Zukunftsfragen der Europäischen Währungsunion

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Transkript:

Zukunftsfragen der Europäischen Währungsunion Klaus Regling, Geschäftsführender Direktor des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) 30. Internationales Zinsforum Frankfurt, 17. Dezember 2015

Europas Wirtschaft nach der Krise 1. Die Krise hat die Euro-Staaten enger zusammengeführt 2. Griechenland «Fass ohne Boden»? 3. Liegt die Eurokrise hinter uns? 4. Was noch getan werden muss 1

1. Die Krise hat die Euro-Staaten enger zusammengeführt 2

Eine Geschichte zweier Krisen Global Finanzkrise erreichte Höhepunkt 2008 Sub-Prime-Krise ging von den USA aus Zu viel Liquidität, Risikoprämien zu niedrig Ungenügende Überwachung der Finanzindustrie Staatsschuldenkrise in Europa folgte 2010 Zu große Budgetdefizite und Schuldenstände, Mangel an Wettbewerbsfähigkeit in mehreren Ländern Lücken im Institutionengefüge der Währungsunion Das Undenkbare passierte: mehrere Euro-Staaten verloren Marktzugang Auseinanderbrechen des Euroraums wurde zur realen Gefahr 3

Moderater, robuster Aufschwung im Euroraum Ein beachtlicher Erfolg ansgesichts des Ausmaßes der Krise Reales BIP-Wachstum im Jahresvergleich (%) Euroraum Deutschland Irland Spanien Portugal 8 6 4 2 0-2 -4-6 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Kommissionprognose Herbst 2015 4

Europas Antwort auf die Krise 1) Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen in Mitgliedstaaten 2) Geldpolitik im Krisenmodus 3) Engere Abstimmung der Wirtschaftspolitik in der Währungsunion 4) Stärkung des Bankensektors 5) Aufbau von Krisenmechanismen: EFSF and ESM 5

1) Die Strategie wirkt Erfolge in der Haushaltspolitik Budgetsaldo, Euro-Staaten (in % des BIP) Budgetsaldo, Euroraum vs USA und Japan (in % des BIP) 5 * Deutschland Irland Griechenland Portugal Spanien Zypern 2 Euroraum US Japan UK 0 0-2 -5-4 -6-10 -8-15 -10-12 -20 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017-14 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Kommissionsprognose Herbstprognose 2015 * Wert für Irland 2010: -32.4% 6

1) Die Strategie wirkt Wettbewerbsfähigkeit steigt Lohnstückkosten nominal, Gesamtwirtschaft (2000 = 100) Leistungsbilanz (in % des BIP) Deutschland Irland Griechenland Deutschland Irland Griechenland Portugal Spanien Zypern Portugal Spanien Zypern 150 10 140 5 130 0 120-5 110-10 100-15 90 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017-20 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Kommissionsprognose Herbstprognose 2015 7

1) EFSF-/ESM-Programmstaaten sind Reform champions Griechenland, Irland, Portugal und Spanien sind unter den Top 5 der 34 OECD-Staaten bei der Umsetzung von Strukturreformen Ranking im OECD-Bericht 1. Griechenland 2. Irland 3. Estland 4. Portugal 5. Spanien Euroraum-Länder unter einem Finanzanpassungsprogramm gehören zu den OECD-Staaten, deren Bereitschaft zur Umsetzung [von OECD-Empfehlungen zu Strukturreformen] am höchsten war und wo diese Bereitschaft auch am meisten gewachsen ist, verglichen mit der Vergangenheit. - Going for Growth (OECD-Bericht) Quelle: OECD-Bericht Going for Growth, 2015 Weltbank, World Economic Forum, Lisbon Council kommen zu ähnlichen Ergebnissen 8

2) Angemessene EZB-Krisenreaktion EZB weitet ihre Bilanz behutsam aus verglichen mit anderen Zentralbanken EZB stellt langfristig Liquidität für den Bankensektor zur Verfügung Aufkäufe von festverzinslichen Wertpapieren und anderen Finanzinstrumenten Negativer Einlagenzins Banken haben Anreize, Kredite zu vergeben und Investoren risikoreichere Anleihen zu kaufen Der schwache Euro Wechselkurs unterstützt die Konkurrenzfähigkeit der Industrie 600 500 400 300 200 100 Ausdehnung der Zentralbankbilanzen seit Januar 2008 (Januar 2008 = 100) 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: genannte Zentralbanken ECB FED BoE BoJ 9

3) Bessere wirtschaftspolitische Abstimmung im Euroraum EU hat Spielraum bei nationalen Haushaltsdefiziten begrenzt Strengerer Stabilitäts- und Wachstumspakt Fiskalpakt Bessere wirtschaftspolitische Abstimmung ( Europäisches Semester ) Empfehlungen für nachhaltige Fiskalpolitik Empfehlungen an alle Länder, Wachstumshürden zu beseitigen Neues Verfahren gegen makroökonomische Ungleichgewichte Breiter angelegte makroökonomische Überwachung Kommissionsempfehlungen bei Ungleichgewichten Mögliche Sanktionen 10

4) Stärkung des Bankensystems Neue Institutionen Neues Frühwarnsystem des ESRB gegen makroprudenzielle Risiken Drei neue Aufseher für Banken, Wertpapierhäuser und Versicherungen Start der Bankenunion Einheitlicher Aufseher SSM überwacht systemrelevante Banken Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (SRM) und Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) Von Bail-out zu Bail-in: neue Regeln zur Bankenabwicklung (BRRD) Mehr Eigenkapital für Banken Banken in der EU haben ihr Kapital seit dem Anfang der Krise um mehr als 600 Mrd. erhöht 11

5) EFSF und ESM: Aufgabe und Instrumente Aufgabe: Finanzstabilität in Europa garantieren durch Gewährleistung von Finanzhilfen mit Konditionalität Instrumente Darlehen Aufkäufe am Primärmarkt Aufkäufe am Sekundärmarkt Vorbeugende Programme Bankenrekapitalisierung durch Darlehen an Regierungen Direkte Rekapitalisierung von Banken* Nur ESM Jede Art von Hilfe ist an angemessene Reform- und Sparbedingungen geknüpft (Konditionalität) EFSF und ESM finanzieren ihre Aktivitäten durch das Begeben von Anleihen und anderen Finanzinstrumenten 12

Was haben ESM und EFSF bislang gemacht? Maximale Ausleihkapazität: 700 Mrd. Gesamte Auszahlungen bislang 253,5 Mrd. 5 Länder haben Darlehen bekommen Irland, Portugal, Spanien, Zypern, Griechenland 4 Erfolgsgeschichten Irland, Portugal und Spanien haben Programme erfolgreich beendet Zypern beendet sein Programm im März Griechenland ist ein Sonderfall Griechenland hat gerade ein neues Programm von bis zu 86 Mrd. begonnen 13

Was haben EFSF und ESM bewirkt? Alle Mitgliedsstaaten konnten im Euroraum bleiben Geld gegen Reformen: Programme befördern Reformen und Anpassung Vorbilder: IWF-Programme in Brasilien, Türkei, Südkorea und Indonesien Schuldentragfähigkeit EFSF-/ESM-Programme ermöglichen erhebliche Haushaltseinsparungen beim Schuldendienst Teilung von Risiken Darlehensgeber der letzten Instanz für Staaten 18. 14

Finanzierungsvorteile der Darlehen von EFSF und ESM Ersparnisse durch EFSF/ESM-Darlehen im Vergleich zu theoretischen Marktkosten (für 2014) In Milliarden In Prozent des BIP In Prozent der gesamten Primärausgaben Zypern 0,26 1,5 4,3 Griechenland 7,87 4,4 10,86 Irland 0,09 0,05 0,15 Spanien 0,82 0,08 0,21 Portugal 0,49 0,28 0,69 Anmerkung: Berechnungen basieren auf durchschnittlichen Zinsdifferenzen für Wertpapiere des jeweiligen Landes entsprechend dem Laufzeitprofil des EFSF/ESM. Dies Zinskosten werden mit den entsprechenden Marktkosten des EFSF/ESM verglichen. Quelle: ESM Jahresbericht 2014 15

Kosten und Risiken für Deutschland Kosten für den Bundeshaushalt 600 Millionen 2013 und 530 Millionen 2014 Einmalig 22 Milliarden für eingezahltes Kapital beim ESM im Zeitraum 2012 2014 (kein Verlust!) Ersparnis für öffentliche Haushalte Risiken 25 30 Milliarden pro Jahr wegen krisenbedingt niedriger Zinsen Verpflichtung Deutschlands gegenüber Maximale Verpflichtung Aktuelle Verpflichtung ESM Target-Salden? 190 Mrd. 35 Mrd. EFSF 90 Mrd. 90 Mrd. Greek Loan Facility 12 Mrd. 12 Mrd. Gesamt 292 Mrd. 137 Mrd. 16

Europas Antwort auf die Krise 1) Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen in Mitgliedstaaten 2) Geldpolitik im Krisenmodus 3) Engere Abstimmung der Wirtschaftspolitik in der Währungsunion 4) Stärkung des Bankensektors 5) Aufbau von Krisenmechanismen: EFSF and ESM 17

2. Griechenland «Fass ohne Boden»? 18

Die drei Rettungsprogramme für Griechenland Das neue ESM-Programm ist das dritte Rettungspaket für Griechenland 1. Programm* (2010-2011) Greek Loan Facility (bilaterale Kredite): 52.9 Mrd. IWF: 20.1 Mrd. Gesamt: 73 Mrd. 2. Programm* (2012-2015) EFSF: 141.8 Mrd. IWF: 11.7 Mrd. Total: 153.5 Mrd. 3. Programm (2015-2018) ESM: bis zu 86 Mrd. (zugesagt) bisher ausgezahlt: 20.4 Mrd. IWF: noch unklar * Für die ersten beiden Programme werden die ausgezahlten Beträge angegeben. Mehr als 300 Mrd. an Darlehen: wird Griechenland je zurückzahlen können? 19

Griechenland muss kein Fass ohne Boden sein Griechenlands Ausgangspunkt war schlechter als bei anderen Programmstaaten, die Erholung wird länger dauern Griechenland hat im 2. Programm gute Fortschritte gemacht: Wirtschaftswachstum kam 2014 zurück, Arbeitslosigkeit began zu fallen, Rückkehr an die Märkte war wieder möglich Regierungswechsel brachte positiven Trend zum abrupten Ende: 2015 wieder fallendes oder stagnierendes BIP Sorgen über Griechenlands Schuldentragfähigkeit sind gerechtfertigt, aber differenzierte Betrachtung ist erforderlich: Verhältnis Schuldenstand/BIP ist kein zuverlässiger Indikator Besserer Indikator: Bruttofinanzierungsbedarf (gross financing needs) Es gibt keinen wissenschaftlichen Grenzwert, ab wann Schuldenstand nicht mehr nachhaltig ist Griechenland hat viele Jahre Zeit, ehe es den Großteil seiner Schulden zurückzahlen muss Laut OECD kann Griechenland hohes Potenzialwachstum erreichen 20

Griechenlands Aufschwung 2014 Verbesserte Wachstums-, Export- und Arbeitsmarktdynamik Erstes positives Wachstum in 6 Jahren: + 0,8% Exporte stiegen 2014 um 8,7% (höchster Zuwachs in EU) Arbeitslosenrate seit Rekordwert 2013 um 2%-Punkte gesunken Grafik 1: Realwachstum (%) Grafik 2: Exporte (Jahresveränderung in %) Grafik 3: Arbeitslosenrate (in %) 2 0-2 -4-6 -8-10 2010 2011 2012 2013 2014 2015 12 10 8 6 4 2 0-2 -4-2.5 7.8 8.9 8.2 10.0 1.3 Q4 13 Q1 14 Q2 14 Q3 14 Q4 14 Q1 15 30 25 20 15 10 5 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: Eurostat, Kommissionen and ESM-Berechnungen 21

Arten der Schuldenerleichterung für Griechenland Mögliche Maßnahmen zur weiteren Schuldenerleichterung* Laufzeitenverlängerung bei den Darlehen Verlängerung der Zinsstundung Erneute Überweisung der ANFA- und SMP-Gewinne an Griechenland Günstige Kreditbedingungen sind große Hilfe für Griechenland Barwert des ESM-Darlehens ist deutlich niedriger als Nominalwert von 86 Mrd. Aus griechischer Sicht ist das eine bedeutsame Erleichterung des Schuldendienstes Wichtig: dabei entsteht kein Verlust für Darlehensgeber, aber Risiken werden übernommen Schuldenerleichterung wichtig, doch der Schlüssel zum Erfolg ist entschlossene Umsetzung von Reformen * Falls notwendig und erste Review des ESM-Programms erfolgreich abgeschlossen wird 22

3. Liegt die Eurokrise hinter uns? 23

Euroraum steht besser da Moderater, robuster Aufschwung im Euroraum 4 Erfolgsgeschichten (Irland, Spanien, Portugal, Zypern) Reales BIP-Wachstum im Jahresvergleich (%) Euroraum Deutschland Irland Spanien Portugal 8 6 4 2 0-2 -4-6 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Kommissionsprognose Herbst 2015 24

Was ist The New Normal? Trendwachstum etwa 1% Pro-Kopf Wachstum wieder wie in den USA Pro-Kopf-Wachstum in USA und EU 4 3 2 1 0-1 -2-3 -4-5 -6 Euro area United States Quelle: Kommissionsprognose Herbstprognose 2015 25

Deflationrisiken und Arbeitsmärkte Deflationrisiken verschwunden Schrumpfender Output-Gap treibt Verbraucherpreise in die Höhe Inflationserwartungen und Kerninflation steigen Arbeitsmärkte im Aufwind Reformen stützen Beschäftigungswachstum Trends bei Beschäftigung und Partizipationsrate sind seit 2000 positiv 26

Beschäftigung wächst, Partizipationsrate steigt Beschäftigungsrate(%) 68 Euroraum US 66 64 62 60 58 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 Partizipationsrate(%) Euroraum US 74 72 70 68 66 64 62 60 58 56 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Anmerkung: Daten bis Q2 2015 für den Euroraum und Q3 2015 für die USA Quelle: Eurostat und BLS Anmerkung: Daten bis Q2 2015 für den Euroraum und Q3 2015 für die USA Quelle: Eurostat und BLS 27

4. Was noch getan werden muss 28

Produktivität und Potenzialwachstum stärken Europa hinkt bei Produktivität hinter den USA hinterher BIP pro Arbeitnehmer (2000=100) Euroraum US 125 120 115 110 105 100 95 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 Quelle: Kommissionsprognose Herbstprognose 2015 Bankbilanzen müssen weiter bereingt werden, damit Banken wieder Darlehen vergeben Mehr Investitionen: Juncker-Plan ist ein Anfang Einwanderung kann helfen Wirtschafts- und Währungsunion vertiefen 29

Flüchtlinge: neue Herausforderung, die Wachstum stimulieren kann Erhebliche zusätzliche öffentliche Ausgaben in mehreren Euro-Staaten Risiko von sozialen Spannungen Gute Integrationspolitik erforderlich Angebotsschock könnte demographische Herausforderung lindern Einfluss auf Wachstum ist zunächst gering, aber positiv: BIP-Niveau steigt um 0,2 bis 0,3% bis 2017 30

Weitere Integration: hin zu einer robusteren Währungsunion Vorschläge aus dem Bericht der 5 Präsidenten (Juncker, Tusk, Dijsselbloem, Draghi, Schulz) Bankenunion vervollständigen: wieder mehr Integration der Finanzmärkte Kapitalmarktunion: Fragen der Besteuerung, Insolvenzordnung und des Unternehmensrechts angehen Mehr Risikoteilung Begrenzte Fiskalkapazität für den Euroraum Finanzminister für den Euroraum Bessere externe Vertretung 31

Europas Wirtschaft nach der Krise Euroraum insgesamt wurde vor Verwerfungen bewahrt Vier Programmländer sind EFSF- und ESM-Erfolgsgeschichten: Irland, Portugal, Spanien und Zypern Auch Griechenland kann zur Erfolgsgeschichte werden, falls Reformen umgesetzt werden EFSF- und ESM-Notdarlehen haben Finanzstabilität in Programmländern wieder hergestellt Reformauflagen in Programmstaaten (Strukturreformen, Budgetkonsolidierung) machen Euro-Raum insgesamt wettbewerbsfähiger und robuster Notdarlehen sind keine Transferzahlungen und führen zu keinen Kosten für europäische Steuerzahler Zustimmung zum Euro steigt 32

Unterstützung für den Euro steigt Unterstützung für den Euro - % der Euroraum-Bevölkerung 65 61 60 55 59 52 51 56 55 57 57 50 45 45 47 40 35 30 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Anmerkung: Die Frage lautet: Having the euro is a good or a bad thing for your country (% - EURO AREA) Quelle: Eurobarometer Oktober 2015 33

LUXEMBURG IRLAND DEUTSCHLAND ESTLAND SLOWAKEI ÖSTERREICH GRIECHENLAND SPANIEN FINNLAND SLOWENIEN MALTA PORTUGAL EURORAUM FRANKREICH BELGIEN NIEDERLANDE LITAUEN LETTLAND ZYPERN ITALIEN Unterstützung für den Euro pro Land 90 Unterstützung für den Euro % der Bevölkerung 80 70 60 79 75 70 67 67 66 65 64 64 62 62 61 61 59 59 57 55 54 50 50 49 40 30 20 10 0 Anmerkung: Die Frage lautet: Having the euro is a good or a bad thing for your country (% - EURO AREA) Quelle: Eurobarometer Oktober 2015 34

Kontakt Wolfgang Proissl Chefsprecher Phone +352 260 962 230 w.proissl@esm.europa.eu Luis Rego Stellvertretender Sprecher Phone +352 260 962 235 l.rego@esm.europa.eu Douwe Miedema Sprecher Finanzpresse Phone +352 260 962 236 d.miedema@esm.europa.eu @ESM_Press www.esm.europa.eu