Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 Stand:

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Transkript:

32. 120 GWB - Verfahrensvorschriften Verfahrensvorschriften (1) Vor dem Beschwerdegericht müssen sich die Beteiligten durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. (2) Die 69, 70 Abs. 1 bis 3, 71 Abs. 1 und 6, 72, 73 mit Ausnahme der Verweisung auf 227 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung, die 78, 111 und 113 Abs. 2 Satz 1 finden entsprechende Anwendung. GliederungsNR: 32.1 Gliederungstext: Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 RZ 3997 In die Verweisungsregelung des 120 Abs. 2 ist die Vorschrift des 78 GWB aufgenommen worden. GliederungsNR: 32.2 Gliederungstext: Anwaltszwang ( 120 Abs. 1) GliederungsNR: 32.2.1 Gliederungstext: Grundsatz RZ 3998 Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Beschwerdeverfahren für die nicht 120 Abs. 1 Satz 2 GWB unterfallenden Beteiligten ist immer notwendig (BayObLG, B. v. 24.10.2001 - Az.: Verg 14/01). GliederungsNR: 32.2.2 Gliederungstext: Ausnahme RZ 3999 Nach 120 Abs. 1 Satz 2 GWB können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. GliederungsNR: 32.3 Gliederungstext: Verweisung auf die Vorschriften des GWB ( 120 Abs. 2) GliederungsNR: 32.3.1 Gliederungstext: Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung und Ausnahmen ( 120 Abs. 2, 69) RZ 4000 Nach den 120 Abs. 2, 69 GWB kann in bestimmten Fällen unter Verzicht auf eine mündliche Verhandlung entschieden werden:

GliederungsNR: 32.3.1.1 Gliederungstext: Sofortige Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung RZ 4001 Wird z. B. nur die Kostengrundentscheidung angegriffen, kann der Vergabesenat im schriftlichen Verfahren entscheiden, da eine mündliche Verhandlung nur bei Entscheidungen in der Hauptsache obligatorisch ist. Über die einer Nebenentscheidung der Vergabekammer geltenden Rechtsmittel kann im schriftlichen Verfahren befunden werden (OLG Celle, B. v. 14.7.2003 - Az.: 13 Verg 12/03; OLG Düsseldorf, B. v. 27.07.2005 - Az.: VII - Verg 20/05; B. v. 27.07.2005 - Az.: VII - Verg 18/05; B. v. 27.07.2005 - Az.: VII - Verg 17/05; B. v. 27.07.2005 - Az.: VII - Verg 103/04; B. v. 26.9.2003 - Az.: VII - Verg 31/01; Saarländisches OLG, B. v. 15.05.2009 - Az.: 1 Verg 1/09; B. v. 09.01.2009 - Az.: 1 Verg 1/08; B. v. 17.08.2006 - Az.: 1 Verg 2/06; B. v. 29.09.2005 - Az.: 1 Verg 2/05; B. v. 26.3.2004 - Az.: 1 Verg 3/04; OLG Thüringen, B. v. 4.4.2003 - Az.: 6 Verg 4/03, B. v. 14.10.2003 - Az.: 6 Verg 8/03). GliederungsNR: 32.3.1.2 Gliederungstext: Sofortige Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung über die Erledigung infolge Zuschlagsentscheidung RZ 4002 Eine solche Zwischenentscheidung ist - obwohl im Gesetz nicht vorgesehen - nach der Rechtsprechung zulässig (vgl. die Kommentierung zu 114 RZ???). Als einen den Streitgegenstand beendende Entscheidung ist dagegen die sofortige Beschwerde zulässig (OLG Thüringen, B. v. 9.9.2002 - Az.: 5 Verg 4/02). Sie muss aufgrund mündlicher Verhandlung getroffen werden (OLG Thüringen, B. v. 9.9.2002 - Az.: 6 Verg 4/02). GliederungsNR: 32.3.1.3 Gliederungstext: Sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die Statthaftigkeit der Beschwerde RZ 4003 Es ist zum Kartellverwaltungsverfahrensrecht, dem die Verfahrensvorschriften des Vergabebeschwerdeverfahrens weitgehend nachgebildet sind (vgl. nur 120 Abs. 2 GWB) allgemein anerkannt, dass das Beschwerdegericht in Analogie zu 519b ZPO befugt ist, über die Frage, ob die Beschwerde an sich statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist, ohne vorherige mündliche Verhandlung zu entscheiden (OLG Düsseldorf, B. v. 18.1.2000 - Az.: Verg 2/00). GliederungsNR: 32.3.1.4 Gliederungstext: Sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung der sofortigen Beschwerde als unzulässig RZ 4004 Einer vorherigen mündlichen Verhandlung ( 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB) bedarf es in diesem Fall nicht, da es sich bei der Verwerfung um eine reine Prozessentscheidung handelt (OLG Düsseldorf, B. v. 18.07.2007 - Az.: VII - Verg 18/07; OLG Koblenz, B. v. 22.4.2002 - Az.: 1 Verg. 1/02 - E). GliederungsNR: 32.3.1.5 Gliederungstext: Sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung

RZ 4005 Über die sofortige Beschwerde betreffend die Kostenentscheidung kann der Vergabesenat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB die mündliche Verhandlung nur für die Entscheidung in der Hauptsache anordnen (OLG Thüringen, B. v. 30.1.2002 - Az.: 6 Verg 9/01). GliederungsNR: 32.3.1.6 Gliederungstext: Antrag auf Akteneinsicht RZ 4006 Über ein Akteneinsichtsgesuch kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil der Grundsatz, dass über die Beschwerde in Vergabesachen gemäß 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist, nicht für die im Vorfeld zu treffenden Entscheidungen gilt (OLG Thüringen, B. v. 8.6.2000 - Az.: 6 Verg 2/00). GliederungsNR: 32.3.1.7 Gliederungstext: Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde RZ 4007 Über den Antrag betreffend die Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ( 118 Abs. 1 Satz 3 GWB) kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil der Grundsatz, dass über die Beschwerde in Vergabesachen gemäß 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist, nicht für die im Vorfeld zu treffenden Entscheidungen gilt (OLG Thüringen, B. v. 8.6.2000 - Az.: 6 Verg 2/00). GliederungsNR: 32.3.1.8 Gliederungstext: Verwerfung eines Antrags auf Wiedereinsetzung RZ 4008 Einer vorherigen mündlichen Verhandlung bedarf es bei der Verwerfung eines Antrags auf Wiedereinsetzung nicht, da es sich bei der Verwerfung um eine reine Prozessentscheidung handelt (OLG Koblenz, B. v. 05.12.2005 - Az.: 1 Verg 5/05). GliederungsNR: 32.3.1.9 Gliederungstext: Verzicht auf eine mündliche Verhandlung RZ 4009 Wenn die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichten, kann gemäß 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (OLG Thüringen vom 16.1.2002 - Az.: 6 Verg 7/01). Der Verzicht kann sich auch aus dem Verhalten der Beteiligten ergeben (BayObLG, B. v. 1.2.2001 - Az.: Verg 6/01). GliederungsNR: 32.3.2 Gliederungstext: Verhandlung und Entscheidung trotz nicht ordnungsgemäßer Vertretung des Antragstellers RZ 4010

Auch wenn ein Antragsteller im Termin zur mündlichen Verhandlung über eine sofortige Beschwerde nicht ordnungsgemäß vertreten ist, kann der Vergabesenat gemäß 120 Abs. 2 in Verbindung mit 69 Abs. 2 GWB gleichwohl in der Sache verhandeln und entscheiden (OLG Brandenburg, B. v. 17.6.2003 - Az.: Verg W 2/03). GliederungsNR: 32.3.3 Gliederungstext: Wiederaufnahme der mündlichen Verhandlung RZ 4011 Die mündliche Verhandlung ist wieder zu eröffnen, wenn das Gericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs feststellt. Dagegen ist eine Wiedereröffnung nicht geboten, wenn die mündliche Verhandlung ohne Verfahrensfehler geschlossen wurde - dem Antragsteller wurde z.b. Gelegenheit gegeben, sich zu dem Vergabevermerk zu erklären und wenn erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung neue Tatsachen vorgetragen und Beanstandungen betreffend das Vergabeverfahren erhoben werden, die bisher nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren (OLG Naumburg, B. v. 02.04.2009 - Az.: 1 Verg 10/08; Saarländisches OLG, B. v. 06.04.2005 - Az.: 1 Verg 1/05). GliederungsNR: 32.3.4 Gliederungstext: Reichweite des Untersuchungsgrundsatzes RZ 4012 Nach 120 Abs. 2, 70 GWB erforscht das Beschwerdegericht den Sachverhalt von Amts wegen. RZ 4013 Das Beschwerdegericht hat den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, als der Vortrag der Beteiligten oder der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Überlegung dazu Anlass gibt (BGH, Urteil vom 12.6.2001 - Az: X ZB 10/01). Der Untersuchungsgrundsatz zwingt nicht dazu, allen denkbaren Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts (z. B. allen nur denkbaren rechnerischen und sachlichen Fehlern in der Angebotsauswertung) von Amts wegen nachzugehen. Das gilt im Vergabenachprüfungsverfahren umso mehr in Anbetracht der in den 113 Abs. 2, 120 Abs. 2 GWB geregelten Mitwirkungs- und Förderungspflichten der Beteiligten; danach muss insbesondere der Antragsteller zu den sein Begehren rechtfertigenden Tatsachen vortragen und Beweismöglichkeiten aufzeigen (OLG Düsseldorf, B. v. 18.7.2001 - Az.: Verg 16/01, B. v. 28.8.2001 - Az.: Verg 27/01; OLG Frankfurt, B. v. 08.02.2005 - Az.: 11 Verg 24/04; Saarländisches OLG, B. v. 06.04.2005 - Az.: 1 Verg 1/05). RZ 4014 Zu der dadurch entstehenden Gefahr der Nichtberücksichtigung von verspätetem Vorbringen vgl. die Kommentierung zu 113 RZ???Ziffer 22.6.2. RZ 4015 Eines formellen Beweisantrittes bedarf es daher nicht, wenn Beweismöglichkeiten deutlich gemacht worden sind (OLG Rostock, B. v. 25.10.2000 - Az.: 17 W 3/99). RZ 4016 Auch entscheidungserhebliches Vorbringen ist nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen (Saarländisches OLG, B. v. 06.04.2005 - Az.: 1 Verg 1/05).

RZ 4017 Das Nachschieben von Beanstandungen erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist grundsätzlich nicht möglich, weil die Beschwerdebegründung - vgl. 117 Abs. 2 GWB - den Verfahrensstoff umgrenzt (OLG Karlsruhe, B. v. 16.03.2007 - Az.: 17 Verg 4/07). RZ 4018 Gibt schon der tatbestandliche Teil des Beschlusses der Vergabekammer Anlass, die objektive Rechtslage mit Blick auf bestimmte Punkte zu überprüfen, muss der Vergabesenat Vergaberechtsfehler aufgreifen. Jedes andere Verständnis des Untersuchungsgrundsatzes wäre insbesondere dann, wenn sich der Vergaberechtsverstoß objektiv aufdrängt, grob fehlerhaft und ermöglicht willkürliche Nachprüfungsentscheidungen (OLG Düsseldorf, B. v. 05.05.2008 - Az.: VII - Verg 5/08; B. v. 28.04.2008 - Az.: VII - Verg 1/08). GliederungsNR: 32.3.5 Gliederungstext: Rechtsmittelbelehrung RZ 4019 Eine Rechtsmittelbelehrung (vgl. die 120 Abs. 2, 71 Abs. 6 GWB) ist nicht veranlasst. Die Beschwerdeentscheidung ist nicht anfechtbar, wie sich aus 124 Abs. 2 GWB sowie auch daraus ergibt, dass auf die 74 ff. GWB (Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde oder der Nichtzulassungsbeschwerde) in 120 Abs. 2 GWB nicht verwiesen wird (OLG Düsseldorf, B. v. 5.7.2000 - Az.: Verg 5/99). GliederungsNR: 32.3.6 Gliederungstext: Verbindung von Nachprüfungsverfahren RZ 4020 Der Vergabesenat kann von der Vergabekammer getrennt behandelte Verfahren nach den 120 Abs. 2, 73 Nr. 2 GWB, 147 ZPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wenn es in beiden Verfahren um dasselbe Vergabeverfahren und - soweit für die Entscheidung erheblich - auch um dieselben Vergabeverstöße geht. Es dürfte daher im Regelfall geboten sein, ein einheitliches Vergabeüberprüfungsverfahren vor der Vergabekammer auch dann durchzuführen, wenn mehrere Bieter Vergaberechtsverstöße - auch unterschiedliche - mit Anträgen an die Vergabekammer geltend machen. Etwas anderes mag gelten, wenn einer der Anträge unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist (OLG Thüringen, B. v. 2.8.2000 - Az.: 6 Verg 4/00, 6 Verg 5/00). GliederungsNR: 32.3.7 Gliederungstext: Kostentragung und Kostenfestsetzung GliederungsNR: 32.3.7.1 Gliederungstext: Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 RZ 4021 In 120 Abs. 2 ist eine Bezugnahme auf 78 GWB neu eingefügt worden. Mit dieser Verweisung auf den 78 wird es ermöglicht, auch die notwendigen Kosten einem Beteiligten nach Billigkeit aufzuerlegen. GliederungsNR: 32.3.7.2 Gliederungstext: Inhalt der Regelung

RZ 4021 Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend. GliederungsNR: 32.4 Gliederungstext: Unselbständige Anschlussbeschwerde RZ 4022 Zur Zulässigkeit der unselbständigen Anschlussbeschwerde vgl. die Kommentierung zu 116 RZ???Ziffer 25.1.4.2. GliederungsNR: 32.5 Gliederungstext: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand RZ 4023 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vgl. die Kommentierung zu 116 RZ???2529. GliederungsNR: 32.6 Gliederungstext: Grundsatz des rechtlichen Gehörs RZ 4024 Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs stellt keinen Selbstzweck dar, sondern ist - wie 321a Abs. 1 Nr. 1 ZPO zeigt - nur dann berührt, wenn die ohne hinreichende Gewährung rechtlichen Gehörs getroffene Entscheidung nicht mehr in der Rechtsmittelinstanz anfechtbar ist und der Verfahrensbeteiligte somit auch nachträglich kein Gehör findet (OLG Thüringen, B. v. 14.10.2003 - Az.: 6 Verg 8/03). RZ 4025 Vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu 112 GWB RZ???2135. GliederungsNR: 32.7 Gliederungstext: Zulässigkeit einer Anhörungsrüge RZ 4026 Die Vorschriften der 116 ff. GWB enthalten keine eigenständige Regelung zum Anhörungsrügeverfahren. Jedoch verweist 120 Abs. 2 GWB auf eine Anzahl von Vorschriften zum Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen der Kartellbehörde ( 63 ff. GWB). In seiner durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004, dort Art. 20 Nr. 3 geänderten Fassung verweist 120 GWB auch auf 71a GWB, der die Anhörungsrüge regelt. Diese Änderung von 120 GWB ist im Bundesgesetzblatt Teil I vom 14. Dezember 2004, S. 3220, 3229 f. bekannt gemacht worden. Allerdings veröffentlichte der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Bundesgesetzblatt Teil I vom 20. Juli 2005, S. 2114 ff., eine Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Ausweislich ihrer Präambel, dort Nr. 14, berücksichtigt diese Neubekanntmachung auch das Anhörungsrügengesetz. Jedoch fehlt in 120 Abs.

2 dieser Neubekanntmachung die Verweisung auf 71a GWB. Dieser Fehler hatte zur Folge, dass in den verbreiteten Gesetzestexten und auch in der Kommentarliteratur die Verweisung des 120 GWB auf die Vorschrift über die Anhörungsrüge nicht enthalten ist. Gemessen an der objektiven Rechtslage ist eine Regelungslücke nicht gegeben, da mit der ausdrücklichen Verweisung von 120 GWB auf die Vorschrift des 71a GWB der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge ausdrücklich im Gesetz geregelt war. Eine Regelungslücke bestand allenfalls, wenn man den veröffentlichten und damit fehlerhaften Gesetzestext zugrunde legt (BVerfG, Beschluss v. 26.02.2008 - Az.: 1 BvR 2327/07). Der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge ist also zulässig (OLG Düsseldorf, B. v. 04.03.2009 - Az.: VII-Verg 67/08). RZ 4027 Für eine Anhörungsrüge hinsichtlich einer Entscheidung über die Versagung der Akteneinsicht im Eilverfahren besteht deswegen kein Bedürfnis, weil Beschlüsse des Senats über die Gewährung von Akteneinsicht nicht in Rechtskraft erwachsen und daher jederzeit abgeändert werden können (OLG Düsseldorf, B. v. 04.03.2009 - Az.: VII-Verg 67/08). GliederungsNR: 32.8 Gliederungstext: Verschlechterungsverbot RZ 4028 Ein angefochtener Beschluss der Vergabekammer unterliegt in vollem Umfange der Überprüfung durch den Senat. Der Senat ist nicht etwa an die Bejahung bestimmter Tatbestandselemente durch die Vergabekammer gebunden und darauf beschränkt, lediglich die von ihr verneinten Tatbestandsmerkmale zu überprüfen. Zwar gilt das Verschlechterungsverbot auch in Verfahren, in denen - wie im Vergabenachprüfungsverfahren (vgl. 114 Abs. 1 S. 1 GWB) - die verfahrensrechtliche Dispositionsbefugnis eingeschränkt ist. Das Verschlechterungsverbot bezieht sich jedoch auf den geltend gemachten Anspruch als solchen, nicht auf einzelne Tatbestandsmerkmale. Selbst wenn (auch) aus 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB zu schließen sein sollte, dass das Beschwerdegericht an die Anträge des Beschwerdeführers gebunden sein sollte, ändert dies nichts daran, dass sich der Antrag auf das Rechtsschutzbegehren, nicht auf dessen einzelne Tatbestandselemente bezieht. Die Vorschrift des 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB ist der des 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO nachempfunden. Dennoch kann dies, wie aus den obigen Ausführungen hervorgeht, das Berufungsgericht bei einem klageabweisenden erstinstanzlichen Urteil nicht daran hindern, die von der ersten Instanz bejahte Zulässigkeit der Klage oder einzelne bejahte Tatbestandsmerkmale anders zu beurteilen (OLG Düsseldorf, B. v. 04.03.2009 - Az.: VII-Verg 67/08).