Lean Office. White Paper. Work smarter, not harder. Markus Gahleitner



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Transkript:

White Paper Lean Office Work smarter, not harder Markus Gahleitner MCG Managementberatung GmbH Oktober 2014

Die MCG Managementberatung GmbH ist auf Strategie- und Produktivitätsberatung spezialisiert. Gegründet im Jahre 1998 arbeitet sie vor allem in der Industrie in Europa. We make things happen! MCG EXPERTS, DIE UMSETZUNGSBERATER. www.mcg-experts.com Seite 2

Über den Autor: Mag. Markus Gahleitner, Jg. 1976 Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Internationalem Management, Marketing und Finanzwirtschaft, Ausbildung zum Prozessexperten an der Steinbeis Hochschule in Berlin. Partner in der MCG Managementberatung GmbH. Lektorentätigkeit an der Donau Universität Krems. Seit 15 Jahren als Consultant und Trainer im Strategie- und Produktivitätsbereich für mehr als 70 internationale Kunden im Einsatz. Seite 3

Inhaltsverzeichnis Vermeidung von Verschwendung und Steigerung der Effizienz in der Administration... 5 Lean... 5 Lean Prinzipien... 6 Spezifikation des Wertes aus der Kundensicht bzw. die Sicherstellung der Verfügbarkeit der gewünschten Leistung... 6 Identifikation des Wertschöpfungsstroms bzw. vollständige Lösung des Kundenproblems durch Sicherstellung des Zusammenwirkens von verschiedenen Produkten und Leistungen... 6 Der Fluss bzw. das Bereitstellen von Leistungen und Services exakt zum richtigen Zeitpunkt ohne Wartezeiten... 6 Pull bzw. das Bereitstellen von Leistungen und Services exakt am richtigen Ort zur richtigen Zeit... 7 Streben nach Perfektion bzw. das Bündeln von Leistungskomponenten zu einem gesamtheitlichen Nutzen... 7 Lean Office... 7 3 Typen von Verschwendung... 7 7 Arten von Verschwendung (Muda)... 8 Standardisierte und adaptive Prozesse... 10 Ansatzpunkte für Lean Office... 11 Umsetzung von Lean Office... 11 1. Lean Assessment...11 2. Analyse...12 3. Maßnahmen definieren und umsetzen...12 4. Visuelles Management und KVP einführen...13 Fazit... 13 Literaturverzeichnis... 14 Seite 4

Lean Office/Administration Vermeidung von Verschwendung und Steigerung der Effizienz in der Administration Hatten Sie auch schon einmal das Gefühl, dass Schlüsselpersonen in ihrem Unternehmen überlastet sind, unklare Zuständigkeiten und Doppelgleisigkeiten gegeben sind, kaum eine Aufgabe ohne Unterbrechung durchgeführt werden kann, ineffiziente Sitzungen stattfinden, die Aufgaben immer mehr werden, Führungskräfte schwer erreichbar sind oder Informationen nicht auffindbar sind? Eine Studie des Fraunhofer Instituts hat festgestellt, dass in der Administration fast 30% der Arbeitszeit verschwendet wird 1. Wir haben in einer Studie festgestellt, in der 313 Verbesserungsprojekte die im Zeitraum von 2005 bis 2012 von Unternehmen selbständig durchgeführt wurden, dass nur rund 15% im administrativen Bereich abgewickelt werden 2. Aus diesen Gründen, möchte ich mich hier eingehender mit der Steigerung der Effizienz in der Administration auseinandersetzen. Neben einem kurzen Überblick über das Thema Lean Administration möchte ich hier auch Möglichkeiten aufzeigen wie Sie Lean Administration auch in ihrem Unternehmen einführen können. Lean Viele denken beim Thema Lean Management sofort an das Toyota Produktionssystem (TPS). Es mag vielleicht einige überraschen, dass das Thema Lean bereits bei standardisierten Kriegsgeräten mit austauschbaren Teilen im 19. Jahrhundert eine Rolle in Frankreich, England und den USA spielte. Bereits seit Anfang des 20 Jahrhunderts wurde die Fließfertigung von Henry Ford entwickelt, die fortan die Industrie prägte. Diese Massenproduktion die zu einer kontinuierlichen Reduktion der Herstellkosten führte machte die Autos für eine breite Bevölkerung erst leistbar und war Vorbild für Toyota bei der Entwicklung ihres Lean Ansatzes. In den 1980er Jahren führte dann, getrieben durch hohe Zinsen auf den Kapitalmärkten, der steigenden Nachfrage nach qualitativ höherwertigen Produkten, einer globalen Rezession und steigendem globalem Wettbewerb zu einer wahren Welle an Initiativen in den Bereichen Produktivitätssteigerung und Qualitätsmanagement. All diese Initiativen, wie Qualitätszirkel, TQM (Total Quality Management), COPQ (Cost of poor Quality), SPC (Statistical Process Control), Reeningeering, Six Sigma, TOC (Theory of Constraints), QFD (Quality Function Deployment) oder Lean Manufacturing/Lean Thinking im Sinne von Womack und Jones 3 um nur einige zu nennen, verfolgen grundsätzlich folgendes Ziel: Sie alle wollen die Arbeit 1. besser 2. schneller 3. günstiger und 4. sinnstiftender gestalten 4. Jahrelang wurde die Lean Philosophie hauptsächlich in den Fertigungsabläufen der Organisationen genutzt um diese effizienter zu gestalten. Es ist an der Zeit, sich der Administration zuzuwenden. 1 Vgl. Lean Office 2010 Studie, Fraunhofer Institut 2 Vgl. White Paper Umsetzungsqualität, MCG Managementberatung GmbH, www.mcg-experts.com/white Paper/Studie 2013 zur Projektqualität: Analyse von mehr als 300 Projekten zur aktuellen Umsetzungsqualität in der Industrie.pdf (9.5.2014) 3 Vgl. Auf dem Weg zum perfekten Unternehmen (Lean Thinking), Womack J. und Jones D., Heyne Campus, 1998 4 Vgl. The Six Sigma Black Belt Handbook, McCarty T. u.a., McGraw-Hill, 2005, S. 149ff. Seite 5

Lean Prinzipien Die wesentlichen Lean Prinzipien wurden von Womack und Jones in ihrem Buch Lean Thinking 5 beschrieben. In einem neueren Artikel zum Thema Lean Consumption, propagieren die Autoren, dass der gesamte Beschaffungs- und Nutzungsprozess so gestaltet sein muss, dass durch die Verknüpfung von vielen Leistungen (und Produkten) eine Kundenanforderung perfekt erfüllt wird. Dabei erstreckt sich dieser Prozess von der Suche über den Kauf, über die Inbetriebnahme, über das Instandhalten, Upgraden und schlussendlich das Entsorgen 6. Auch im Bereich Lean Office sollte der Leistungserbringungsprozess ebenso umfassend verstanden werden. Spezifikation des Wertes aus der Kundensicht bzw. die Sicherstellung der Verfügbarkeit der gewünschten Leistung Der Wert bzw. die Wertschöpfung kann nur vom Endverbraucher her definiert werden. Die Wertschöpfung sollte über ein spezifisches Produkt (oder Dienstleistung) definiert werden, welches den Bedarf des internen als auch externen Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt befriedigt. Lean Management muss daher mit einem bewussten Versuch einer exakten Definition der Wertschöpfung hinsichtlich spezifischer Produkte und Leistungen beginnen, die zu bestimmten Preisen über einen Dialog mit spezifischen Kunden angeboten werden. In administrativen Prozessen ist ebenso zu definieren, was zu welchem Zeitpunkt benötigt wird. Identifikation des Wertschöpfungsstroms bzw. vollständige Lösung des Kundenproblems durch Sicherstellung des Zusammenwirkens von verschiedenen Produkten und Leistungen Wertschöpfung besteht aus allen spezifischen Tätigkeiten, die den Wert aus Kundensicht erhöhen. Alle nicht wertschöpfenden Tätigkeiten sind Verschwendung und sollten weitestgehend eliminiert werden. Hierfür muss genau analysiert werden, welche Tätigkeiten Blindleistungen sind (nicht wertschöpfend, nicht notwendig, Verschwendung), Scheinleistungen (nicht wertschöpfend, aber auf Basis der heutigen Rahmenbedingungen wie technische Gegebenheiten oder gesetzliche Regelungen) und Nutzleistungen (wertschöpfend). Im Bereich von Lean Office spielt auch das gesamtheitliche Betrachten von Produkten und Leistungen, um eine Kundenanforderung zu befriedigen und Wartezeiten zu reduzieren, eine wesentliche Rolle. Der Fluss bzw. das Bereitstellen von Leistungen und Services exakt zum richtigen Zeitpunkt ohne Wartezeiten Unter dem Fließprinzip versteht man, dass alle Tätigkeiten bis zum fertigen Produkt oder der durchgeführten Leistung nahtlos und ohne Verzögerung ineinandergreifen. Unterbrechungen und Wartezeiten sind Verschwendung und müssen eliminiert werden. Es muss gelingen, Leistungen und Services im Moment des Bedarfs anzubieten. Da Leistungen und Services meist nicht auf Vorrat produziert werden können ist eine Anpassung der Fließgeschwindigkeit an die zeitlichen Anforderungen unverzichtbar. Auf der anderen Seite kann auch die Planung aus Kundensicht, also die Definition, wann gewissen Leistungen oder Informationen benötigt werden, zu einer besseren Erfüllung der Kundenanforderungen führen. 5 Vgl. Auf dem Weg zum perfekten Unternehmen (Lean Thinking), Womack J. und Jones D., Heyne Campus, 1998 6 Vgl. Lean Consumption, Womack J. und Jones D., in: Harvard Business Review, March 2005 Seite 6

Pull bzw. das Bereitstellen von Leistungen und Services exakt am richtigen Ort zur richtigen Zeit Das Pull - Prinzip bedeutet, dass der Kunde das von ihm gewünschte Produkt bzw. die Dienstleistung beim Unternehmen oder einer Abteilung abrufen kann, anstatt dem Kunden Produkte und Leistungen anzubieten, die er oftmals gar nicht will (Push). Ein Beispiel aus dem administrativen Bereich wären etwa für ein Meeting notwendige Informationen, die zwar grundsätzlich im Unternehmen verfügbar sind, aber für die Besprechung nicht aufbereitet sind. Streben nach Perfektion bzw. das Bündeln von Leistungskomponenten zu einem gesamtheitlichen Nutzen Durch die Anwendung der vorgestellten 4 Prinzipien erkennt man bald, dass die Prozesse der Reduktion von Arbeit, Zeit, Raum, Kosten und Fehlern beim Anbieten von Produkten und Leistungen endlos sind. Besondere Bedeutung kommt dabei der Transparenz der Prozesse zu. In einem schlanken System kann jeder alles sehen kann. So entdeckt man einfacher bessere Wege der Wertschöpfung. Das Streben nach eine besseren Erfüllung der Kundenanforderungen kann auch zu einer Bündelung von Leistungskomponenten führen. Wenn es gelingt, die Anzahl an Arbeitsschritten zu reduzieren um beispielsweise an Informationen zu gelangen, wäre dies ein erster Schritt in Richtung Perfektion. Lean Office Unter Lean Office versteht man die Anwendung der Lean Prinzipien nicht mehr nur in den Fertigungsabläufen, sondern in allen administrativen Prozessen. Vereinfacht ausgedrückt geht es um die Reduktion der Verschwendung im Angebotserstellungsprozess, im Reklamationsprozess, im Verkaufsprozess und vielen mehr. Vor allem in Hochlohnländern sind effiziente Prozesse im Büro ein Wettbewerbsvorteil. Häufig wird das durch die Verbesserung erzielbare Potenzial viel zu gering eingeschätzt. Besonderes Augenmerk bei der Optimierung der administrativen Prozesse sollte dabei auf die Schnittstellen zwischen Abteilungen und Bereichen gelegt werden. Obwohl die klassischen Lean Prinzipien in den administrativen Bereichen gleichermaßen gelten, möchte ich doch auf wesentliche Unterschiede hinweisen. Wert aus Kundensicht klassische Lean Prinzipien Identifikation des Wertschöpfungsstroms für jedes Produkt oder Leistung Wert Wertschöpfungsstrom Lean im administrativen Bereich Viele Kunden, oftmals sind die Kunden gleichzeitig Lieferanten Erkennen und verstehen von oftmals nicht sichtbaren Abläufen Kontinuierlicher Fluss des Produktes bzw. der Leistung Flussprinzip Oftmals viele Schnittstellen im Prozess Ziehprinzip, ausgehend vom Kundenbedarf Streben nach Perfektion Ziehprinzip Perfektion Oftmals stark schwankender Bedarf, tlw. braucht man Prozesse überhaupt nicht Streben nach Perfektion unter starker Einbindung der Mitarbeiter 3 Typen von Verschwendung 7 Oftmals wird in Diskussionen Lean allein mit dem Begriff Reduktion von Verschwendung (Muda) gleichgesetzt. Obwohl die Reduktion von Muda naturgemäß einen sehr wichtigen Teil in der Umsetzung von Lean Office darstellt, möchte ich dennoch auf die Überlastung von Menschen (Mura) die die Sicherheit gefährden kann und zu Qualitätsproblemen führen kann und auf die oftmals in administrativen Prozessen, wie oben bereits skizziert, stark schwankenden Kapazitätserfordernisse hinweisen. 7 Vgl. Der Toyota Weg, J.K. Liker, Finanzbuch Verlag, 2006, S. 171 Seite 7

Muda Muri Mura Verschwendung Überlastung von Menschen und Maschinen Unausgeglichenheit Unregelmäßigkeit Der Fokus zur Erzielung einer schlanken Administration liegt auf der Beseitigung von Muda. 7 Arten der Verschwendung Mensch oder Maschine über seine natürlichen Grenzen zu belasten Überlastung von Menschen beeinträchtigt die Sicherheit und führt zu Qualitätsproblemen Überlastung von Maschinen verursacht Ausfälle und technische Defekte Schwankende Kapazitätserfordernisse führen zu Muda und Muri. Manchmal sind Menschen und Maschinen überlastet, manchmal nicht ausgelastet Nivellierung notwendig (Hejunka) Ein Erfolgskriterium bei der Umsetzung eines Lean Office Konzepts ist die Optimierung in allen drei Bereichen und eine Reduktion in allen drei Verschwendungsgruppen. 7 Arten von Verschwendung (Muda) Die 7 Arten der Verschwendung (Muda) in der Produktion sind auf den indirekten Bereich, die Administration übertragbar 8. Direkter Bereich (Produktion) 1. Überproduktion 2. Wartezeiten 3. Unnötige Transporte 4. Zu viele oder falsche Prozessschritte 5. Lagerüberhänge 6. Unnötige Bewegungen 7. Produktion von Schlechtteilen/ Ausschuss Indirekter Bereich (Administration) 1. Überproduktion von Information 2. Wartezeit vom Mitarbeiter 3. Unnötiger Transport von Information 4. Zu viele oder falsche Prozessschritte 5. Fremd verursachte Bestände von Information (elektronische oder physische Bestände) 6. Bewegung/Laufwege im Büro 7. Fehler und Nacharbeit (Produktion von ungenauen oder falschen Informationen) Im administrativen Bereich ist die Verschwendung meist weniger klar ersichtlich. Während man in der Produktion gestapelte Halbfertigwaren, stehende Maschinen oder auf Teile wartende Mitarbeiter einfach sehen kann, ist dies im indirekten Bereich schwieriger, da die existierende Verschwendung meist nicht in physischer Form existiert. 8 Vgl. Lean Six Sigma for Service, M.L. George, Mc-Graw Hill, 2003, S. 259ff Seite 8

Um den Blick auf Verschwendung zu schärfen, hier ein paar Beispiele für Verschwendung im Büro: Überproduktion Detailangebot für eine vorläufige Anfrage Übertriebene Verfahrensanweisungen Ein-Jahres-Forecast für C-Produkte Überkapazitäten für seltene Bedarfsspitzen Bestände Wartezeiten/ Liegezeiten Auftragsvorräte Fakturavorräte Mehrfachablagen Volles E-Mail-Postfach Informationen, die liegen bleiben, da weitere Informationen zur Bearbeitung fehlen Warten auf Genehmigungsfreigaben Wartezeit bei Rückfragen Rückdelegation Programmwechsel, Rechner starten Unnötige Bewegungen/Wege Reisetätigkeit Laufwege zu räumlich getrennten Mitarbeiter oder Büroausstattungen Ergonomie am Arbeitsplatz Unnötiger Informationsfluss Überflüssige, nicht zielgerichtete Meetings Große E-Mail-Verteiler Umfangreiche Hauspost (oftmals papiergebunden) Unnötige/ Fehlerhafte Prozesse Unklare Zuständigkeiten Fehlende oder nicht praktikable Prozesse Veraltete Ausstattung (PC, ) Redundante vorgehaltene Auswertungstools (Excel-Listen) Wiederholte manuelle Dateneingabe Unnötiges Kopieren Qualitätsprobleme Fehlende oder falsche Informationen führen zu Rückfragen Korrekturschleifen Unnötige Genehmigungen Medienbrüche in Datenformaten Ergebnisse treffen nicht die Aufgabenstellung Seite 9

Standardisierte und adaptive Prozesse Beschäftigt man sich intensiv mit Lean Office drängt sich ein Thema auf, dem man sich stellen muss. Wie kann Lean funktionieren, wenn neben repetitiven Aufgaben, die wesentlichen wertschöpfenden Komponenten in der geistigen Erbringung von Leistungen liegt? Diese Frage hat uns dazu geführt, die Prozesse im administrativen Bereich in zwei unterschiedliche Klassen zu gliedern. Standardisierte (repetitive) Prozesse Fokus auf Effizienz Eigenschaften: Kundenanforderungen leichter zu definieren Inputs und Outputs klar zu definieren Leistungskennzahlen klar darstellbar Prozess kann standardisiert werden Process drives People Erfolgsfaktoren: Standard Operating Procedures (SOP) KVP befähigte Teams Klare Ziele Visuelles Management Eigenschaften: Hoher Grad an Entscheidungsspielraum Bedarf nach kundenspezifischen Antworten Komplexität und Einfluss des Umfelds/der Stakeholder Leistungskennzahlen schwierig darzustellen People generate and drive Process Erfolgsfaktoren: Adaptive Prozesse Fokus auf Effektivität Persönliche Zielklarheit entscheidend Priorisierung des Ressourceneinsatzes Klarheit der Kundenanforderungen Klarheit der Rollen im Team Exzellentes Schnittstellenmanagement Diese Differenzierung bringt folgende Vorteile: Die Mitarbeiter verstehen, dass Lean nicht bedeutet, sie zu getakteten Robotern zu machen. Es werden die Fähigkeiten und Entscheidungsspielräume der Mitarbeiter in den Fokus gerückt die notwendig sind, um kundenspezifische Anfragen abzuwickeln. Es macht klar erkennbar, welche Prozesse in der gesamten Kette standardisierbar sind und welche klar definierte Entscheidungsspielräume brauchen. Seite 10

Ansatzpunkte für Lean Office Lean im administrativen Bereich muss auf mehreren Ebenen angewendet werden. Wir unterscheiden hierbei die Arbeitsplatz/Mitarbeiter Ebene, die Teamebene und die Prozessebene. Natürlich sind diese Bereiche eng miteinander verknüpft und müssen gesamtheitlich optimiert werden. Obwohl für uns Lean keine reine Toolbox ist sondern vielmehr eine Philosophie, eine Denkweise, hier ein paar wesentliche Instrumente: Arbeitsplatz/ Mitarbeiter Selbstorganisation Ergonomie Ordnung und Sauberkeit Ablagestruktur Teamebene Prozessebene 5 S (Sortieren, Platz zuweisen, Säubern, Standardisieren, Disziplin) Standards definieren Meetingwesen Kommunikation Bürolayout Kennzahlen und Zielvereinbarungen Process Mapping Wertstromdesign Schnittstellenmanagement Visuelle Prozesskontrolle Auftragsstrukturanalyse (Aufschlüsselung der Mengen & Aufgaben) Wertstromanalyse und -design (Analyse der Prozesse, Rollen & Aufgaben) Tätigkeitsstrukturanalyse (Identifikation der Aufgaben mit Dauer & Anzahl) Informationsstrukturanalyse (Aufnahme des Informationsbedarfs) Umsetzung von Lean Office Die Umsetzung von Lean Office in Organisationen kann mittels 4-stufigem Prozess erfolgen, der sich von einer Einschätzung der Reife der Organisation bis zu visuellem Management und dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess spannt. Hier die 4 Schritte im Detail: 1. Lean Assessment Entsprechend dem berühmten Spruch von Peter Drucker, What gets measured, gets done, sollte am Beginn einer Lean Office Initiative eine Beurteilung des Lean Reifegrades einer Organisaiton oder eines Bereichs stehen. Seite 11

Dabei werden folgende Themenbereiche evaluiert: Kommunikation innerhalb der Organisation und mit Kunden Flexibilität der Mitarbeiter Visuelles Management und Arbeitsplatz Organisation Kontinuierliche Verbesserung Fehleranalyse und vermeidung (Poka Yoke) Qualität Standards Supply Chain Performance Measurement Wie das Assessment im Detail aufgebaut und organisiert wird, ist von der konkreten Aufgabenstellung abhängig. Immer gilt es jedoch, die Mitarbeiter des betroffenen Bereichs miteinzubeziehen, da der Lernprozess im Rahmen des Audits mindestens genauso wichtig ist, wie das Ergebnis selbst 9. Als Resultat eines guten Lean Assessments kann man bereits eine Roadmap mit wesentlichen Verbesserungsmaßnahmen erwarten. 2. Analyse Obwohl viele Unternehmen unter Lean häufig nur den Einsatz von bestimmten Tools verstehen und nicht die gesamtheitliche Philosophie, was zu nur mäßigen Ergebnissen dieser Initiativen führt, möchte ich auf ein paar wesentliche Instrumente an dieser Stelle hinweisen. Besonderes Augenmerk bei der Arbeit mit den Lean Tools sollte aber auf alle Fälle die klare Abstimmung der Lean Office Initiative mit der strategischen Ausrichtung und ebenso auf die wesentlichen Kernprozesse der Organisation. Weiters sollten einzelne Instrumente nicht als Stand Alone Lösungen in einzelnen Bereichen eingesetzt werden, da sonst die Gefahr für optimierte Insellösungen steigt 10. Häufig eingesetzte Analyseinstrumente sind: Auftragsstrukturanalyse (ABC/XYZ Analyse) Prozessanalyse (Wertstromanalyse, Bewertung Prozesseffizienz) Tätigkeitsstrukturanalyse Haupttätigkeiten mit dem Ziel der Optimierung einzelner Vorgänge Nebentätigkeiten mit dem Ziel der Vermeidung von Verschwendung und Organisatorische Tätigkeiten mit dem Ziel, diese auf ein notwendiges Maß zu reduzieren. Informationsstrukturanalyse (Medienbrüche, Informationsbedarf, Informationsfluss) 3. Maßnahmen definieren und umsetzen Nachdem die Prozesse einer genauen Analyse unterzogen wurden, werden als erstes überflüssige und nicht wertschöpfende Tätigkeiten eliminiert. Im Anschluss werden Prozessmodule definiert (Prozessteilschritte) die in sich möglichst repetitiven Charakter haben und durch die Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Prozessmodulen kundenspezifischen Anforderungen bestens erfüllen können. Damit dies reibungslos funktioniert ist besonderes Augenmerk auf die Schnittstellen zu legen. Beispielhaft seien hier mögliche Verbesserungsmaßnahmen angeführt: Maßnahmen zur Reduktion von Verschwendung umsetzen Standards definieren, z.b. für EDV Ablagen, Formulare, Akten und Ordner, Kommunikation, Prozesse 5 S Aktivitäten durchführen, 9 Vgl. Lean Assessments, Are they needed?, Sanchez, E., in: Lean Management Journal, October 2013, Issue 8, Volume 3 10 Vgl. Creating Lean Flow in Office and Service Processes, Locher, Drew, http://www.lean.org/common/display/?o=2215, 22.10.14 Seite 12

Meetingswesen verbessern Einführung von Service Level Agreements Zielvereinbarungen Viele Unternehmen setzen bei der Sicherstellung der Umsetzung auf die von uns entwickelte BigStep Methode. Dabei wird abgestimmt mit einem großen Teil der Mannschaft in einem einzigen Workshop eine Roadmap der Verbesserungsmaßnahmen gemeinsam erarbeitet. Durch die Einbindung vieler Mitarbeiter wird ein gemeinsames Problemverständnis geschaffen, die Mitarbeiter auf die Notwendigkeit der Verbesserungsmaßnahmen eingeschworen und das für die Umsetzung wichtige Momentum geschaffen. So kann ein Umsetzungsgrad der vereinbarten Maßnahmen von 90% innerhalb von 9 Monaten sichergestellt werden. 4. Visuelles Management und KVP einführen Sämtliche definierte Verbesserungsmaßnahmen sollten in einen strukturierten, transparenten Prozess eingetaktet werden, der sich durch standardisierte Dokumente und Vorgehensweisen, ereignisorientierten Fortschrittsmeetings und Konsequenz auszeichnet. Die visuelle Darstellung des Umsetzungsstatus der einzelnen Verbesserungsmaßnahmen z.b. über einen Fortschrittsbalken oder ein einfaches Ampelsystem gewährleistet die Möglichkeit einer permanenten Abweichungsfeststellung und damit die Möglichkeit sofort einzugreifen. In der Literatur wird auch der Begriff der Office Boards verwendet um den Verlauf von relevanten Outputkriterien der Abteilung bzw. des Prozesses darzustellen und die Mitarbeiter zu sensibilisieren 11. Ausgewählte Komponenten im Schritt 4: Visuelles Management und KVP: Schulung und Sensibilisierung aller Mitarbeiter in den sieben Arten der Verschwendung Schaffung einer Kultur, die eine bewusste und offene Diskussion über wertschöpfende und nicht wertschöpfende Arbeiten ermöglicht und fördert Regelmäßige Durchführung von Workshops zur Identifikation von Verschwendung und zur Erarbeitung von Lösungen zur Vermeidung und Minimierung Etablierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) mit Fokus auf Wertschöpfung und Verschwendung in den Abläufen Visualisierung der Ergebnisse Fazit Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es große Potenziale in den administrativen Prozessen von Organisationen gibt. Eine Lean Office Initiative sollte, in Abstimmung mit der Strategie des Unternehmens, auf die wesentlichen Kernprozesse ausgerichtet sein und das notwendige Top- Management Commitment haben. Entscheidet man sich für die Optimierung der Prozesse mittels Lean Office Philosophie kann Verschwendung sichtbar gemacht und dauerhaft vermieden werden. Versteht man nun unter Lean Office nicht nur eine einmalige Initiative, sondern eine dauerhafte Philosophie und Denkweise, kann dies zu einer nachhaltigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit führen. 11 Vgl. Made to Order Lean, Excelling in a high-mix, low-volume environment, Lane, G., Productivity Press, New York, 2007, S. 7 Seite 13

Literaturverzeichnis Auf dem Weg zum perfekten Unternehmen (Lean Thinking), Womack J. und Jones D., Heyne Campus, 1998 Creating Lean Flow in Office and Service Processes, Locher, Drew, http://www.lean.org/common/display/?o=2215, 22.10.14 Der Toyota Weg, J.K. Liker, Finanzbuch Verlag, 2006 Lean Assessments, Are they needed?, Sanchez, E., in: Lean Management Journal, October 2013, Issue 8, Volume 3 Lean Consumption, Womack J. und Jones D., in: Harvard Business Review, March 2005 Lean Office 2010 Studie, Fraunhofer Institut Lean Six Sigma for Service, M.L. George, Mc-Graw Hill, 2003 Made to Order Lean, Excelling in a high-mix, low-volume environment, Lane, G., Productivity Press, New York, 2007 White Paper Umsetzungsqualität, MCG Managementberatung GmbH, www.mcgexperts.com/white Paper/Studie 2013 zur Projektqualität: Analyse von mehr als 300 Projekten zur aktuellen Umsetzungsqualität in der Industrie.pdf (9.5.2014) The Six Sigma Black Belt Handbook, McCarty T. u.a., McGraw-Hill, 2005, S. 149ff. Seite 14

Gerne stehen wir Ihnen für weitere Fragen und Anregungen oder einfach zu einem Gedankenaustausch zur Verfügung. MCG Managementberatung GmbH Leitenbauerstraße 25 A-4040 Linz Austria www.mcg-experts.com Mag. Markus Gahleitner Partner, Lean Six Sigma Master Black Belt m.gahleitner@mcg-experts.com +43 664 1054568 Seite 15

MCG Managementberatung GmbH Seite 16