EEG stellt Kulturlandschaft auf den Kopf In Niedersachsen hat sich der Maisanbau durch den Zubau von Biogasanlagen seit der EEG Novelle 2004 fast verdoppelt. Er ist um 300.000 auf 630.000 ha im Jahr 2012 gestiegen und nimmt das Ackerland inzwischen zu 1/3 in Beschlag. Diese Entwicklung, die zudem von dem Wegfall der allgemeinen Stilllegungsverpflichtung begleitet war, hat sich unübersehbar auf die Fruchtfolge ausgewirkt. Verstärkt wurde die Auswirkung durch Umwandlung von Grünland in Ackerland und nicht zuletzt durch den fortschreitenden Flächenverbrauch für die zunehmende Besiedlung einschließlich Ausgleichsmaßnahmen. So wurde die Kulturlandschaft in weniger als 10 Jahren auf den Kopf gestellt. Die Anbauverhältnisse haben sich von 2003, dem Jahr vor dem Start der Bioenergieförderung, bis 2012 signifikant zugunsten des Maisanbaus verschoben, wobei die Intensität dieser Veränderung mit der regionalen Verteilung der Biogasanlagen korrespondiert. Die Kartengrafik verdeutlicht, dass der Maisanbau vornehmlich in den Gunstregionen der Biogasanlagen, den für Getreide weniger günstigen Standorten der Geest und Heide, sehr deutlich zugenommen hat, in den Ackerbauregionen mit hoher Bodengüte dagegen weniger deutlich. In den Landkreisen mit hoher Maisdichte wird inzwischen schon doppelt so viel Mais als Getreide angebaut. Hier liegt der Maisanteil an der gesamten LF bei über 40 %, in einem Landkreis sogar bei über 50 %, nur am Ackerland gemessen liegen die Maisanteile noch viel höher. Diese Entwicklung ist nicht ohne Auswirkung auf die gesamten Anbauverhältnisse im Ackerbau geblieben. Hier ist -je nach Grad des Flächenbedarfs für Biogasanlagen- ein Wandel eingetreten. Um diesen Wandel möglichst aktuell in einem jährlichen Rhythmus nach Kreisen abbilden zu können, wurden die Daten der GAP Direktzahlungsstatistik der LWK herangezogen. Da diese Daten erst ab einer Zeit nach dem Start der Bioenergiegewinnung zur Verfügung stehen, mussten aber zur Darstellung des Status quo in 2003 die Daten der amtlichen Agrarstatistik dienen. Die Auswertung dieser Daten ergibt, dass die Maiszunahme um 300.000 ha seit 2003 ausschließlich den Silomais betrifft und der Anbau von Körnermais einschließlich CCM dagegen keine Zunahme verzeichnet, sondern stagniert. Weiterhin ist feststellen, dass sich die Maiszunahme im Wesentlichen aus einer Verringerung des Getreideanbaus und der Flächenstilllegung sowie aus einer Zunahme des Ackerlandes durch Grünlandumbruch rekrutiert. Soweit sich die Maiszunahme u.a. aus einer Verringerung des Grünlandes rekrutiert, scheint sich diese Entwicklung allerdings seit dem 2010 erlassenen Umbruchverbot nicht weiter fortzusetzen und gestoppt zu sein. Seit 2010 hat sich die Grünlandfläche auf gut 700.000 ha stabilisiert. Im Übrigen fällt eine parallel zur Grünlandverringerung erfolgte Zunahme des Ackergrasanbaus auf, die etwa der Hälfte der Verringerung entspricht und einen antragsstrategischen Hintergrund haben könnte. Größter Verlierer der Entwicklung zu Gunsten der Maisausdehnung ist der Getreideanbau, der um 143.000 ha zurückgegangen ist. Hier hat sich auf der bis 2012 verbliebenen Getreideanbaufläche von nur noch 790.000 ha die Dominanz des Wintergetreides und davon des Winterweizens weiter erhöht, weil der Anbaurückgang weit überproportional beim Sommergetreide stattgefunden hat. Dass dieser Trend für 2012 nicht zutrifft, geht auf die erheblichen Auswinterungsschäden zurück, die zwangsläufig durch Anbau von Sommergetreide und zu einem geringen Teil wohl auch durch Maisanbau ausgeglichen werden mussten. Von diesem temporären Ereignis abgesehen spielt Sommergetreide eine immer geringere Rolle, Kulturen wie Hafer oder Sommermenggetreide fast keine mehr. Die Entwicklung geht ganz eindeutig dahin, auf der durch Maiszunahme stark verkleinerten übrigen Ackerfläche verstärkt hochwertige Kulturen anzubauen. So haben der Weizen- und Rapsanbau trotz der erheblichen Verringerung des Getreideanteils noch zu- statt abgenommen. Die Abnahme der Weizenfläche in 2012 ist wie beim Wintergetreide allgemein durch Kahlfröste im Februar 2012 bedingt
und dürfte keine Trendumkehr anzeigen. Völlig neu hinzugekommen ist der Anbau von Getreide für die Nutzung als Ganzpflanzensilage (GPS). Dabei handelt es sich um spezielle Züchtungen von Roggen und Triticale, die bereits in der Teigreife vor der üblichen Getreideernte zur Körnernutzung als Ganzpflanzen mit Häckslern gemäht und dann vorwiegend für Biogasanlagen einsiliert werden. Insoweit stellt der GPS Anbau, der statistisch nicht zur Getreidefläche, sondern zum Futterpflanzenanbau zählt, eine Alternative zum Silomais dar. Ebenfalls neu hinzugekommen ist eine immer häufiger anzutreffende Zwischennutzung durch Grünroggen als Substrat für Biogasanlagen. Da Grünroggen im Herbst nach einer Hauptfrucht gesät und bereits im mittleren Frühjahr vor Aussaat der nachfolgenden Hauptfrucht geerntet wird, bleibt er aber statistisch unerfasst. Eine Konzentration auf weniger und höherwertige Kulturen ist unübersehbar. Die erhebliche Zunahme des Rapsanbaus bewirkt im Nebeneffekt eine Auflockerung der durch Maisausdehnung wesentlich enger gewordene Fruchtfolge. Der besonders hochwertige Zuckerrübenanbau konnte sich trotz Zuckermarktordnung auf konstant 100.000 bis 110.000 ha behaupten. Leicht rückläufig entwickelt sich der Kartoffelanbau. Er ist inzwischen von über 120.000 auf unter 110.000 ha gesunken. Die aufgezeigten Veränderungen von 2003-2012 waren begleitet von einer sehr deutlichen Zunahme der beantragten Ackerfläche um über 90.000 ha und einer ähnlich deutlichen Abnahme der Grünlandfläche um knapp 70.000 ha sowie einer Verringerung der Stilllegungsfläche um annähernd 130.000 ha aufgrund Wegfall der Stilllegungsverpflichtung seit 2008. Diese enormen Ressourcen sind allerdings inzwischen ausgeschöpft. Denn die LF nimmt aufgrund Inanspruchnahme für Siedlungsund Verkehrszwecke ab, die Ackerfläche nicht mehr weiter zu, sondern ebenfalls leicht ab und die Grünlandfläche bleibt konstant. Weiterer Flächenbedarf für Mais geht somit nur noch zu Lasten der übrigen Ackerkulturen, insbesondere zu Lasten der Getreidefläche Fazit Das Bild unserer Kulturlandschaft hat sich seit der EEG Novelle 2004 stark gewandelt. Waren es bislang die Getreidefelder von einst 1 Mio. ha, die das Bild überall prägten, sind es heute die Maisfelder. Regional hat die Veränderung in den niedrig bonitierten Gunstregionen der Biogasanlagen mit der höchsten Intensität stattgefunden. Auf der verbliebenen übrigen Fläche findet eine Konzentration auf hochwertige Kulturen wie insbesondere Winterweizen statt. Unabhängig davon ist die Getreideerzeugung aber schon so weit zurückgedrängt, dass Deutschland die Schwelle erreicht hat, auf Importe angewiesen zu sein. Ob sich die Maiszunahme noch weiter fortsetzt und noch weniger Getreide erzeugt werden kann, hängt vom weiteren Zubau an Biogasanlagen ab und davon, welche pflanzenbaulichen Alternativen für deren Substratbedarf gefunden werden. Jedoch vergrößert sich dadurch nicht die Getreidefläche für Ernährungs- und Fütterungszwecke, sondern lediglich das Repertoire der Substrate für Biogasanlagen. Zurzeit wird der aktuelle Bestand an Biogasanlagen erhoben, das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Auszugehen ist von 1.400 Biogasanlagen gegenüber rd. 1.300 Anlagen in 2011, die in der Kartengrafik dargestellt sind. Der anzunehmende erneute Zubau um 100 Anlagen könnte die für 2012 festgestellte weitere Maiszunahme um 25.000 ha erklären: Bis zu 20.000 ha würden dem zusätzlichen Substratbedarf dieser Anlagen entsprechen und die übrigen 5.000 ha könnten durch Auswinterungsschäden bei Wintergetreide bedingt sein. Rainer Schütte, LWK Niedersachsen
Tabelle: Veränderung der Anbauverhältnisse 2003-2012 in Niedersachsen Kulturarten Zunahme Abnahme Veränderung ha Körnermais/CCM 5.443 5.443 Mais Silomais 266.262 295.946 Mais zus. 301.389 übrige Kulturarten Quelle: GAP Direktzahlungsstatistik Grünland -68.094-68.094 Ackergras 32.354 32.354 Getreide -143.162-143.162 Raps 36.360 36.360 Zuckerrüben -3.350-3.350 Kartoffeln -17.324-17.324 Stilllegung -127.757-127.757 Sonstige -10.416-10.416 insgesamt -301.389