Germanistik Ewa Stock Umgang mit Kinder- und Jugendliteratur über den Holocaust im Unterricht. Zu Gudrun Pausewangs "Reise im August" Studienarbeit
1 Universität Koblenz- Landau, Abteilung Landau, Institut für Germanistik Seminar: Der Holocaust in der Kinder- und Jugendliteratur Thema: Umgang mit Kinder- und Jugendliteratur über den Holocaust am Bsp. Gudrun Pausewangs Reise im August
2 Gliederung: 1. Chronologie der Beschäftigung mit KJL über den Holocaust 2. Erziehung nach Auschwitz/ Funktion der Darstellung des Holocaust in der KJL 3. Zeitpunkt der Erziehung nach Auschwitz 4. Darstellungsweise des Holocaust in der KJL 5. Probleme der Darstellung des Holocaust in der KJL 5.1. Problem der Unterhaltung 5.2. Problem der Angemessenheit/ Darstellbarkeit 5.3. Schwächen des Inhalts 5.4. Problem der Zumutbarkeit/ Wahrheit 6. Problematik im Umgang mit KJL über den Holocaust im Unterricht 7. Didaktische und methodische Konsequenzen 8. Gudrun Pausewang: Reise im August 8.1. Zur Autorin 8.2. Inhalt 8.3. Charakteristik der Hauptpersonen 8.3.1. Alice Dubsky 8.3.2. Siegfried Dubsky 8.3.3. Ruth Mandels 8.3.4. Rebekka Mandels 8.3.5. Paul 8.4. Inhaltliche Analyse 8.5. Didaktische Analyse
3 1. Chronologie der Beschäftigung mit KJL über den Holocaust Spricht man von KJL, deren Thematik sich mit den Geschehnissen des Holocaust auseinandersetzt, könnte man davon ausgehen, dass diese Literatur seit Ende des Dritten Reiches existiert. Dem ist aber nicht so. Im Gegenteil. Die KJL benötigte, ganz anders als die EL, insgesamt eine sehr große Zeitspanne, bis sie die Ereignisse des Holocaust aufgriff. Die ist sicherlich auch auf die damaligen Erzählmuster zurückzuführen ist, die auf eine sogenannte heile Welt ausgerichtet waren und deshalb die Thematik nicht auffangen und verarbeiten konnten. Weitere Gründe für die ablehnende Haltung der Deutschen gegenüber der Verarbeitung des Themas in der EL sowie in der KJL sind nach Malte Dahrendorf 1 bei den Tätern der belastende Komplex von Schuldgefühlen, Scham, Verdrängung, Leugnung, verletztem Nationalstolz und bei den Opfern die belastende Problematik der Opferrolle, der Unbegreiflichkeit mangelnden Widerstands und der Selbstvorwürfe, dass man nicht genügend und nicht rechtzeitig etwas dagegen unternommen hat. Erst gegen Ende der 50er Jahre 2 entstanden die ersten Versuche einer Aufnahme und Verarbeitung des Geschehenen. Zu diesen Wegbereitern gehörte auch Georg Noak und sein Buch Hautfarbe Nebensache, das 1960 erschien. Dieser Ära ist auch Hans- Peter Richters Damals war es Friedrich zuzuordnen, das bis heute zu den meistgelesensten Büchern im Unterricht gehört. Demgegenüber standen einige Übersetzungen autobiographischer Zeugnisse wie Das Tagebuch der Anne Frank, das 1955 in Deutschland als Taschenbuch- Ausgabe erschien. Die KJL entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten unter dem jeweilig politischen Einfluss. Besonders die ersten deutschsprachigen Originalwerke, aber auch spätere, waren nach Zohar Shavit durch eine Ambivalenz zwischen guter Absicht, die Wahrheit zu enthüllen und gewissen Abmilderungen 3 charakterisiert. Im Mittelpunkt dieser Darstellungen stand und steht bis heute meist das Helfer- Syndrom, d.h. dass die Juden in den Büchern viel Zuwendung und Beistand durch die Deutschen erhalten, die dadurch selbst als von den Nazis unterdrückte Regimegegner erscheinen und Hitler als Hauptschuldiger dargestellt wird. An diesem Punkt stellt sich die Frage, ob dies sinnvoll ist und welche Gefahren es birgt, Kinder und Jugendliche mit der vollen Wahrheit der damaligen Realität zu konfrontieren. Diese Thematik wird im Kapitel 5.4. detailliert aufgegriffen. 1 vgl. Schriftenreihe d. Päd. Hochschule HD, Band 29, S. 201 2 vgl. Schriften reihe der Päd. Hochschule HD, Bd. 29, S.206ff. 3 vgl. Beiträge Julit und Medien, 10. Beiheft,