Kraft - Energie - Ausdauer Fraueninfo Landesfrauenvorstand Burgenland Dezember 2011
Renate Anderl Interview mit der PRO-GE-Bundesfrauenvorsitzenden Renate Anderl Hohe Einkommensunterschiede, Diskussionen über das Frauenpensionsalter, Probleme beim Kinderbetreuungsgeldgesetz und fehlende flächendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen sind nur einige Themen, mit denen berufstätige Frauen derzeit konfrontiert sind! Wir haben dazu Renate Anderl, PRO-GE-Bundesfrauenvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft PRO-GE befragt! Liebe Renate, du bist ja nicht nur Bundesfrauenvorsitzende sondern vertrittst auch die Gewerkschaft PRO-GE als stellvertretende Bundesvorsitzende! Wie definierst du deine Rolle und was ist notwendig, um erfolgreich Fraueninteressen in unserer Organisation zu vertreten? Gemeinsam mit meinen Kollegen setze ich mich als stellvertretende Bundesvorsitzende der PRO-GE für mehr Fairness, für mehr Chancen und für mehr Miteinander in der Arbeitswelt ein. Gegen Ungerechtigkeiten aufzutreten und mich für die Anliegen der Frauen einzusetzen, ist für mich oberstes Ziel. Frauenanliegen müssen mit Frauen besprochen werden, müssen sich aber in allen Gremien wieder finden, denn nur gemeinsam sind wir stark und gemeinsam können wir etwas bewegen. Ich sehe es als meine Aufgabe, Frauenanliegen in allen Gremien einzubringen und sie gemeinsam zu vertreten. Heuer arbeiten Frauen statistisch gesehen 89 Tage unbezahlt. Viele Ursachen dieser Einkommensunterschiede sind bekannt. Warum ist es aus deiner Sicht so schwierig, Frauen für die gleiche Leistung auch gleich zu bezahlen? Die Umsetzung des Prinzips gleicher Lohn für gleiche Arbeit zwischen Männern und Frauen ist noch immer sehr heikel. Hier haben wir die Geschichte noch nicht verändert. Typische Frauenberufe werden anders entlohnt als typische Männerberufe. Es gibt nach wie vor noch zu wenig Frauen in Führungspositionen und wir sind noch nicht so weit von dem Gedanken entfernt, dass das Einkommen des Mannes damit erklärt wird, dass er ja eine Familie zu ernähren hat. Ich denke, vielen ArbeitgeberInnen ist es gar nicht so bewusst, weil es ja immer schon so war. Für mich sind die Einkommensberichte ein großer Schritt in die richtige Richtung. Mit diesen Berichten, die ja den BetriebsrätInnen einen Überblick über das gesamte Einkommen geben, haben wir ein sehr gutes Werkzeug in der Hand, wir müssen es nur anwenden. Derzeit wird ja öffentlich eine Diskussion über die vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters geführt. Was hältst du davon? Ich sehe derzeit keinen Handlungsbedarf, das Frauenpensionsalter früher anzuheben. Wichtiger wäre, Maßnahmen zu setzen, dass Frauen länger im Arbeitsprozess bleiben und zwar gesund. Viele unserer Arbeitnehmerinnen müssen die Möglichkeit der Frühpension in Anspruch nehmen und das nicht freiwillig und mit hohen Einkommensverlusten. Die Arbeitslosigkeit bei älteren Frauen steigt! Wo bleibt hier der Appell an die Wirtschaft, für alternsgerechte Arbeitsplätze zu sorgen? Es gibt kein Gesetz, das Frauen zwingt in Pension zu gehen, es ist so, dass viele Unternehmen ältere Arbeitnehmerinnen gar nicht mehr beschäftigen. Notwendiger wäre es, Maßnahmen zu setzen, die einen Ausgleich für die vielen Arbeitsunterbrechungen darstellen und dafür zu sorgen, dass unsere Arbeitnehmerinnen gesund in Pension gehen können. Welche Schwerpunkte beschäftigen derzeit die Frauen in der Gewerkschaft? Verbesserungen im Bereich der Kollektivvertragspolitik, Schließen der Einkommensschere, bessere Bildungsqualität, Gender Mainstreaming, ausreichende Rahmenbedingungen, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Liebe Renate, danke für das Interview! Wir wünschen dir auch weiterhin sehr viel Engagement, damit Gleichstellung auch endlich umgesetzt wird! Seite 2
Kollektivverträge in der Gewerkschaft PRO-GE So vielfältig die Branchen in der Gewerkschaft PRO-GE sind, so vielfältig sind natürlich auch unsere Kollektivverträge. Rund 144 Vereinbarungen werden dazu jährlich in den Branchen Metall, Bergbau, Energie, Textil, Bekleidung, Leder, Nahrung, Genuss, Mineralöl, Chemie, Papier, Glas, der Arbeitskräfteüberlassung sowie der Land- und Forstwirtschaft getroffen. Es werden also laufend Verbesserungen beim Einkommen und den Bedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen erzielt. Der Kollektivvertrag für die Metallindustrie & Bergbau ist traditionell für alle anderen Branchen richtungweisend und steht daher im Mittelpunkt des öffentlichen und medialen Interesses. Ziel Reallohnzuwachs Der Schwerpunkt der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie & Bergbau lag im Jahr 2011 auf einer deutlich spürbaren Lohnund Gehaltserhöhung. Gerade in der Metallindustrie & Bergbau wurden hohe Gewinne und in der Folge hohe Ausschüttungen an die EigentümerInnen und AktionärInnen erwirtschaftet. Für die Gewerkschaften PRO-GE und GPA-DJP, die für diese Branche ja gemeinsam verhandeln, war daher eine kräftige Erhöhung mit einem Reallohnzuwachs die logische Folge. Diese konnte mit einer einzigartigen Streikbewegung auch durchgesetzt werden. Der Abschluss wurde sehr positiv in den Betrieben und der Öffentlichkeit bewertet und war auch ausschlaggebend dafür, dass in weiteren Branchen der PRO-GE sehr beachtenswerte Abschlüsse getätigt werden konnten. Schwerpunkt Karenzanrechnungen Ein wesentlicher Faktor der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern ist die Tatsache, dass Karenzzeiten nur sehr gering für die Vorrückungen also die tatsächliche finanzielle Besserstellung angerechnet werden. Frauen sind hier die Hauptbetroffenen; durch die gesellschaftlichen Veränderungen und die Tatsache, dass sich auch immer mehr Männer ihren Kindern verstärkt widmen wollen, sind auch sie davon betroffen. Dass die Verbesserung der Einkommensschere für die PRO-GE-VerhandlerInnen ein echtes Anliegen ist, zeigt die Tatsache, dass es nun im heurigen Jahr gelungen ist, in drei Kollektivverträgen Karenzzeiten als Berufsgruppenjahre anzurechnen. Werden in der Elektro- und Elektronikindustrie sowie in der Metallindustrie & Bergbau pro Kind 16 Monate für die Vorrückungen angerechnet, so werden im erst kürzlich abgeschlossenen Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung sogar die vollen Karenzzeiten angerechnet. Aber auch für Männer bedeuten diese Regelungen, dass sie sich nun ihrem Kind eine Zeit widmen können, ohne ihr Einkommen für die Zukunft zu schmälern. Ein Erfolgsmodell, das sich in allen anderen Kollektivverträgen fortsetzen soll, denn Vereinbarkeit soll für alle ArbeitnehmerInnen leistbar sein! DANKE ALLEN MITGLIEDERN, BETRIEBSRÄT/INNEN UND FUNKTIONÄR/INNEN FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG UND DAS ENGAGEMENT!!!! Aktuelle Abschlüsse Nachstehend ein kurzer Auszug aktueller Kollektivvertragsabschlüsse in der Gewerkschaft PRO-GE. Metallindustrie & Bergbau ab 1. November 2011 Ist-Lohn zwischen 4,0 5,3 %, jedoch mindestens um 80,00; Anrechnung der Karenzen pro Kind 16 Monate Neuer Mindestlohn: 1.582, 54 Metallgewerbe ab 1. Jänner 2012 KV-Lohn + 4,15 %, Ist-Lohn + 3,85 %, Lehrlingsentschädigungen, Zulagen und Aufwandsentschädigungen + 4,15 % Neuer Mindestlohn: 1.511,62 Arbeitskräfteüberlassungsgewerbe ab 1. Jänner 2012 KV-Lohn + 4,15 %, Überzahlung beim Grundlohn bleibt aufrecht, volle Anrechnung der Karenzzeiten Neuer Mindestlohn: 1.381,05 Alle Infos zu allen Kollektivverträgen und aktuellen Abschlüssen unter www.proge.at oder www.lohnrunden.at. Seite 3
Equal Pay Day 2011 Der Equal Pay Day heuer am 05. Oktober - ist der Tag, an dem die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern statistisch endet. Das bedeutet, dass Frauen quasi fast drei Monate (88 Tage) gratis arbeiten! Frauen im Burgenland verdienen um 24,1 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Ab 5. Oktober arbeiten Frauen im Burgenland gratis und das ist eine echte Diskriminierung. Deshalb muss Gleichstellung in Wirtschaft und Politik oberste Priorität haben! Falsche Einstufung, Aus- und Weiterbildung sowie geringe bis fehlende Aufstiegsmöglichkeiten bedeuten für Frauen negative Auswirkungen auf ihr gesamtes Berufsleben und natürlich auf ihr Lebenseinkommen. Mit der Einführung von Einkommensberichten und der Einkommensangabe bei Stellenausschreibungen wurde politisch ein wichtiger Schritt gesetzt und gibt uns die Möglichkeit, offensiver Gleichstellung einzufordern. Denn für die PRO-GE Frauen in ganz Österreich steht fest: "Das einzig akzeptable Datum für den Equal-Pay-Day ist der 31. Dezember, erst dann gibt es echte Gleichstellung! Seit März 2011 machen die PRO-GE Frauen österreichweit mit der Kampagne "Kein Scherz - Frauen schneiden immer noch schlechter ab" darauf aufmerksam, dass Frauen noch immer keine Chancengleichheit vorfinden. Mit dem Tragen des Scheren-Pins, dem Symbol der Kampagne, können Frauen und Männer ein sichtbares Zeichen für mehr Chancengleichheit setzen. Mit zahlreichen Betriebsaktionen führten die PRO-GE Frauen im Burgenland die Kampagne in PRO-GE-Betrieben und einer Verteilaktion gemeinsam auch am Equal-Pay-Day weiter. Seite 4
Vielen Dank an unsere BetriebsrätInnen!!! Tatkräftig unterstützten unsere Betriebsrätinnen bei der Verteilaktion im Einkaufszentrum Shopping Haidäcker Park die ÖGB-Frauen, um auch die Passanten und Passantinnen auf die Einkommensunterschiede aufmerksam zu machen. Seite 5
Erste Kunststofftechnikerin im Burgenland Stefanie Asanger hat vor kurzem ihre Lehre abgeschlossen und ist damit die erste Kunststofftechnikerin im Burgenland. Stefanie absolvierte die vierjährige Lehre bei der Firma Delphi-Packard-Austria, worauf Helga Supper, Betriebratsvorsitzende-Stellvertreterin und PRO-GE Landesfrauenvorsitzende, sehr stolz ist. Im Landhaus wurde sie von Landesrätin Verena Dunst ausgezeichnet. Im Bild v. li. n. re.:helga Supper, BRV Kurt Genser, LR Verena Dunst, Stefanie Asanger, Mutter Regina Asanger, Johann Wukics (Ausbildner) Wir wünschen unseren KollegInnen, BetriebsrätInnen, FunktionärInnen und FreundInnen ein frohes Weihnachtsfest sowie viel Glück, Gesundheit und Erfolg im neuen Jahr. Seite 6
Nein zur vorzeitigen Anhebung des Frauenpensionsalters! Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek zu Gast beim PRO-GE-Bundesfrauenvorstand Am 17. November konnten die PRO-GE-Frauen im Rahmen des Bundesfrauenvorstandes, Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, begrüßen. In ihrem Eingangsstatement betonte Heinisch-Hosek, wie wichtig es für sie ist, mit Gewerkschafterinnen zu diskutieren und sich freut, heute hier zu sein. Die geplante Schuldenbremse hat nun plötzlich eine öffentliche Diskussion um die vorzeitige Anhebung des gesetzlichen Frauenpensionsalters mit sich gebracht. Heinisch-Hosek stellt hier klar, dass eine solche Maßnahme für sie nicht in Frage kommt, solange die im Jahr 1992 vereinbarten Gleichstellungsziele nicht umgesetzt sind. Massive Unterstützung erhält sie dabei von den PRO-GE-Frauen! In der Diskussion berichten zahlreiche Kolleginnen von den Erfahrungen, welche Arbeitsbedingungen Frauen im Produktionsbereich vorfinden und dem Umgang mit älteren Arbeitnehmerinnen in den Betrieben. Solange die Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben nicht beseitigt sind, kann von einer vorzeitigen Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters keine Rede sein! Die KollegInnen sprechen sich vorrangig dafür aus, dass zuerst die Wirtschaft ihrer Verpflichtung nach zahlreichen, alternsgerechten Arbeitsplätzen nachkommen muss, damit viele Frauen in Beschäftigung bleiben können und nicht als Langzeitarbeitslose ihr Berufsleben beenden müssen. Weiters informiert sie über die umgesetzten Maßnahmen des Nationalen Aktionsplanes zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt. Die Einkommenstransparenz hat Bewegung in die Diskussion von fairen Einkommen gebracht. Der nun ebenfalls installierte Gehaltsrechner auf www.gehaltsrechner.gv.at erfreut sich großer Beliebtheit. Seit der Veröffentlichung Anfang Oktober 2011 konnten bereits rund 500.000 Zugriffe registriert werden. Erlass Mutterschutz Mit 1. Jänner 2011 ist ein Erlass in Kraft getreten, der die vorzeitigen Freistellungsgründe für schwangere Arbeitnehmerinnen neu definiert und eine strenge Auslegung des Mutterschutzgesetzes zum Inhalt hat. So ist es danach erst möglich, erst ab der 15. Schwangerschaftswoche eine vorzeitige Freistellung von der Arbeitsleistung zu erhalten. Schwangerschaftsblutungen, die vor der 15. Woche eingetreten sind, sind nach diesem Erlass kein Freistellungsgrund mehr und begründen einen Krankenstand. Das ist nur eine Maßnahme, weitere sind im Erlass genau definiert. Aber auch die Unternehmen werden nun stärker in die Verantwortung genommen: Ist kein geeigneter Arbeitsplatz für eine schwangere Arbeitnehmerin im Unternehmen verfügbar, so hat das Unternehmen für die bezahlte Freistellung zu sorgen. Das heißt, wenn die Frau einen stehenden Arbeitsplatz hat, so darf sie ab der 21. Woche dort nicht mehr als vier Stunden pro Tag arbeiten. Kann das Unternehmen keinen sitzenden Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, so muss es die Arbeitnehmerin auf eigene Kosten freistellen. Quelle: PRO-GE-Presse Kritisiert wird einerseits von den Gewerkschafterinnen die Art und Weise, wie dieser Erlass in Kraft getreten ist, nämlich heimlich, still und leise aber auch die Folgen, die nun dadurch entstehen, wenn die Entgeltfortzahlung durch lange Krankenstände eingeschränkt ist und es dadurch zu Problemen beim Wochengeld kommen kann. Nähere Infos dazu erhalten Betroffene bei der PRO-GE-Frauenabteilung, Tel. 01 / 53444 DW 69040. Seite 7
Impressum: Herausgeber und Hersteller: Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien; für den Inhalt verantwortlich: Landesfrauenvorstand Burgenland, 7000 Eisenstadt, ÖGB-ZVR-Nr.: 576439352