Compliance im Gesundheitswesen



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Transkript:

Compliance im Gesundheitswesen Vortrag im Rahmen des Schwerpunktfaches Healthmanagement Fachbereich Wirtschaft Rheinbach 19.05.2010 Rechtsanwalt Dr. Robert Kazemi Rheinallee 27 53173 Bonn www.medi-ip.de

Gliederung I. Was ist Compliance? II. III. IV. Wieso ist Compliance wichtig? Hintergründe für Compliance-Standards im Gesundheitswesen Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen V. Anwendungsbereiche der Compliance VI. IV. Konsequenzen bei Verstößen gegen Compliance Schlussbetrachtung / Diskussion

I. Was ist Compliance I. Was ist Compliance? Vorschläge?...

I. Was ist Compliance Begriff entstammt ursprünglich der US-amerikanischen juristischen Nomenklatur Compliance wurde zunächst vor allem in der Bankenwelt zur Bezeichnung eines systematischen Konzeptes zur Sicherstellung eines regelkonformen Verhaltens zwischen Risikobereichen der Banken verwendet In der betriebs- und rechtswissenschaftlichen Fachsprache wird der Begriff Compliance verwendet, um die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, aber auch freiwilligen Kodizes, in Unternehmen zu bezeichnen.

I. Was ist Compliance Ursprünglicher Compliance-Begriff im Gesundheitssektor: Befolgung regulatorischer Vorgaben und die Einrichtung entsprechender organisatorischer Maßnahmen im Hinblick auf die ordnungsgemäße Einführung von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie auf die Überwachung von Risiken nach der Markteinführung In der Pharmakologie bedeutet Compliance die Einhaltung von Einnahme- und Dosierungsempfehlungen und in der Medizin die allgemeine Bereitschaft vom Patienten, Empfehlung des Arztes zu befolgen

I. Was ist Compliance Rechtlicher Compliance-Begriff im Gesundheitssektor: Compliance-Anforderungen erfassen rechtliche Gebote (Gesetze, Verordnungen etc.), aber auch Vorgaben erfasst, die nicht auf Gesetzen beruhen, wie z. B. Industriestandards oder Kodizes, die die Best Practice der Branche abbilden. Compliance sucht danach, Regelverstöße der Mitarbeiter und Organe eines Unternehmens als wirtschaftliches Risiko für das Unternehmen zu verhindern. Compliance ist daher in erster Linie Risikomanagement.

II. Wieso ist Compliance wichtig? II. Wieso ist Compliance wichtig? Ohne enge Zusammenarbeit zwischen Industrie, Krankenhäuser und Ärzte sind weder die klinische Forschung noch die Entwicklung von Medizinprodukten oder Arzneimitteln und damit der hohe Stand der medizinischen Forschung und Gesundheitsvorsorgung in Deutschland denkbar. Strafrecht öffentliches Dienstrecht ärztliches Spannungsverhältnis Möglichst enge Kooperation von Industrie und medizinischer Forschung Die Gewährung bzw. Annahme von Vorteilen ist grundsätzlich unzulässig. Geschützt wird die Therapiefreiheit des Arztes und damit die Gesundheit der Bevölkerung.

II. Wieso ist Compliance wichtig? Der Staat fördert und unterstützt eine möglichst enge Kooperation von Industrie und medizinischer Forschung. bei Berufungsverhandlungen von Hochschulmedizinern zählen eingeworbene Drittmittel zu den entscheidenden Berufungskriterien Ärzte und andere Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen dürfen nicht einmal den Eindruck erwecken, ihre Entscheidung zur Beschaffung von Arzneimitteln und Medizinprodukten seien durch diese Kooperationsbeziehungen beeinflusst. Auch der Industrie ist es untersagt, Zuwendungen dazu zu missbrauchen, Einfluss auf Beschaffungsentscheidungen zu nehmen.

II. Wieso ist Compliance wichtig? Compliance bring das Spannungsverhältnis in einen Ausgleich und hilft (kostspielige) Fehler zu vermeiden

II. Wieso ist Compliance wichtig? Compliance im Gesundheitswesen folgt dem: Trennungsprinzip Transparenzprinzip Dokumentationsprinzip Äquivalenzprinzip

II. Wieso ist Compliance wichtig? Compliance im Gesundheitswesen folgt dem: Trennungsprinzip Transparenzprinzip Dokumentationsprinzip Äquivalenzprinzip

II. Wieso ist Compliance wichtig? Trennungsprinzip Erfordert klare Trennung zwischen Zuwendung und Umsatzgeschäft Zuwendungen dürfen an Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen nicht in Abhängigkeit von Umsatzgeschäften mit der medizinischen Einrichtung erfolgen. Transparenzprinzip verlangt die Offenlegung von Zuwendungen gegenüber den Verwaltungen oder Leitungen bzw. Trägern medizinischer Einrichtungen

II. Wieso ist Compliance wichtig? Dokumentationsprinzip erfordert, dass alle entgeltlichen oder unentgeltlichen Leistungen an medizinische Einrichtungen oder deren Mitarbeiter schriftlich fixiert werden. Äquivalenzprinzip verlangt, dass bei Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmen und medizinischen Einrichtungen bzw. deren Mitarbeitern Leistungen und Gegenleistungen in einem angemessen Verhältnis zueinander stehen

III. Hintergründe für Compliance-Standards III. Hintergründe für Compliance-Standards Herzklappenskandal im August 1994 Durchsuchung mehrerer Medizinproduktehersteller durch die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes der Vorteilsgewährung und Bestechung Schwere Verfehlungen von Kardiologen und Herzchirurgen (private Urlaubsreisen, teure Geschenke, Privatanschaffungen für Ärzte und anderes mehr) Globudent-Prozess im Jahr 2002 Einer der größten Betrugsfälle im deutschen Gesundheitswesen Komforttarif spülte hunderten Zahnärzten im gesamten Bundesgebiet Millionen Euro schwarz in die Praxiskasse Pharma- oder Ratiopharmskandal im Jahr 2005

III. Hintergründe für Compliance-Standards Seitdem im Fokus der Betrachtungen: Durchführungen von klinischen Prüfungen, Produkt- Aufwandsbeobachtungen, die zur Verfügungstellung von Geräten zum Zwecke der Durchführung von Studien und zur Verbesserung der Indikationsstellung und damit der Patientenversorgung Die Finanzierung von Stellen (Ärzte im Praktikum, Assistenzärzte) im Zusammenhang mit der Durchführung von Studien Spenden an medizinische Einrichtungen und Fördervereine Die Unterstützung bei der Ausrichtung von medizinischen Fachkongressen und der Finanzierung von Kongressteilnahmen durch Ärzte, sei es als aktiv Vortragende oder als passive Teilnehmer Oder die allgemeine Gewährung von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben durch die Industrie an medizinische Einrichtungen und deren Mitarbeitern.

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Bei der Zusammenarbeit der Industrie mit Ärzten und sonstigen Mitarbeitern medizinischer Einrichtungen sind zu vornehmlich beachten: 1. Strafgesetzbuch (StGB), 2. Dienst- und Hochschulrecht 3. Heilmittelwerbegesetzes (HWG) 4. Verhaltensempfehlung und Kodizes 5. Ärztliches Berufsrecht (MBO-Ä) 6. Sozialrecht 7. Wettbewerbsrecht

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Bei der Zusammenarbeit der Industrie mit Ärzten und sonstigen Mitarbeitern medizinischer Einrichtungen sind zu vornehmlich beachten: 1. Strafgesetzbuch (StGB), 2. Dienst- und Hochschulrecht 3. Heilmittelwerbegesetzes (HWG) 4. Verhaltensempfehlung und Kodizes 5. Ärztliches Berufsrecht (MBO-Ä) 6. Sozialrecht 7. Wettbewerbsrecht

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Bei der Zusammenarbeit der Industrie mit Ärzten und sonstigen Mitarbeitern medizinischer Einrichtungen sind zu vornehmlich beachten: 1. Strafgesetzbuch (StGB), 2. Dienst- und Hochschulrecht 3. Heilmittelwerbegesetzes (HWG) 4. Verhaltensempfehlung und Kodizes 5. Ärztliches Berufsrecht (MBO-Ä) 6. Sozialrecht 7. Wettbewerbsrecht

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Strafrechtliche Bestimmungen (I) Unter strafrechtlichen Gesichtspunkten ist unter dem Stichwort der Compliance insbesondere an nachfolgende Straftatbestände zu denken: 263 StGB (Betrug) 266 StGB (Untreue) 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) 331 StGB (Vorteilsannahme) 332 StGB (Bestechlichkeit) 333 StGB (Vorteilsgewährung) 334 StGB (Bestechung)

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Strafrechtliche Bestimmungen (II) Die Korruptionsdelikte der 229 und 331 ff. StGB stehen im Vordergrund Die 331 ff. StGB verbieten Amtsträgern das Fordern, sich-versprechenlassen oder die Annahme entgeltlicher oder unentgeltlicher Zuwendung jeglicher Art im Zusammenhang mit der dienstrechtlichen Tätigkeit, insbesondere (aber nicht nur) in Abhängigkeit von Umsatzgeschäften. 331 StGB (1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen 299 StGB (1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Strafrechtliche Bestimmungen (III) Geschütztes Rechtsgut der für den öffentlichen Bereich relevanten Straftatbestände der 331 ff. StGB ist die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes sowie das Vertrauen der Allgemeinheit in diese Lauterkeit. Jeder Anschein der Käuflichkeit von Amtshandlungen soll vermeiden werden. Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen soll gestärkt werden. Geschütztes Rechtsgut der Vorschriften der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr ( 299 StGB) ist der freie Wettbewerb Dominanz von Qualität und Preis wie Leistung

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Strafrechtliche Bestimmungen (IV) Bezogen auf das Gesundheitswesen schützt das Strafrecht davor, dass Ärzte in ihrer Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidungsfreiheit in unlauterer Weise beeinflusst werden. Adressaten der 331 ff. StGB sind Beschäftigte medizinischer Einrichtungen, auch wenn sie als GmbH oder AG privatrechtlich organisiert sind, soweit diese Einrichtung ein Unternehmen der öffentlichen Hand ist. Für Angestellte von Krankenhäusern in privater oder kirchlicher Trägerschaft ist der Straftatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß 299 StGB zu untersuchen. Wer diesen Mitarbeitern Vorteile gewährt, um Beschaffungsentscheidungen herbeizuführen oder hierauf Einfluss zu nehmen, handelt spiegelbildlich ebenso strafbar.

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Strafrechtliche Bestimmungen (V) Sonderproblem: Anwendbarkeit des 299 StGB auch auf niedergelassene Ärzte? H.M.: Weder 331 ff. StGB, noch 299 StGB ist auf niedergelassene Ärzte anwendbar. Niedergelassener Arzt ist kein Amtsträger ( 11 Abs. 1 Nr. 2 Lit c. StGB ), daher 331 ff. StGB (-) Niedergelassener Arzt ist nicht Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes (der Krankenkasse bzw. der Kassenärztlichen Vereinigung), daher 229 StGB (-) a.a: OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.02.2010 Ws 17/10

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Dienst- und Hochschulrecht Erlangt im Rahmen der Compliance vornehmlich Bedeutung bei der Zusammenarbeit mit Klinikärzten und / oder Hochschulen. 25 Abs. 1 Hochschulrahmengesetz (HRG): Nach dieser Bestimmung sind die in der Forschung tätigen Hochschulmitglieder berechtigt, im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben auch solche Forschungsformen durchzuführen, die aus Mitteln Dritter finanziert werden. Da die Drittmitteleinwerbung grundsätzlich uneingeschränkten Aufgaben der Universitäten und den Dienstaufgaben der Professoren und ihrer Mitarbeiter gehört, ist soweit diese offengelegt wird grundsätzlich ein strafbares Verhalten der tätig werdenden Professoren nicht zu befürchten. Achtung aber: Keine Geschenke in Bezug auf das Amt bzw. die Tätigkeit!

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Heilmittelwerbegesetz (HWG) Wichtigstes Gesetz im Bereich der Pharmawerbung Was wird geregelt? Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte, med. Verfahren Weiter Werbebegriff: = alle informationsvermittelnden und meinungsbildenden Aussagen, die darauf abzielen, die Aufmerksamkeit der Adressaten zu erwecken und deren Entschlüsse mit dem Ziel der Förderung des Absatzes von Waren und/oder Dienstleistungen zu beeinflussen (LG Karlsruhe, Urt. v. 22.06.2005)

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Heilmittelwerbegesetz (II) Zentrale Norm im Rahmen der Compliance: 7 HWG (1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Zuwendung geringwertiger Reklamegegenstände (auf z. B. Notizblöcke, Kalender und Stifte etc.) sind erlaubt ( 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG) Zuwendungen oder Werbegaben, die nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen sind erlaubt ( 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG) Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen Praxis bestimmt sind (Keine Gegenstände, die ausschließlich eine private Verwendungsbestimmung haben). Keine Anwendbarkeit des 7 Abs. 1 HWG bei allgemeiner Vertrauenswerbung

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Die Unterstützung medizinischer Fachkongresse (bzw. der Teilnahme von Ärzten an solchen Kongresse), die gewöhnlich nicht von der Industrie, sondern von unabhängigen Dritten (etwa Fachgesellschaften) veranstaltet werden und nicht zugleich Werbung für (bestimmte) Heilmittel darstellen, sind dem Anwendungsbereich des 7 HWG im Regelfall entzogen. Anwendbarkeit wird ferner für wissenschaftliche Fortbildungsveranstaltungen verneint, die von der Industrie selbst getragen werden, vorausgesetzt, hier steht die wissenschaftlich-informative Zielsetzung und / oder eine allgemeine Vertrauenswerbung gegenüber einer gezielten Absatzwerbung im Vordergrund (z.b. Qualitätszirkel). 7 HWG verbietet nicht die mögliche Beeinflussung des berufsbezogenen und wissenschaftlichen Kenntnisstandes, selbst wenn diese reflexartig auch den Unternehmen zu Gute kommen sollte.

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Zulässige Firmenwerbung nach HWG: Keine Bezugnahme auf bestimmte Präparate oder Leistungen Keine Anpreisung bestimmter oder individualisierbarer Arzneimittel Hinweis auf allgemeine Leistungsfähigkeit, Umfang der Leistungspalette oder ähnliche Aspekte zulässig Z.B. Ratiopharm Gute Preise, Gute Besserung

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Pharma Kodices Kodex Patientenorganisationen = Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA) Was wird geregelt? - Verhalten gegenüber Patientenorganisationen Sponsoring Gestaltung von Patienteninformationen

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Pharma Kodices Kodex Fachkreise (I) Was wird geregelt? - Verhalten gegenüber niedergelassenen Ärzten, Apothekern und anderen medizinischen Berufen Bewerbung von verschreibungspflichtigen Humanarzneimitteln Keine Einflussnahme auf Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidungen

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Kodex Fachkreise (II) allgemeines Irreführungsverbot und Verbot der Schleichwerbung Pflichtangaben in der Werbung für Arzneimittel Unzumutbar belästigende Werbung

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Gemeinsamer Standpunkt zur strafrechtlichen Beurteilung der Zusammenarbeit zw. Industrie, medizinischen Einrichtungen und deren Mitarbeitern = Kodex für den stationären Bereich

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Ärztliches Berufsrecht Musterberufsordnung für deutsche Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä) enthält in ihrem vierten Abschnitt ( 30 bis 35) Regelungen zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten Grundsätzlich gilt, dass eine Zusammenarbeit von Ärzten mit der Industrie unterbleiben muss, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird ( 32 MBO-Ä). Geschützte Rechtsgüter Schutz der ärztlichen (diagnostischen und therapeutischen) Entscheidung vor unlauterer Beeinflussung durch Dritte ( 31 bis 34 MBO-Ä) sowie Schutz des Arzt-Patienten-Verhältnisses ( 30 MBO-Ä). 35 MBO-Ä regelt schließlich die Unabhängigkeit der Ärzteschaft bei der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen.

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Sozialrecht Insbesondere Depotverbot Die Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern im Gesundheitsmarkt (wie z. B Sanitätshäusern, Orthopädieschuhmachern oder Hörgeräteakustikern usw.) und Vertragsärzten wird seit dem 01. April 2009 auch durch 128 SGB V, einer speziellen Regelung im fünften Sozialgesetzbuch, geregelt. Zielsetzung: Verhinderung fragwürdiger Formen der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsärzten und den Leistungserbringern (Kick-Back- Strukturen).

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen der Compliance im Gesundheitswesen Wettbewerbsrecht UWG schützt die sog. Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der - Verbraucher - Mitbewerber - sonstigen Marktteilnehmer (z.b. Verbraucherverbände) Zentraler Begriff ist die Wettbewerbshandlung = Jede Handlung (Tun/Unterlassen) mit dem Ziel, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz, den Bezug von Waren, die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen zu fördern; Zentrale Norm im Rahmen der Compliance ist 4 Nr. 11 UWG

V. Anwendungsbereiche Compliance V. Anwendungsbereiche der Compliance im Gesundheitswesen Austauschbeziehungen zwischen Pharmaindustrie und Ärzten Honorare für: - Vortragstätigkeiten - Beratung - klinische Prüfungen - Studien - die Teilnahme an Sitzungen von beratenden Gremien - die Durchführung von Schulungsveranstaltungen - für die Mitwirkung an Marktforschungsaktivitäten

V. Anwendungsbereiche Compliance Rechtliche Rahmenbedingungen in MBO-Ä und Kodex Fachkreise Leistungserbringung für Industrie ist berufsrechtlich grundsätzlich zulässig, aber

V. Anwendungsbereiche Compliance... die für die ärztliche Leistung bestimmte Vergütung (nur Geld!) muss der erbrachten Gegenleistung entsprechen (sog. Äquivalenzprinzip) beurteilt sich u.a. nach dem Verhältnis von finanzieller Entschädigung zu Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad Praxistipp: Verträge schriftlich fixieren!

V. Anwendungsbereiche Compliance Kongresse und Fortbildungsförderung (I) Rechtliche Rahmenbedingungen in MBO-Ä ( 33 Abs. 4) und Kodex Fachkreise Einladungen zu wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen grds. zulässig, aber

V. Anwendungsbereiche Compliance Keine reinen Marketingveranstaltungen Nur Übernahme notwendiger Reisekosten (economy-class) Keine Luxusaufwendungen (5* Hotels, Tourismusregionen) Keine Übernahme der Kosten einer Begleitperson

V. Anwendungsbereiche Compliance Abgabe von Mustern Nur an Fachkreise ( 11 Abs. 1 Nr. 14 HWG) Abgabe nur in geringem Umfang zu Testzwecken Keine Beeinflussung der Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidung

V. Anwendungsbereiche Compliance Werbegeschenke MBO-Ä: - Verbietet die Annahme von produktbezogenen Werbegaben (wie HWG) - Aber: höhere Geringwertigkeitsschwelle Widerspruch zu HWG, daher Vorsicht geboten! Geringwertigkeitsschwelle nach MBO-Ä liegt bei 50 Euro Geringwertigkeitsschwelle nach HWG liegt bei ca. 10 Euro

VI. Konsequenzen VI. Konsequenzen bei Verstößen gegen Compliance im Gesundheitswesen von der Abmahnung bis zur Straftat 1. Konsequenz: Verstöße gegen Kodices, HWG und Berufsrecht können regelmäßig wettbewerbs-rechtlich geahndet werden: Abmahnung Einstweilige Verfügung Schadensersatz können teuer werden!

VI. Konsequenzen 2. Konsequenz: Verstöße gegen Kodices können kostenträchtige Verfahren vor der Schiedsstelle nach sich ziehen 1. Instanz: Geldstrafe bis zu 50.000,00 2. Instanz: Geldstrafe bis zu 250.000,00 öffentliche Rüge Kein Rechtsmittel gegen Entscheidungen der 2. Instanz

VI. Konsequenzen 3. Konsequenz: Verstöße gegen das HWG können als Straftat ( 3 HWG) oder mit Ordnungsgeldern geahndet werden Ordnungsgeld bis zu 50.000,00 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr

VI. Konsequenzen 4. Konsequenz: Strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Fehlern in der Zusammenarbeit mit angestellten Ärzten, insbesondere Klinikärzten.

VII. Schlussbetrachtung / Diskussion Fragen sind willkommen!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Kazemi & Lennartz Rechtsanwälte PartG Dr. Robert Kazemi (Rechtsanwalt) Rheinallee 27 53173 Bonn Germany Mail: kanzlei@medi-ip.de Web: www.medi-ip.de Tel: +49 228 35 00 89-0 Fax: +49 228 35 00 89-10