Hohage, May & Partner Mittelweg 147 20148 Hamburg Behindertenhilfe Berkhöpen- Burgdorf GmbH Herrn Sander Am Berkhöpen 3 31234 Edemissen HAMBURG Reinhold Hohage Rechtsanwalt Fachanwalt für Sozialrecht Fachanwalt für Medizinrecht Stephan May Fachanwalt für Steuerrecht Timo Prieß Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Fritz Rasche-Mader Steuerberater Hamburg, 5.9.2012 107/2012-HO/lb Personenbeförderung Lena Bahnsen Rechtsanwältin Mittelweg 147 20148 Hamburg Telefon 040 / 41 46 01-0 Telefax 040 / 41 46 01-11 hamburg@hohage-may.de Sehr geehrter Herr Sander, in unserem gemeinsamen Telefonat schilderten Sie, dass die Mitarbeiter oder ehrenamtlichen Helfer des von Ihnen betrieben FED Klienten befördern und zwar zu Ausflügen oder Ähnlichem. Diese Beförderung lassen sich insbesondere die ehrenamtlichen Helfer von den Eltern der beförderten Kinder bezahlen. Dabei erfolgt die Beförderung in Ihrem Auftrag, nicht aber die Erhebung des Entgeltes. In diesem Zusammenhang stellten Sie die Frage, wie der Sachverhalt im Hinblick auf die Personenbeförderung rechtlich zu bewerten ist, ob im Falle eines Unfalls Ihre Versicherung greift und welche Lösungsmöglichkeiten es evtl. gibt, sollte sich die rechtliche Bewertung als problematisch erweisen. Im Rahmen der Personenbeförderung ist zunächst zwischen dem Fahrer und dem Fahrbetrieb zu unterscheiden. Der Fahrer benötigt unter Umständen eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (FzF) nach der Fahrerlaubnisverordnung HANNOVER Thomas Rüter Fachanwalt für Arbeitsrecht Brehmstraße 3 30173 Hannover Telefon 0511 / 89 88 14-0 Telefax 0511 / 89 88 14-11 hannover@hohage-may.de MÜNCHEN Raimund Blattmann Fachanwalt für Sozialrecht Kurfürstenplatz 7 80796 München Telefon 089 / 18 90 47-0 Telefax 089 / 18 90 47-29 muenchen@hohage-may.de www.hohage-may.de GLS Gemeinschaftsbank eg BLZ 430 609 67 Konto 261 788 10 Deutsche Bank BLZ 200 700 24 Konto 52 59 65 0 Sitz: Hamburg Partnerschaftsregister Amtsgericht Hamburg PR 426
- 2 - (FeV), der Unternehmer des Fahrbetriebes benötigt unter Umständen eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Beide Gesetze knüpfen an dieselben Voraussetzungen an: Gemäß 48 Abs. 1 FeV bedarf einer zusätzlichen Erlaubnis (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung), wer einen Krankenkraftwagen führt, wenn in dem Fahrzeug entgeltlich oder geschäftsmäßig Fahrgäste befördert werden, oder wer ein Kraftfahrzeug führt, wenn in dem Fahrzeug Fahrgäste befördert werden und für diese Beförderung eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlich ist. Da ich davon ausgehen darf, dass bei Ihnen keine Krankenkraftwagen zum Einsatz kommen, sondern entweder Kleinomnibusse oder Pkws, ist für die Frage, ob ein Personenbeförderungsschein erforderlich ist, maßgeblich, ob eine Genehmigung für die Personenbeförderung nach dem PBefG benötigt wird. Den Vorschriften des PBefG unterliegt nach 1 des Gesetzes die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, mit Oberleitungsomnibussen und mit Kraftfahrzeugen. Das Gesetz gilt auch dann, wenn die betriebene Form der Personenbeförderung keiner der im Gesetz vertypten Form der Personenbeförderung entspricht, denn damit entfällt nicht die Genehmigungsbedürftigkeit, sondern lediglich der Genehmigungsfähigkeit (BayOLG, Beschl. v. 29.03.2000-3 ObOWi 51/2000). Als Entgelt sind auch wirtschaftliche Vorteile anzusehen, die mittelbar für die Wirtschaftlichkeit einer auf diese Weise geförderten Erwerbstätigkeit erstrebt werden. In den von Ihnen geschilderten Fällen muss der beförderte Fahrgast ein Entgelt entrichten. Damit erfolgt die Beförderung grundsätzlich entgeltlich. Auch wenn die Erhebung des Entgeltes nicht in Ihrem Auftrage erfolgt, so stellt sich dies jedenfalls für den Fahrgast so dar, weil die Beförderung im Zusammenhang mit den in Ihrem Namen erbrachten FED-Leistungen steht. Das Verhalten der Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer dürfte Ihnen nach außen insoweit zuzurechnen sein, auch wenn die Erhebung des Entgeltes entgegen einer internen Anweisung erfolgt. Eine andere Beurteilung der Sachlage wäre nur dann vorzunehmen, wenn auch die Beförderung als solche nicht in Ihrem Auftrag und im Rahmen der Leistungserbringung des FED erfolgt oder aber Sie den Kunden mitteilen, dass ein Entgelt nicht geschuldet ist, diese sich also zu Recht gegen die Erhebung eines Beitrages zur Wehr setzen dürfen.
- 3 - Zwar bestimmt 1 Abs. 2 PBefG, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes dann nicht eröffnet ist, wenn das Gesamtentgelt die Kosten der Beförderung nicht übersteigt. Davon umfasst sein sollen nach dem gesetzgeberischen Willen jedoch nur sog. Gefälligkeitsfahrten bzw. Fahrgemeinschaften (BGH, Urt. v. 29.07.1972 - I ZR 101/71), was eine enge Auslegung bedingt. Darunter sollen keine solchen Fahrten fallen, bei denen die Beförderung ausschließlich im Interesse des Mitfahrenden liegt, sog. Abhol- und Zugringerdienste (so z.b. OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.1995-7 M 6279/95). Schon aus diesem Grund ist die Anwendbarkeit dieser Ausnahmevorschrift ausgeschlossen, denn die Beförderung erfolgt im Zusammenhang mit den Leistungen des FED und damit allein im Interesse des Mitfahrenden. Darüber hinaus greift die Vorschrift auch dann nicht, wenn jedenfalls eine nicht gänzlich unentgeltliche aber geschäftsmäßige Beförderung erbracht wird. Dies ist der Fall, wenn die Personenbeförderung gleicher Art wiederholt werden soll oder sich als dauernder und wiederkehrender Teil der geschäftlichen Betätigung darstellt. Dabei kommt es gerade nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht an. Auch insoweit fallen die von Ihnen angebotenen Fahrdienste unter das PBefG, da derartige Leistungen als solche zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft regelhaft von Ihnen erbracht werden und zu ihrem geschäftsmäßigen Betrieb gehören. Auch weitere Befreiungstatbestände greifen nicht ein. So findet 48 FeV keine Anwendung und ein Personenbeförderungsschein ist dann nicht erforderlich, wenn die Beförderung nach dem PBefG unter die Freistellungsverordnung (FreiStVO) fällt und daher aus diesem Grund nicht genehmigungsbedürftig ist (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 48 FeV Rn. 7). Der Befreiungstatbestand nach 1 Nr. 3 FreiStVO ist vorliegend nicht einschlägig. Danach wird von den Vorschriften des PBefG die Beförderung mit Personenkraftwagen, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als sechs Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind, befreit, es sei denn, dass für die Beförderung ein Entgelt zu entrichten ist. Dies ist aber gerade der Fall. Eine weitere Befreiungsmöglichkeit sieht daneben 1 Nr. 4g) FreiStV vor. Danach ist von den Voraussetzungen des PBefG die unentgeltliche Beförderung von körperlich, geistig oder seelisch behinderten Menschen zu und von Einrichtungen, die der Betreuung dieses Personenkreises dienen, befreit. Voraussetzung ist jedoch auch hier, dass die Fahrt ohne Entrichtung eines Fahrpreises erfolgt. D.h. von dem Fahrgast darf unmittelbar kein Geld für die Beförderung als solche erhoben werden. Unschädlich ist dagegen, dass Dritte, wie der Sozialhilfeträger, ein Entgelt für diese Leistung entrichten, soweit dies in den Versorgungsauftrag des Sozialleistungsträgers fällt (OLG Hamm, Beschl. V. 2.5.1991-3 Ss OWi 462/91). Selbst wenn gewisse Fahrleistungen in den Vergütungssatz für die Leistungen des FED einkalkuliert worden sind,
- 4 - dürfen Zuzahlungen des Beförderungsgastes grundsätzlich nicht erhoben werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Fahrgast selbst unmittelbar an den Beförderer ein Entgelt (also seinen Eigenanteil) entrichtet (VG Arnsberg, Urt. v. 11.09.2003-7 K 5119/02 für die Beförderung zu einer Tagespflegeeinrichtung). Dies bedeutet, dass Sie als Träger eine Genehmigung zur Personenbeförderung benötigen und Ihre fahrenden Mitarbeiter eine Personenbeförderungsschein im Sinne einer Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Sollten Sie trotz Genehmigungsbedürftigkeit ohne Genehmigung fahren lassen, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit nach 61 Abs. 1 Nr. 1 PBefG dar, die bußgeldbewehrt ist. Darüber hinaus können sich einer Ordnungswidrigkeit schuldig machen, wenn Sie als Halter der Fahrzeuge Ihre Mitarbeiter ohne Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung fahren lassen oder dies sogar anordnen ( 48 Abs. 8 FeV i.v.m. 75 Nr. 12 FeV). Ebenso handelt der Mitarbeiter selbst ordnungswidrig nach 48 Abs. 1 FeV i.v.m. 75 Nr. 12 FeV). Als Beteiligter könnte er darüber hinaus gem. 14 OWiG i.v.m. 61 Abs. 1 Nr. 1 PBefG eine Ordnungswidrigkeit begehen für die Personenbeförderung ohne Genehmigung. Zudem könnte in der Erhebung eines zusätzlichen Entgeltes auch eine Verletzung der Vereinbarung mit dem Kostenträger liegen. Den Konflikt könnte man so lösen, dass den Mitarbeitern untersagt wird, ein Entgelt für die Beförderung zu erheben und dies notfalls auch konsequent durchgesetzt durch Abmahnung und Entlassung. Erfolgt die Beförderung im privaten Pkw, so kann ein Aufwendungsersatz geleistet werden, der weder eine geringfügigen Beschäftigung noch einer unentgeltlichen Tätigkeit entgegensteht, solange sich die Erstattungshöhe im Rahmen des steuerrechtlich anerkannten Rahmen hält (0,30 /km etc.). Hierzu wäre von dem betreffenden Mitarbeiter dann jeweils eine Reisekostenabrechnung zu erstellen. Damit würde das Erfordernis einer Genehmigung bzw. eines Personenbeförderungsschein umgehen. Dies dürfte auch im Interesse Ihrer Mitarbeiter sein, die sich hier selbst ordnungswidrig verhalten. Die damit verbundenen Kosten sind bei neuen Vergütungsverhandlungen einzukalkulieren und gegenüber dem Kostenträger durchzusetzen.
- 5 - Ob im Falle eines Unfalls etwaige Schäden in den vom Versicherungsschutz Ihrer Haftpflichtversicherung fallen, kann ich aufgrund der fehlenden Versicherungsbedingungen nicht beurteilen. Ich möchte Sie bitten, sich diesbezüglich mit Ihrer Versicherung in Verbindung zu setzen. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Lena Bahnsen Rechtsanwältin