7 Grenzzustand der Tragfähigkeit

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7 Grenzzustand der Tragfähigkeit Im Kap. 4 wurde bereits gezeigt, dass gemäß des Sicherheitskonzepts der DIN 1045-1 die Zuverlässigkeit von Stahlbetonbauteilen durch die Überprüfung der Bemessungsgleichung E d R d (7.1) nachgewiesen wird. Hierbei ist E d die Beanspruchung des betrachteten Querschnitts infolge der maßgebenden Lastkombination unter Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte. R d ist der entsprechende rechnerische Querschnittswiderstand unter Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte der Werkstoffe. Durch die Festlegung des Sicherheitskonzepts umfasst die Tragwerksplanung eines Stahlbetonbauteils in der Regel folgende Schritte: 1. Wahl des geeigneten Baustoffs und Querschnittsabmessung, 2. Wahl des statischen Systems, 3. Ermittlung der maßgebenden Einwirkungskombination, 4. Ermittlung der extremen Schnittgrößen, 5. Bemessung und Nachweis der maßgebenden Querschnitte, 6. Konstruieren des Bauteils unter Berücksichtigung aller rechnerisch erfassbaren und nicht erfassbaren Beanspruchungsarten. Auf Grundlage der in Kap. 2 beschriebenen Eigenschaften der beiden Ausgangsstoffe Stahl und Beton werden in diesem Kapitel die idealisierten Werkstoffgesetze zur Ermittlung des Querschnittswiderstandes nach DIN 1045-1 [2] ausführlicher behandelt. 7.1 Rechenmodelle und Annahmen 7.1.1 Spannungs-Dehnungs-Linien des Betons Für den Beton können zur Ermittlung des Bemessungswerts des Querschnittswiderstandes drei unterschiedliche Werkstoffgesetze verwendet werden (Abb. 7.1).

140 7 Grenzzustand der Tragfähigkeit f ck (σ c < 0) f ck (σ c < 0) f cd f cd 0 (ε c < 0) (a) Parabel-Rechteck-Diagramm (P-R-Diagramm) u (ε c < 0) 0 ε c3 ε c3u (b) Bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie f cd χ f cd (σ c < 0) k u 0 (1 k) u (c) Spannungsblock (ε c < 0) u Abb. 7.1: Idealisierte Spannungs-Dehnungs-Beziehungen für die Querschnittsbemessung entsprechend DIN 1045-1 Diese Werkstoffgesetze sind Rechengesetze. Bei ihrer Festlegung werden die verschiedenen Effekte auf das Verhalten der Biegedruckzone (z. B. Dauerlast, Umlagerung der Spannung innerhalb der Biegedruckzone) berücksichtigt. Hauptziel hierbei ist die rechnerische Ermittlung der in Versuchen festgestellten Biegetragfähigkeit eines Stahlbetonquerschnitts. Für den Fall, dass das Versagen durch Beton bestimmt wird, ergeben sich kaum Unterschiede zwischen den verschiedenen Werkstoffgesetzen. Für alle drei Werkstoffgesetze wird der Bemessungswert der Druckfestigkeit f cd wie folgt ermittelt: f cd = α f ck γ c γ c. (7.2) In der obigen Gleichung ist α ein Faktor zur Berücksichtigung der Lastwirkungsdauer und zur Umrechnung der Zylinderfestigkeit auf die Bauwerksfestigkeit. Für die Bemessung von Rechteckquerschnitten aus Normalbeton wird α gleich 0,85 gesetzt. Der Faktor γ c dient der Erhöhung des Sicherheitsbeiwerts ab der Festigkeitsklasse C55/67 (hochfeste Betone) und wird wie folgt ermittelt: γ c = 1 1,1 f ck /500 1 mit f ck in N/mm 2. (7.3)

7.1 Rechenmodelle und Annahmen 141 Kenngrößen der Druckzone Der Bemessungswert der Druckkraft F cd kann bei gegebener Druckzonenhöhe und Randstauchung für eine rechteckige Druckzone gemäß Abb. 7.1 wie folgt ermittelt werden: F cd = α R f cd x b = α R f cd Mit der bezogenen Druckzonenhöhe ξ = x d = ε c ε c + ε s wird Gl. (7.4) zu ε c ε c + ε s d b. (7.4) (7.5) F cd = α R f cd ξ d b. (7.6) In der Gl. (7.6) ist α R der Völligkeitsbeiwert der Spannungen in der Biegedruckzone. Er ist wie folgt definiert: x y=0 α R = σ c(y) b dy. (7.7) f cd b x b y ε c x σ c (y) F cd a h d M Ed z A s1 ε s1 F sd Abb. 7.2: Inneres Gleichgewicht bei rechteckiger Druckzone Die Lage der resultierenden Betondruckkraft F cd ergibt sich aus dem Momentengleichgewicht. Gemäß Abb. 7.2 kann geschrieben werden: F cd (x a) = x y=0 σ c (y) y b dy. (7.8) Daraus folgt der Lagebeiwert k a = a/x: x y=0 k a = 1 σ c(y) y b dy. (7.9) F cd x

142 7 Grenzzustand der Tragfähigkeit Parabel-Rechteck-Diagramm Dieses Diagramm wird in der Regel für gewöhnliche Bemessungsaufgaben verwendet. Bei einer Stauchung von erreicht die Spannung ihren maximalen Wert. Danach bleibt die Spannung bei zunehmender Stauchung bis zum Erreichen der maximalen Randstauchung von u konstant. Zur Berücksichtigung der geringeren Völligkeit der Parabel beim hochfesten Beton wird der Exponent n in der Gl. (7.10), welche die Parabel mathematisch beschreibt, mit zunehmender Festigkeit von 2,0 für C12/15 bis C50/60 auf 1,55 für C100/115 abgesenkt. [ ( σ c = f cd 1 1 ε ) n ] c für 0 ε c, (7.10) σ c = f cd für ε c u. (7.11) Tab. 7.1 fasst die maßgebenden Stauchungen und Exponenten aller Betonfestigkeitsklassen für die Biegebemessung zusammen. Tab. 7.1: Parameter der Spannungs-Dehnungs-Linie der Betone für die Bemessung normalfest hochfest f ck (N/mm 2 ) 12 bis 50 55 60 70 80 90 100 n ( ) 2,00 2,00 1,90 1,80 1,70 1,60 1,55 ( ) 2,00 2,03 2,06 2,10 2,14 2,17 2,20 u ( ) 3,50 3,10 2,70 2,50 2,40 2,30 2,20 Für das P-R-Diagramm lassen sich die Beiwerte α R und k a wie folgt allgemein bestimmen: für 0 ε c : ( ) n+1 1 εc α R = 1 + ε 1 c2, (7.12) ε c n + 1 ( k a = 1 1 1 1 ε ) n+1 ( c 1 1 ε ) n+2 c 1 α R 2 + ε2 c2 n + 1 n + 2, ε 2 c (7.13) für > ε c u : α R = 1 ε c (n + 1), (7.14) k a = 1 1 ( 1 α R 2 ε 2 c2 ε 2 c (n + 1) + ε 2 ) c2 ε 2. (7.15) c (n + 2)

7.1 Rechenmodelle und Annahmen 143 Für normalfesten Beton (f ck 50 N/mm 2 ) mit dem Exponenten n = 2 vereinfachen sich die Gleichungen zu für 0 ε c 2 : α R = ε c 2 ε2 c 12, (7.16) k a = 8 ε c 24 4 ε c, (7.17) für 2 > ε c 3,5 : α R = 3 ε c 2, 3 ε c (7.18) k a = ε c (3 ε c 4) + 2 2 ε c (3 ε c 2), (7.19) für ε c = 3,5 : α R = 0,81, k a = 0,416. (7.20) (7.21) Bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie Die bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie (Abb. 7.1(b)) gilt als Vereinfachung gegenüber dem P-R-Diagramm. Wie bei dem P-R-Diagramm hängen die Beiwerte α R und k a von der Randstauchung ab. Allerdings liegt der Übergangswert hier bei einer Stauchung von ε c3 = 1,35. Es gilt für normalfesten Beton für 0 ε c 1,35 : α R = 0,5 ε c 1,35, k a = 1 3, (7.22) (7.23) für 1,35 ε c 3,5 : α R = ε c 0,675, (7.24) ε c k a = 0,5 ε2 c 0,675 ε c + 0,30375, (7.25) ε c ( ε c 0,675) für ε c = 3,5 : α R = 0,81, k a = 0,411. (7.26) (7.27)

144 7 Grenzzustand der Tragfähigkeit Rechteckige Spannungsverteilung (Spannungsblock) Die Ermittlung der Betonkraft in der Biegedruckzone mit nicht konstanter Breite über die Höhe des Querschnitts erfolgt oft unter der Verwendung des so genannten Spannungsblocks (Abb. 7.1(c) und 7.3). Für eine schnelle Handrechnung ist dieses Werkstoffgesetz sehr geeignet. Hierbei wird die Höhe der Druckzone x mit dem Faktor k und der Bemessungswert der Betondruckfestigkeit mit χ multipliziert. Bei normalfestem Beton sind k = 0,8 und χ = 0,95. Damit gilt: für 0 ε c 3,5 : α R = k χ = 0,76 (7.28) k a = k 0,5 = 0,4. (7.29) b y ε c x σ c (y) F cd a h d M Ed z A s1 ε s1 F sd Abb. 7.3: Berechnung der Druckkraft mit dem Spannungsblock Nimmt die Querschnittsbreite zum gedrückten Rand hin ab, ist f cd mit dem Faktor 0,9 abzumindern. Voraussetzung für die Anwendung des Spannungsblocks ist, dass die Dehnungsnulllinie innerhalb des Querschnitts liegt. 7.1.2 Spannungs-Dehnungs-Linie des Betonstahls Der Bemessungswert der Fließgrenze des Betonstahls wird mit f yd = f yk /γ s (7.30) und die Zugfestigkeit mit f td = f tk,cal /γ s (7.31) ermittelt. In den Gleichungen sind f yk die charakteristische Fließgrenze (Streckgrenze), f tk,cal die charakteristische Zugfestigkeit und γ s der Teilsicherheitsbeiwert des Betonstahls.

7.1 Rechenmodelle und Annahmen 145 Die vereinfachten Spannungs-Dehnungs-Linien des Betonstahls zur Ermittlung des Querschnittswiderstandes sind in Abb. 7.4 dargestellt. Für normalduktilen und hochduktilen Stahl ist stets mit f yk = 500 N/mm 2 und f tk,cal = 525 N/mm 2 zu rechnen. f yk f yk γ s σ A B f tk,cal f tk,cal γ s arctan E s ε yd = 2,174 ε su ε s Abb. 7.4: Vereinfachte Spannungs-Dehnungs-Linien des Betonstahls Auf der sicheren Seite liegend darf mit einem horizontalen Ast (Linie A) im plastischen Bereich der Spannungs-Dehnungs-Linie gearbeitet werden. Die Stahlkraft wird wie folgt berechnet: F sd = σ sd A s. (7.32) Hierbei ergibt sich die Stahlspannung für 0 ε s < ε yd zu σ sd = E s ε s, (7.33) für ε yd ε s ε su zu σ sd = f yd (7.34) ohne Ansatz der Verfestigung (Linie A), bzw. σ sd = f yd + f td f yd ( ε s ε yd ) (7.35) ε su ε yd ( ) 525 500 σ sd = 500 + 25 2,175 ( ε s 2,174) /1,15 (7.36) σ sd = 434,8 + 0,9524 ( ε s 2,174) (7.37) bei Ansatz der Verfestigung (Linie B). Die Fließdehnung beträgt ε yd = 500/ (1,15 200.000) = 2,174 und die Grenzdehnung ε su = 25. Wird die Momententragfähigkeit (Abs. 7.2) als Bezug genommen, so ist der Unterschied zwischen beiden Spannungs-Dehnungs-Linien gering. Das mit der Linie B ermittelte aufnehmbare Moment ist etwas größer als das mit Linie A ermittelte (ca. f tk,cal /f yk = 525/500 = 1,05-fach).

146 7 Grenzzustand der Tragfähigkeit 7.1.3 Annahmen Bei den Nachweisen im Grenzzustand der Tragfähigkeit werden folgende Annahmen zugrunde gelegt: Die Querschnitte bleiben auch im Grenzzustand der Tragfähigkeit eben (1. Hypothese von Bernoulli). Die Betonzugfestigkeit wird im Grenzzustand der Tragfähigkeit vernachlässigt: Zugkräfte, die für das Gleichgewicht erforderlich sind, müssen vom Stahl aufgenommen werden. Es besteht vollkommener Verbund zwischen Stahl und Beton im Grenzzustand der Tragfähigkeit. Damit weisen die Querschnittsfasern von Stahl und Beton, die im gleichen Abstand von der Dehnungs-Nulllinie liegen, die gleiche Dehnung auf. Die Tragfähigkeit eines Querschnitts ist erschöpft, wenn entweder die Stahldehnung oder die Betonstauchung die zulässige Grenze erreicht (ε s = 25 oder ε c = u ). 7.1.4 Zulässige Dehnungsverteilungen Mit den genannten Spannungs-Dehnungs-Linien für Beton und Stahl sowie mit den obigen Annahmen können die zulässigen Dehnungsebenen angegeben werden (Abb. 7.5). A s2 ε s2 0 3 u B 3 7 h h d A s1 ε yd ε s1 ε su = 25 ε yd = 2,174 A 1 2 4 5 C 4a 2 Abb. 7.5: Zulässige Dehnungsebenen für normalfesten Beton Bereich 1: Mittiger Zug und Zugkraft mit geringer Ausmitte Es tritt nur Zugbeanspruchung im gesamten Querschnitt auf. Die Zugbewehrung fließt. Dem Beton wird keine Tragwirkung zugerechnet. Die Bemessung erfolgt nach dem Hebelgesetz. Bereich 2: Reine Biegung und Biegung mit Längskraft Die Nulllinie liegt innerhalb des Querschnitts, es entstehen eine Druck- und eine Zugzone. Der Stahl erreicht seine maximale Dehnung (ε s1 = ε su = 25 ), aber der Beton weist noch Reserven auf ( ε c < u ). Man spricht hierbei von Stahlversagen. Dieser Fall kommt bei Bauteilen mit geringer Zugbewehrungsfläche vor.

7.2 Grenzzustand der Tragfähigkeit infolge Biegung mit Normalkraft 147 Bereich 3: Reine Biegung und Biegung mit Längskraft Der Beton ist voll ausgenutzt (ε c = u ). Die Stahldehnung liegt zwischen der Fließdehnung ε yd (= 2,174 ) und der Bruchdehnung ε su (= 25 ), d. h. die rechnerische Fließgrenze des Stahls ist noch voll ausgenutzt. Hier spricht man von Betonversagen. Bereich 4: Reine Biegung und Biegung mit Längskraft Der Beton ist voll ausgenutzt. Die Festigkeit des Stahls wird nicht voll ausgeschöpft. Die Stahldehnung liegt zwischen 0 und ε yd. Die Dehnungsnulllinie liegt tief im Querschnitt. Das Versagen tritt ohne Vorankündigung auf, was in biegebeanspruchten Bauteilen durch Einlegen einer Druckbewehrung A s2 und durch eine Begrenzung der Druckzonenhöhe vermieden werden muss. Bereich 5: Längsdruckkraft mit kleiner Ausmitte Der gesamte Querschnitt weist Druckspannungen auf. Die Betonstauchung liegt am stärker gedrückten Rand zwischen und u und am anderen Rand zwischen 0 und. In diesem Bereich schneiden sich alle Dehnungsebenen im Punkt C, der bei normalfesten Beton konstant im Abstand 3/7 h vom stärker gedrückten Rand entfernt liegt. Die Beanspruchung von Druckgliedern (z. B. Stützen) führt häufig zu einer Dehnungsebene in diesem Bereich. 7.2 Grenzzustand der Tragfähigkeit infolge Biegung mit Normalkraft Im Folgenden wird dargestellt, wie die praktische Umsetzung der Werkstoffgesetze von Stahl und Beton für einen Querschnitt mit rechteckiger Druckzone nach DIN 1045-1 erfolgt. Für Biegung mit Normalkraft sind die in Abb. 7.5 dargestellten Dehnungsebenen zulässig. Dieser Abschnitt widmet sich den Stahlbetonbalken, die sich im Bereich 2 bis 5 befinden, also Biegung mit Längskraft erfahren und dabei eine Druckzone aufweisen. Die Bereiche 2 bis 4 liegen hauptsächlich bei Balken- und Plattentragwerken (z. B. Unterzüge und Decken) vor. Der Bereich 5 tritt in der Regel bei Stützen mit vorwiegender Druckkraft auf. Der Bereich 1 hingegen ist im Stahlbetonbau eher unüblich, da Beton mit seiner geringen Zugfestigkeit für die Nutzung als Zugglied wenig geeignet ist. 7.2.1 Inneres Gleichgewicht bei Biegung mit Normalkraft Die Bemessungsgleichung zum Nachweis ausreichender Zuverlässigkeit hat bei Biegung mit Normalkraft für einen Querschnitt mit rechteckiger Druckzone die folgende Form: M Ed M Rd, N Ed N Rd. (7.38) (7.39) Die Zuverlässigkeit des Tragwerks gegen Biegung mit und ohne Normalkraft wird im Allgemeinen durch die Beantwortung folgender Fragen für die maßgebenden Querschnitte, die im Tragwerk die maximalen Beanspruchung erfahren, sichergestellt: Welche Stahlfläche wird für die Zugzone benötigt?