Epitaxie von Celestit Kristallen auf Baryt



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Transkript:

Epitaxie von Celestit Kristallen auf Baryt Sven Bundoks TU Bergakademie Freiberg Abstract. In situ AFM Experimente haben bereits dazu gedient Informationen über die Kinetik des epitaktischen Wachstums von Celestit Kristallen auf Baryt zu klären. Durch Variation der Konzentration in einer übersättigten Lösung wird im Versuch die Abhängigkeit des Wachstums zweidimensionaler Kristalle auf bestimmten Flächen von der Konzentration der Lösung geklärt. Die Birth and Spread Gleichung ermöglicht die theoretische Berechnung der Praktischen Werte und die PBC Theorie soll dazu dienen das Wachstum der Kristalle in bestimmte Richtungen auf Mikroebene am Beispiel des Aufwachsens von Celestit Kristallen auf Baryt zu erklären. 1. Einleitung Eine wertvolle Beobachtung die man bei natürlichen Kristallwachstum und in der künstlichen Kristallzüchtung machen kann ist die Bildung von festen Ba x Sr 1-x SO 4 in Form von oszillierenden zonaren Kristallen aus einer Lösung. Das ist häufig darauf zurückzuführen dass ein Wechsel zwischen Ba reichen und Sr reichen Schichten vorliegt. Dabei nehmen die bestehenden Kristalle keine Rücksicht auf die Zusammensetzung der vorliegenden Lösung aus der sie auskristallisieren, sondern folgen ihren eigenen bestimmten Wachstumsmechanismus. Bei der Bildung von oszillierenden Zonierungen kommt es zu autokatalytischem Kristallwachstum. Das heißt, dass eines der Endglieder einer chemischen Reaktion als Katalysator dient und den Verlauf der Reaktion beeinflusst. Beginnt die Kristallbildung auf der Oberfläche eines Kristalls mit einem Endglied der Mischkristallreihe reduziert sich die Konzentration an Ionen für dieses Endglied. Es kommt dann zur bevorzugten Anlagerung von Ionen des anderen Endgliedes. Dies geschieht unter Annahme dass die Lösung an Ionen verliert. Ist die Konzentration an Ionen durch ständigen Zustrom neuer Flüssigkeit konstant kann es zu Wiederholung des Prozesses kommen und es bilden sich die erwähnten oszillierenden Zonierungen. Auf diese Art lassen sich

2 Sven Bundoks die beobachteten Muster generell erklären. Die letztlich den mikroskopischen Faktoren betreffenden zusammensetzungsabhängigen Muster bleiben so jedoch ungeklärt. Diese Faktoren werden nach Sánchez-Pastor et al. (2005) und Referenzen offensichtlich durch die Interaktionen der Flüssigkeit und des Kristalls während des Wachstums bestimmt. Durch den hier angesprochenen Versuch von Sánchez-Pastor et al. (2005) wird näher auf die AFM (atomic force microscopy) Beobachtung des epitaktischen Wachstums von reinen Celestit auf der Baryt Fläche (001) eingegangen. Es wurden Sequenzen von AFM Bildern gesammelt die das Wachstum von Celestit abhängig von der Art der Übersättigung darstellen. Aus diesen Bildern werden die mikrotopographischen Veränderungen während des Wachstumsprozesses und die Wachstumsraten entlang der [001] Richtung abhängig von der Übersättigung entnommen. Unter zu Hilfename der PBC (Periodic Bond Chain) Theorie werden die mikrotopographischen Eigenschaften interpretiert und daneben mit dem Birth and Spread Model das zweidimensionale Kristallwachstum berechnet und dessen Aussagekraft für die Theorie des Wachstums überprüft. 2. Experimetiervorgang Das Experiment von Sánchez-Pastor et al. (2005) wurde unter Raumtemperatur in einer Fluidzelle des Digital Instruments Multimode Atomic Force Microscope (AFM), das im Contact Mode verwendet wurde, durchgeführt. Als Probe diente ein natürlicher Baryt Kristall. Dieser wurde nach seiner (001) Fläche ausgerichtet und in die Fluidzelle gebracht. Im Versuch wurden dann aquatische Lösungen mit verschiedenen Übersättigungsgraden über die Probe gegeben. Damit ständig gewährleistet ist dass das Lösungs-/Proben- Gleichgewicht besteht, wird die Probe jede Minute mit frischer Lösung überspült und jeder Versuch 3 bis 5 mal wiederholt um Veränderungen der Wachstumsraten klein zu halten. Die verwendeten Übersättigungsgrade berechnen sich nach der Formel β Celestit =α(sr 2+ )*α(so 4 2- )/K LP (K LP = Löslichkeitsprodukt für Celestit). β Celestit der Übersättigungsgrad im Bezug auf Celestit wurde im Bereich β Celestit =1 bis β Celestit =45,7 gewählt. α(sr 2+ ) und α(so 4 2- ) wurden dann mit PhreeqC berechnet und wie β Celestit in Tab.1 dargestellt. Gemessen wurde das Kristallwachstum und die Ausgabe erfolgte als Bildersequenz.

Epitaxie von Celestit Kristallen auf Baryt 3 Tabelle 1: Sánchez-Pastor et al. (2005), Konzentration und Übersättigung im Bezug auf eine im AFM Versuch verwendete Celestit Lösung 3. Beobachtungen der AFM Analyse Durch die Untersuchungen mit der AFM Messmethode hat sich nach Sánchez-Pastor et al. (2005) gezeigt, dass die Oberfläche von frischen Baryt durch einen Terrassenförmigen Aufbau kennzeichnet. Diese Terrassen sind wiederum durch Stufenförmige Absätze mit der Höhe 7,15 Å getrennt und orientieren sich an Ba 2+ 2- /SO 4 Bindungen entlang der [100], [110], [120] Richtungen wie es in Fig.1 dargestellt wird. Fig. 1: Sánchez-Pastor et al. (2005), AFM Aufnahmen von typischen Baryt (001) Flächen mit Stufenstruktur, (a) entlang der [120] und [110] Richtungen, (b) entlang der [100] und [110] Richtung.

4 Sven Bundoks Fig. 2: Sánchez-Pastor et al. (2005), AFM Aufnahme wenige Sekunden nach Beginn der Celestit Kristallisation auf der Baryt Fläche (001). (a) und (b) Während sich Celestit Kristalle in Richtung [100] gut ausbilden, (a) bilden sich in [120] Richtung noch keine Kristalle und (b) nur vereinzelt Kristalle in [110] Richtung. Im Versuch kam heraus, dass das Kristallwachstum bis zu einer Übersättigung β Celestit <12,58 auch über längere Zeit t>20min wie es aus der Tabelle 1 in Punkt 1 bis 7 entnommen werden kann, zu nur sehr geringen Kristallbildungen mit geringen Wachstumsraten kommt. Die Mikrotopographie der (001) Fläche des Baryt hat sich dabei nicht verändert. Bei Übersättigungen die β Celestit >10 kam es schon nach kurzer Zeit zur Bildung 2- dimensionaler Kristalle. Diese neugebildeten Kristalle bildeten sich hauptsächlich entlang der Stufen die sich auf der (001) Fläche des Baryt Kristalls befunden haben. Dabei haben sich die Kristalle nicht an den Stufen jeder Richtung gebildet. Es gab bevorzugt und weniger bevorzugt orientierte Stufen die mit Kristallen bewachsen sind (Fig.2). Weiter zeigte Sánchez-Pastor et al. (2005), dass die Inkubationszeit, die Zeit zwischen Injektion der Lösung und der Keimbildung, mit wachsendem Übersättigungsgrad abnimmt und das Bestreben sich nur an bestimmte Stufen anzulagern verringert. Bei hohen Übersättigungsgrad führte das dazu, dass die Kristallbildung nicht mehr abhängig von der Orientierung der Stufen war. Es konnten sich dichte Krusten entlang aller Stufen bilden. Eine wichtige Erscheinung war, dass sich 2-dimensionale Kristalle nur sehr bedingt auf den Terrassen der (001) Fläche gebildet und ausgebreitet haben. Es habe sich nur vereinzelte Inseln mit charakteristischen Polygonen mit den Kanten (001), {210}, {100}, die sich nach der Kristallstruktur des Baryt auf der (001) Fläche orientieren, epitaktisch gebildet. In Fig.3 wird das gezeigt.

Epitaxie von Celestit Kristallen auf Baryt 5 Fig. 3: Sánchez-Pastor et al. (2005), Celestit Kristallbildung auf der Baryt (001) Fläche mit einer Lösungszusammensetzung die der in Tabelle 1, Experiment Nummer 17 entspricht. Kristalle entlang der Stufen sind viel besser Entwickelt als Kristallinseln auf den Terrassen, die sehr klein sind. Die 2-dimensionalen Inseln orientieren sich nach den [100] und [210] Richtungen des Baryt. Wenn das Wachstum der 2-dimensionalen Kristalle in der Höhe fortschreitet verändern diese ihre Orientierung zum Celestit. Es bilden sich also Kristalle die ihre Gittereigenschaften an das des aufwachsenden Celestit anpassen. Mit dem Fortschritt des Wachstums der Celestit Kristalle an der Oberfläche des Baryt schließen sich entstandene Senken und bilden eine durchgehende Celestit Fläche wie Fig.4 zeigt. Das Wachstum dieser Schichten ist im starken Maße von der Konzentration der Lösung abhängig. In Fig.5 ist das dargestellt. (nach Sánchez-Pastor et al. (2005)) Fig. 4: Sánchez-Pastor et al. (2005), Celestit Kristallwachstum auf der Baryt (001) Fläche, zeitabhängig von (a) Celestit frei bis (d) flächendeckend bewachsen nach 10 min. unter einer Lösungszusammensetzung die der in Tabelle 1 unter Experiment Nummer 19 entspricht.

6 Sven Bundoks 4. Ergebnisauswertung Die Formation von Celestit auf der Baryt (001) Fläche ist vom Substrat abhängig. Aus dem Experiment geht hervor, dass ein Zusammenhang zwischen Wachstum und der Übersättigung der Lösung besteht. In der Theorie folgen Kristallwachstumsprozesse und die Kinetik des Wachstums offenbar dem Birth and Spread Model. Dieses Modell läst sich durch die (Gleichung 1.) verdeutlichen. Gleichung 1: R hkl Wachstumsrate normal zu hkl D hkl Höhe der Terrassen (Interplanare Distanz der wachsenden Flächen) Ω GU Molekularvolumen einer Wachstumseinheit υ mittlere Geschwindigkeit mit der sich adsorbierte Wachstumseinheiten auf der Kristalloberfläche verbreiten β Übersättigung C SE, hkl Mittlere Konzentration an Wachstumseinheiten an der Oberfläche n hkl Anzahl an Monomeren pro Einheitsfläche auf der Oberfläche D s Diffusionskoeffizient der Wachstumseinheit auf der Oberfläche X S, hkl Durchschnittliche Difussionsdistanz auf der Oberfläche in der durchschnittlichen Lebenszeit einer adsorbierten Wachstumseinheit σ hkl freie interfaziale Energie zwischen Wachstumseinheit und dem preexistierenden Kristall K Boltzmannkonstante (1,38 x 10-23 J/K) T absolute Temperatur Nach Sánchez-Pastor et al. (2005) ist es möglich mit diesem Modell die Wachstumsrate normal zur Kristallfläche als eine Funktion abhängig von der Übersättigung zu berechnen und dann mit den im Experiment ermittelten Werten zu vergleichen. Dies geschieht mit dem PC Programm Mikrocal ORIGIN 6.0. Fig.5 zeigt die experimentell ermittelten Wachstumsraten abhängig von der Übersättigung und in Tab.2 sind die dazu gefitteten Parameter dargestellt. Die berechnete Höhe der Celestit Schichten (d cel 002= 3,4 Å) entspricht der reellen (d cel 002= 3,442 Å) und erlaubt somit die Überprüfung der Genauigkeit des Fittings. Weiter ist auch der Vergleich des berechneten Molar Volumens der Wachstumseinheit mit dem theoretisch ermittelten Wert von SrSO 4 möglich. Ω 001 berechnete und geschätzte Werte liegen in der selben Größenordnung bei 10-29 m³. Diese Werte sind aber kleiner als der Wert für das gefittete SO 4 2- Anion (10-28 m³), liegen aber näher an den Werte für das Volumen von Sr 2+. So zeigt sich, dass die Auswertung der Daten mit Hilfe der Formel nicht in jeden Fall brauchbar ist,

Epitaxie von Celestit Kristallen auf Baryt 7 sondern dass häufig wie bei υ, die Werte nur geschätzt werden können. Die Werte für D s = 5 x 10-10 m 2 /s und X s ~ 10-9 m 2 /s entsprechen aber wieder den theoretischen Werten von Ohara et al. (1973) in Sánchez-Pastor et al. (2005) und Van der Eerden in Hurle in Sánchez-Pastor et al. (2005). Schwer schätzbare Werte sind h 001 und C SE,001. Deren Bedeutung und die Möglichkeit sie zu ermitteln von Pina et al. (2004) stammen. Danach sind diese Parameter in der Gleichung von physikalischer Bedeutung für das Kristallwachstum in aquatischen Elektrolytlösungen. Diese Annahme konnte mit diesem Versuch bestätigt werden. Denn noch unterscheiden sich diese Werte von denen in diesem Versuch um einige Größenordnungen. Pina et al. (2004) aus Sánchez-Pastor et al. (2005) erklärt die Schwierigkeiten die bei der Schätzung der Werte für n 001 und C SE,001 bestehen. Diese Werte sind nach der theoretischen Bestimmung der selben Größenordnung. Dies konnte in diesem Versuch belegt und in Tabelle 2 dargestellt werden. Tabelle 2: nach Sánchez-Pastor et al. (2005), Kristallwachstumsparameter für Celestit berechnet mit der Birth and Spread Gleichung (Gleichung 1) zu den durch das AFM Experiment ermittelt Wachstumsraten. d 001 (m) Ω GU (m 3 ) υ (m/s) n 001 (mon/m 2 ) D S (m 2 /s) 3.4 x 10-10 2.5 x 10-29 8000 2.1 x 10 13 5 x 10-10 C SE,001 (GU/m 2 X ) S,001 (m) σ 001 (J/m 2 Korellations- koeffizient R 2 ) 2.71 x 10 13 1.4 x 10-7 0.137 0.939 Fig. 5: geändert nach Sánchez-Pastor et al. (2005), Wachstumsraten normal zur Baryt (001) unter verschiedenen Übersättigungsgraden an Celestit. Die Daten wurden mit dem AFM ermittelt. β* Cel =2,3, β* Bar =7,0, β* Celestit ~10 sind die Übersättigungsgrenzen für Kristallwachstum von (β* Cel ) Celestit auf Celestit, (β* Bar ) Baryt auf Baryt und (β* Celestit ) Celestit auf Baryt.

8 Sven Bundoks Eine der Hauptrollen des Birth and Spread Modells ist es die Existenz einer Übergangskonzentration an Übersättigung zu belegen unter der keine Kristalle an der Oberfläche wachsen. Diese Konzentration lässt sich ebenso in Fig.5 erkennen. Ab dieser Grenze steigt die Wachstumsrate der Kristalle plötzlich an. Im Experiment von Sánchez-Pastor et al. (2005) liegt der Wert für das Wachstum 2-dimensionaler Celestit Kristalle auf Baryt (001) bei β* Celestit ~10. Dieser Wert ist im Vergleich zum Wachstum von Baryt auf Baryt (β* Bar =7,0) und Celestit auf Celestit (β* Cel =2,3) (Pina et al. (2000) und Risthaus et al. (1998) in Sánchez-Pastor et al. (2005)) bedeutend höher. Dieser Unterschied zeigt, dass das Wachstum von Kristallen gleicher Art aufeinander nicht so stark behindert wird. Im Modell ist dafür die treibende Kraft durch σ hkl gekennzeichnet. Die Gleichung 1 betrachtet die aufwachsenden Kristalle in vereinfachter Form als Scheiben die auf der Oberfläche gleich verteilt und isotroph sind (Ohara et al. (1973)). Im Experiment kann man aber erkennen, dass sich die Kristalle anisotroph in kristallographischen Formen ausbilden. Baryt und Celestit sind isostrukturell. Beide besitzen ähnliche Gitterparameter, gehören zum rhombischen Kristallsystem und kristallisieren in der Raumgruppe Pnma aus. Damit kann nach Sánchez-Pastor et al. (2005) die Untersuchung der Baryt (001) Fläche durch die periodicly bounded chain (PBC) Theorie genutzt werden um das epitaktische Wachstum von Celestit auf Baryt (001) zu erklären. Unter Berücksichtigung von Hartman und Strom (1989) in Sánchez-Pastor et al. (2005) haben die Wachstumsschichten die halbe Höhe der Elementarzelle von Baryt. Diese Schichten besitzen viele PBC Vektoren entlang denen unterschiedlich starke F Kräfte (Bindungskräfte) auftreten. Diese Hängen von der Bindungsstärke der Ba 2+ und SO 4 2- ab. Treten Stufen von Baryt Schichten entlang stark verknüpfter PBC Vektoren auf so sind dort die auftretenden F Kräfte am größten und es findet eine bevorzugte Anlagerung von zur Verfügung stehenden Kristallen statt. Die unterschiedlichen Bindungsverknüpfungen werden in Fig. 6 entlang der [001] Richtung mit den bedeutensten PBC Vektoren dargestellt. Die Bindungen in <120> Richtung sind linear. Dagegen sind Bindungen in <100> und <110> Richtung zickzackförmig. Stärkere Verknotung der Bindungen sind an der Oberfläche in Richtung dieser Vektoren rauer und besitzen damit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit Kristalle an sich zu binden. Wie es in den Beobachtungen der AFM Analyse schon erkannt wurde beginnen sich Kristalle erst dann anzulagern wenn die Übergangskonzentration (β* Celestit ~10) überschritten wird. Die Kristalle bilden sich dann zunächst entlang der Stufen mit den am wenigsten linearen Bindungen. Das sind die Stufen entlang der [100] Richtung. Seltener oder erst bei höherer Übersättigung bilden sich die Kristalle entlang der [110] und der [120] Richtungen. Ein weiteres Phänomen dass durch die PBC Vektoren erklärt werden kann sind die Formen die Celestit

Epitaxie von Celestit Kristallen auf Baryt 9 Fig. 6: Projektion einer (002) Baryt Schicht mit den wichtigsten PBC Vektoren. Inseln auf den Baryt Flächen annehmen. Dabei orientieren sich diese Kristallplättchen nach den PBC Vektoren der Baryt Oberfläche. Je mehr Celestit Schichten sich jedoch auf diese initialen Inseln anlagern desto geringer wird der Einfluss der Baryt Struktur und es bilden sich Polygone die sich an der Kristallstruktur des Celestit angleichen. 5. Zusammenfassung Die Aussagen des hier angesprochenen Experimentes zum epitaktischen Wachstums von Celestit auf Baryt und dessen Auswertung lässt sich wie folgt zusammenfassen: 1. Das AFM Analyseverfahren erlaubt die Rekonstruktion verschiedener Bedingungen die zur Bildung von Kristallen an der Oberfläche anderer Kristalle nötig sind. So zum Beispiel Druck, Temperatur und auch der Kontakt einer Kristalloberfläche zu einer übersättigten Lösung oder zu Gasen. 2. Die Oberfläche der Baryt (001) Fläche ist mikrostrukturell in Terrassen von wenigen Å Dicke gegliedert. Beim Kristallwachstum auf der Baryt Fläche orientieren sich die Celestit Kristalle, die als 2-dimensional angesehen werden können, entlang dieser Terrassenstufen. Nur selten wachsen Celestit Kristalle, unter dem Einfluss der Baryt Struktur, direkt auf den Terrassen in Form von Inseln. 3. Die Geschwindigkeit mit der sich die Celestit Kristalle bilden hängt vom Grad der Übersättigung ab. Erst ab der Übergangsübersättigung entstehen Kristalle an der Oberfläche des Baryt. Je höher dann die Konzentration in der Lösung ist desto schneller wachsen die 2-dimensionalen Kristalle. Sie Lagern sich übereinander ab

10 Sven Bundoks und verlieren dabei mit jeder Schicht an Beeinflussung durch die Baryt Fläche. 4. Die Birth and Spread Gleichung ermöglicht mit verschiedenen physikalischen Parametern die Theoretische Berechnung der Wachstumsrate. Sie ist dabei nur bedingt mit der Realität vereinbar, da einige Werte geschätzt werden müssen. Der Vergleich mit dem realem Versuch dient der Überprüfen deren Richtigkeit. 5. Eine mikrostrukturelle Erklärung des orientierten Kristallwachstums entlang der Stufen der Baryt (001) Fläche bietet die periodicly bounded chain Theorie. Nach dieser Theorie ist die Bindungsstärke von der Bindung der Ba 2+ und SO 4 2- Ionen abhängig. In unterschiedliche Richtungen (PBC Vektoren) ist die Bindung unterschiedlich groß und somit auch das Bindungsvermögen der Celestit Kristalle an die den PBC Vektoren folgenden Stufen auf der Baryt Oberfläche. Quellenverzeichnis Hartman P, Strom CS (1989) J. Crystal Growth, 97:502 Ohara M, Reid PC (1973) Modelling Crystal Growth Rates from Solution, Prentice Hall, Inc., Engelwood Cliffs, New Jersey, p. 272 Pina CM, Enders M, Putnis A (2000) Chemiche Geologie, 168:195 Pina CM, Putnis A, Astilleros JM (2004) Chemiche Geologie, 204:145 Risthaus P, Pina CM, Bosbach D, Becker U, Putnis A (1998) Ber. Deutsche Mineralogische Gesellschaft, 10:237 Sánchez-Pastor N, Pina CM, Astilleros JM, Fernández-Díaz L, Putnis A (2005) Epitaxial growth of celestite on barite (001) face at a molecular scale, 581:225-235 Van der Eerden JP, in: Hurle DTJ (ed.) (1993) Handbook of Crystal Growth 1a, North Holland, Amsterdam, p. 307