November 2007Disclose. Aktuelles aus Rechnungslegung und Revision



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Transkript:

November 2007Disclose Aktuelles aus Rechnungslegung und Revision

Editorial 3 Die Revision erhöht die Qualität des Jahresabschlusses 4 Auch Pensionskassen brauchen eine Corporate Governance 7 Wie Steuern nicht zu Risiken in der Jahresrechnung werden 11 Interne Revision schafft Sicherheit 15 Die Konvergenz der Standards bringt (fast) nur Vorteile 19 Die neue Segmentberichterstattung nach IFRS 23 Was passt am besten: IFRS für KMU oder Swiss GAAP FER? 27 Leserservice 30 Herausgeber: PricewaterhouseCoopers AG, Geschäftsbereich Wirtschaftsprüfung, Birchstrasse 160, 8050 Zürich Konzept, Redaktion und Gestaltung: PricewaterhouseCoopers AG, Zürich Textliche Überarbeitung: Graf Moll & Partner, Corporate Publishing GmbH, Zürich Druck: Stämpfli Publikationen AG, Bern Disclose Aktuelles aus Rechnungslegung und Revision (www.pwc.ch/disclose) erscheint zweimal jährlich in deutscher und französischer Sprache mit einer Auflage von 12 000 Exemplaren. Bestellungen von Gratisabonnementen und Adressänderungen: sonja.jau@ch.pwc.com

Editorial «Wo waren die Revisoren?» Diese Frage wird bei Unternehmensskandalen regelmässig gestellt. Treten Unregelmässigkeiten oder gar Betrugsfälle zutage, wird auch über den Nutzen der Wirtschaftsprüfung diskutiert. Pricewaterhouse Coopers ist der Frage nach dem Mehrwert der Revision nachgegangen und hat in einer repräsentativen Umfrage die direkten Auswirkungen der Prüfung auf die Qualität der Jahresrechnungen untersucht. Der erste Beitrag dieser Ausgabe von «Disclose» präsentiert die Resultate dieser Untersuchung und zeigt auf, dass die Revision zu einer wesentlichen Verbesserung der Qualität der Finanz informationen beiträgt. Der nächste Beitrag widmet sich dem Thema «Corporate Governance bei Pensionskassen». Die Erarbeitung, Umsetzung und Weiterentwicklung einer guten Corporate Governance wird in naher Zukunft auch für Pensionskassen eine hohe Priorität haben. Der Steuerbereich birgt für viele Unternehmen ein überdurchschnittliches Risikopotenzial. Der Beitrag «Wie Steuern nicht zu Risiken in der Jahresrechnung werden» unterstreicht die entscheidende Bedeutung einer guten Zusammenarbeit zwischen Steuerverantwortlichen und Rechnungslegungsspezialisten. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung stützen sich bei ihren Entscheidungen auf Informationen, ohne deren Vollständigkeit und Richtigkeit in jedem Fall überprüfen zu können. Der entsprechende «Disclose»-Beitrag erläutert, wie die Interne Revision auf diesem Gebiet Sicherheit schaffen kann. Die Rechnungslegung nach IFRS und US GAAP unterscheidet sich teilweise stark. Dies ist weder aus der Sicht der Unternehmen noch aus jener der Kapitalmärkte effizient. Der Beitrag «Die Konvergenz der Standards bringt (fast) nur Vorteile» behandelt in vertiefter Weise die Angleichung der Rechnungslegungsstandards. Mit der Einführung des IFRS 8 wurde bereits eine Konvergenz zwischen IFRS und US GAAP im Bereich der Segmentberichterstattung erreicht. Der Beitrag dazu gibt einen Überblick über den neuen Standard, wägt die Auswirkungen ab und zeigt den Handelsbedarf für Unternehmen auf. Auch der letzte Beitrag dieser Ausgabe greift ein Thema auf, das mit den IFRS zu tun hat: Bald können Schweizer KMU zwischen zwei Regelwerken wählen: ob Swiss GAAP FER, ob IFRS für KMU beide Rechnungslegungsstandards entsprechen den Bedürfnissen der kleinen und mittleren Unternehmen nach einer einfacheren Anwendung und zugleich einer aussagekräftigen und transparenten Jahresrechnung. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Peter Ochsner Partner, Zürich, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter Wirtschaftsprüfung Schweiz, peter.ochsner@ch.pwc.com Disclose November 2007 3

Die Revision erhöht die Qualität des Jahresabschlusses Nur wenige börsenkotierte Unternehmen legen dem Abschlussprüfer eine einwandfreie Jahresrechnung vor, die kaum Änderungen verlangt. Im Rahmen der Prüfung werden daher häufig Korrekturen vorgenommen. Dadurch erhöht die externe Revision die Qualität der Finanzinformationen und festigt das Vertrauen der Anspruchsgruppen in das geprüfte Unternehmen. Peter Ochsner Partner, Zürich, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter Wirtschaftsprüfung Schweiz, peter.ochsner@ch.pwc.com Aufgabe des Wirtschaftsprüfers ist es, die Jahresrechnung daraufhin zu überprüfen, ob sie dem Gesetz, den gewählten Rechnungslegungsgrundsätzen und den Statuten des Unternehmens entspricht. Die Revision bewirkt aber mehr als diesen Konformitätsnachweis: Sie erhöht die Qualität des Jahresabschlusses und bildet dadurch die Grundlage, dass der Kapitalmarkt in die Angaben des geprüften Unternehmens vertrauen kann. Zudem gibt die Wirtschaftsprüfung dem Verwaltungsrat die Gewissheit, dass dieser sich auf die Richtigkeit der Abschlüsse verlassen und damit seiner gesetzlich vorgeschriebenen Rolle nachkommen kann. Diese Aussagen sind nun empirisch belegt: PricewaterhouseCoopers hat in einer repräsentativen Erhebung die Auswirkungen der Revision auf die Qualität des Jahresabschlusses von Gesellschaften untersucht, die an der Schweizer Börse SWX kotiert sind. Die Ergebnisse der Erhebung, die sich auf die Prüfungssaison 2006/07 beziehen, überraschen die Branche zwar nicht, dürften aber die Öffentlichkeit interessieren. Die Prüfungsarbeiten sind bei weitem umfangreicher als allgemein angenommen. Im Schnitt bearbeiten die Wirtschaftsprüfer fünf Versionen der Jahresrechnungen; die Bandbreite reicht von einer bis zu über zehn Fassungen. Nur wenige Unternehmen legen der externen Revision einen Jahresabschluss vor, der kaum Korrekturen verlangt. Es ist unnötig, zu betonen, dass der Prüfungsaufwand und damit die Kosten mit der Anzahl der Fassungen zunehmen. Stefan Bosshard Senior Manager, Zug, stefan.bosshard@ch.pwc.com Hoher Korrekturbedarf in Bilanz und Erfolgsrechnung Unabhängig von der Anzahl der Versionen des Jahresabschlusses besteht ein hoher Korrekturbedarf: Mehr als die Hälfte der erfassten Unternehmen, 54 Prozent, müssen aufgrund der Prüfung Korrekturen in der Bilanz und der Erfolgsrechnung vornehmen. Besser schneiden jene Unternehmen ab, deren Titel im Swiss Market Index (SMI), dem Blue-Chip-Index der Schweizer Börse, enthalten sind: Nur 29 Prozent der untersuchten Unternehmen, die diesem Segment angehören, mussten ihre Bilanz oder Erfolgsrechnung im Laufe der Revision korrigieren. Gesellschaften, die auch der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC unterstehen, legten einwandfreie Rechnungen zur Prüfung vor. Die Gründe für die recht hohe Korrekturquote bei den Abschlüssen börsenkotierter Unternehmen liegen hauptsächlich in einer Fehlinterpretation der Rechnungslegungsgrundsätze, unangemessenen Bewertungen, unsorgfältiger Vorbereitung, nicht hinreichenden internen Kontrollen und grundlegenden Buchungsfehlern. In einigen Fällen mangelt es an rudimentären Kontrollen wie dem Vieraugenprinzip. 4 Disclose November 2007

Die Änderungen, die aus der Revision resultieren, wirken sich hinsichtlich der Jahresergebnisse sowie des Eigenkapitals quantitativ weniger bedeutend aus. Im Gegenzug verbessern sie die Qualität der Jahresrechnung (True and Fair View), primär bezüglich Klarheit und Verständlichkeit, wesentlich. Dies ist bedeutend für die Schaffung von Transparenz und schlägt sich positiv auf das Vertrauen des Kapitalmarktes in das Unternehmen nieder. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die meisten Korrekturen zu höheren Jahresergebnissen führen, zugunsten der geprüften Firma also. Ungenügende Transparenz und Verständlichkeit im Anhang Der Anhang, der die einzelnen Posten der Bilanz, der Erfolgsrechnung und der Mittelflussrechnung erläutert, ist für Investoren und Finanzanalysten von hohem Aussagegehalt. Gerade hier jedoch lässt die Qualität zu wünschen übrig: Bei 98 Prozent der untersuchten Gesellschaften stellten die Wirtschaftsprüfer einen Anpassungsbedarf des Anhangs fest. Dieser resultierte teilweise aus fehlerhaften Darstellungen, teilweise aus einer unzureichenden Offenlegung. Häufig mangelte es aber auch an der Verständlichkeit; die Formulierungen waren nicht korrekt, der Wortlaut nicht adäquat gewählt. Gemessen an einer Skala von eins (minimale Korrekturen) bis zehn (substanzielle Änderungen) bewegten sich die Fehler vorwiegend im Bereich von zwei bis fünf, wiesen also mittleren Anpassungsbedarf im Anhang auf. Unsicherheit bei der Interpretation von Standards Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, die Rechnungslegungsstandards richtig zu interpretieren und in die Praxis umzusetzen. Bei 61 Prozent der untersuchten Unternehmen war dies der Fall. Ein wichtiger Grund liegt zweifelsohne in der Komplexität der Rechnungslegungsnormen. Viele Unsicherheiten beziehen sich denn auch auf Standards, die kurz vor dem betreffenden Geschäftsjahr geändert wurden, beispielsweise die Standards über die Bilanzierung von Leistungen zur Altersvorsorge (IAS 19), über die erfolgswirksame Bilanzierung aktienbasierter Vergütungsinstrumente (IFRS 2) oder über die Vorsorgeverpflichtungen (FER 16). Dies ist nicht weiter verwunderlich, zumal die offizielle Interpretation eines Standards zumeist auf sich warten lässt. Bisweilen dauert es beispielsweise zwei Jahre, bis das International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC), zuständig für die Auslegung der International Financial Reporting Standards (IFRS), seine Interpretation veröffentlicht. Diese zeitliche Verzögerung führt dazu, dass die Rechnungslegung rückwirkend geändert werden muss. Bei 15 Prozent der untersuchten Gesellschaften war dies der Fall; bei einem Drittel davon führte diese Verzögerung sogar zu allerdings geringfügigen Anpassungen in der Bilanz und Erfolgsrechnung des Vorjahres (Restatements). Der prozentual gesehen hohe Korrekturbedarf wird durch zwei Faktoren relativiert: die meist geringe Schwere der Fehler und die Tatsache, dass in manchen Situationen Anpassungen unvermeidlich sind: Fusionen, Akquisitionen, eine Änderung des Konsolidierungskreises oder eine Umstellung der Rechnungslegung führen in der Regel zu einem Restatement. Disclose November 2007 5

Funktionierende Kontrollen und Kommunikation mit dem Prüfer Wenn in einem Geschäftsjahr nicht alltägliche Ereignisse stattgefunden haben, sind Korrekturen am Jahresabschluss in der Regel unumgänglich. Wie aber lassen sich Korrekturen vermeiden, die nicht mit solchen Ereignissen zusammenhängen? Die Antwort liefert ein Blick auf jene 46 Prozent der Unternehmen, die ihre Bilanz und ihre Erfolgsrechnung korrekt zur Prüfung vorlegen. Diese Unternehmen zeichnen sich durch folgende Faktoren aus: gut eingespielte Prozesse bei der Erstellung des Abschlusses ein funktionierendes Internes Kontrollsystem exzellente Vorbereitungsarbeiten für den Jahresabschluss eine offene und kontinuierliche Kommunikation mit dem Wirtschaftsprüfer und frühzeitiges Hinzuziehen des Wirtschaftsprüfers bei nicht alltäglichen Geschäftsereignissen Auch das folgende Ergebnis der Erhebung demonstriert den Mehrwert der Revision: In 80 Prozent der Management Letter, in denen der Abschlussprüfer die Unternehmensführung über Feststellungen und Hinweise aus der Prüfung informiert, finden sich Aussagen zu Kontrollschwächen. Zum Vergleich: In 50 Prozent der Fälle weist die Revisionsstelle im Management Letter auf Geschäftsrisiken hin, in 60 Prozent auf steuerliche Risiken. Dadurch leistet die Wirtschaftsprüfung einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung und Sicherheit von Geschäftsabläufen und Internen Kontrollsystemen. Fazit Die Verbesserungsmöglichkeiten liegen auf der Hand: Es geht darum, die organisatorischen und personellen Voraussetzungen für die Vorarbeiten und die Erstellung des Jahresabschlusses zu optimieren. Und es geht darum, den frühzeitigen Austausch mit dem Abschlussprüfer zu suchen. Eine offene und kontinuierliche Kommunikation zwischen Unternehmen und Revisionsstelle beinhaltet, dass komplexe Geschäftsvorfälle oder Zweifel an der Interpretation von Rechnungslegungsvorschriften gemeinsam vor Abschluss des Geschäftsjahres diskutiert werden. Dieses Vorgehen reduziert den Aufwand sowohl für das geprüfte Unternehmen als auch für den Prüfer; es erlaubt, den Abschluss effizienter zu erstellen, und erhöht zugleich die Qualität der Jahresrechnung. 6 Disclose November 2007

Auch Pensionskassen brauchen eine Corporate Governance Pensionskassen zählen zu den grössten Vermögensverwaltern der Schweiz. Vorfälle in einzelnen Vorsorgeeinrichtungen haben die Diskussion über die Corporate Governance und die Kontrolle der Pensionskassen entfacht. Die Schweizer Vorsorgeeinrichtungen verwalten ein Vermögen von mehr als 650 Milliarden Franken und halten zehn Prozent der Börsenkapitalisierung inländischer Aktien. Das Geld, mit dem die Pensionskassen arbeiten, gehört den Arbeitnehmern; denn wer in der Schweiz in einem abhängigen Arbeitsverhältnis steht, spart den grössten Teil seines persönlichen Vermögens im Rahmen der zweiten Säule an. Indem die Arbeitnehmer diesen Vermögensteil an die Pensionskasse abtreten, sind sie in hohem Masse auf die Loyalität und die Integrität der verantwortlichen Führungsorgane angewiesen. Dem Stiftungsrat der Pensionskasse obliegt es daher, das ihm anvertraute Vermögen treuhänderisch zu verwalten. Diese treuhänderische Verwaltung umfasst namentlich die folgenden Pflichten: Sorgfaltspflicht Vermögensanlage: sorgfältiger Umgang mit den anvertrauten Geldern bei der Festlegung von Anlageorganisation, Anlageprozessen, Anlagestrategie und Anlagereporting Finanzierung/Leistungen: korrekte Umsetzung der gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen sowie der Beschlüsse des Stiftungsrats Organisation: schlüssige Aufbauorganisation mit klarer Regelung von Kompetenzen und Pflichten und angemessenen Kontrollmechanismen Treuepflicht Handeln ausschliesslich im Interesse der Destinatäre Informationspflicht transparente Berichterstattung und Information über die Pensionskasse als Ganzes und über die individuellen Ansprüche des einzelnen Destinatärs Die Regulierungsdichte in der beruflichen Vorsorge ist derart ausgeprägt, dass sie das Schweizer System, in dem Stiftungsräte nebenamtlich tätig sind, zu überfordern droht. Es geht deshalb für Stiftungsräte und Arbeitgeber heute in erster Linie darum, den Überblick zu behalten und die vorhandenen gesetzlichen Vorgaben konsequent umzusetzen. Es geht aber auch darum, zu erkennen, wann es notwendig ist, externe Berater und Spezialisten hinzuzuziehen. Roland Sauter Director, Basel, roland.sauter@ch.pwc.com Governance für Pensionskassen Die Führungsorgane der Pensionskassen müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und das Vertrauen der Destinatäre rechtfertigen. Auch für Pensionskassen ist die Umsetzung einer guten Corporate Governance oder, wie sie auch genannt wird, einer «Pension Fund Governance» unabdingbar. Pension Fund Governance umfasst alle Mechanismen zur Gestaltung, Steuerung und Überwachung der Geschäftstätigkeiten mit dem Ziel, die langfristigen finanziellen Interessen der Versicherten verantwortungsbewusst und effizient wahrzunehmen. Disclose November 2007 7

In der Schweiz gibt es zurzeit noch keinen «Code of Best Practice» für Pension Fund Governance. Allerdings finden sich in der Gesetzgebung zur beruflichen Vorsorge schon heute Regelungen für zahlreiche Teilbereiche der Corporate Governance; andere werden vorbereitet. Diese Regelungen zielen in erster Linie darauf ab, Missbräuche zu verhindern und die Vorsorgesicherheit nachhaltig zu gewährleisten. Vor allem den folgenden Bereichen kommt im Rahmen einer guten Pension Fund Governance grosse Bedeutung zu: Organisation und Zusammensetzung der Führungsebene Vermögensanlage Umgang mit Interessenkonflikten Rechtsgeschäfte mit Nahestehenden Umsetzung von Corporate-Governance-Grundsätzen Die Umsetzung von Corporate-Governance-Grundsätzen muss durch einen entsprechenden Beschluss des Stiftungsrats erfolgen. Es empfiehlt sich folgendes Vorgehen: 1. Festlegung der übergeordneten Grundsätze, die neben den gesetzlichen und regulatorischen Vorschriften auch Gesichtspunkten wie Integrität und Ethik Rechnung tragen. 2. Erstellung, Verabschiedung und Publikation eines Leitbildes (Positionspapiers) durch den Stiftungsrat. 3. Überprüfung und Anpassung/Ergänzung der bestehenden Regelungen in den Statuten, Reglementen und Richtlinien. 4. Im Sinne der «gläsernen Pensionskasse» sollten Aussagen aufgrund der Corporate-Governance- Grundsätze auch in den Geschäftsbericht oder den von der Revisionsstelle geprüften Anhang der Jahresrechnung aufgenommen werden. Organisation und Zusammensetzung der Führungsebene Bei der Corporate Governance auf der Führungsebene geht es um die Festlegung von Grundsätzen zur Führung und zur Kontrolle und dazu, wie sich das Gleichgewicht zwischen beiden in einer Organisation herstellen und bewahren lässt («checks and balances»). Für den Stiftungsrat und die Geschäftsführung bedeutet dies konkret: Die beauftragten Personen bieten Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung. Diese Zielsetzung wird im Rahmen der Strukturreform in Art. 51b (neu) BVG «Integrität und Loyalität der Verantwortlichen» verdeutlicht (siehe Textbox «Strukturreform in der beruflichen Vorsorge»). Das Fachwissen ist bei allen Personen gegeben und wird jederzeit à jour gehalten, damit eine professionelle Ausübung der Funktion gewährleistet ist. Dies impliziert für den Stiftungsrat eine Verpflichtung zu Aus- und Weiterbildung. Für den Fall, dass die betroffenen Personen über kein oder nur unzureichendes Fachwissen verfügen, beinhaltet die Regelung auch, dass externe Fachleute hinzugezogen oder gewisse Aufgaben an Spezialisten delegiert werden. Die Kommunikations- und Informationskultur sowie die Entscheidungsprozesse im Stiftungsrat tragen den stets vorhandenen strukturellen Abhängigkeiten und Wissensdefiziten von Arbeitnehmervertretern Rechnung. Kontrollmechanismen sind in alle wichtigen Geschäftsabläufe und -prozesse so integriert, dass das oberste Organ seine gesetzliche Führungsaufgabe wirkungsvoll wahrnehmen kann. Das Risikomanagement wird als integraler Bestandteil der Führung und Überwachung verstanden und gelebt. 8 Disclose November 2007

Strukturreform in der beruflichen Vorsorge Im Juni 2007 hat der Bundesrat die Botschaft zur Strukturreform in der beruflichen Vorsorge zuhanden des Parlaments verabschiedet. Die vorgeschlagenen Änderungen im Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) sehen neben einer regionalisierten direkten Aufsicht durch die Kantone und einer unabhängigen Oberaufsichtskommission auch erweiterte Bestimmungen zur «Pension Fund Governance» vor. National- und Ständerat werden voraussichtlich nicht vor Ende dieses Jahres über die Botschaft beraten. Vorgesehener Gesetzestext laut der Botschaft: Art. 51b (neu) BVG: Integrität und Loyalität der Verantwortlichen 1 Die mit der Geschäftsführung oder Verwaltung der Vorsorgeeinrichtung oder mit der Vermögensverwaltung betrauten Personen müssen einen guten Ruf geniessen und Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten. 2 Sie unterliegen der treuhänderischen Sorgfaltspflicht und müssen in ihrer Tätigkeit die Interessen der Versicherten der Vorsorgeeinrichtung wahren. Zu diesem Zweck haben sie dafür zu sorgen, dass aufgrund ihrer persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse kein Interessenkonflikt entsteht. Art. 51c (neu) BVG: Rechtsgeschäfte mit Nahestehenden 1 Die von Vorsorgeeinrichtungen abgeschlossenen Rechtsgeschäfte müssen marktüblichen Konditionen entsprechen. 2 Rechtsgeschäfte der Vorsorgeeinrichtung mit Mitgliedern des obersten Organs, mit angeschlossenen Arbeitgebern oder mit natürlichen oder juristischen Personen, welche mit der Geschäftsführung oder der Vermögensverwaltung betraut sind, sowie Rechtsgeschäfte der Vorsorgeeinrichtung mit natürlichen oder juristischen Personen, die den Vorgenannten nahestehen, sind bei der jährlichen Prüfung der Jahresrechnung gegenüber der Revisionsstelle offenzulegen. 3 Die Revisionsstelle prüft, ob in den offengelegten Rechtsgeschäften die Interessen der Vorsorgeeinrichtung angemessen gewahrt sind. In der Praxis können sich Konstellationen ergeben, in denen es nicht einfach ist, diese Zielsetzungen zu erreichen. Die Besetzung des Stiftungsrates mit qualifizierten Personen kann sich aus verschiedenen Gründen als schwierig erweisen, etwa wenn es gilt, allen Regionen, Sprachen, Sparten oder Funktionen sowie den Geschlechtern Rechnung zu tragen. Auch sollte vermieden werden, dass einzelne Personen einen zu dominanten Einfluss gewinnen; im Sinne einer guten Corporate Governance muss vor allem darauf geachtet werden, dass Personen, die das Vermögen der Pensionskasse verwalten, nicht in den Entscheidungsgremien (Stiftungsrat, Anlagekommission) mitwirken. Vermögensanlage Die übergeordneten Anlagegrundsätze wie Risikoverteilung, Rentabilität und Sicherstellung der Zahlungsbereitschaft sind gesetzlich genau geregelt. Zudem bestimmen detaillierte Vorschriften über zulässige Anlagen und deren Begrenzungen. Im Sinne einer guten Corporate Governance sollten aber für die folgenden Bereiche zusätzliche Regelungen getroffen werden: Anlageorganisation: Der Anlageprozess ist transparent und nachvollziehbar organisiert. Es besteht ein angemessenes Internes Kontrollsystem, das insbesondere eine strikte Trennung zwischen der Anlageentscheidung, der Durchführung und der Kontrolle beinhaltet. Auswahl der Geschäftspartner/Vermögensverwalter: Es bestehen klare Regeln für die Auftragsvergabe. Die Geschäftspartner bieten Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung (Art. 48h BVV 2), und sie unterliegen den gesetzlichen Vorgaben oder zumindest den Standesregeln. Disclose November 2007 9

Loyalität in der Vermögensanlage: Es herrscht ein offener und transparenter Umgang mit allfälligen Interessenkonflikten, Eigeninteressen und Wissensvorsprüngen. Retrozessionen und andere Entschädigungen kommen vollumfänglich der Vorsorgeeinrichtung zu. Ausübung der Aktionärsrechte: Die Ausübung der Aktionärsrechte ist in einem Reglement festgehalten. Erfolgt die Vermögensanlage und -verwaltung durch die Pensionskasse selbst, kann dies leicht zu heiklen Situationen führen. Es ist dabei vor allem an die Problematik der Eigengeschäfte sowie an die Entgegennahme von persönlichen Vermögensvorteilen (z.b. Kickbacks, Retrozessionen) sowie von Geschenken oder Einladungen (Deklarationspflicht nach Art. 48g BVV2) zu denken. Eigengeschäfte sind dann missbräuchlich, wenn Insiderwissen ausgenutzt oder «Front Running» (Handel mit Titeln, bevor die Pensionskasse mit den gleichen Titeln handelt) betrieben wird. «Parallel Running» (der gleichzeitige Handel mit den gleichen Titeln, mit denen die Pensionskasse handelt) ist gesetzlich zwar erlaubt, sofern der Pensionskasse daraus keine Nachteile erwachsen. Dies stellt jedoch in der Praxis einen Graubereich dar und wird deshalb im Zusammenhang mit der Strukturreform neu diskutiert. Interessenkonflikte Rechtsgeschäfte mit Nahestehenden Anlagen beim Arbeitgeber regelt der Gesetzgeber von jeher sehr restriktiv. Künftig werden die Rechtsgeschäfte mit Nahestehenden, d.h. mit Mitgliedern der Führungsorgane (Stiftungsrat, Geschäftsführung, Vermögensverwalter), den Destinatären und der Arbeitgeberfirma, im neu vorgesehenen Art. 51c BVG (siehe Textbox auf Seite 13) generell einer verstärkten gesetzlichen Regelung unterzogen. Alle Rechtsge schäfte mit Nahestehenden müssen zu marktüblichen Konditionen erfolgen und sind gegenüber der Revisionsstelle offenzulegen. Diese wiederum hat zu prüfen, ob bei diesen Rechtsgeschäften die Interessen der Vorsorgeeinrichtung angemessen gewahrt sind, und, wenn dem nicht so ist, Meldung an die Aufsichtsbehörde zu erstatten. Als Beispiele für solche Rechtsgeschäfte seien erwähnt: Kauf einer Liegenschaft von der Arbeitgeberfirma Erwerb einer Beteiligung an der Stifterfirma Vermögensverwaltungsvertrag mit der Treasury-Abteilung der Arbeitgeberfirma Vorzugskonditionen für Mitarbeiter bei Darlehen, Hypotheken, Mietzinsen Vermietung von Büroräumlichkeiten an die Arbeitgeberfirma Dienstleistungsbezug beim Arbeitgeber (Infrastruktur etc.) Es liegt auf der Hand, dass die Begriffe der «Marktüblichkeit» und der «Angemessenheit» in der Praxis dem Stiftungsrat, der Arbeitgeberfirma und auch der Revisionsstelle einiges Kopfzerbrechen bereiten werden. Hilfreich wird es sein, die Entscheidungsgrundlagen und -prozesse in Protokollen nachvollziehbar zu dokumentieren und so der Revisionsstelle die Grundlage zu bieten, um die geforderte Angemessenheit zu beurteilen. Fazit Die Pensionskassen werden der Ausarbeitung, der Umsetzung und der Weiterentwicklung einer guten Corporate Governance, sofern dies nicht schon geschehen ist, in naher Zukunft hohe Priorität einräumen. Wünschbar wäre, dass Aussagen zu den Corporate-Governance-Grundsätzen im Geschäftsbericht oder im Anhang der Jahresrechnung publiziert werden. Nur so wird Corporate Governance dazu beitragen, dem Vertrauensdefizit oder gar Misstrauen, dem die zweite Säule derzeit ausgesetzt ist, zu begegnen. 10 Disclose November 2007

Wie Steuern nicht zu Risiken in der Jahresrechnung werden Steuerrisiken müssen im Jahresabschluss korrekt dargestellt werden. Zuverlässige Prozesse zur Erfassung, Überwachung und Bewältigung von Steuerrisiken erleichtern dieses bisweilen schwierige Unterfangen. Als Risiko wird eine Ungewissheit über einen Sachverhalt mit Verlust- bzw. Schadenpotenzial verstanden, dessen Eintreten sich erst in der Zukunft erweisen wird. Unternehmerisches Handeln beinhaltet naturgemäss, Risiken einzugehen, doch diese Risiken müssen kalkulierbar sein. Nicht identifizierte oder unkontrollierte Risiken sollte ein Unternehmen grundsätzlich vermeiden. Diese Handlungsmaxime gilt auch für den Bereich des Steuerrisikomanagements. Die Darstellung von Steuern in der Jahresrechnung birgt zahlreiche Risiken. Oft werden Fehler durch signifikante Schwächen in der Ausgestaltung des Internen Kontrollsystems begünstigt. Die Folgen können schwerwiegend sein und etwa eine nachträgliche Korrektur der Jahresrechnung («Restatement») beinhalten. Untersucht man die Ursachen von Restatements im Steuerbereich, so stösst man vor allem auf die folgenden Schwachstellen: Kommunikations- und Kontrolldefizite zwischen Steuerverantwortlichen und anderen Organisationseinheiten innerhalb des Unternehmens lückenhaftes Verständnis der massgebenden Rechnungslegungsstandards für Ertragssteuern (vor allem bei US GAAP und IFRS) unzureichendes Verständnis von Steuerrisiken und deren Einfluss auf die Berichterstattung einen Mangel an standardisierten Prozessen und Kontrollen für die Erfassung von Steuerrückstellungen bei ausländischen Tochtergesellschaften eine ungenügende Dokumentation von Prozessen und Kontrollen sowie fehlende Nachweise der durchgeführten Kontrollen Beat Inauen Partner, St. Gallen, beat.inauen@ch.pwc.com Arten von Steuerrisiken Bei bedeutenden Transaktionen (z.b. Umstrukturierungen) oder bei der Gestaltung der Transferpreise bestehen häufig grosse Ermessensspielräume, die zugleich ein hohes Mass an Unsicherheit mit sich bringen. In solchen Fällen kann erst eine offizielle Steuerrevision oder eine separate Analyse durch einen Steuerspezialisten Klarheit über die Höhe des Risikos bringen. Fabio Dell Anna Partner, Bern, fabio.dellanna@ch.pwc.com Disclose November 2007 11

Die wichtigsten Steuerrisiken und entsprechende Beispiele sind in der nachstehenden Abbildung aufgeführt. Reputationsrisiken Risiken im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit Transaktionsrisiken Risiken, die sich aus spezifischen oder einmaligen Transaktionen ergeben. Je komplexer die Transaktion ist, desto grösser sind in der Regel die damit verbundenen Steuerrisiken. Ereignisse, die zu solchen Risiken führen können, sind z.b. Käufe/Verkäufe von Unternehmen oder Unternehmensteilen, Fusionen, Finanzierungen und interne Reorganisationen. Risiken in der Rechnungslegung und dem Steuerprozess Risiken im Zusammenhang mit der ordnungsgemässen Ermittlung und Berücksichtigung von steuerlichen Positionen in der Jahresrechnung. Operationelle Risiken Risiken, die sich aus der nicht korrekten Anwendung der Steuergesetze im Tagesgeschäft ergeben. Ereignisse, die zu solchen Risiken führen können, sind z.b. konzerninterne grenzüberschreitende Geschäfte, die einem Drittvergleich nicht standhalten, oder Routinearbeiten bei der Abwicklung der Mehrwertsteuer. Compliancerisiken Risiken im Zusammenhang mit der (zeitgerechten) Erfüllung steuerlicher Auflagen wie das fristgerechte Einreichen der Steuererklärungen oder Umsatzsteuer deklarationen. Die Steuerbelastung und die Steuerrisiken haben einen direkten Einfluss auf die Jahresrechnung und damit auch auf die Beurteilung eines Unternehmens seitens der Investoren und anderer Stakeholder. Die entsprechenden Positionen in der Jahresrechnung sind: Verbindlichkeiten gegenüber der Steuerbehörde (Current Tax Liability), latente Steuerguthaben bzw. -verbindlichkeiten (Deferred Tax Assets and Liabilities) und Steueraufwand. Wendet ein Unternehmen komplexere Rechnungslegungsstandards wie Swiss GAAP FER, IFRS oder US GAAP an, muss es ausserdem umfangreiche Offenlegungsvorschriften beachten. Die Steuerrisiken können zu meist unangenehmen Überraschungen führen: Häufig sind zusätzliche Steuerbelastungen, Verzugszinsen, Strafsteuern oder gar ein Restatement der Jahresrechnung die Folge. Dies ist in der Regel mit einer Reputationseinbusse des Unternehmens verbunden. Aus der Sicht der Rechnungslegung muss die Gesellschaft, d.h. das Management und in letzter Instanz der Verwaltungsrat, die Eintretenswahrscheinlichkeit und die potenziellen Auswirkungen dieser Risiken beurteilen und, falls notwendig, entsprechende Rückstellungen bzw. Abgrenzungen bilden. 12 Disclose November 2007

Steuerrisikomanagement als Teil der Firmenstrategie Wie im Umgang mit anderen unternehmerischen Risiken geht es auch bei einem strukturierten Steuerrisikomanagement nicht einfach darum, die möglichen Steuerrisiken zu minimieren; vielmehr muss das Unternehmen definieren, welches Risikoausmass es in den einzelnen Risikokategorien für akzeptabel hält. Um die angestrebte Sicherheit im Steuerbereich zu gewährleisten, müssen standardisierte Prozesse mit entsprechenden internen Kontrollen eingerichtet werden. Nur so lassen sich bedeutende Risiken überwachen. Die Verantwortung für die Jahresrechnung, das Risikomanagement und das Interne Kontrollsystem gehört zu den unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates. Das Audit Committee beziehungsweise der gesamte Verwaltungsrat sind gesetzlich dazu verpflichtet, sich mit dem Risikoprofil auch im Steuerbereich auseinanderzusetzen. Steuerrisiken sollten auf der Ebene der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats diskutiert werden; auch die Verabschiedung von Massnahmen, um diesen Risiken zu begegnen, fällt in die Kompetenz der Führungsorgane. In einem ersten Schritt sollte die Unternehmensführung, allenfalls mit der Unterstützung externer Spezialisten, festschreiben, wie gross der Risikoappetit des Unternehmens ist. Anschliessend sollte der Verwaltungsrat alle notwendigen Vorkehrungen (Dokumentationen, schriftliche Vereinbarungen mit Steuerbehörden usw.) treffen, um zu verhindern, dass die vorhandenen Risiken den definierten Risikoappetit übersteigen. Entscheidend für ein erfolgreiches Risikomanagement ist es, diese Massnahmen in eine klare Steuerstrategie einzubetten. Die wichtigen Bausteine einer Steuerstrategie sind Höhe und Art der Steuerbelastung Steuerrisiken und Risikoappetit Aufbau und Ablaufsorganisation der Steuerfunktion Schlüsselziele und Prioritäten Reporting und Kommunikation mit den Stakeholdern Messung der Performance der Steuerfunktion Zusammenspiel von Steuer- und Rechnungslegungsexperten Für Einzelgesellschaften ist die Berichterstattung über Steuern und Steuerrisiken meist relativ überschaubar. Sie wird indes kompliziert, wenn zahlreiche Gesellschaften in eine Konzernrechnung einzubeziehen sind oder wenn Tochtergesellschaften für die Berichterstattung gar auf mehrere interne Geschäftsbereiche aufgeteilt werden. So verlangen die IFRS die Abstimmung der Steuerpositionen einer Vielzahl von Unternehmen in verschiedenen Ländern. Dies kann sich, wenn nicht gut organisiert, im engen Terminkorsett der Erstellung des Jahresabschlusses rasch in einen Albtraum verwandeln. Die Einführung eines Berichterstattungssystems über die Steuerpositionen mit strukturierten Prozessen, IT-unterstützten Tools und Kontrollen erhöht die Verfügbarkeit und die Qualität von Steuerinformationen. Das Risiko von Fehlern in der Rechnungslegung wird reduziert, die Optimierung der Steuerbelastung erleichtert, und möglicherweise noch nicht erfasste latente Steuerguthaben werden aufgedeckt. Disclose November 2007 13

In vielen Fällen ist der Steuerverantwortliche nicht mit Steuerberichterstattung (Tax Accounting and Reporting) betraut, und er verfügt auch nicht über hinreichende Kenntnisse der anzuwendenden Rechnungslegungsstandards (z.b. IFRS oder US GAAP). In der Regel umreisst der Aufgabenbereich des Steuerverantwortlichen Fragen rund um die Steueroptimierung und die Compliance im Hinblick auf die laufenden Gewinnsteuern. Hingegen fallen die rechnungslegungsrelevanten Steueraspekte meist in die Kompetenz der Rechnungslegungsspezialisten. Um die Verantwortung für die Steuerquote des Unternehmens aber in vollem Umfang wahrnehmen zu können, werden sich auch die Steuerverantwortlichen künftig intensiver mit den Grundsätzen der Rechnungslegung auseinandersetzen müssen. Zumindest sollten sie mit den Bewertungsgrundsätzen und den massgebenden Offenlegungsvorschriften vertraut sein. Nur eine enge Zusammenarbeit zwischen Steuer- und Rechnungslegungsspezialisten gewährleistet, dass die Steuerpositionen in der Bilanz, der Erfolgsrechnung und dem Anhang korrekt abgebildet werden. Die Rolle der Revisionsstelle Auch die Revisionsstelle muss sich mit dem Thema Steuern befassen. Der Prüfer hat die von der Gesellschaft erfassten Steuerrückstellungen und den Steueraufwand auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit im Rahmen der Wesentlichkeit zu beurteilen. Er nimmt aber keine gezielten Prüfungen in Bezug auf potenzielle Verstösse gegen Steuergesetze vor. Wesentliche Steuerrisiken und Ermessensspielräume, die ihm während der Prüfung zur Kenntnis gelangen, bespricht er mit der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat. Zudem muss er beurteilen, ob die Rechnungslegungsvorschriften zur Erfassung von Rückstellungen oder zur Offenlegung eingehalten wurden. Bemerkenswert ist, dass einer repräsentativen Erhebung von PricewaterhouseCoopers zufolge die Revisionsstelle in 60 Prozent ihrer Management Letter auf Steuerrisiken hinweist. Der gesetzliche Prüfungsauftrag umfasst nicht die gezielte Suche nach Steuerrisiken. Er ist auch nicht primär darauf ausgerichtet, Möglichkeiten der Steueroptimierung oder der Prozessverbesserung vorzuschlagen. Die gewünschte Sicherheit in solchen Steuerfragen kann ein Unternehmen vielmehr am besten mit der Unterstützung von Spezialisten für Steuerberatung und Rechnungswesen erreichen. Fazit Der Steuerbereich birgt für viele Unternehmen ein überdurchschnittliches Risikopotenzial. Aufgabe des Verwaltungsrates ist es, ein Internes Kontrollsystem aufzubauen, das Steuerrisiken frühzeitig erfasst, bewertet und deren korrekte Berücksichtigung in der Jahresrechnung sicherstellt. Für die Umsetzung kommt einem guten Zusammenspiel zwischen Steuerverantwortlichen und Rechnungslegungsspezialisten eine entscheidende Bedeutung zu. Die einzelnen Rollen und Verantwortlichkeiten müssen dabei ebenso klar definiert sein wie die Prozesse und Kontrollen. 14 Disclose November 2007

Interne Revision schafft Sicherheit Verwaltungsrat und Geschäftsleitung stützen ihre Entscheidungen oft auf Informationen aus dem Unternehmen, deren Vollständigkeit und Richtigkeit sie nicht immer beurteilen können. Eine Möglichkeit, sich darüber Sicherheit zu verschaffen, stellt die Interne Revision dar. Der Verwaltungsrat trägt die oberste Verantwortung für die Festlegung der Organisation und der Geschäftsprozesse sowie deren Überwachung. Es ist seine Aufgabe, die erforderlichen Kontroll- und Überwachungssysteme zu betreiben, um die Erreichung der Unternehmensziele sicherzustellen, die damit verbundenen Risiken auf ein tragbares Mass zu reduzieren und die gesetzlichen und intern definierten Anforderungen zu erfüllen. Er konzentriert sich bei seiner Tätigkeit darauf, einerseits die Ordnungsmässigkeit der finanziellen Berichterstattung zu überwachen und andererseits die Risiken zu erkennen, die sich aus der Strategie, der operativen Tätigkeit und der Compliance ergeben. Heute muss der Verwaltungsrat nicht nur die finanziellen Risiken im Auge haben, sondern zunehmend auch die Risiken hinsichtlich der Organisation, der Reputation und der Technologie. Die Globalisierung und die Automatisierung der Geschäftsprozesse führen dazu, dass sich das Risikoumfeld der Unternehmen ständig und in raschem Rhythmus verändert. Für den Verwaltungsrat wird es immer schwieriger, sich eine umfassende Meinung über die Effektivität und Effizienz der komplexeren Prozesse zu bilden. Aufgrund der permanenten Veränderungen kann das Unternehmen plötzlich Risiken ausgesetzt sein, die nicht mehr der Risikobereitschaft entsprechen, die der Verwaltungsrat definiert hat. Deshalb sollten die betrieblichen Abläufe periodisch auf Zielorientierung, Risiken, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit hin beurteilt werden. Diese Überprüfung sollte idealerweise von Personen durchgeführt werden, die nicht in die operativen Prozesse eingebunden sind. Eine bewährte Lösung ist die Schaffung einer internen Revisionsabteilung. Werner Stebler Partner, Basel, werner.stebler@ch.pwc.com Die Interne Revision Auge und Ohr des Verwaltungsrats Die Interne Revision unterstützt den Verwaltungsrat in der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben und seiner unternehmerischen Verantwortung. Die Veränderungen des Unternehmensumfelds erlauben kaum mehr Geschäftsaktivitäten ohne ein Mindestmass an unabhängigen Beurteilungen. Die Interne Revision wird daher oft als «Auge und Ohr des Verwaltungsrats im Unternehmen» bezeichnet. Aber auch andere Unternehmensgremien profitieren von der Arbeit der Internen Revision. So gehen die Erwartungen der Geschäftsleitung an die Interne Revision über die Risikoerkennung hinaus: Sie verlangt zudem Aussagen und Empfehlungen zur Effizienz der unternehmensinternen Abläufe und damit zur Kosteneffizienz. Das operative/lokale Management hingegen sieht die Interne Revision auch als Beratungsinstanz: Da die Interne Revision den Überblick über das gesamte Unternehmen hat, ist sie in der Lage, Verbesserungspotenziale für die Gestaltung der Abläufe zu erkennen und aufzuzeigen. Disclose November 2007 15

Die grosse Herausforderung besteht darin, diese unterschiedlichen Erwartungen in Einklang zu bringen. Dies kann nur in enger Zusammenarbeit zwischen dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung geschehen: Je enger die Zusammenarbeit dieser Gremien ist, umso zielgerichteter kann die Interne Revision die unabhängige Beurteilung von Sachverhalten vornehmen. Das Ziel aller Unternehmensgremien ist letztlich die Sicherung des nachhaltigen Unternehmenserfolgs bzw. die Erreichung der Unternehmensziele. Worauf soll die Interne Revision ausgerichtet sein? Der Verwaltungsrat bzw. das Audit Committee legt in der Regel in Abstimmung mit der Geschäftsleitung die Aufgaben der Internen Revision fest. Diese hängen daher sehr stark von der strategischen Ausrichtung und den Zielen der Führungsorgane ab. In der Vergangenheit wurden hauptsächlich Einhalteprüfungen durchgeführt; seit längerem jedoch erstreckt sich die Überprüfung auf das gesamte Unternehmen: Hinzugekommen sind operationelle, aber auch strategische Fragestellungen. Die unternehmensinternen Anspruchsgruppen haben diese Ausweitung ausdrücklich gefordert, damit sie einen direkten Nutzen aus der Tätigkeit der Internen Revision ziehen können. In einigen Unternehmen liegt der Fokus der Internen Revision zunehmend darauf, zu beurteilen, inwieweit die Unternehmensziele verfolgt bzw. erreicht werden. Andere Unternehmen dagegen richten den Fokus immer noch stark auf die Compliance und konzentrieren sich darauf, ob die Vorschriften, vor allem Richtlinien und Weisungen, eingehalten werden. Die neuen gesetzlichen Anforderungen an die Unternehmen und die Revision haben den Aufgabenbereich der Internen Revision kaum verändert: Die Beurteilung des Risikomanagements oder des Internen Kontrollsystems gehörten schon immer zu ihren Aufgaben. Was sich allerdings stark verändert hat, ist der Aufwand, der mit diesen Beurteilungen einhergeht. So wird die Interne Revision oft dafür eingesetzt, den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung bei der Neugestaltung des Risikomanagements oder des Internen Kontrollsystems zu unterstützen. Einige Unternehmen gehen sogar so weit, einen Grossteil der Aufgaben der Internen Revision auf diese Initiativen auszurichten. Dies ist nicht ganz ungefährlich, weil die anderen Risikobereiche womöglich nicht mehr genügend Beachtung finden. Was macht die Qualität der Internen Revision aus? Der Nutzen und die Qualität der Internen Revision werden massgeblich dadurch beeinflusst, wie diese ausgestaltet ist. Dafür gibt es keine einheitliche Lösung: So bestimmen Unternehmensgrösse, Branche, Unternehmenskultur, Führungsstil, Besitzverhältnisse und Anspruchsgruppen die optimale Ausgestaltung. Die Organisationsformen der Internen Revision lassen sich nach den folgenden Kriterien unterscheiden: 1. Quelle der Leistungserbringung Einbezug externer Dienstleistungs unter nehmen? 2. Art der Leistungserbringung Prüfung oder Beratung? 3. Verfolgung weiterer Zwecke Revisionsexpertise oder Talententwicklung? 16 Disclose November 2007

Als Quelle der Leistungserbringung können verschiedene Modelle gewählt werden: Die Interne Revision wird als separate Abteilung unternehmensintern betrieben (Inhouse), oder die Leistung wird ganz oder teilweise von Dritten bezogen (Outsourcing). Für Spezialprüfungen kann eine firmeninterne Revision einzelne Aufträge als Zwischenlösung an Dritte erteilen (Sub-Contracting). Für die Entscheidung darüber, welches Modell angewandt wird, muss eine ganze Reihe von Kriterien herangezogen werden. Des Weiteren gilt es, die personellen Ressourcen zu bestimmen. Dafür gibt es Erfahrungswerte (Benchmarks), die in Relation zur Anzahl der Mitarbeiter oder zu anderen Kennzahlen Hinweise auf die Grösse der Internen Revision liefern. Dabei gilt die Faustregel, dass auf 1000 Vollzeitangestellte ein interner Prüfer kommt. Diese Benchmarks unterscheiden sich jedoch von Branche zu Branche sehr stark. Die Diskussion über die Art der Leistungserbringung, also darüber, ob die Interne Revision prüfend oder beratend tätig sein soll, bewegt sich abhängig von der Wirtschaftslage und von auftauchenden Unternehmensskandalen gleich einem Pendel zwischen diesen beiden Optionen. Eine Prüfung ohne begleitende Beratung bringt dem Unternehmen vermutlich wenig Nutzen. Eine reine Beratung, ohne Prüfungshandlungen auf der Basis von Stichproben, wird nur in wenigen Fällen Aussagen über die Wirksamkeit der Kontrollsysteme ermöglichen. Auch in diesem Bereich ist ein ausgewogenes Verhältnis der richtige Ansatz. Insbesondere gilt es, bereits bei der Prüfungsplanung den erwarteten Nutzen aus der Prüfung klar zu umschreiben. Bisweilen wird die Interne Revision als Station in der Talentförderung betrachtet. Wie nur wenige andere Funktionen erlaubt die Interne Revision einen umfassenden Einblick in das Unternehmen und ist damit eine ideale Plattform, um alle Facetten der Geschäftstätigkeit kennenzulernen. Bei dieser Betrachtungsweise ist es wichtig, die Dauer des Einsatzes im Hinblick auf die Talentförderung zu bestimmen. Denn die Prüfungsteams benötigen Prüfer mit ausgewiesener mehrjähriger Revisionserfahrung, damit die systematische Prüfungsplanung sowie die Kontinuität des Prüfungsprozesses, der Berichterstattung und der Fortschrittskontrolle gewährleistet sind. Massgebend für die Organisation der Internen Revision sind ausserdem die Unabhängigkeit und die Verfügbarkeit von Spezialisten. Nur wenige sehr grosse interne Revisionsabteilungen verfügen für alle Fragestellungen über geeignete Experten. Damit die Interne Revision einen wertsteigernden Nutzen erbringen kann, ist es unerlässlich, unabhängige Experten in die Revisionsteams einzubinden. Aus diesem Grund wählen mittlere und kleinere Unternehmen häufig ein Organisationsmodell, bei dem die Mehrheit oder ein wesentlicher Teil der Aufgaben an Dritte ausgelagert wird. Auf diese Weise können KMU ungeachtet der Unternehmensgrösse für gezielte Fragestellungen auf Spezialisten zugreifen. Hinweise zur Best Practice Die Ausgestaltung der Internen Revision kann sehr flexibel gehandhabt werden. Um eine wirksame Interne Revision zu betreiben, bedarf es jedoch einer sorgfältigen Definition der Aufgaben und der Organisation. Diese müssen sich vor allem an den Erwartungen des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung ausrichten. Die folgenden Fragen helfen, einen Handlungsbedarf zu erkennen: 1. Verfügt der Verwaltungsrat bzw. die Geschäftsleitung über den nötigen detaillierten Einblick in die Prozesse und die Risiken des Unternehmens, um seine Verantwortung wahrnehmen zu können? 2. Können sich Verwaltungsrat und Geschäftsleitung ein Urteil über die Wirksamkeit der Führungsinstrumente, insbesondere des Risikomanagements und des Internen Kontrollsystems, bilden? Disclose November 2007 17

3. Steht dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Interne Revision zur Verfügung? 4. Erhält der Verwaltungsrat bzw. die Geschäftsleitung regelmässige und zeitgerechte Informationen über die Prüfungen und die Umsetzung von Verbesserungsmassnahmen? 5. Verfügt die Interne Revision über die Kapazität, das Fachwissen, die Flexibilität und die Unabhängigkeit, um ihre Aufgaben wahrzunehmen? 6. Wird die Wirksamkeit bzw. die Qualität der Internen Revision regelmässig einer unabhängigen Beurteilung unterzogen? Fazit Die Interne Revision ist gut beraten, wenn sie sich an den wesentlichen Risiken im Unternehmen ausrichtet. Die Entscheidung über den Umfang und die Ausgestaltung der Internen Revision sollte immer auf ökonomischen Grundlagen und nicht ausschliesslich zum Zwecke der Compliance gefällt werden. Selbst eine gut ausgebaute Interne Revision kann lediglich einen Ausschnitt des Unternehmens beleuchten. Trotz aller Kontroll- und Überwachungssysteme wird es immer wieder Ereignisse geben, die überraschend eintreten. Mit dem richtigen Prüfungsansatz, dem Einbezug von Spezialisten in die Prüfungen und dem Einsatz elektronischer Hilfsmittel kann dieses Risiko jedoch deutlich reduziert werden. Die klare Festlegung der Aufgaben und die sorgfältige Ausgestaltung der Internen Revision tragen ebenfalls zur Risikominderung bei. 18 Disclose November 2007

Die Konvergenz der Standards bringt (fast) nur Vorteile Durch die Angleichung von IFRS und US GAAP, den beiden weltweit am häufigsten an gewandten Rechnungslegungsstandards, werden kostspielige Überleitungen vermieden und die Effizienz am Kapitalmarkt erhöht. Die Rechnungslegungsgrundsätze nach IFRS (International Financial Reporting Standards) und nach US GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) unterscheiden sich teilweise stark. Dies ist weder aus Sicht der Unternehmen noch der Kapitalmärkte effizient. Die divergierende Rechnungslegung nach IFRS und US GAAP bringt für viele Marktteilnehmer Nachteile mit sich. Aus europäischer Sicht sind besonders jene Unternehmen betroffen, deren Aktien sowohl an einer europäischen Börse als auch in den USA kotiert sind (Foreign Public Issuers - FPI). Diese Gesellschaften müssen ihren Abschluss unter EU-Recht nach IFRS erstellen und aufgrund der Anforderungen der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC eine Überleitung zu US GAAP erstellen. De facto werden die Unternehmen so gezwungen, Transaktionen sowohl nach IFRS als auch nach US GAAP abzubilden. Viele Transaktionen, beispielsweise Unternehmenszusammenschlüsse, wirken sich auch mehrere Jahre nach ihrem Abschluss auf die Verbuchung aus. Diese Doppelspurigkeit ist teuer und zeitaufwendig. Ein weiterer negativer Effekt ist, dass ein Gewinn sowohl nach IFRS wie auch nach US GAAP ermittelt und ausgewiesen wird. Diese beiden Gewinngrössen weichen häufig signifikant voneinander ab, was wiederum Unverständnis am Kapitalmarkt auslöst. Diese Nachteile fallen in Zukunft weg. Die SEC hat entschieden, auf eine solche Überleitung für Jahresabschlüsse von FPI für Geschäftsjahre beginnend nach dem 15. November 2007 zu verzichten. Das Bedürfnis nach einer gegenseitigen Anerkennung der beiden Regelwerke und darüber hinaus nach einer Angleichung der Standards in den wesentlichen Bereichen ist weiterhin von grosser Bedeutung. Peter Eberli Partner, Zürich peter.eberli@ch.pwc.com Gemeinsames Vorgehen der Standardsetzer Eine Angleichung der Rechnungslegungsgrundsätze ist schon seit einigen Jahren zu beobachten. In einer ersten Phase haben sich viele Länder, allen voran jene der Europäischen Union, entschieden, ihre nationalen Rechnungslegungsstandards durch IFRS abzulösen. Diese Phase wurde Ende 2005 mit der Einführung der IFRS als einheitlicher Standard weitgehend abgeschlossen. Damit erhielten die IFRS das nötige Gegengewicht zu US GAAP. Disclose November 2007 19

Verantwortlich für die IFRS ist das in London ansässige International Accounting Standards Board (IASB); für die US GAAP ist das Federal Accounting Standards Board (FASB) zuständig. Im Februar 2006 einigten sich die beiden standardsetzenden Institutionen in einem «Memorandum of Understanding» auf ein gemeinsames Vorgehen. Ihr Ziel ist es, wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Rechnungslegungsstandards zu bereinigen. Um einen langwierigen Prozess zu vermeiden, wird in verschiedenen Bereichen jeweils der Standard übernommen, der dem Anspruch nach True and Fair View am besten gerecht wird. So hat das IASB die Standards IFRS 8 (Operative Segmente) oder IAS 23 (Kapitalzinsen) im Wesentlichen von den US GAAP übernommen. Umgekehrt übertrug das FASB auch IFRS-Vorschriften in die US GAAP, etwa die steuerliche Behandlung von Zwischengewinnen. In einigen Bereichen werden auch gemeinsam Standards entwickelt und jeweils neu herausgeben. Es geht dabei nicht primär darum, absolut identische Standards zu schaffen, sondern die Unterschiede zu minimieren und die Ansätze damit anzunähern. Mit diesem Vorgehen sollen die Kräfte gebündelt und auf die wesentlichen Gebiete konzentriert werden. Als gemeinsamer Standard wurde zum Beispiel ein erweiterter Standard für Unternehmenszusammenschlüsse entwickelt. Diese Konvergenzarbeiten sollten bis 2009 abgeschlossen sein mit dem Ergebnis, dass IFRS und US GAAP weitgehend auf einen Nenner gebracht werden. Aufgrund der bereits vorgenommenen Angleichung und dem Bekenntnis zu einem gemeinsamen Vorgehen hat die SEC IFRS-Jahresabschlüsse für FPI akzeptiert. Damit wird eine Überleitung von IFRS zu US GAAP für Geschäftsjahre beginnend nach dem 15. November 2007 nicht mehr erforderlich sein. Für die nächste Phase, die nach 2009 beginnt, wird erwartet, dass IASB und FASB die Entwicklung weiterer Standards gut aufeinander abstimmen. Bis zu welchem Grad sich die beiden Standards wirklich angleichen und ob es in Zukunft eventuell sogar nur noch einen Standard geben wird, bleibt offen. Vorteile der Konvergenz Einheitliche, oder zumindest aneinander angenäherte, Standards bringen den Unternehmen zahlreiche Erleichterungen. Der wichtigste Vorteil liegt sicher darin, dass die Überleitung der Rechnungslegung entfällt. Doch es gibt weitere Aspekte: So konzentrieren sich immer mehr Unternehmen auf jene Kapitalmärkte, die den gesetzlichen Bestimmungen ihres primären Umfeldes entsprechen. Eine solche Einschränkung ist weder aus unternehmerischer Sicht noch aus der Betrachtungs weise der Kapitalmärkte heraus sinnvoll. Unternehmen laufen Gefahr, höhere Zinsen zu bezahlen, weil sie nicht am für sie günstigsten Kapitalmarkt Geld beschaffen können. Oder sie lassen die Aktien nicht mehr in den USA kotieren, schränken dadurch den Kreis ihrer möglichen Aktionäre signifikant ein und verlieren Opportunitäten in anderen Märkten. Auch kleinere Unternehmen können von der Konvergenz profitieren. Einerseits gewinnen auch sie einen flexiblen und kostengünstigen Zugang zu verschiedenen Märkten; andererseits erlauben einheitliche Standards allen Unternehmen einen besseren Vergleich mit Konkurrenten. 20 Disclose November 2007