Politik Sven Lippmann Die Streitkräfte der DDR - Die NVA als Parteiarmee unter Kontrolle ziviler Kräfte Studienarbeit
Ruprecht- Karls- Universität Heidelberg Institut für Politische Wissenschaft Oberseminar: Militär und zivile Politik II: Empirie Wintersemester 2006/07 Die Streitkräfte der DDR- Die NVA als Parteiarmee unter Kontrolle ziviler Kräfte vorgelegt von Sven Lippmann 1. Hauptfach: Poltische Wissenschaft 2. Hauptfach: Moderne Sinologie
Inhaltverzeichnis 1. Einleitung.3 2. Theoretischer Rahmen zivil- militärischer Beziehungen...5 2.1 Was ist Militär, wer ist Zivilist?...5 2.2 Peter D. Feaver- der Prinzipal regiert, der Agent gehorcht...7 2.3 Strategien ziviler Kontrolle nach Trinkunas...10 3. Zur Nationalen Volksarmee.....12 3.1 Gründung und Geschichte.....12 3.2 Armee für den Sozialismus Die NVA im Institutionengefüge der DDR 15 4. Die NVA im Parteistaat...18 4.1 Zivile Akteure in der Deutschen Demokratischen Republik... 18 4.2 Sicherung ziviler Dominanz....19 4.3 Zivile Kontrollmechanismen....22 5. Fazit...27 6. Literaturverzeichnis.29 2
1. Einleitung Die Partei, die Partei, die hat immer Recht. Für die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik war diese Zeile aus Luis Fürstenbergs Lied von der Partei lange Jahre unabwendbarer Teil ihrer Realität. Das in der DDR geltende Prinzip der führenden Rolle der Partei 1 war das entscheidende Grundprinzip des Herrschaftssystems im aus der sowjetischen Besatzungszone nach dem 2. Weltkrieg hervorgegangenen deutschen Staat (Weber 2004: 253). Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sicherte sich diese Vorherrschaft im Staat nicht nur im politischen Bereich, sondern in der gesamten Gesellschaft (ebd.: 253). Ein wichtiger Teil einer jeden staatlichen Gemeinschaft ist stets auch das Streitkräftesystem des Staates. Von besonderer Bedeutung ist das Militär in einer Situation, wie sie sich im Nachkriegseuropa mit der Entstehung zweier, sich feindlich gesinnter, Machtblöcke herausbildete. Die Wiedereinsetzung von Streitkräften war in den beiden deutschen Staaten als Symbol der Eigenstaatlichkeit eine bedeutende Größe und eine Notwendigkeit für die Teilnahme an der jeweiligen militärischen West- und Ostintegration (Wenzke 1998: 426). Für die neu entstandene DDR bildeten ihre Streitkräfte darüber hinaus auch den Garant des Schutzes der neuen sozialistischen Ordnung, so wie es die Verfassung der DDR von 1974 in Artikel 7.2 ausweist: Die Deutsche Demokratische Republik organisiert die Landesverteidigung sowie den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger. Die Nationale Volksarmee und die anderen Organe der Landesverteidigung schützen die sozialistischen Errungenschaften des Volkes gegen alle Angriffe von außen. Die Nationale Volksarmee pflegt im Interesse der Wahrung des Friedens und der Sicherung des sozialistischen Staates enge Waffenbrüderschaft mit den Armeen der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten. Es ist ein normaler Vorgang, dass ein Staat sich eine Armee gibt, der Aufbau von Streitkräften ist fester Bestandteil von State-Building-Prozessen. Da die DDR zweifelsohne kein vom Militär gegründeter Staat war, erschufen also Zivilisten das Militär und beauftragten es mit der Verteidigung des Staates vor seinen Feinden Die Zivilisten mussten Mittel und Wege erschaffen, sich zu versichern, dass das eingesetzte Militär sich so verhält, wie es die zivile Führung wünschte (vgl. Feaver 2003). Diese Arbeit beschäftigt sich daher mit der Beziehung der zivilen Organe der DDR zum Militär. Die Arbeit wird sich allerdings nicht um ein Bild der allgemeinen Beziehungen der Zivilisten in der DDR zu 1 Die Partei bezieht sich hier auf die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), eine nach leninistischem Muster strukturierte politische Organisation. Der Führungsanspruch der Partei war seit 1968 im Artikel 1 der Verfassung der DDR verankert. 3