5.1.1 MENSCHENINDUZIERTER KLIMAWANDEL

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Transkript:

5. POLITIK-BEISPIEL: DAS KIOTO-PROTOKOLL Gliederung 5. Politik-Beispiel: Das Kioto-Protokoll 5.1 Allgemeine Einführung und Kernelemente 5.1.1 Menscheninduzierter Klimawandel 5.1.2 Kosten des Klimawandels 5.1.3 Klimapolitik im ökonomischen Kalkül 5.1.4 Reaktion der Politik 5.1.5 Treibhausgase im Kyoto-Protokoll 5.1.6 Kosten und Nutzen Des Kyoto-Protokolls 5.2 Die flexiblen Mechanismen 5.2.1 Der Emissionsrechtehandel 5.2.2 Joint Implementation 5.2.3 Clean Development Mechanism 5.1 Allgemeine Einführung und Kernelemente 5.1.1 MENSCHENINDUZIERTER KLIMAWANDEL Die Temperaturen auf der Erdoberfläche werden stark durch die Wechselwirkung von Erdatmosphäre und Sonnenenergie beeinflusst. Die mittlerweile Bekannteste die dieser Wechselwirkungen ist der sogenannte Treibhauseffekt. Dies ist ein sehr anschaulicher Begriff, mit welchem beschrieben wird, dass die Erdatmosphäre Sonnenenergie teilweise bis zur Erdoberfläche durchlässt, aber eine vollständige Abstrahlung dieser Energie in Form von Wärme verhindert (Vgl. Abb. 5.1). Aufgrund des Treibhauseffekts herrschen auf der Erde Temperaturen, welche für das Fortbestehen höheren Lebens notwendig sind. Allerdings hat sich in den letzten 150 Jahren die Konzentration von Treibhausgasen insbesondere von CO2 infolge der Nutzung fossiler Brennstoffe durch den Menschen stark erhöht. Abb. 5.1: Schematische Darstellung des atmosphärischen Treibhauseffekts Abbildung 5.1: Schematische Darstellung des Treibhauseffekts. Quelle: UNFCCC 1

KAPITEL 5 Klimawissenschaftler vermuten, dass dies einen erheblichen Anteil an der Temperaturzunahme im letzten Jahrhundert hat: Die Durchschnittstemperatur in der erdnahen Atmosphäre ist seit Ende des 19. Jahrhunderts um 0.6 C gestiegen. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), eine Kommission von Klimawissenschaftlern, schätzt, dass die Durchschnittstemperatur bis 2100 um 1.4-5.5 C ansteigen wird. Andere Schätzungen liegen zum Teil noch höher. 5.1.2 KOSTEN DES KLIMAWANDELS Ein solch starker Temperaturanstieg dürfte starke Auswirkungen auf das klimatische und sozioökonomische System der Erde haben. So wird geschätzt, dass der Klimawandel einen Erhöhung des Meeresspiegels um 9-88 cm zur Folge haben könnte. Eine weitere Folge dürfte die Zunahme extremen Wetterereignissen (Hurrikanen, Überflutungen, Dürreperioden,...) sein, welche je nach unterstelltem Szenario mehr oder weniger stark ausfallen wird. Eine Verschiebung der klimatischen Zonen dürfte unter Anderem auch eine stärkere Ausbreitung von Krankheiten, wie Malaria, mit sich bringen. Aus ökonomischer Perspektive ist zu beachten, dass den genannten negativen Auswirkungen des Klimawandels in einigen Erdregionen positive Effekte in anderen (vor allem in kälteren und gemässigten) Teilen der Erde gegenüberstehen. So dürfte zum Beispiel der Ernteertrag in gemässigten Regionen höher ausfallen. In den meisten Schätzungen überwiegen allerdings die Kosten des Klimawandels. Anhand eines integrierten Modells (in welchem klimatische und wirtschaftliche Zusammenhänge gemeinsam betrachtet werden) errechnet, dass die Erhöhung der Durchschnittstemperatur um 1 C über einen Zeitraum von 50 Jahren eine volkswirtschaftliche Kosten von bis zu 214 Billionen US-Dollar mit sich bringen dürfte. 1 Da Schäden aus dem Klimawandel vor allem von den späteren Generationen getragen werden müssen, ist es im Übrigen strittig, ob solche Schäden im vollen Umfang auf ihren heutigen Wert abdiskontiert werden dürfen. 2 5.1.3 KLIMAPOLITIK IM ÖKONOMISCHEN KALKÜL Um klimapolitische Massnahmen aus ökonomischer Sicht beurteilen zu können, ist es notwendig den (Netto-)Kosten, welche aus dem Klimawandel entstehen, die Kosten der klimapolitischen Massnahmen gegenüberzustellen. Ein Stabilisieren der Treibhausgaskonzentrationen auf dem heutigen Niveau würde schliesslich bedeuten, dass lediglich so viele Treibhausgase emittiert werden dürfen, wie gleichzeitig durch die Bio- und Ozeanosphäre gebunden werden können. Dies wäre zur Zeit allerdings nur unter enorm hohen Kosten zu bewerkstelligen, da die gesamte Energie- und Wärmeproduktion, sowie das Transportwesen vollständig umgestellt werden müssten. Die Kosten einer solchen sofortigen Umstellung in der Energiegewinnung im weiteren Sinne dürfte die Kosten durch den Treibhauseffekt um ein vielfaches übersteigen. 1 Kemfert (2002) 2 Eine Schlüsselgrösse hierbei ist die Diskontrate. Die Kosten des Klimaschutzes fallen in naher, der Nutzen in ferner Zukunft an. Um Nutzen und Kosten dennoch vergleichen zu können, muss diskontiert werden. Allerdings wird mit der Wahl der Diskontrate das Gewicht bestimmt, mit dem zukünftige Kosten und Nutzen in das ökonomische Kalkül eingehen. Einfach ausgedrückt verlangt intergenerative Gerechtigkeit, alle Generationen gleich zu behandeln. Eine Diskontierung von Kosten und Nutzen mit einer positiven Rate widerspricht scheinbar diesem moralischen Postulat, denn sie impliziert ein Verteilungskriterium zu Ungunsten künftiger Generationen. 2

Eher umzusetzen wäre das von der IPCC vorgeschlagene Stabilisieren der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration auf 450 ppm 3, was einerseits einen weiteren Anstieg vom heutigen Niveau (367ppm) darstellt, andererseits nur zu einem vergleichsweise geringen Temperaturanstieg führen dürfte. Um dieses Konzentrationsniveau zu erreichen, müssten allerdings die weltweiten Treibhausgasemissionen auf ein Niveau unterhalb jener von 1990 sinken. Auch dies dürfte mit zunehmendem Weltwirtschaftswachstum nur im Rahmen einer fundamentalen Änderung der Technologien zur Energiegewinnung und - nutzung möglich sein. 5.1.4 REAKTION DER POLITIK: UNFCCC UND KYOTO- PROTOKOLL Das Problem des menscheninduzierten Klimawandels war zum ersten Mal 1992 auf der UNO-Konferenz in Rio ein Objekt internationaler politischer Verhandlungen. Im Rahmen dieser Verhandlungen wurde die UN- Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) verabschiedet, welche das Problem als erstes anerkennt und erste nicht bindende Emissions-Reduktionsziele für die Unterzeichnerstaaten formuliert. Die Konvention wurde in der Folge von 175 Staaten ratifiziert. Im Jahr 1997 wurde dann im Rahmen der UNFCCC das sogenannte Kyoto-Protokoll ausgehandelt, welches zum ersten Mal rechtlich bindende Emissionsreduktionsziele formuliert. Ziel des Kyoto-Protokolls ist die Verringerung der CO2-Emissionen in den Industrie- und Transformationsländern (Annex 1-Länder) um mindestens 5% in Bezug auf das Niveau von 1990 in der Periode von 2008 bis 2012. Für die Entwicklungsländern wurden hingegen keine Reduktionsziele vereinbart, da die Kosten der für den Entwicklungsprozess notwendigen Energieproduktion nicht erhöht werden sollten. Trotz der Weigerung der USA und Australiens nach einem Regierungswechsel das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren, ist dieses mit dem Beitritt Russlands Anfang 2005 in Kraft getreten. Ziel des Kyoto-Protokolls 5.1.5 TREIBHAUSGASE IM KYOTO-PROTOKOLL Kohlendioxid gilt als das wichtigste vom Menschen emittierte Treibhausgas, welches ungefähr die Hälfte des gesamten vom Menschen induzierten Klimawandels ausmachen dürfte. Aus diesem Grund sind die Reduktionsziele des Kyoto-Protokolls in Bezug auf die CO2-Emissionen formuliert worden. Das Kyoto-Protokoll umfasst neben CO2 noch 5 weitere Treibhausgase, deren Klimawirksamkeit in sogenannte CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet wird. Diese Gase sind: Methan (CH4) Stickoxid (NO2) Hydrofluorocarbons (HFCs) Perfluorocarbons Sulphur hexafluoride (SF6) 5.1.6 KOSTEN UND NUTZEN DES KYOTO-PROTOKOLLS Eine Umsetzung des Kyoto-Protokolls dürfte bestenfalls eine Änderung der globalen Erwärmung um 0.6 C bewirken. Dies reicht nicht aus, um die oben geschilderten Schäden zu verhindern. Somit dürfte die Kyoto-Vereinbarung mit ihrer Laufzeit bis 2012 auch nur ein erster klimapolitischer Schritt sein, welchen weitere Vereinbarungen folgen müssten. Somit hängt der Nutzen der 3 parts per million 3

KAPITEL 5 sich aus der Umsetzung des Kyoto-Protokolls ergibt, von den Vereinbarungen in den folgenden Jahren abhängen. Auch über die erwarteten Kosten des Kyoto-Protokolls herrscht Uneinigkeit. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) schätzt die Kosten in den Industrieländern auf zwischen 0,1 und 1,1% des BIP. Die EU-Kommission hingegen schätzt, dass die Kosten für die EU bei jährlich 3,7 Mrd. Euro (ca. 0,06% des EU-BIP) liegen werden, ein vergleichsweise niedriger Wert. 5.2 Die flexiblen Mechanismen Um die Kosten der Klimapolitik niedrig zu halten, wurden im Rahmen des Kyoto-Protokolls die sogenannten flexiblen Mechanismen vereinbart, welche es ermöglichen, in gewissem Umfang niedrigere Grenzkosten der Vermeidung für Treibhausgas-Emissionen in bestimmten Ländern auszunutzen. Die flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls sind: Bubble Bildung Emissionshandel (zwischen Annex 1-Ländern) Joint Implementation (Reduktionsprojekte zwischen Annex 1- Ländern) Clean Development Mechanism (Reduktionsprojekte in Entwicklungsländern) Mit dem Zulassen von sogenannten Bubbles (englisch: Blase) ermöglicht es das Kyoto-Protokoll verschiedenen Annex 1-Ländern sich zusammenzuschliessen um ihr kumuliertes Reduktionsziel zu erreichen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die EU, welche die kumulierten Reduktionsziele ihrer Mitgliedsländer erfüllen muss. Innerhalb der EU wurden die Reduktionsziele neu formuliert um den unterschiedlichen Grenzkosten der Vermeidung Rechnung zu tragen. Deutschland, zum Beispiel, wurde statt des Kyoto-Ziels von 8% des Niveaus von 1990 ein Ziel von 21% zugeordnet. Andere Länder der EU müssen somit weniger Emissionen reduzieren. Die anderen 3 flexiblen Mechanismen sind im Prinzip eine Umsetzung der Idee eines Handels von Emissionsrechten. In Abbildung 5.2 wird diese Idee noch einmal veranschaulicht. Abb 5.2: Schematische Darstellung eines Zertifikathandels zwischen Ländern Abbildung 5.2: Schematische Darstellung des Zertifkathandels zwischen Ländern In dem hier vereinfacht dargestellten Modell hat das Land 1 höhere Grenzvermeidungskosten als das Land 2. Emissionsreduktionen im Land 2 sind somit kostengünstiger zu bewerkstelligen. Das Land 2 reduziert somit eine grössere Menge als es ihm im Rahmen seines Reduktionsziels (im Kyoto-Jargon: Cap) vorgeschrieben ist. Die überschüssige Reduktion wird in 4

Emissionszertifikaten verbrieft und können dann an das Land 1 verkauft werden. Die Emissionen des Landes 1 dürfen somit das Kyoto-Ziel um die gekaufte Zertifikatmenge übersteigen. Es ergibt sich damit ein Effizienzgewinn von A (eingesparte Kosten im Land 1) abzüglich B (Kosten der zusätzlichen Reduktion in Land 2). In der Theorie wird der Preis eines Emissionszertifikats bei vollständiger Konkurrenz auf dem Zertifikatmarkt den Grenzkosten aller beteiligten Länder entsprechen. Dies dürfte in der Praxis nicht der Fall sein, weil das Kyoto-Protokoll einerseits vorschreibt, dass der grösste Teil der Reduktionen im Inland zu erfolgen hat und andererseits nicht mit atomistischer Konkurrenz auf dem Zertifikatmarkt zu rechnen ist. Da die marktbasierten Instrumente aus ökonomischer Perspektive besonders Interessant sind, werden dies im folgenden etwas ausführlicher erläutert. 5.2.1 DER EMISSIONSRECHTEHANDEL IM KYOTO-PROTOKOLL Aus den Reduktionszielen der Annex 1-Länder, welche in Prozent des Niveaus von 1990 formuliert wurden, kann im Umkehrschluss ein Emissionsziel formuliert werden, welches die zulässigen Emissionen des Landes bezeichnet. Das Emissionsziel entspricht also jener Menge an Emissionen, welche durch das Land ausgestossen werden darf. Diese Emissionen können im Rahmen des Kyoto-Systems in Form von Zertifikaten verbrieft werden. Diese Zertifikate werden als Assigned Amount Units (AAUs) bezeichnet. Wenn nun die tatsächlichen Emissionen eines Landes unterhalb seines Emissionsziels liegen, kann es die überschüssigen AAUs verkaufen. Wenn das Land sein Emissionsziel überschreitet, so muss es AAUs hinzukaufen, wie in Abbildung 5.3 skizziert. Emissionsrechtehandel nach dem Kyoto-Protokoll Abb 5.3: Der Handel von Industrieland 1 Industrieland 2 J ä hrliches Emissionsziel Tats ä chliche Emissionen Jährliches Emissionsziel Tatsächliche Emissionen Emissionsrechten zwischen Ländern Ü berschuss zusätzlicher Bedarf Abbildung 5.3: Emissionsrechte-Handel zwischen Ländern im Kyoto-System 5

KAPITEL 5 5.2.2 JOINT IMPLEMENTATION Ein Land, welches sein Emissionsziel voraussichtlicht nicht erfüllt, kann alternativ zum Kauf AAUs auch Reduktionprojekte in einem anderen Land durchführen und sich die dadurch vermiedenen Emissionen anrechnen lassen. Solche Reduktionsprojekte bieten sich an, wenn zwischen Ländern eine Technologielücke besteht, welche es erlaubt in anderen Ländern Reduktionen von Emissionen kostengünstiger durchzuführen als im eigenen Land. Der Mechanismus Joint Implementation (JI) ermöglicht das Durchführen von Reduktionsprojekten in anderen Annex 1-Ländern. Die Emissionsreduktionen, welche im Vergleich mit einem Referenzszenario ermittelt werden, werden in Form von sogenannten Emission Reduction Units (ERUs) verbrieft und können vom Projekt-Investor entweder zum Erreichen des eigenen Emissionsziels angerechnet oder auf dem internationalen Zertifikatmarkt verkauft werden. Die Funktionsweise des Joint Implementation Mechanismus wird in Abbildung 5.4 schematisch dargestellt. Joint Implementation des Kyoto Protokolls Industrieland Vereinbarung Finanzierung Transformationsla Abb. 5.4: Joint Implementation Reduktionsprojekt Emissionsreduktion Zertifiziertes Emissionsrecht (Emission Reduction Unit ERU) Verifizierung und Zertifizierung Abbildung 5.4: Schematische Darstellung des Joint Implementation- Mechanismus Es ist zu beachten, dass die Emissionsreduktionen, welche im Rahmen von ERUs verbrieft werden, nicht noch einmal für das Erreichen des Reduktionsziels des Gastgeberlands verwendet werden darf. Es liegt also im Interesse des Gastgeberlandes, dass die verbrieften Reduktionen nicht höher ausfallen als die tatsächlich realisierten. 5.2.3 CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM Neben den Reduktionsprojekten im Rahmen des JI erlaubt das Kyoto- Protokoll auch das Durchführen von Reduktionsprojekten in Nicht-Annex 1- Ländern. Da es sich hierbei zum grossen Teil um Entwicklungsländer handelt, hat dieser Mechanismus den Namen Clean Development Mechanism (CDM) erhalten. In seiner Funktionsweise ähnelt der CDM der JI: Auch hier werden Projekte zur Reduktion von Treibhausgasen von Annex 1-Ländern finanziert und Reduktionszertifikate verbrieft im Falle des CDM werden diese Certified Emission Reductions (CERs) genannt welche dem Annex 1-Land auf dessen Reduktionsziel angegerechnet werden können. Die Entstehung dieser CERs wird in Abbildung 5.5 schematisch dargestellt. 6

Entstehung von Emissionsrechten im Clean Development Mechanism Abb. 5.5: Clean Development Mechanism Industrieland 1 Vereinbarung Entwicklungsland Finanzierung Reduktionsprojekt Emissionsreduktion Zertifiziertes Emissionsrecht (Certified Emission Reduction CER) Verifizierung und Zertifizierung Abbildung 5.5: Schematische Darstellung des Clean Development Mechanism Anders als die JI stellt der CDM allerdings eine Schnittstelle zwischen den Ländern innerhalb des Kyoto-Systems und jenen ausserhalb dar. Da den Annex 1-Ländern ein Reduktionsziel zugeordnet wurde den Entwicklungsländern hingegen nicht, stellen sich im Rahmen des CDM zusätzliche Schwierigkeiten in Bezug auf die Überwachung der Durchführung des Projektes und dem Verbriefen der Reduktionseinheiten. Es besteht nämlich für alle unmittelbar beteiligten Akteure ein Interesse daran, die Reduktionen als höher anzugeben als diese tatsächlich ausgefallen sind. Je höher die Anzahl der generierten Zertifikate ausfällt, desto grösser ist der Wert der getätigten Investition im Rahmen des Projekts. Somit haben sowohl der Projekt-Investor als auch das Gastgeberland welches Anreize für zukünftige Investitionen setzen möchte ein Interesse daran, die Höhe der reduzierten Einheiten zu übertreiben. Dieser Umstand macht einen komplizierten und kostspieligen Überwachungsmechanismus notwendig. Diese zusätzlichen (Transaktions- )Kosten müssen bei der Berechnung des Reduktionspotentials durch den CDM berücksichtigt werden. Dennoch gilt der CDM als eines der wichtigsten entwicklungspolitischen Finanzierungsinstrumente der kommenden Jahre. Literatur: IPCC (2001), Third Assessment Report: Climate Change, Mitigation, Cambridge, UK Kemfert, Claudia (2002), Global economic implications of alternative climate policy strategies, Environmental Science & Policy, No 5, 367-384 7