt hat, werden die derzeitigen und die künftig geplanten Auslandsaktivitäten der bayerischen Industrie analysiert. Die Ergebnisse basieren auf amtlichen Daten zum Produzierenden und Verarbeitenden Gewerbe und auf Befragungsergebnissen bayerischer Unternehmen der M+E Industrie. In der amtlichen Statistik wird unter Industrie meist das Produzierende Gewerbe (Industrie im weiteren Sinne) oder das Verarbeitende Gewerbe (Industrie im engeren Sinne) gefasst. Im Folgenden wird in der Regel auf das Verarbeitende Gewerbe als Kern der bayerischen Industrie abgestellt.

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Index (1991 = 100) Wachstum in % Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Die Situation in Bayern 5 3 Die Situation in Bayern Starke Industrie Wachstum im In- und Ausland 3.1 Die Entwicklung der bayerischen Industrie Die deutsche und bayerische Wirtschaft erleben derzeit eine robuste Phase. Die gesamtwirtschaftliche reale Wertschöpfung in Bayern stieg im Jahr 2015 um 2,0 Prozent (Westdeutschland 1,5 Prozent) nach 1,9 Prozent im Vorjahr. Das bayerische Verarbeitende Gewerbe legte im Jahr 2015 real um 2,4 Prozent zu (Westdeutschland 1,8 Prozent). Die bayerischen Dienstleistungen wuchsen real um 2,0 Prozent (Westdeutschland 1,4 Prozent). Die bayerische Industrie konnte seit den 1990er-Jahren ihre reale Bruttowertschöpfung fast kontinuierlich steigern. In den Jahren 1992 bis 2007 wuchs das Verarbeitende Gewerbe im Durchschnitt um knapp 2,2 Prozent pro Jahr, ab dem Jahr 2003 sogar um 5,3 Prozent pro Jahr. Die Wirtschafts- und Finanzkrise in den Jahren 2008/09 versetzte der bayerischen Industrie einen Dämpfer, von dem sie sich aber schnell wieder erholen konnte (siehe Abbildung 1). Abbildung 1 Entwicklung der realen Bruttowertschöpfung in der bayerischen Industrie* 1992 bis 2015 200 175 150 125 100 75 50 25 0 Wachstum Index 50 40 30 20 10 0-10 -20 * Verarbeitendes Gewerbe Quelle: VGR der Länder (2016a)

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Arbeitnehmer in 1.000 Anteil an allen Arbeitnehmern in Prozent 6 Die Situation in Bayern Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Nach einem erneuten Dämpfer im Jahr 2012 ( 0,6 Prozent) legte das Wachstum danach deutlich zu. Im Zeitraum 2013 bis 2015 betrug das durchschnittliche reale Wachstum der bayerischen Industrie robuste 2,7 Prozent pro Jahr. Im Jahr 2015 hat die bayerische Industrie eine reale Wertschöpfung von knapp 128 Milliarden Euro erwirtschaftet, rund 27 Milliarden Euro mehr als noch im Jahr 2008. Insgesamt ist die bayerische Industrie deutlich stärker gewachsen als die Industrie in Westdeutschland. Lagen im Jahr 1995 die Industrieanteile jeweils bei knapp 25 Prozent, stieg bis zum Jahr 2015 in Bayern der Anteil auf 27,4 Prozent, während er in Westdeutschland auf 23,9 Prozent sank. In Bayern verdoppelte sich im Zeitraum 1995 bis 2015 die nominale industrielle Wertschöpfung nahezu, während sie in Westdeutschland lediglich um gut die Hälfte stieg. Ein gebremstes Wachstum erlebte vor allem Nordrhein-Westfalen, dessen Industrie nur um 15 Prozent zulegte. Die positive Entwicklung der Wertschöpfung schlägt sich in den Beschäftigtenzahlen der Industrie nieder (siehe Abbildung 2). Die Zahl der Arbeitnehmer lag laut VGR im Jahr 2015 bei knapp 1,5 Millionen. Dies waren rund 63.000 Arbeitnehmer mehr als noch 1995. Diese Zahl belegt die Stärke der bayerischen Industrie, zumal in Westdeutschland die Zahl der Arbeitnehmer im gleichen Zeitraum um 450.000 zurückgegangen ist, davon allein 325.000in Nordrhein-Westfalen. Abbildung 2 Anzahl der Arbeitnehmer in der bayerischen Industrie* und Anteil der Industrie an allen Beschäftigten 1.500 30,0 25,0 1.400 20,0 15,0 1.300 10,0 1.200 Arbeitnehmer in Bayern Anteil an allen Arbeitnehmern 5,0 X * Verarbeitendes Gewerbe Quelle: VGR der Länder (2016b)

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Die Situation in Bayern 7 Im Dienstleistungssektor ist die Beschäftigung aber noch stärker gestiegen. Daher sank von 1995 bis 2015 der Industrieanteil an der Gesamtbeschäftigung von 26,3 auf 22,4 Prozent, woran auch der Beschäftigungsanstieg in der Industrie am aktuellen Rand nichts ändern konnte. In Westdeutschland hat die Industrie inzwischen eine deutlich geringere Bedeutung für die Beschäftigung. Hier sank der Anteil von 24,8 auf 19,7 Prozent. In Nordrhein-Westfalen sank der Beschäftigungsanteil der Industrie noch stärker: von 24,7 auf 17,5 Prozent. Der Einfluss der Wirtschaftskrise 2008/09 und die anschließende Erholung zeigen sich auch auf Branchenebene (siehe Tabelle 1). Das Verarbeitende Gewerbe hat auch in dieser Krise die Anpassungslasten getragen, trotz Kurzarbeitsregelungen. Im Zeitraum 2009 bis 2012 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft pro Jahr um durchschnittlich 1,7 Prozent gewachsen, das heißt, sie lag im Jahr 2012 höher als vor der Wirtschaftskrise. Im Verarbeitenden Gewerbe fiel das durchschnittliche Wachstum dagegen mit 0,1 Prozent leicht negativ aus. Erst im Zeitraum 2013 bis 2016 konnte die Beschäftigung gegenüber dem Jahr 2008 wieder gesteigert werden. Treiber waren der Maschinenbau und der Fahrzeugbau. Während der Maschinenbau nach der Krise schnell Beschäftigung aufgebaut hat, erfolgte der weitere Aufbau im Fahrzeugbau erst ab dem Jahr 2013. Allerdings konnten nicht alle Branchen ihre Beschäftigung steigern. Vor allem in der Elektroindustrie ging die Beschäftigung zurück, was aber durch die anderen M+E Branchen kompensiert werden konnte. Tabelle 1 Durchschnittliches jährliches Wachstum der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bayern nach Branchen im Zeitraum 2009 bis 2016 Bereich Zeitraum 2009/12 Zeitraum 2013/16 Gesamt +1,7% +2,4% Verarbeitendes Gewerbe 0,1% +1,4% M+E Wirtschaft +0,2% +1,8% Maschinenbau +1,1% +1,6% Metallerzeugung/-bearbeitung/ Metallerzeugnisse +0,3% 0,1% Fahrzeugbau +0,2% +4,8% Elektrotechnik 1,7% 0,7% Quelle: Arbeitsagentur (2016); eigene Berechnung

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Index: 2000 = 100 8 Die Situation in Bayern Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Die Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre weist einen Makel auf: Während vor der weltweiten Wirtschaftskrise im Zeitraum 2000 bis 2007 die Produktivität der bayerischen Industrie im Jahresdurchschnitt um 4,4 Prozent gewachsen ist, hat sich das Produktivitätswachstum im Zeitraum 2011 bis 2015 auf 0,5 Prozent verlangsamt (siehe Abbildung 3). Auch außerhalb Bayerns kam es zu einem Einbruch beim Produktivitätswachstum. Eine Besonderheit stellt der bayerische Produktivitätssprung zwischen den Jahren 2009 und 2011 dar. Hier konnte die bayerische Industrie deutlich höhere Zuwächse bei der Arbeitsproduktivität verzeichnen als die Industrie im übrigen Deutschland, trotz einer ähnlichen Umsatzentwicklung. Laut Kostenstrukturerhebung sind die bayerischen Vorleistungsquoten jedoch gesunken, d.h. Wertschöpfung wurde ingesourced. Dadurch konnten die bayerischen Unternehmen ihre Wertschöpfung im Vergleich zur deutschen und westdeutschen Industrie überproportional steigern. Gleichwohl wird sich in der Zukunft zeigen müssen, ob es sich dabei um ein statistisches Artefakt handelt oder ob substanzielle Gründe für einen Anstieg der Produktivität sprechen. Zumal nach 2011 auch in Bayern die Produktivität nur sehr schwach stieg. Abbildung 3 Produktivität in der Industrie* 170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 Bayern Deutschland Westdeutschland * Verarbeitendes Gewerbe Produktivität = preisebereinigte Bruttowertschöpfung je Arbeitsstunde der Erwerbstätigen Quelle: VGR der Länder (2016a)

Anteil in Prozent Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Die Situation in Bayern 9 3.2 Zukünftige Produktionsmöglichkeiten Die zukünftigen Produktionsmöglichkeiten der bayerischen Industrie hängen stark von den getätigten Investitionen in die Produktionsanlagen ab. Dabei spielen Investitionen in Maschinen und Anlagen eine erhebliche Rolle. Lange Zeit hat die bayerische Industrie einen höheren Teil ihrer Wertschöpfung investiert als die Industrie bundesweit. Im Jahr 2013 konnte dann erstmals beobachtet werden, dass das bayerische Verarbeitende Gewerbe einen geringeren Anteil seiner Bruttowertschöpfung in neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen investiert hat als das gesamte Verarbeitende Gewerbe Westdeutschlands (siehe Abbildung 4). Abbildung 4 Anteil der neuen Ausrüstungen und sonstigen Anlagen an der Bruttowertschöpfung in der Industrie* 25 20 15 10 Bayern Westdeutschland * Verarbeitendes Gewerbe Quelle: VGR der Länder (2016a, 2016c) Dahinter steht in Bayern ein Investitionsrückgang im Jahr 2013. Die bayerischen Investitionen in neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen gingen absolut um 768 Millionen Euro zurück und lagen damit ungefähr wieder auf dem Niveau aus dem Jahr 2011 (siehe Abbildung 5). Gleichwohl dürfte sich das Bild am aktuellen Rand wieder zugunsten der bayerischen Industrie gedreht haben: Im Jahr 2014 wuchsen die Sachinvestitionen im bayerischen Verarbeitenden Gewerbe ab 20 Beschäftigten mit 9,7 Prozent deutlich schneller als in Deutschland (1,9 Prozent) und auch im Jahr 2015 konnte ein Wachstum der Sachinvestitionen verzeichnet werden.

Mrd. Euro 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Mrd. Euro 10 Die Situation in Bayern Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Abbildung 5 Neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen in der bayerischen Industrie* 25 20 15 10 5 0 * Verarbeitendes Gewerbe Quelle: VGR der Länder (2016a, 2016c) Mit der VGR-Revision 2014 hat es eine erhebliche Änderung des Investitionsbegriffs gegeben. Die F+E-Ausgaben werden fortan als Investitionen einbezogen. Diese Änderung wirkt sich direkt auf die Bruttoanlageinvestitionen aus, die sich im Vergleich zu früheren Darstellungen in etwa um die F+E-Ausgaben erhöhen, was fast zu einer Verdopplung der Investitionen führt. Werden die Investitionen in neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen um die F+E-Ausgaben korrigiert, zeigt sich, dass die Investitionen in neue Maschinen und Anlagen im Jahr 2013 geringer ausgefallen sind als noch im Jahr 2011 (siehe Abbildung 6). Abbildung 6 Um F+E-Ausgaben korrigierte neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen Verarbeitendes Gewerbe Bayern 25 20 15 10 5 0 2005 2007 2009 2011 2013 korrigierte neue Ausrüstungen und sonstige Anlagen FuE-Ausgaben Quelle: VGR der Länder (2016c); Stifterverband (versch. Jahrgänge)

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Wachstum in Prozent Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Die Situation in Bayern 11 Der Kapitalstock, gemessen als preisbereinigtes Bruttoanlagevermögen (Ausrüstungen und sonstige Anlagen), ist ebenfalls vom erweiterten Investitionsbegriff betroffen. Der Kapitalstock ändert sich durch Zu- und Abgänge, wobei Investitionen in Forschung und Entwicklung nun als Zugang zum Kapitalstock bewertet werden, obgleich es sich nicht um Investitionen in Maschinen und Ausrüstungen handelt. Damit ist der Kapitalstock weniger als früher geeignet, die Ausstattung mit Maschinen und Anlagen beziehungsweise die Produktionsmöglichkeiten abzubilden. Daher werden die Angaben der amtlichen Statistik weiter unten durch Ergebnisse einer Befragung bayerischer Unternehmen der M+E Industrie ergänzt, um ein adäquates Bild zeichnen zu können. Unter Berücksichtigung der F+E-Investitionen ist der bayerische Kapitalstock im Produzierenden Gewerbe mit Ausnahme des Jahres 2009 stetig gewachsen (siehe Abbildung 7). Allerdings fällt nach der Krise der Zuwachs geringer aus. Zwar können bis zum Jahr 2013 wieder Zuwächse verzeichnet werden, der Anstieg liegt aber deutlich unter den Vorkrisenwerten. Abbildung 7 Veränderung des Kapitalstocks (Ausrüstungen und sonstige Anlagen) Produzierendes Gewerbe Bayern 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,5 Quelle: VGR der Länder (2014d, 2016d) Ein Vergleich mit dem westdeutschen Kapitalstock zeigt, dass die bayerische Industrie im Vergleich mehr investiert hat. Das stärkere Wachstum des Kapitalstocks kann eine Ursache für den stärkeren Produktivitätsanstieg im bayerischen Verarbeitenden Gewerbe sein. Anders als in Westdeutschland ist der bayerische Kapitalstock auch nach der Jahrtausendwende gewachsen, bis infolge der weltweiten Wirtschaftskrise der Jahre 2008/09 eine Stagnation beobachtet werden kann. In Westdeutschland kam es

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 12 Die Situation in Bayern Studie Verlagerung von Wertschöpfung - hingegen bereits ab dem Jahr 2001 zur Stagnation des Kapitalstocks. Die ab dem Jahr 2006 einsetzende leichte Erhöhung wurde durch die Wirtschaftskrise 2008/09 wieder beendet. Da auch die F+E-Ausgaben als Investitionen berücksichtigt worden sind, fällt der Kapitalstock in Westdeutschland im Jahr 2013 dennoch etwas höher aus als noch im Jahr 1995. In Bayern hat hingegen ein deutlicher Anstieg stattgefunden (siehe Abbildung 8). Abbildung 8 Entwicklung des Kapitalstocks (Ausrüstungen und sonstige Anlagen) Produzierendes Gewerbe 125 120 115 110 105 100 95 90 85 80 Bayern Westdeutschland Quelle: VGR der Länder (2014d, 2016d) Für diese Studie sind 200 bayerische Unternehmen der M+E Industrie im Herbst 2016 telefonisch befragt worden. Es handelt sich um eine geschichtete Stichprobe, in der Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten überrepräsentiert sind, um deren Ergebnisse gesondert ausweisen zu können. Anschließend sind die Ergebnisse mithilfe der Mitarbeiterverteilung in der Grundgesamtheit gewichtet worden, um ein Bild der gesamten bayerischen M+E Industrie zu erhalten. Die Befragungsergebnisse zeigen eine positive Entwicklung der inländischen Produktionskapazitäten in der bayerischen M+E Industrie. Rund drei Viertel der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der großen Unternehmen geben an, die Produktionskapazitäten ausgeweitet zu haben. Deutlich weniger als zehn Prozent der M+E Unternehmen haben ihre Produktionskapazitäten reduziert, rund ein Fünftel hat seine Kapazitäten unverändert gelassen (siehe Abbildung 9). Der Beschäftigungsaufbau in der M+E Industrie geht damit mit einem Ausbau der inländischen Produktionskapazitäten einher.

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Die Situation in Bayern 13 Abbildung 9 Entwicklung der inländischen Produktionskapazitäten in der bayerischen M+E Industrie 250 und mehr 44,8% 30,2% 20-249 39,9% 34,1% -20% 0% 20% 40% 60% 80% etwas gestiegen deutlich gestiegen etwas gesunken deutlich gesunken Quelle: IW Consult (2016) 3.3 Veränderungen in der Produktion Kern der Industrie ist die Produktion. Hier hat es im Zeitablauf immer wieder erhebliche Veränderungen gegeben, wobei teils beträchtliche Unterschiede nach Unternehmensgröße zu beobachten sind und die Entwicklungen die größeren Unternehmen stärker geprägt haben (siehe Abbildung 10): - Die wichtigste Änderung in den vergangenen zehn Jahren war die zunehmende Automatisierung der Produktion, wozu insbesondere die Digitalisierung zählt. 79,4 Prozent der Unternehmen ab 250 Beschäftigten und 66,4 Prozent der Unternehmen bis 249 Beschäftigte weisen heute eine höhere Automatisierung auf als noch vor zehn Jahren. Verbunden mit dem schneller gestiegenen Kapitalstock (siehe Abbildung 8) dürfte die Automatisierung ein wichtiger Grund für die schneller gestiegene Arbeitsproduktivität in der bayerischen Industrie sein. - Ein deutlicher Unterschied besteht hingegen beim Einsatz von Teilen, die selbst im Ausland produziert wurden. Diese werden im Saldo von 45,8 Prozent der Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten, aber nur 7,8 Prozent der Unternehmen bis zu 249 Beschäftigten heute häufiger genutzt als noch vor zehn Jahren.

14 Die Situation in Bayern Studie Verlagerung von Wertschöpfung - - Deutlich geringere Unterschiede bestehen beim Einsatz von Teilen, die im Ausland zugekauft wurden. 35 Prozent der Unternehmen ab 250 Beschäftigten und 23,9 Prozent der Unternehmen bis 249 Beschäftigte setzen heute häufiger solche Teile ein als noch vor zehn Jahren. - Der geringste Unterschied zwischen den Größenklassen kann beim Einsatz weiterer Flexibilisierungsinstrumente beobachtet werden. Die Instrumente setzen heute 29,7 Prozent der Unternehmen ab 250 Beschäftigten und 26,5 Prozent der Unternehmen bis 249 Beschäftigte ein. - Ein Größengefälle gibt es auch beim Insourcing zuvor zugekaufter Teile. Größere Unternehmen haben dieses Instrument häufiger (22,2 Prozent der Unternehmen ab 250 Beschäftigten) eingesetzt. Mögliche Ursachen können mangelnde Qualität bei den Drittproduzenten, die Erhöhung der Flexibilität o- der zu hohe Transportkosten sein (Dachs, B./Zanker, C. (2014)). - Mehr Zeitarbeit oder Werkverträge als vor zehn Jahren setzen weniger als 20 Prozent der Unternehmen ab 250 Beschäftigten und weniger als 10 Prozent der Unternehmen bis 249 Beschäftigte ein. Abbildung 10 Veränderungen in der Produktion der bayerischen M+E Industrie in den vergangenen zehn Jahren Automatisierung 66,4 76,0 79,4 Verwendung von im Ausland selbst produzierten Teilen 7,3 43,0 45,8 Verwendung von im Ausland eingekauften Teilen 23,9 32,0 35,0 weitere Flexibilisierungsinstrumente 28,9 29,7 26,5 Eigenherstellung zuvor zugelieferter Teile Zeitarbeit Werkverträge 2,4 19,4 22,2 11,8 15,3 17,3 9,7 11,5 14,8 Gesamt 250 und mehr 20-249 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Saldo aus Ausgeweitet/Verringert in Prozentpunkten Quelle: IW Consult (2016)

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Die Situation in Bayern 15 3.4 Zwischenfazit Insgesamt ist die Produktion heute stärker automatisiert, digitalisiert, in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden und flexibler. Diese drei Entwicklungen haben zur robusten Entwicklung der bayerischen Industrie beigetragen. In Bayern kann derzeit angesichts der robusten Entwicklung am aktuellen Rand von Stagnation oder Verdrängung des Inlands durch das Ausland keine Rede sein. Im Gegenteil: Die Industrie wächst am Standort Bayern. Gleichwohl ist am aktuellen Rand eine Verlangsamung des Produktivitätsanstiegs zu verzeichnen. Zudem hat die Beschäftigungsdynamik in der Industrie nachgelassen und mit der Elektrotechnik verzeichnet eine wichtige bayerische Branche einen Beschäftigungsrückgang. Bayern hat in der Vergangenheit mehr in seine Produktionskapazitäten investiert als die Industrie andernorts. Lohn dafür ist eine stärker gestiegene Produktivität. Gleichwohl liefern die VGR-Daten aufgrund der Einbeziehung der F+E als Investition nur noch bedingt Aussagen zu den Produktionsmöglichkeiten in Deutschland beziehungsweise Bayern. Daher gewinnen die Unternehmensangaben zur Entwicklung der Produktion an Bedeutung. Die Veränderungen in der Produktion zeigen, dass die Investitionen zur stärkeren Automatisierung der Produktion beigetragen haben. Des Weiteren haben vor allem die Unternehmen ab 250 Beschäftigten vermehrt das Ausland genutzt, um ihre Produktion neu auszurichten. Die Bedeutung des Auslands für die bayerische Industrie wird im Folgenden näher betrachtet.

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen 17 4 Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen Internationalisierung der Wertschöpfungsketten 4.1 Vorleistungseinkäufe im Ausland Eine wesentliche Verlagerungstendenz ins Ausland zulasten der Inlandsproduktion können Vorleistungseinkäufe im Ausland sein, also internationales Outsourcing hin zu Einkäufen bei ausländischen Drittanbietern. In der Vergangenheit war hier ein stetiges Wachstum zu verzeichnen. In der bayerischen Außenhandelsstatistik werden die Einfuhren ausgewiesen. Nach Bayern wurden im Jahr 2015 Waren der gewerblichen Wirtschaft im Wert von 145 Milliarden Euro eingeführt, nach 133 Milliarden Euro im Jahr 2013. Allerdings ist der Anstieg einzig auf die Einfuhr von Enderzeugnissen zurückzuführen. Ihr Anteil an allen Einfuhren stieg von 2013 bis 2015 von rund 71 auf 81 Prozent. Der Wert der eingeführten Rohstoffe, Halbwaren und Vorerzeugnisse, die als importierte Vorleistungen gelten, war dagegen im gleichen Zeitraum rückläufig. Wurden im Jahr 2013 rund 38 Milliarden Euro eingeführt, waren es im Jahr 2015 nur noch 28,4 Milliarden Euro. Gleichwohl ist gegenüber dem Jahr 2000 immer noch ein erheblicher Anstieg um 59,5 Prozent zu verzeichnen, als sich die Einfuhren von Rohstoffen, Halbwaren und Vorerzeugnissen auf 17,8 Milliarden Euro summierten. Die Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes stieg im gleichen Zeitraum jedoch um 69,3 Prozent und damit deutlich schneller. In der Vergangenheit haben sich die Einfuhren und das Wirtschaftswachstum ähnlich entwickelt, wobei die Ausschläge bei den Importen größer waren. Nach der Wirtschaftskrise 2008/09 fallen beide Entwicklungen etwas auseinander (siehe Abbildung 11). Hier stellt sich die Frage, ob die bayerischen Unternehmen das Ausland inzwischen stärker als Pufferfunktion nutzen, um Schwankungen in der eigenen Produktion besser ausgleichen zu können. Anhand von OECD-Daten zu den internationalen Produktionsverflechtungen lassen sich die Vorleistungseinkäufe im Ausland sehr differenziert nach Herkunftsländern und Branchen abbilden. Allerdings endet der aktuellste Datenstand im Jahr 2011. In der Vergangenheit haben sich die Vorleistungseinkäufe im Ausland nach den OECD-Daten deutlich schneller entwickelt als im Inland. Während sie sich im Inland von 1995 bis 2011 fast verdoppelten, verdreifachten sich die Einkäufe aus dem Ausland.

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015* Wachstum Einfuhren in Prozent Wachstum nominales BIP in Prozent 18 Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Abbildung 11 Entwicklung der Einfuhren und des nominalen Bruttoinlandsprodukts 50 40 30 20 10 0 50 40 30 20 10 0-10 -20-30 -40 Einfuhren reales BIP -10-20 -30-40 * Vorläufige Daten Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik (2016); VGR der Länder (2016a) Die deutsche M+E Industrie importiert vor allem Produkte aus der ausländischen M+E Wirtschaft, aber auch aus der Chemie, dem Handel und den übrigen Unternehmensdienstleistungen. Mittels der OECD-Daten lässt sich die Herkunft der importierten Vorleistungen näher bestimmen. Dabei kann zwischen etablierten Industriestaaten und aufholenden Industriestaaten unterschieden, aber auch einzelne Staaten wie China betrachtet werden: - In der M+E Industrie stammen 64,4 Prozent aller importierten Vorleistungen aus der Europäischen Union und weitere 10,1 Prozent aus dem übrigen Europa. - Innerhalb der Europäischen Union stammten im Jahr 2011 gut 70 Prozent der importierten Vorleistungen aus den EU-15-Staaten und knapp 30 Prozent aus den neuen Mitgliedsstaaten. Im Jahr 1995 kamen noch 88 Prozent der Vorleistungen aus den EU-15-Staaten und nur 12 Prozent aus den neuen Mitgliedsstaaten. Während sich die Importe aus den EU-15-Staaten in diesem Zeitraum mehr als verdoppelten, wuchsen die Vorleistungsimporte aus den neuen Mitgliedsstaaten fast um das Achtfache. Besonders der Automobilbau und der Maschinenbau beziehen Vorleistungen aus den neuen Mitgliedsstaaten. - Die Vorleistungsimporte aus China erreichten im Jahr 2011 gut das 18-Fache des Wertes aus dem Jahr 1995. Inzwischen stammen 7 Prozent aller importierten Vorleistungen der deutschen M+E Industrie aus China. Vor allem die

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen 19 Elektrotechnik und der sonstige Fahrzeugbau beziehen chinesische Vorleistungen. Die Befragungsergebnisse zeigen ebenfalls die hohe Bedeutung, die der Auslandseinkauf für die bayerische M+E Industrie hat: - Bereits heute kaufen rund 54 Prozent der bayerischen M+E Industrie im Ausland ein. Von den Unternehmen ab 250 Beschäftigten geben dies gut 57 Prozent an, von den Unternehmen bis 249 Beschäftigten 43 Prozent. - Weitere 10 Prozent der bayerischen M+E Industrie kaufen zwar heute noch nicht im Ausland ein, planen dies aber. - Gut ein Drittel der bayerischen M+E Industrie kauft derzeit nicht im Ausland ein und plant dies aktuell auch nicht. - Der Maschinenbau (47 Prozent) sowie die Unternehmen der Metallerzeugung/Hersteller von Metallerzeugnissen (43 Prozent) kaufen seltener im Ausland ein. - Von den Unternehmen der übrigen M+E Branchen kaufen überdurchschnittlich viele Unternehmen (59 Prozent) im Ausland ein. 4.2 Auslandsproduktion Über die Auslandsproduktion der deutschen Industrie ist aus den amtlichen Daten nur wenig bekannt. Am ehesten können die Auslandsproduktionsaktivitäten über die unmittelbaren und über Holdinggesellschaften getätigten mittelbaren Direktinvestitionen im ausländischen Verarbeitenden Gewerbe abgebildet werden. Aufgrund einer Änderung der Methodik werden Konzerne besser abgebildet, was aber zu einem Bruch in der Zeitreihe geführt hat. Daher sind die Angaben der Zahlungsbilanz mit früheren Werten nicht vergleichbar. Soweit nicht anders angegeben, werden die Direktinvestitionsbestände nach der neuen Methodik ausgewiesen. Im Jahr 2014 lag der Gesamtbestand der bayerischen Direktinvestitionen im Ausland bei 197 Milliarden Euro. Davon entfielen rund 42 Prozent oder 83 Milliarden Euro auf das ausländische Verarbeitende Gewerbe. Im Jahr 2010 betrug der bayerische Direktinvestitionsbestand im ausländischen Verarbeitenden Gewerbe noch 67 Milliarden Euro. Die wichtigsten Zielbranchen im Ausland sind die Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (20,5 Prozent aller Direktinvestitionsbestände im ausländischen Verarbeitenden Gewerbe), die Herstellung von Mess- und Kontrollgeräten, Uhren und elektromedizinischen Geräten (20,1 Prozent), die Herstellung von chemischen Erzeugnissen (15,3 Prozent), der Maschinenbau (12,4 Prozent) und die Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (11,2 Prozent). Die neue Methodik ermöglicht erstmals eine regionale Auswertung der Direktinvestitionsbestände, da grenzüberschreitende Kapitalbeziehungen innerhalb multinationaler Konzerne nun saldiert werden. Ein Vergleich der regionalen Verteilung der bayerischen

20 Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen Studie Verlagerung von Wertschöpfung - und deutschen Direktinvestitionsbestände im ausländischen Verarbeitenden Gewerbe zeigt das stärkere bayerische Engagement in den USA. 36,5 Prozent der bayerischen, aber nur 31,8 Prozent der deutschen Direktinvestitionsbestände sind im amerikanischen Verarbeitenden Gewerbe platziert. Abbildung 12 Regionale Verteilung der Direktinvestitionsbestände im ausländischen Verarbeitendes Gewerbe D 44,5 31,8 21,7 BY 41,6 36,5 19,1 Anteil in Prozent Europa Amerika Asien Afrika Übrige Quelle: Bundesbank (2016a, 2016b) Auf das Verarbeitende Gewerbe in den Staaten der Europäischen Union entfallen 35,6 Prozent der bayerischen und 37 Prozent der deutschen Direktinvestitionsbestände. Allerdings sind die bayerischen Unternehmen stärker in den fünf mittel- und osteuropäischen Staaten Polen, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn und Rumänien tätig. Während 33,8 Prozent der bayerischen Investitionsbestände im europäischen Verarbeitenden Gewerbe auf diese mittel- und osteuropäischen Staaten entfallen, sind es lediglich 28 Prozent der deutschen Bestände. Damit lässt sich festhalten, dass Bayern stärker Mittel- und Osteuropa in seine Wertschöpfungsketten eingebunden hat als andere Bundesländer. Ausschlaggebend dürfte dabei die regionale Nähe sein. Ein Vergleich der Bestandsentwicklung der bayerischen Investitionen im ausländischen Verarbeitenden Gewerbe und des Bruttoanlagevermögens im bayerischen produzierenden Gewerbe zeigt eine unterschiedliche Dynamik im In- und Ausland (siehe Abbildung 13). Im Inland stieg das Bruttoanlagevermögen von 1995 bis 2013 um das 1,4- Fache, im Ausland jedoch um mehr als das Fünffache. Die seit Mitte der 2000er-Jahre zu beobachtende höhere Dynamik im Ausland ist ungebrochen. Auch in diesem Vergleich zeigt sich die Wirkung der Revision: Im Zeitraum 1995 bis 2011 stieg das inländische Bruttoanlagevermögen vor der Revision um absolut 61 Milliarden Euro, nach

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Index: 1995 = 100 Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen 21 der Revision sind es 113 Milliarden Euro, da nun die F+E-Ausgaben in das Bruttoanlagevermögen einfließen. Die Direktinvestitionsbestände im Ausland wuchsen im gleichen Zeitraum um 67 Milliarden Euro. Abbildung 13 Investitionsbestände im In- und Ausland* 600 500 400 300 200 100 0 Ausland Inland Ausland (neue Methode) * Inland: Bruttoanlagevermögen zu Wiederbeschaffungspreisen im Produzierenden Gewerbe Bayerns; Ausland: Bestand bayerischer Direktinvestitionen im ausländischen Verarbeitenden Gewerbe Quelle: Bundesbank (2016c), VGR der Länder (2016d) Gleichwohl stellen die Direktinvestitionsbestände der Bundesbank nur einen ersten Anhaltspunkt für die Auslandsproduktion dar. Die Daten sind nur beschränkt aussagefähig, da beispielsweise Wechselkurseffekte genauso auf den Bestand einwirken wie getätigte Investitionen. Durch die Revision der VGR der Länder sagt das Bruttoanlagevermögen immer weniger über die Produktionsmöglichkeiten aus, da nun die F+E-Ausgaben als Investitionen gezählt werden. Daher sind weitere Erkenntnisse aus der Unternehmensbefragung heranzuziehen, die im Herbst 2016 in der bayerischen M+E Industrie durchgeführt wurde. In der Befragung zeigt sich, dass die Treiber der Auslandsinvestitionen die großen Unternehmen und insbesondere diejenigen Unternehmen sind, die bereits im Ausland produzieren. Während in den Unternehmen bis 249 Beschäftigte im Jahr 2016 lediglich 2,8 Prozent der Investitionen in die Auslandsproduktion fließen, sind es in den Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten rund 22 Prozent (siehe Abbildung 14). Entsprechend ist die Auslandsproduktion eine Domäne der größeren Unternehmen. Von

Anteil an allen Investitionen in die Produktion in Prozent 22 Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen Studie Verlagerung von Wertschöpfung - den Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten produzieren 57,3 Prozent im Ausland, von den Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten lediglich 12,5 Prozent. Von den Unternehmen mit bestehender Auslandsproduktion wollen über 36 Prozent weitere Investitionen im Ausland tätigen. Abbildung 14 Investitionen in die Auslandsproduktion in der M+E Industrie 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 2,8% 21,8% 36,3% 20-249 250 und mehr Mit Auslandsproduktion 16,9% Gesamt Quelle: IW Consult (2016) In den Unternehmen mit Auslandsproduktion entfallen knapp 36 Prozent aller Produktionsaktivitäten auf das Ausland, von allen Unternehmen sind es knapp 17 Prozent. Dabei bestehen erhebliche Branchenunterschiede. Während im Maschinenbau knapp 7 Prozent der Produktion im Ausland stattfinden, sind es in den Branchen Elektrotechnik/Fahrzeugbau/Sonstige M+E rund 20 Prozent. Entsprechend wird heute ein annähernd gleicher Anteil der Gewinne im Ausland erwirtschaftet. Mittel- und Osteuropa nehmen für die bayerische Industrie aufgrund der geografischen Nähe und der Kostenunterschiede eine besondere Rolle ein. Auch dort sind die kleinen und mittleren Unternehmen nur selten (7,4 Prozent) vertreten, während mehr als zwei Fünftel der Unternehmen ab 250 Beschäftigten dort produzieren (siehe Abbildung 15). Gleichzeitig haben die Unternehmen bis 249 Beschäftigte in den vergangenen fünf Jahren kaum ihre Produktion in Mittel- und Osteuropa ausgeweitet. Anders hingegen die großen Unternehmen. Von den bereits in Mittel- und Osteuropa tätigen Unternehmen ab 250 Beschäftigten haben rund 85 Prozent ihre Produktionsaktivitäten ausgeweitet, davon 57,2 Prozentpunkte deutlich. Seit dem Jahr 2010 haben die bayerischen Unternehmen der M+E Industrie somit weitere Produktionskapazitäten in Mittel- und Osteuropa aufgebaut, wobei die größeren Unternehmen die Treiber sind.

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen 23 Abbildung 15 Art der Veränderung der Produktionskapazitäten der bayerischen M+E Industrie in Mittel- und Osteuropa seit dem Jahr 2010 1-249 Unverändert 6,0% Etwas ausgeweitet 1,4% Keine Produktion 92,6% 250 und mehr Deutlich ausgeweitet 24,4% Unverändert 2,6% Etwas ausgeweitet 11,7% Verringert 2,6% Keine Produktion 58,7% Quelle: IW Consult (2016) Die wenigen kleinen und mittleren Unternehmen, die im Ausland produzieren, verfolgen meist Kostenmotive. Anders dagegen in den Unternehmen ab 250 Beschäftigten: Hier geben knapp 44 Prozent den Marktzugang als voll zutreffendes Motiv an, beim Kostenmotiv sind es 40 Prozent. Für knapp 23 Prozent der großen Unternehmen ist zudem die Abwanderung wichtiger Kunden ein voll zutreffendes Motiv (siehe Abbildung 16). Bei einer Produktion in Mittel- und Osteuropa dominiert hingegen das Kostenmotiv: Von den Unternehmen, die in Mittel- und Osteuropa ihre Produktionskapazitäten deutlich ausgeweitet haben, trifft bei 61,2 Prozent das Kostenmotiv voll zu. Von den Unternehmen, die ihre Produktion dort nicht deutlich ausgeweitet haben, sind es lediglich 26,2 Prozent.

24 Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Abbildung 16 Motive für die Auslandsproduktion Marktzugang Günstigere Produktion 23,2% 42,3% 43,6% 39,8% 39,6% 43,5% Abwanderung wichtiger Kunden 14,5% 22,2% 22,7% Netzwerke/ Kooperationen Fachkräfte 0,0% 8,7% 7,2% 7,7% 14,5% 14,9% Gesamt 250 und mehr 20-249 Quelle: IW Consult (2016) 0% 10% 20% 30% 40% 50% Anteil trifft voll zu in Prozent Die Personalintensität ist laut den Befragungsergebnissen der M+E Industrie in den meisten Unternehmen im Ausland höher als in der Inlandsproduktion. Dies ist in 56 Prozent der Unternehmen mit Auslandsproduktion der Fall, was für die Verlagerung arbeitsintensiver, aber weniger produktiver Tätigkeiten spricht. Die Auslandsproduktion stellt vor allem dort eine Alternative zur Inlandsproduktion dar, wo keine Automatisierung möglich ist. Sie kann somit als ein Teil der Strategie zur Steigerung der Produktivität am Standort Bayern gesehen werden. Gleichwohl gibt es derzeit kaum negative Auswirkungen der Auslandsproduktion auf die Inlandsproduktion (siehe Abbildung 17). Es findet keine grundlegende Verlagerung ins Ausland statt. In fast zwei Dritteln der Unternehmen mit Auslandsproduktion bleibt die Inlandsproduktion durch die Auslandsaktivitäten unverändert. Lediglich zwei Prozent geben einen Rückgang der Inlandsproduktion an. Stattdessen führt der ausgeweitete Marktzugang dazu, dass die Produktion im Inland in mehr als einem Drittel der Unternehmen ebenfalls steigt, wenngleich der Anstieg ohne Auslandsinvestitionen möglicherweise höher ausgefallen wäre (siehe Kapitel 5).

Anteil an allen Mitarbeitern in der Produktion Anteil an Unternehmen mit Auslandsproduktion Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen 25 Abbildung 17 Auswirkungen der Auslandsproduktion auf die Inlandsproduktion der bayerischen M+E Industrie 70% 64,0% 60% 50% 40% 34,1% 30% 20% 10% 0% 1,9% Inlandsproduktion geht zurück Inlandsproduktion bleibt unverändert Inlandsproduktion steigt Quelle: IW Consult (2016) Zwar gerät die Inlandsproduktion als Ganzes durch die Auslandsproduktion derzeit nicht unter Druck, innerhalb der Inlandsproduktion verlieren jedoch die einfachen Tätigkeiten an Bedeutung. Dies ist vor allem in den größeren Unternehmen der Fall, die zugleich im Ausland tätig sind. Während bei den kleinen und mittleren Unternehmen der Anteil der einfachen Tätigkeiten im Zeitverlauf weitgehend konstant bleibt, nimmt der Anteil in den Unternehmen ab 250 Beschäftigten ausgehend von einem höheren Niveau kontinuierlich ab (siehe Abbildung 18). Abbildung 18 Entwicklung der an- und ungelernten Tätigkeiten in den Unternehmen 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 16,3% 24,3% 21,6% 22,1% 19,2% 20,1% 18,3% 15,8% 15,7% 1-249 250 und mehr Gesamt Vor fünf Jahren Heute In fünf Jahren Quelle: IW Consult (2016)

26 Auslandsaktivitäten bayerischer Unternehmen Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Hinter dem Rückgang der einfachen Tätigkeiten steht in beiden Größenklassen an erster Stelle die Automatisierung (siehe Tabelle 2). Kleinere Unternehmen lagern solche Tätigkeiten häufiger an andere Unternehmen im Inland aus und kaufen die erforderlichen Teile hinzu. Dagegen gehen die größeren Unternehmen ins Ausland: 40 Prozent dieser Unternehmen geben an, solche Tätigkeiten an Auslandsstandorte verlagert zu haben. Tabelle 2 Ursachen für den Rückgang der einfachen Tätigkeiten (Anteil trifft voll/eher zu) Ursache 20 bis 249 MA 250 und mehr MA Automatisierung 71,6 % 87,2 % Einkauf im Inland 43,2 % 36,5 % Einkauf im Ausland 21,0 % 34,3 % Verlagerung an Auslandsstandort 4,9 % 40,0 % Quelle: IW Consult (2016) 4.3 Zwischenfazit zu den Auslandsaktivitäten Das Ausland hat seinen festen Platz in den Wertschöpfungsketten der bayerischen Industrie. Während Unternehmen bis 249 Beschäftigte vornehmlich Auslandseinkäufe nutzen, um ihre Wertschöpfungsketten zu optimieren, sind die Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten die Treiber der Auslandsproduktion. Die Auslandseinkäufe haben erheblich zugenommen. 54 Prozent der bayerischen M+E Industrie nutzen das Ausland als Beschaffungsquelle. Die deutsche M+E Wirtschaft bezieht vor allem von der ausländischen M+E Wirtschaft Vorleistungen. Dabei dominiert die Europäische Union als Herkunftsort. Innerhalb der Europäischen Union stammen die meisten Vorleistungen aus den EU-15-Staaten, allerdings weisen die Importe aus den neuen Mitgliedsstaaten eine besonders hohe Dynamik auf. Die Auslandsproduktion ist eine Domäne der großen Unternehmen. Marktzugang und Kosten sind die dominanten Motive der bayerischen M+E Industrie, wobei Ausweitungen der Produktion in Mittel- und Osteuropa vom Kostenmotiv dominiert werden. Der Standort Bayern gerät derzeit durch die Auslandsproduktion nicht unter Druck, wohl aber bestimmte Tätigkeiten. So sind einfache Tätigkeiten am Standort Bayern nicht nur durch die fortschreitende Automatisierung, sondern in den großen Unternehmen auch durch die Auslandsproduktion gefährdet. Entsprechend häufig ist die Arbeitsintensität an den Auslandsproduktionsstandorten höher als im Inland.

Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Künftige Auslandsaktivitäten 27 5 Künftige Auslandsaktivitäten Internationalisierung der Wertschöpfungsketten geht weiter 5.1 Entwicklung der Vorleistungseinkäufe im Ausland Die Vorleistungseinkäufe im Ausland haben sich in der Vergangenheit ähnlich wie das wirtschaftliche Wachstum Bayerns entwickelt. Zwar ist am aktuellen Rand zwischen 2013 und 2015 ein Auseinanderklaffen zwischen Wachstum und eingeführten Rohstoffen, Halbwaren und Vorerzeugnissen zu beobachten (siehe Kapitel 4.1). Den Befragungsergebnissen zufolge ist dies aber kein neuer Trend beim Einsatz von Auslandseinkäufen. Danach spielt der Auslandseinkauf unverändert eine erhebliche Rolle und wird auch in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen (siehe Abbildung 19): Bereits heute kaufen rund 54 Prozent der bayerischen M+E Industrie im Ausland ein. Von den Unternehmen ab 250 Beschäftigten geben dies gut 57 Prozent an, von den Unternehmen bis 249 Beschäftigten 43 Prozent. Nur ein kleiner Teil der M+E Industrie (7 Prozent) hat das Potenzial der Auslandseinkäufe bislang vollständig ausgeschöpft. 14,3 Prozent der bayerischen M+E Industrie möchten ihre Auslandseinkäufe unverändert fortsetzen. Lediglich 3,2 Prozent der M+E Industrie planen, ihre Auslandseinkäufe zu reduzieren. Deutlich häufiger ist hingegen eine Ausweitung der Auslandseinkäufe geplant: 29,2 Prozent der bayerischen Unternehmen planen, über ihre bestehenden Auslandseinkäufe hinaus ihre Beschaffung im Ausland auszuweiten. Weitere 10,4 Prozent der M+E industrie wollen erstmals im Ausland einkaufen. Damit planen rund 40 Prozent der bayerischen M+E Industrie, stärker im Ausland einzukaufen und 21 Prozent kaufen unvermindert im Ausland ein. Der Maschinenbau, die Unternehmen der Metallerzeugung und die Hersteller von Metallerzeugnissen kaufen seltener im Ausland ein als die Unternehmen der Elektrotechnik, im Fahrzeugbau und in den übrigen M+E Branchen. Letztere planen zudem häufiger, ihre Auslandseinkäufe auszuweiten. Insgesamt besteht damit eine Tendenz zur Ausweitung der bereits bestehenden Auslandseinkäufe. Das in der Vergangenheit zu beobachtende Wachstum dürfte sich also auch in Zukunft weiter fortsetzen. Von einer Trendwende bei den Auslandseinkäufen kann nicht ausgegangen werden.

28 Künftige Auslandsaktivitäten Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Abbildung 19 Nutzung Auslandseinkäufe in der bayerischen M+E Industrie Kein Auslandseinkauf 35,9% Potenzial ausgeschöpft 7,0% Potenzial stärker ausschöpfen 29,2% Geplant, Potenzial zu nutzen 10,4% Potenzial weniger nutzen 3,2% Potenzial nicht stärker ausschöpfen 14,3% Quelle: IW Consult (2016) 5.2 Entwicklung der Auslandsproduktion Die Auslandsproduktion wird in der bayerischen M+E Industrie weiter an Bedeutung hinzugewinnen. Die Unternehmen planen, in Zukunft noch mehr im Ausland zu investieren (siehe Abbildung 20). Insbesondere die Unternehmen, die bereits im Ausland produzieren, werden in Zukunft einen noch höheren Anteil ihres Investitionsbudgets an ausländischen Standorten platzieren. Sind es heute mehr als ein Drittel der Investitionsausgaben, sollen es bis zum Jahr 2021 mehr als zwei Fünftel sein. Die Unternehmen bis 249 Beschäftigte werden auch in Zukunft nur wenig im Ausland investieren. Hier steigt der Anteil der Auslandsinvestitionen an allen Investitionen von knapp 3 auf gut 5 Prozent.

Anteil an allen Investitionen in Prozent Studie Verlagerung von Wertschöpfung - Künftige Auslandsaktivitäten 29 Abbildung 20 Entwicklung der Investitionen der bayerischen M+E Industrie in die Auslandsproduktion 45% 40% 35% 36,3% 42,5% heute bis 2021 30% 25% 20% 21,8% 26,1% 16,9% 20,8% 15% 10% 5% 2,8% 5,1% 0% 20-249 250 und mehr Mit Auslandsproduktion Gesamt Quelle: IW Consult (2016) Infolge des steigenden Anteils der Auslandsinvestitionen an den Gesamtinvestitionen nimmt auch der Anteil der ausländischen Produktionskapazitäten an allen Produktionskapazitäten zu. Er wird von heute knapp 16 Prozent auf rund 19 Prozent im Jahr 2021 steigen. Mit anderen Worten: Die bayerischen Produktionskapazitäten im Ausland wachsen auch weiterhin schneller als die Produktionskapazitäten im Inland. Damit stützen die Befragungsergebnisse die Ergebnisse aus der amtlichen Statistik. In den Unternehmen mit Auslandsproduktion erreichen die Auslandsproduktionskapazitäten im Jahr 2021 fast 40 Prozent der gesamten Produktionskapazitäten. Entsprechend wird der Anteil der Auslandsgewinne am Gesamtgewinn in Zukunft weiter zunehmen. Die Auslandsproduktion wird bis zum Jahr 2021 rund ein Fünftel der Gewinne beisteuern. Die Zielregionen der Auslandsinvestitionen unterscheiden sich je nach Unternehmensgröße. Die kleinen und mittleren Unternehmen geben deutlich häufiger an, hauptsächlich in etablierten Industrieländern oder Mittel- und Osteuropa zu investieren. Die Unternehmen ab 250 Mitarbeitern setzen ihren Fokus dagegen deutlich häufiger auf China oder andere Emerging Markets (siehe Abbildung 21). Damit erklärt sich auch, warum die größeren Unternehmen deutlich häufiger das Marktzugangsmotiv angeben als die KMU (siehe oben).