Technisch möglich! Rechtlich erlaubt?



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Transkript:

Technisch möglich! Rechtlich erlaubt? Betriebsrat und Datenschutz 8. Juni 2009 Gerda Heilegger AK Wien, Abt Sozialpolitik

Die 3 Säulen S des Schutzes der Privatsphäre re Individualrechtliche Grenzen ABGB, Arbeitsvertrag Kollektivrechtliche Grenzen ArbVG, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung Datenschutzrechtliche Grenzen DSG 2000

Informationsrecht des Betriebsrats 91 Abs 2 ArbVG Der Betriebsinhaber hat dem Betriebsrat Mitteilung zu machen, welche Arten von personenbezogenen Arbeitnehmerdaten er automationsunterstützt aufzeichnet und welche Verarbeitungen und Übermittlungen er vorsieht. Dem Betriebsrat ist auf Verlangen die Überprüfung der Grundlagen für die Verarbeitung und Übermittlung zu ermöglichen. Sofern sich nicht aus 89 oder anderen Rechtsquellen ein unbeschränktes Einsichtsrecht des Betriebsrates ergibt, ist zur Einsicht in die Daten einzelner Arbeitnehmer deren Zustimmung erforderlich.

Problematisch: keine Gleichberechtigung bei Nutzung technischer Systeme 89 Z 1 ArbVG: Einsichtsrecht des Betriebsrats OGH 4.6.2003, 9 ObA 3/03m: kein elektronischer Direktzugriff auf Personalverrechnung AG übermittelt dem BR monatliche Ausdrucke der Gehaltslisten (1400 AN). BR begehrt direkten elektronischen Zugriff auf die Personalverrechnung OGH: Einsichtsrecht des BR gem 89 Z 1 ArbVG ist durch Zurverfügungstellung von Ausdrucken erfüllt bloße Praktikabilität rechtfertigt Direktzugriff nicht

Kontrollmaßnahmen nahmen 96 Z 3 ArbVG Betriebsvereinbarung ist notwendig für die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer, sofern diese Maßnahmen (Systeme) die Menschenwürde berühren. Verletzung der Menschenwürde ist jedenfalls unzulässig Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde nicht berühren, sind auch ohne BV zulässig.

EDV-Systeme 96a ArbVG Betriebsvereinbarung ist notwendig, kann aber ersetzt werden für: Die EDV-mäßige Verarbeitung und Übermittlung von personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers, die über die Ermittlung von allgemeinen Angaben zur Person und fachlichen Voraussetzungen hinausgehen. Eine Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die tatsächliche oder vorgesehene Verwendung dieser Daten über die Erfüllung von Verpflichtungen nicht hinausgeht, die sich aus Gesetz, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder Arbeitsvertrag ergeben.

Höchstgerichtliche Entscheidungen zur Betriebsvereinbarungspflicht Elektronisches Zeiterfassungssystem (OGH 27.5.2004, 8 ObA 97/03b) Entscheidend: Was kann das System? Biometrisches Zeiterfassungssystem (OGH 20.12.2006, 9 ObA 109/06d) Grundsatz des gelindesten Mittels Telefonanlagenentscheidung (OGH 13.6.2002, 8 ObA 288/01p) Ist die Betriebsvereinbarung ersetzbar?

Informationsrecht des Betroffenen 24 DSG - Der Auftraggeber einer Datenanwendung hat aus Anlaß der Ermittlung von Daten die Betroffenen in geeigneter Weise über den Zweck der Datenanwendung, für die die Daten ermittelt werden,... zu informieren, sofern diese Informationen dem Betroffenen nach den Umständen des Falles nicht bereits vorliegen. - Mit Geldstrafe bis zu 9.445 ist zu bestrafen, wer seine Offenlegungs- oder Informationspflichten gemäß den 23, 24 oder 25 verletzt.

Datenschutzgesetz (DSG 2000) Enthält kaum spezielle Regelungen für das Arbeitsverhältnis. Relevant: Datensicherheit 14 DSG Datengeheimnis 15 DSG Betriebsrat erwähnt in 9 Z 11: Sensible Daten dürfen verwendet werden, wenn es erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des Auftraggebers auf dem Gebiet des Arbeits- oder Dienstrechts Rechnung zu tragen, und es nach besonderen Rechtsvorschriften zulässig ist, wobei die dem Betriebsrat nach dem ArbVG zustehenden Befugnisse zur Datenverwendung unberührt bleiben.

Verwendung von Daten Keine Verletzung des schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses bei (demonstrative Aufzählung): ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten Zustimmung des Betroffenen, Widerruf jederzeit möglich lebenswichtige Interessen des Betroffenen überwiegende berechtigte Interessen anderer

Sensible Daten Keine Verletzung des schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses, wenn (taxative Aufzählung) Gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung Vorliegen entsprechender arbeitsrechtlicher Vorschriften Veröffentlichung durch den Betroffenen Ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen... Zustimmung im Arbeitsverhältnis ist problematisch! Verdünnte Willensfreiheit!

Datenverarbeitungsregister 16 ff DSG http://www.dsk.gv.at/anmeld.htm Grundsätzlich Meldepflicht für Auftraggeber, bestimmte Ausnahmen, zb Standardanwendungen (Standard- und Muster-Verordnung 2004, BGBl II 2004/312: Rechnungswesen und Logistik, Personalverwaltung für privatrechtliche Dienstverhältnisse, Verwaltung von Benutzerkennzeichen, Kundenbetreuung und Marketing für eigene Zwecke)

Vorabkontrollpflichtige Datenverwendungen dürfen erst nach ihrer Prüfung (=Vorabkontrolle) durch die DSK aufgenommen werden ( 18 DSG) Wenn die DSK innerhalb von 2 Monaten nicht die Datenverwendung für unzulässig erklärt oder einen Auftrag zur Verbesserung erteilt ( 20 Abs 5 DSG), darf die Verarbeitung aufgenommen werden Vorabkontrollpflichtig sind Maßnahmen, die Sensible Daten enthalten Strafrechtlich relevante Daten enthalten die Auskunftserteilung über die Kreditwürdigkeit der Betroffenen zum Zweck haben oder In Form eines Informationsverbundsystems durchgeführt werden sollen.

Datenschutzkommission http://ris.bka.gv.at ris.bka.gv.at/dsk/ Möglich: Beschwerde wegen Verletzung des Auskunftsrechts durch sämtliche Auftraggeber (des Privatrechts und des öffentlichen Rechts) Quasi-richterliche Entscheidungsbefugnis über behauptete Verletzungen des Rechts auf Geheimhaltung, Richtigstellung oder auf Löschung nach dem DSG, wenn es um Auftraggeber des öffentlichen Rechts geht (Entscheidung durch Bescheid, Anrufung von VwGH und/oder VfGH möglich)

Problematik der Durchsetzung Ansprüche wegen Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung, Richtigstellung oder auf Löschung nach dem DSG gegen Auftraggeber des Privatrechts sind im Klagsweg beim Landesgericht geltend zu machen (unabhängig von der finanziellen Höhe des Anspruchs; Anwaltspflicht; Kostenrisiko) Keine Zuständigkeit der DSK! Keine Zuständigkeit des ASG! Keine Klagsbefugnis des Betriebsrates! OGH 6 ObA 1/06z

Danke für f r die Aufmerksamkeit! Mag. Gerda Heilegger AK Wien, Abteilung Sozialpolitik Prinz Eugenstraße 20 22 1040 Wien Tel.: 01 / 501 65 2724 Gerda.Heilegger@akwien.at www.akwien.at zu DSK und DVR: www.dsk.gv.at