Bioenergiedörfer in der Startphase organisatorische, rechtliche und finanzielle Fragen 3. Kommunalforum BioenergieRegion Südschwarzwald plus am 24.11.2010 Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 1
Übersicht I. Was muss organisiert, geregelt und finanziert werden? II. Wann muss was geregelt werden? III. Ablauf 1. Vorplanung 2. Vorgesellschaft 3. Vorverträge mit Wärmekunden 4. Vorverträge mit Substratlieferanten und Anlagenbetreibern 5. Förder- und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten 6. Verbindliche Kalkulation 7. Unternehmensform(en) 8. Entscheidung für Durchführung 9. Unternehmensgründung und Vertragsabschlüsse 10. Durchführung IV. Vor- und Nachteile der einzelnen Unternehmensformen V. Sonstige Rechts- und Finanzierungsprobleme Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 2
I. Was muss organisiert, geregelt und finanziert werden? Elektrizitätserzeugung Elektrizitätsabnahme Wärmebedarf Wärmeerzeugung, -verteilung und -abnahme Substratbeschaffung und Entsorgung der Rückstände Exit Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 3
II. Was muss wann getan werden? Idee Vorverträge Vorentscheidung Durchführung Planung verbindliche Entscheidung Organisation 1. 5. 9. 13. 17. 21. Recht, Steuern, Prüfung 2. 6. 10. 14. 18. 22. Finanzierung 3. 7. 11. 15. 19. 23. Technik und Bau 4. 8. 12. 16. 20. 24. Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 4
1. Vorplanung Arbeitsgruppe zu bestimmten Themen gründen (z. B. AG Technik, AG Biomasse, AG Öffentlichkeit, AG Betreibergesellschaft) wichtig: Überzeugungsarbeit/Öffentlichkeitsarbeit Bürger mobilisieren enge Absprache mit Behörden/Landwirten Machbarkeit prüfen (nicht jedes Dorf geeignet) Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 5
2. Vorgesellschaft (1) Zweck: rechtlich handlungsfähig werdende Strukturen schaffen Vorverträge Kunden (Elektrizität, Wärme) Lieferanten (Landwirte) Technik (Markterkundung und indikative Angebote) Vorbereitung Betreibergesellschaft Problem: Welche Rechtsform? Empfehlung GbR: 705 740 BGB formell geringer Aufwand (theoretisch reicht mündlicher Vertrag) wenig Kosten (kein Notar, keine Registeranmeldung erforderlich) Nachteil: Haftung mit Privatvermögen als Gesamtschuldner Alternative: Verein (aber unzulässig, wenn auf wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ) Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 6
2. Vorgesellschaft (2) Inhalt eines GbR-Vertrages Zweck der Gesellschaft Name/Sitz der Gesellschaft Rechte/Pflichten der Gesellschafter, interne Haftungsregelung Beschlussfassung und Vertretung Gewinn-/Verlustverteilung Auflösung Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 7
3. Vorverträge mit Wärmekunden Zweck des Vorvertrages Gegenstand und Ausstiegsklausel voraussichtlicher Wärmebedarf und Übergabepunkt der Wärme (Eigentumsgrenze) geplante Vertragsdauer des Liefervertrages Mitgliedschaft in späterer Betreibergesellschaft Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 8
4. Verträge mit Substratlieferanten und Anlagenbetreibern Zweck: Vereinbarung des wesentlichen Regelungsinhalts des späteren Hauptvertrages Menge Laufzeit Preisgleitklausel Leistungsstörungen Vorzeitige Kündigung: nur aus wichtigem Grund Rechtsnachfolge Beginn und Ausstiegsklausel Organisation und Mitgliedschaften in einer späteren Betreibergesellschaft Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 9
5. Wichtige Förderprogramme (1) rund 900 Fördermöglichkeiten für EE empfehlenswert Broschüre BMU Fördergeld für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien (im Internet abrufbar) Bund 1) EEG: Ob Eigenverbrauch oder Einspeisung 20 Jahre ab Inbetriebnahme 2) KfW-Programm: Erneuerbare Energien (Eigenbedarf und Einspeisung) 3) Sonderkreditprogramm Rentenbank Energie vom Lande Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 10
5. Wichtige Förderprogramme (2) Länder am Beispiel Baden-Württemberg 1) CO 2 -Minderungsprogramm a) Klimaschutz plus Unternehmen b) Klimaschutz plus Kommunen c) Heizen und Wärmenetze mit regenerativen Energien 2) Umweltschutz und Energiesparförderprogramm 3) Bioenergiewettbewerb 4) Bioenergiedörfer Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 11
5. Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten Finanzierungsbeispiel Jühnde Kosten Biogas- und Stromproduktion 2,9 Mio. Wärmeerzeugung 0,9 Mio. Wärmeverteilung 1,6 Mio. Gesamtinvestition 5,4 Mio. Finanzierung Eigenkapital 0,54 Mio. (=10 %) Zuschuss BMELV 1,3 Mio. Land Niedersachsen 96 T Landkreis Göttingen 100 T Kredit 3,4 Mio. Gesamtfinanzierung 5,4 Mio. Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 12
6. Verbindliche Kalkulation Eine verbindliche Kalkulation muss den gesamten Abschreibungszeitraum der vorgesehenen Investitionen umfassen und in Jahresscheiben erfolgen. Sie muss in der Gesamtsumme mit Gewinn enden. Die Summe der (kalkulierten) Anfangsverluste darf zu keinem Zeitpunkt das Eigenkapital erreichen. Um für Unvorhergesehenes gewappnet zu sein, sollte sich ein dem Risiko angemessener Gewinn ergeben. Die Kredittilgung darf nicht größer als die Abschreibung sein. Sonst muss geklärt sein, woher die zusätzliche Liquidität beschafft werden soll. Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 13
7. Unternehmensformen (1) Möglichkeiten: GbR, OHG, AG, GmbH, GmbH & Co. KG, Genossenschaft Kriterien: keine Haftung mit Privatvermögen GbR, OHG entfällt AG wenig geeignet: hoher Organisationaufwand, kein ausreichender Einfluss der Aktionäre GmbH: geeignet bei wenigen Gesellschaftern und hohen Renditeerwartungen auf das eingesetzte Eigenkapital Genossenschaft: geeignet, wenn die Kunden gleichzeitig als Mitmacher auftreten wollen und auch weitere Bürger interessiert und motiviert werden sollen GmbH & Co. KG: geeignet bei vielen renditeorientierten Kapitalgebern Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 14
7. Unternehmensformen (2) Definition 1 Abs. 1 GenG: Genossenschaft Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, Belange der Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Unterschiede zur GmbH und GmbH & Co. KG: verbindliche Mitgliedschaft im Prüfungsverband alle Genossen haben gleiches Stimmrecht steuerlicher Vorteile bei Eigenbezug Ein- und Austritt von Genossen leicht möglich keine über eine angemessene Eigenkapitalverzinsung hinaus gehende Gewinnentnahme möglich Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 15
7. Unternehmensformen (3) Rechtliche Schritte zur Genossenschaft 1) Satzungsentwurf wichtige Regelungen a) Zweck b) Mitgliedschaft c) Organe (Vorstand, Aufsichtsrat) d) Höhe der Geschäftsanteile Haftsumme e) Genossenschaftliche Rückvergütung (z. B. Jahresüberschuss)? 2) Gründungsversammlung 3) Satzung kann erst nach Zustimmung des Prüfungsverbandes ins Genossenschaftsregister eingetragen und wirksam werden Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 16
7. Unternehmensformen (4) Beteiligung der Gemeinde Möglichkeit 1: Gemeinde betreibt Anlagen in eigener Verantwortung (Eigenbetrieb, Regiebetrieb, GmbH als Dorfwerk ) Möglichkeit 2: Gemeinde gründet mit anderen Körperschaften ein überregionales Stadtwerk oder Regionalwerk Möglichkeit 3: Gemeinde beteiligt sich am Unternehmen der Privaten (als Gesellschafter oder Genosse ) Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 17
8. Entscheidungen und Durchführung grundlegende Entscheidung Unternehmensgründung Abschluss der Genehmigungsplanung und Einholung aller erforderlicher Genehmigungen und Zustimmungen Abschluss der erforderlichen Verträge Grundsteinlegung Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 18
IV. Genossenschaft und GmbH & Co. KG Gründungsaufwand Eigenkapitalbeschaffung Fremdkapitalbeschaffung Mitentscheidung Vollzugssicherheit Fungibilität Rendite Dynamik hoch + 0 + + + 0 0 mittel + 0 - - - + + Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 19
IV. Sonstige Rechts- und Finanzierungsprobleme Vielzahl von baurechtlichen/immissionsschutzrechtlichen/straßenrechtlichen Bestimmungen für den Bau der Anlagen und Netze EEWärmeG und EneV mit Vorgaben für Neubauten und Bestandsgebäude Energierechtliche Bestimmungen für Einspeisungen und Konzessionen (EnWG, EEG, KWKG) Steuerrecht Bilanzen und Sicherheiten Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 20
Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit. Gaßner, Groth, Siederer & Coll. Partnerschaft von Rechtsanwälten EnergieForum Berlin Stralauer Platz 34 10243 Berlin Tel. +49 (0) 30.726 10 26.0 Fax. +49 (0) 30.726 10 26.10 E-Mail: berlin@ggsc.de Web: www.ggsc.de Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Bioenergiedörfer in der Startphase 21