Mit Innovation und Unternehmertum in die neue gemeinsame Agrarpolitik

Ähnliche Dokumente
Globale Nachhaltigkeitsziele & die Schweizer Wirtschaft

10.CH-Landwirtschaft im internationalen Vergleich

Neue Wachstumstheorie

Bioökonomie in Österreich: Status quo

Nachhaltiges Landmanagement: Fördermaßnahmen für maßgeschneiderte Lösungen. Martin Scheele

7. Einheit Nachhaltigkeit

Ökologische Zukunftsmärkte ländlicher Räume

Nachhaltiges Wirtschaftswachstum: Kann dies in der Praxis funktionieren?

Reform der EU Agrarpolitik Bedeutung für den Ökolandbau und den Grundwasserschutz in Unterfranken

Verantwortung schafft Innovation und Wachstum

Rohstoff und Energieeffizienz ein Thema das uns alle angeht

Die neue Agrarpolitik und ihre Wechselwirkungen mit dem Wald

Willkommen zur BION-Ringvorlesung Biodiversity Today for Tomorrow!

Mehr Ressourceneffizienz durch Nanotechnologie. Dr. Norbert Münzel

Gliederung der ersten Vorlesungen und Übungen

Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Wachstum Möglichkeiten wirtschaftspolitischer Steuerung

Johannes Förster Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ

Die Zukunft des Wachstums

Hintergrund Charakterisierung von ETAP ETAP auf EU-Ebene ETAP in Deutschland Nächste Schritte Information

Multifunktional und nachhaltig? die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft über Schlagwörter hinaus

Volkswirtschaftliche Bedeutung des Service public in der Schweiz

Einführung in die. Regulierungsökonomie. Juristische Fakultät Lehrstuhl für Steuerrecht und Wirtschaftsrecht Karsten Zippack, M.Sc.

Ökonomische Situation österreichischer Landwirtinnen und Landwirte

(Materielles) Wachstum eine Grundbedingung für Wirtschaft und Wohlstand? Mag. Karin Steigenberger, BA Wirtschaftskammer Österreich

Möglichkeiten und bestehende Instrumente für eine Integration von Ökosystemleistungen in die Agrarpolitik

Inhaltsverzeichnis Grundlagen...1 Mikroökonomie...19

Wirtschaftspolitik. 1 Einführung

Markt oder Staat: Wann sollte der Staat eingreifen? Prof. Dr. Hanjo Allinger Technische Hochschule Deggendorf

Wenn wir denken, wie wir immer gedacht haben, wenn wir so handeln, wie wir immer gehandelt haben, werden wir bewirken, was wir immer bewirkt haben.

Rio2012 als Chance nutzen Wege zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Nachhaltige Unternehmen Initiativen, Erfahrungen, Herausforderungen

Seminar am Zukunft der Strukturfonds: Welche Konsequenzen für den Oberrhein?

Strukturreformen & Handelspolitik Neuseelands. Rod Harris, Botschafter von Neuseeland in Deutschland Hayek-Club Münsterland Dienstag, 15.

Wie Kooperationen unternehmerische Innovationskraft und Marktpräsenz verbessern Unterstützungsmöglichkeiten durch das Enterprise Europe Network Benno


Warum Wachstum oft eine unverdient schlechte Presse hat

Nachhaltigkeitsökonomik: Prinzipien

Globalisierung im Agrarbereich

Pharmazeutische Biotechnologie im Innovationsraum Europa

Bewässerung in der Getreideproduktion als Anpassungsmassnahme an den Klimawandel - Eine ökonomische Perspektive für die Schweiz

Verschärfter Wettbewerb und gesellschaftliche Verantwortung Chance oder Widerspruch?

x x x x x x Übersicht Spezialisierungsbereiche Stand 03/2015*

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Wem gehört das Wasser?

Was ist Mikroökonomie? Kapitel 1. Was ist Mikroökonomie? Was ist Mikroökonomie? Themen der Mikroökonomie

Rede des. Deutschen Botschafters Dr. Wolfgang Manig in der Demokratischen Republik Kongo. anlässlich der Veranstaltung

Ergebnisorientierte Umsetzung der Ländlichen Entwicklungspolitik

Stoffliche Nutzung Nachwachsender Rohstoffe Graf / Warsitzka

Internationales Wirtschaftspodium Food Security: Identify Challenges Increase Resilience

Schwerpunktbereich Macroeconomics and Public Economics. Universität zu Köln

Was tun andere Länder für strukturschwache Regionen?

Hungerbekämpfung und Bäuerliche Landwirtschaft - Hand in Hand für mehr Entwicklung

Perspektiven M+E Bayerischer Patentkongress

WiWi-ÄQUIVALENZLISTE für den Masterstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen

Herzlich Willkommen zur Einführung in das Vertiefungsfach Non Profit und Public Management

Die Entwicklung der europäischen Agrarpolitik

Mehr Wert(e): Nachhaltige Innovationen für nachhaltigen Konsum. Stephan Füsti-Molnár 31. August 2015

INDUTEC Reine Perfektion!

Die Gemeinsame Agrarpolitik in Österreich im Zusammenhang mit der Initiative Unternehmen Landwirtschaft 2020

Joint Technology Initiative Bio-based Industries (BBI JTI)

Umweltmanagement: Mit Struktur in eine ökoeffiziente Zukunft Die Ergebnisse des Eco Jams

Forum 1: Wirtschaftswissenschaften Management des Wandels. Lernen vom strukturellen, ökonomischen und institutionellen Wandel in Afrika

Mindestlohn Mindestlohn: Theorie und Empirie 1

Einführung 1. Einführung S. 14. Was versteht man unter dem Begriff Wirtschaft? Unter dem Begriff Wirtschaft verstehen wir

Wettbewerb und Regulierung Statische vs. Dynamische Effekte

Marktversagen II - Monopol

Dies ist ein Originaltext der Agenda 21 der Konferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro aus dem Jahre 1992.

6. Einheit Wachstum und Verteilung

Migration zwischen Mexiko und den USA: Das Beispiel der indigenen Gemeinschaft El Alberto in Zentralmexiko.

Suffizienz und Ernährung

Die Umschichtung von Mitteln innerhalb der Direktzahlungen in die Förderprogramme Ländliche Entwicklung. Prof. Dr. Hubert Weiger

Wie sichern wir die Versorgungssicherheit?

HEADLINE. Wirtschaftspolitik in Europa und die Rolle Österreichs. Bodo B. Schlegelmilch

Executive training Expert

Bildung und Gesundheit

Institutionen und Gender Pay Gap eine Bestandsaufnahme aus 25 europäischen Ländern

Öffentliche Bauvorhaben als Triebfeder für Innovation Aktivitäten und Potenziale in Österreich

Europäische Biokraftstoffpolitik - Wo. Reise hin? Andreas Pilzecker European Commission, DG Energy - Renewable Energy and CCS

Kollaborative Ökonomie Potenziale für nachhaltiges Wirtschaften

Von der Idee zum Start-Up smama Jahresevent: mbusiness

Degrowth Ziele, Visionen und Herausforderungen

Automobilindustrie Wettbewerbsfähigkeit und Innovation als Treiber nachhaltiger Standortabsicherung

Gesundheitsökonomie vs. Sozialmedizin Perspektive Gesundheitsökonomie

Vom Versprechen zur Wirkung

Nachhaltigkeit: Von einer forstwirtschaftlichen Idee zum weltweiten Prinzip der Landnutzung

Das Konzept der öffentlichen Güter und die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013

Grundsatzbeitrag der deutschen Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner zur OECD Agrarministerkonferenz

Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit (GERN) ist ein Projekt im Rahmen von

Wirtschaft. Stephanie Schoenwetter. Das IS-LM-Modell. Annahmen, Funktionsweise und Kritik. Studienarbeit

Varus Verlag [MENSCHEN] [PROFILE] E RFOLGREICHE K OMMUNIKATION F ÜR B USINESS, BEHÖRDEN, VERBÄNDE

ISO Environmental

Systemwechsel bei der Umsetzung der EU-Agrarpolitik in Deutschland. Bioland-Pressekonferenz, Internationale Grüne Woche

Ressourceneffizienz in Kleinstunternehmen und KMU

Innovationspotenziale für Umwelt- und Klimaschutz in Europäischen Förderprogrammen Nordrhein-Westfalens

List of Publications (Philipp Aerni) Journal Articles

Kriterien im Beschaffungs- und Förderwesen aus Sicht von Bodenschutz und Nachhaltigkeit Walter HAUER

Strategie NBS - Nachhaltiges Bauen und Sanieren in der Steiermark 2015

Wirkungsorientierte Steuerung und Wirkungserfassung in der öffentlichen Verwaltung

Mikroökonomik II/Makroökonomik II

Nachhaltigkeit im Deutschlandtourismus

Volkswirtschaftliche Grundlagen

Transkript:

BLOCK II: Ökosozial in die neue Agrarpolitik Mit Innovation und Unternehmertum in die neue gemeinsame Agrarpolitik Isabelle Schluep Zentrum für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit (CCRS) an der Universität Zürich Ökosoziales Forum Österreich Wintertagung 2017, Wien, Montag, 30. Jänner 2017 Folie 1

Inhalt 1. Herausforderung und Fragestellung 2. Das Problem mit der alten Theorie 3. Das Problem mit der Abgeltungspolitik 4. Erkenntnisse der neuen Wachstumstheorie 5. Staat als Coach statt Nanny: Neuseeland 6. Gedanken für eine neue GAP Folie 2

1. Herausforderung und Fragestellung Herausforderung Ausreichend und gesunde Nahrung für alle Lösung: Nachhaltige Landwirtschaft qualitätsorientiert, profitabel, innovativ, dynamisch Ressourcenschonend «Mit weniger mehr erzeugen» (umweltverträgliches Wachstum durch nachhaltige Intensivierung) Fragestellung: Welche Agrarpolitik braucht es für eine zukunftsfähige und somit nachhaltige Landwirtschaft? Folie 3

Produktivität in der Landwirtschaft 1961-2013 Folie 4 Quelle: basierend auf FAOSTAT; Fig. 6.1 in Chapter 6. Europe and Africa: Addressing the food security challenges by Schluep Campo, I., Aerni, P. and Oniang o, R.K.. In: Creating Sustainable Bioeconomies The bioscience revolution in Europe and Africa. Virgin, I. and Morris, E.J. Editors. An SEI and Routledge Publication. 2017.

2. Das Problem mit der alten Theorie Ausgangslage: Anreizsystem für nachhaltige Praktiken in Agrarpolitik basiert auf neoklassischem Konzept «Zahlungen für Umweltdienstleistungen», wobei der Staat als Käufer von Umweltdienstleistungen auftritt - Nachhaltige Landwirtschaft schafft positive Externalitäten > Entschädigung (Multifunktionalität) Grundannahmen der neoklassischen Wohlfahrtsökonomie: Privatsektor > Profit, öffentlicher Sektor > Wohlfahrt Produktion von privaten Gütern erzeugt negative Externalitäten > öffentlicher Sektor wird aktiv - Internalisierung von negativen externen Kosten - Perfekter Wettbewerb Folie 5

3. Das Problem mit der Abgeltungspolitik Wo liegt das Problem bei einer Politik, die auf Direktzahlungen fokussiert? Staatlich finanziertes System (vertraglich legitimiert): teuer, zahlt für Aufwand statt Wirkung, Direktzahlungsmaximierung statt Eigenverantwortung, eher geringe Umweltverbesserungen Probleme: Adressiert nur Marktversagen, aber nicht Schaffung von neuen Märkten; keine Anreize für Innovation und Unternehmertum; Entprofessionalisierung Die Schaffung und Anwendung von neuem Wissen als einzige nicht-knappe Ressource wird ignoriert Folie 6

4. Erkenntnisse der neuen Wachstumstheorie Wissen, ein nicht-rivales, partiell-ausschliessbares Gut (erst Nutzung schafft Wert) zentrale Ingredienz für Innovation Innovation als Triebfeder der monopolistischen Konkurrenz (temporäres Monopol durch partielle Ausschliessbarkeit) > Wohlfahrtseffekte (positive Externalitäten für Gesellschaft) Innovationen lösen Zielkonflikte zwischen Wachstum und Ressourcenverbrauch Bauern sind nicht nur passive Anwender, sondern aktive Schöpfer von Innovation (z.b. Neuseeland) Staat kann helfen, wertvolle Innovationen skalierbar zu machen «facilitator» des nachhaltigen Wandels Folie 7

5. Staat als Coach statt Nanny: Neuseeland Neuseeland: Liberalisierung der Landwirtschaft in 1980er Jahren; Ziele der Multifunktionalität der Landwirtschaft werden mit anderen Mitteln erreicht (Staat als Coach statt Nanny); Investitionen in anwendbare F&E Nutzung der Technologie zur Verbesserung der Nahrungsmittel- (z.b. Geschmack) und Umweltqualität, Produktivität Strukturwandel und Nachhaltigkeit stehen nicht im Widerspruch Neuseeland: «Wir brauchen den Wandel, um nachhaltig zu werden.» (Wandel als Chance); Schweiz: «Wir sind nachhaltig, und Wandel gefährdet die Nachhaltigkeit» (Wandel als Risiko) * *Quelle: Aerni, P. 2009. What is Sustainable Agriculture? Empirical Evidence of Diverging Views in Switzerland and New Zealand. Ecological Economics 68(6): 1872-1882. Folie 8

F&E Ausgaben für Agrarforschung Anteil öffentlicher F&E Ausgaben an der landwirtschaftlichen Gesamtstützung (TSE) im internationalen Vergleich 1.5% 2.2% Quelle:Jarrett, P. & C. Moeser (2013), The Agri-food Situation and Policies in Switzerland, OECD Economics Department Working Paper, Nr. 1086, September, OECD Publishing, Paris. Folie 12

6. Gedanken für eine neue GAP (I) Erkenntnis in der Agrarpolitik: Wandel ist notwendig, um nachhaltig zu werden Positive Externalitäten können auch durch Investitionen in Innovation generiert werden Nachhaltigkeit ist dynamisch: Bei der Dynamik der Nachhaltigkeit geht es um die Dynamik der Innovation (Paul Collier) Nur durch Zugang zu Wissen, und dessen Umwandlung in innovative und nachhaltigere Güter und Dienstleistungen kann Wachstum von Umweltzerstörungen und Ressourcenknappheit abgekoppelt werden Folie 9

6. Gedanken für eine neue GAP (II) Agrarsektor bleibt lebendig, wenn Landwirte als Unternehmer (z.b. Umweltinnovationen) partizipieren können (und nicht bloss als Direktzahlungsempfänger) Staat als Ermöglicher statt Regulierer des Wandels (Staat als «Coach statt Nanny») Innovation und Unternehmertum als zentrale Pfeiler einer wissensbasierten Agrarpolitik, die auch finanziell nachhaltig ist Folie 10

Literatur and Links Zentrum für Unternehensverantwortung und Nachhaltigkeit (CCRS) an der Universität Zürich: www.ccrs.uzh.ch Aerni, P. (2016). The Sustainable Provision of Environmental Services: from Regulation to Innovation. Springer Series on CSR, Ethics and Governance. Springer, Heidelberg Aerni, P. (2015). Entrepreneurial Rights as Human Rights. Banson, Cambridge (June 2015) (online: http://www.ourplanet.com/rights/index.php) Chapter 6. Europe and Africa: Addressing the food security challenges by Schluep Campo, I., Aerni, P. and Oniang o, R.K.. In: Creating Sustainable Bioeconomies The bioscience revolution in Europe and Africa. Virgin, I. and Morris, E.J. Editors. An SEI and Routledge Publication. (2017) Folie 11