ADHS und Sucht bei Erwachsenen

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Transkript:

ADHS und Sucht bei Erwachsenen FA für Psychiatrie Verein Dialog Integrative Suchtberatung Gudrunstraße Text durch Klicken hinzufügen Wahlarztordination Riemergasse 9/7; 1010 Wien www.wechsberg.at

Epidemiologie Weltweite Prävalenz bei Kindern ca. 5,5% Rund zwei Drittel der betroffenen Kinder leiden auch als Erwachsene unter ADHS. In etwa weisen ca. 4% der Erwachsenen die Diagnose ADHS auf

Ätiologie Multifaktorielle Genese mit genetisch-biologischer, psychodynamischer und soziogene Ebene Die genetische Prädisposition, kann bis zu 80% ausmachen Psychosoziale Belastungsfaktoren seitens der Eltern sind inkonsistentes Erziehungsverhalten, geringer Ausbildungsgrad, niedriger sozioökonomischer Status, Alkoholprobleme und Alleinerziehung.

Neurobiologie Als Ursache werden strukturelle Anomalien des Gehirns und Störungen der Neurotransmitter vermutet. Insbesondere geht man von einem Mangel an Dopamin und einer noradrenegen und serotoninergen Fehlregulation aus. Dopamin ist wichtiger Botenstoff im Belohnungs- und Motivationssystem Dies erklärt, warum unliebsame Tätigkeiten, also die wo kein unmittelbares belohnendes Ergebnis besteht, so schwierig zu bewältigen sind, oder auch die Neigung zu Prokrastination.

Diagnostische Kriterien nach ICD-10 Gehört zu den F9 Diagnosen Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend. Unaufmerksamkeit red. Tenazität, Prokrastination, red. Organisationsfähigkeit Überaktivität zappeln, rastlos, laut, innere Unruhe Impulsivität schlecht warten können, unterbrechen, Wutausbrüche

Diagnosestellung Diagnose wird klinisch gestellt Symptome situationsübergreifend Führen zu deutlichen Leiden oder Einschränkung des Funktionsniveaus Beginn vor dem 7 Lebensjahr (nach DSM V angehoben auf das 12 Lebensjahr) Symptome nicht besser durch eine andere Erkrankung erklärbar Psychologische Testung und Außenanamnese kann hilfreich sein

Soziale Auswirkungen signifikant schlechtere Ausbildungsabschlüsse deutlich weniger Vollzeitanstellungen Geringeres Einkommen unabhängig des Ausbildungsstandes Dreimal so häufig Konflikte mit dem Gesetz Jeder vierte Gefängnisinsasse in den USA leidet an einem ADHS annual loss of workforce productivity associated with ADHD was estimated between $67 billion and $116 billion

Noten bei ADHS

Vollzeitanstellung

Komorbiditäten Affektive Störungen (61,8% vs 14,3%) insbesondere Depression Angststörungen (27,2% vs 16,6%) Persönlichkeitsstörungen (33,2% vs. 11%) insbesondere histrionisch, narzistisch und borderline Substanzmissbrauch (30% vs. 9,3%)

Problembereiche bei Kindern und Jugendlichen Schwierigkeiten die im Kindesalter beginnen: Problemen mit Gleichaltrigen Probleme in sozialen Situationen Konflikte mit PädagogInnen teilweise aggressive Verhaltensweisen Probleme die erwarteten Leistungen in der Schule zu erbringen Schwierigkeiten, die bei jugendlichen Patienten hinzukommen können: beginnender Substanzmissbrauch erste Verkehrsdelikte Delinquentes Verhalten

Wie sieht ADHS im Erwachsenenalter aus? Unfähigkeit in der Schule ruhig sitzen zu können wird zu einer Rastlosigkeit im Büro, Universität oder anderen Arbeitsplätzen. Oft wandelt sich die Überaktivität in innere Unruhe oder wird durch viel Sport kompensiert (cave Sportsucht). 2 Typen (im DSM V auch so klassifiziert): Unaufmerksame Typ, der Tagträumer oder Chaot Hyperaktivitäts / Impulsive Typ

Therapie von ADHS Aufklärung / Beratung / Psychoeduktion (inkl. Angehöriger) Coaching mit Erlernen von strukturierenden Fertigkeiten für den Alltag Psychotherapie, Evidenz am besten für CBT Medikamentöse Therapie

Medikamentöse Therapie mit Stimulantien 80% sind Responser auf Stimulantien Methylphenidat (Ritalin) gute Steuerbarkeit retardiertes Methylphenidat (Concerta, Ritalin LA, Medikinet ret) bessere Verträglichkeit, seltenere Gabe Amphetamin als Magistrale Rezeptur Nebenwirkungen: Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Blutdruckanstieg, Tachykardie, Schlafstörungen

Alternative Therapien Atomoxetin (Strattera) Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer bei komorbiden Substanzabusus oder komorbider Angststörung Ähnliche Wirkung und vergleichbare Nebenwirkungen zu den Stimulantien Behandlung der Komorbiditäten z.b. Antidepressiva oder Schlaf fördernde Medikamente

Unterstützende Massnahmen Omega 3 und Omega 6 Fettsäuren Vermeidung von Zucker Sport Evtl. ketogene Ernährung Lebensstilmodifikationen, z.b. kreative Tätigkeiten, Vorträge, Hilfestellung an Universität Technische Hilfsmittel, z.b. strukturierende Apps

ADHS und Sucht Substanzmissbrauch ist dreimal so häufig wie in der Normalbevölkerung 30% vs. 9,3% ADHS Patienten versuchen verstärkt den Mangel an positiven Rückmeldungen ihres Belohnungszentrums zu kompensieren. Konsumiert werden vor allem: Nikotin, Alkohol, Cannabis, Stimulantien und Kokain Nennenswert ist auch nicht stoffgebundenes Suchtverhalten

ADHS und Alkohol Bis zu 45% haben eine Alkoholproblematik bzw. haben mind. 20% der Alkoholkranken ein manifestes ADHS. Bei Jugendlichen beginnt aufgrund der höheren Impulsivität der Alkoholkonsum früher und ist exzessiver. Häufig unterdiagnostiziert, da Symptomatik der Alkoholkrankheit oft im Vordergrund steht.

ADHS und THC Bis zu 70% haben irgendwann in ihrem Leben einen THC Missbrauch, dies ist mehr als 3 mal so hoch wie in der Normalbevölkerung. Insbesondere beim Impulsiven Typ zur Beruhigung / Selbstmedikation Diese ADHS Patienten sprechen oft gut auf beruhigend wirksame Medikamente an (z.b. Pregabalin, Quetiapin, Benzodiazepine).

ADHS und Stimulantienmissbrauch Stimulantien führen bei ADHS-Patienten zu besserer Fokusierbarkeit, geringere Ablenkbarkeit und Beruhigung. Substanzmissbrauch als Selbstmedikation Diagnostischer Hinweis in der Anamnese Oft beim unaufmerksamen Typ

Sucht und Stimulantientherapie Eine Untersuchung fand bei Jugendlichen mit unbehandelten ADHS eine mehr als dreimal so hohe Rate von Substanzmissbrauch (33 vs. 10 Prozent) im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe. Wurden die Jugendlichen mit ADHS behandelt sank das Risiko für eine Suchtentwicklung auf 13 Prozent.

nicht stoffgebundenes Suchtverhalten Die Suche nach konstanter Stimulation führt oft zu risikoreichen Verhalten mit Suchtcharakter. schnelles Autofahren (oft auch um fokusiert zu bleiben) exzessiver Smartphonegebrauch stundenlanges Computerspielen Übergewicht Promiskuität / Hypersexualität Neigung zu intensiven Sexualpraktiken (zb SM)

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