CSR ODER PREIS?* DIE PRÄFERENZEN DER KONSUMENTEN

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Transkript:

CSR ODER PREIS?* DIE PRÄFERENZEN DER KONSUMENTEN Ingo Schoenheit Antje Wirthgen 1 BELOHNEN KONSUMENTEN CSR? 2 CSR UND KONSUMENTENPRÄFERENZEN DAS FORSCHUNGSDESIGN 2.1 ADAPTIVE CONJOINT-ANALYSE ZUR MESSUNG VON KONSUMPRÄFERENZEN 2.2 PRODUKTEIGENSCHAFTEN UND MERKMALSAUSPRÄGUNGEN 2.3 UNTERSUCHUNGSDURCHFÜHRUNG 2.4 DATENANALYSE 3 DIE UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE 4 ZUSAMMENFASSUNG LITERATUR *) Erweiterte und aktualisierte Fassung eines Beitrages von Schoenheit / Wirthgen Die Bedeutung von CSR für Produktpräferenzen der Konsumenten - Trade-offs zwischen CSR, Preis, Qualität und Marke, der in den Proceedings der 2. Internationale Corporate Responsibility-Konferenz am 12. und 13. Oktober 2006; Humboldt- Universität Berlin erschienen ist. 219

1 BELOHNEN KONSUMENTEN CSR? Nachdem die Europäische Union den Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) in den letzten Jahren hoffähig gemacht hat, ersetzt er inzwischen als eine Art Fachbegriff das, was zuvor in Deutschland umgangssprachlich als verantwortliches Unternehmensverhalten bezeichnet wurde. Er bringt als englischsprachiger Fachausdruck auf den Punkt, was bis heute in der Wissenschaft, aber auch in der Praxis vom Grundsatz her kontrovers diskutiert werden kann. Er behauptet, dass Unternehmen nicht nur im unmittelbaren Sinne für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Handelns zu sorgen haben, sondern dass sie auch für die sozialen und ökologischen Bedingungen und Folgen ihres wirtschaftlichen Handelns mitverantwortlich sind. Seit ungefähr 15 Jahren mehren sich die Anzeichen dafür, dass es innerhalb der Konsumenten eine relevante Zielgruppe gibt, die in Aussicht stellt, ein solches freiwilliges soziales und ökologisches Engagement der Unternehmen zu belohnen (Hansen et al. 1994). Entsteht hier also eine neue Konsumentengruppe, die die in der Marketingwissenschaft und -praxis gut bekannte Preis- und Qualitätsorientierung um eine neue Dimension ergänzt? Oder werden neue hybride Verbindungen von CSR zu den klassischen Dimensionen Preis und Qualität ausgebildet?. Das imug Institut hat im Jahr 2007 gefunden, dass Konsumenten ein sehr differenziertes und auch heterogenes Verständnis von einer verantwortungsvollen Unternehmensführung haben. So spielen die klassischen Themen Preis, Service und Qualität auch als Elemente der Unternehmensverantwortung eine Rolle (vgl. Abbildung 1). Wenn CSR an vielen Einzelthemen festgemacht wird, stellt sich aus der Perspektive des unternehmerischen Marketings die Frage, welche CSR-Leistungen Konsumenten ganz konkret am deutlichsten belohnen wollen. Dabei ist zu beachten, dass den Konsumenten neben dem Belohnen auch die Handlungsform Bestrafen durch Abwanderung und kritische Artikulation zur Verfügung steht. Es ist eine nicht kontraintuitive Hypothese, dass negative Aussagen über eine unzureichende Verantwortungsübernahme von Unternehmen sogar zu deutlicheren Reaktion bei Konsumenten führen, als wenn positive Meldungen lanciert werden (vgl. Mohr/Webb 2005, S.139). Erstmals wurde vom imug in einer Studie die Frage genauer untersucht, ob einzelne CSR-Leistungen eher den Charakter von Belohnungs- oder eher den Charakter von Bestrafungseigenschaften haben. Dabei bildete die von Herzberg (1987) entwickelte Zwei-Faktoren-Theorie der Arbeitszufriedenheit den konzeptionellen Bezugspunkt für die Unterscheidung von CSR-Leistungen und Aktivitäten in Belohnungs- und Bestrafungseigenschaften (vgl. Abbildung 2). 220 Abbildung 1: Was Konsumenten unter Unternehmensverantwortung verstehen (Schoenheit et al. 2007, S. 9) Die Ergebnisse zeigen, dass die Unterscheidung von Bestrafungs- und Belohnungseigenschaften auch im CSR-Kontext ausgesprochen wichtig ist. Folgt man den Untersuchungsergebnisses, dann muss beispielsweise die Einhaltung von Sozialstandards und Menschenrechten bei Zulieferern in der Tendenz als Bestrafungseigenschaft eingestuft werden. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, das in diesem Bereich objektiv Gutes leistet, dafür nicht belohnt wird. Konsumenten unterstellen dies als Normalfall. Die Einhaltung von Sozialstandards ist eine Art Hygienefaktor. Wenn aber negative Aussagen zum Thema Sozialstandards auftauchen, muss mit großen Wahrscheinlichkeit mit bestrafenden Aktivitäten gerechnet werden. Auch das Thema Löhne und Sozialleistungen funktioniert ähnlich. Beim Thema Gute Verbraucherinformation können wir dagegen eher von einer Belohnungseigenschaft sprechen. Die für die Unternehmen alles entscheidende Frage ist jedoch, ob Konsumenten jenseits des Bekundungsverhaltens in einschlägigen Umfragen wirklich bereit sind, tatsächliches verantwortliches Verhalten von Unternehmen bei ihren Kaufentscheidungen zu berücksichtigen. 221

Aus diesem Grunde wurde in der Studie auf eine direkte Befragung der Präferenzen verzichtet und die Conjoint-Methode angewendet, die als geeignetes Instrument der Präferenzanalyse angesehen wird. Diese Form der indirekten Untersuchung, bei der befragte Personen zu Kompromissen wie in wirklichen Kaufsituationen gezwungen werden, gelten als realistischer als direkte Untersuchungsmethoden (Jung 1995; Sattler/Nitschke 2001). 2.1 ADAPTIVE CONJOINT-ANALYSE ZUR MESSUNG VON KONSUMPRÄFERENZEN Abbildung 2: Bestrafungs- und Belohnungseigenschaften (Schoenheit et al. 2007, 11). 2 CSR UND KONSUMENTENPRÄFERENZEN DAS FORSCHUNGSDESIGN Die hier vorgestellte Studie verfolgt das Ziel, die Bedeutung von CSR auch in den Fällen zu untersuchen, in denen und das ist eine vollkommen realistische Grundannahme auch der Preis und die vermutete Produktqualität und sogar die zur Auswahl stehende Marke einen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Wie verhalten sich Konsumenten bei einer Kaufentscheidung so die zu beantwortenden zentrale Frage - wenn Preis, Qualität und CSR in Konkurrenz zueinander stehen? Bei allen empirischen Studien die in Form von direkten Befragungen der Konsumenten über die Wichtigkeit von CSR für das tatsächliche Konsumverhalten durchgeführt werden, ist zu berücksichtigen, dass die Untersuchungsergebnisse dazu tendieren, sozial akzeptable Antworten zu produzieren. Preise sind wichtig, Qualitäten sind wichtig und selbstverständlich CSR ist selbstverständlich auch ( ziemlich ) wichtig. Das ist grob vereinfacht das erwartbare Ergebnis, wenn die soziale Erwünschtheit der Antworten im Untersuchungsdesign nicht auf ein Mindestmaß reduziert wird. Conjoint-Messungen zählen zu den psychometrischen Analysen, die Präferenzen oder Nutzen durch additive Modelle sowie Zusammenfassung von Teilnutzen unterschiedlicher Produktmerkmale zum Gesamtnutzen eines Produktes messen (Backhaus et al. 2000). Die Conjoint-Analyse basiert auf dem Ansatz einer spezifischen Produkteigenschaft nach Lancaster (1971), der explizit zwischen Gütern in Märkten und den für Verbraucher relevanten Produkteigenschaften unterscheidet. Sein theoretisches Modell geht von der Annahme aus, dass Verbraucher ihren Nutzen nicht aus dem Produkt, sondern aus einem damit verbundenen Bündel von Produkteigenschaften erlangen. Die Conjoint-Analyse weist die Bedeutung von geprüften Produkteigenschaften basierend auf geschätzten aggregierten Teileigenschaften jedes Eigenschaftsniveaus nach. Darüber hinaus erlaubt die hier angewendete Adaptive Conjoint-Analyse (ACA) hypothetische Marktsimulationen, die z.b. so genannte Marktanteile darstellen. Die folgenden Schritte stellen den Ablauf der ACA dar: 1. Bewertung der Präferenzen für Eigenschaftsniveaus falls keine natürliche Präferenzordnung zu erwarten ist, z. B. Marken (Rangfolge). 2. Bewertung der Unterschiede zwischen dem besten und schlechtesten Eigenschaftsniveau jeder Eigenschaft mit natürlicher Präferenzordnung (Bewertungsskala: 1-4, mit 1 = unwichtig, 2 = weniger wichtig, 3 = wichtig und 4 = sehr wichtig). 3. Bewertung von Trade-offs zwischen zwei Produktstimuli, die jeweils durch zwei oder drei Eigenschaften dargestellt werden (bis zu 20 Trade-offs auf einer Bewertungsskala von 1-9, mit 1 = Produkt A stark bevorzugt, 5 = indifferent und 9 = Produkt B stark bevorzugt). 4. Bewertung der Kaufwahrscheinlichkeit von fünf kompletten Produktstimuli (zur Beurteilung der Güte der Einschätzungen durch den Vergleich der angegebenen und der geschätzten Kaufwahrscheinlichkeiten). 222 223

2.2 PRODUKTEIGENSCHAFTEN UND MERKMALSAUSPRÄGUNGEN 2.4 DATENANALYSE Die Produktstimuli für die zu ermittelnden Trade-offs wurden durch Produkteigenschaften oder Kaufkriterien beschrieben, die sich aus einer Mischung aller Untersuchungskriterien und deren Niveaus ergaben (vgl. Abbildung 3). Die Datenanalyse wurde mit Hilfe von ACA Sawtooth-Software unter Einsatz einer Regressionsanalyse basierend auf dem üblicherweise angewandten additiven Nutzenmodell (Ordinary Least Square) für die Nutzenschätzung sowie SPSS für weitere Analysen wie z. B. der Cluster-Analyse durchgeführt. 3 DIE UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE Die Ergebnisse dieser Studie zeigen die Wichtigkeit von CSR im Vergleich zu Preis und Produktqualität als Kriterium für die Kaufentscheidung (vgl. Abbildung 4). Abbildung 3: Untersuchungskriterien und Niveaus für Waschmaschinen und Joggingschuhe 2.3 UNTERSUCHUNGSDURCHFÜHRUNG Im September 2005 wurden 100 persönliche Befragungen unter Anwendung der Adaptiven Conjoint-Analyse durchgeführt. Die Untersuchung richtete sich auf zwei Gebrauchsgüter: Joggingschuhe und Waschmaschinen (50:50), weil davon ausgegangen wurde, dass die CSR-Relevanz bei Kaufentscheidungen auch in Abhängigkeit des Produktes variiert (Schoenheit/Wirthgen, 2006). Die Stichprobenerhebung wurde mit einem Filter für Verbraucher von Joggingschuhen und Waschmaschinen kombiniert. Abbildung 4: Relative Bedeutung von CSR als Kaufkriterium Es wird deutlich, dass CSR bei Joggingschuhen und Waschmaschinen im Vergleich zu traditionellen Kriterien eine untergeordnete Rolle für die Kaufentscheidung spielt. Es gibt offensichtlich auch keinen großen Unterschied in der relativen Wichtigkeit von CSR zwischen den beiden untersuchten Produkten. 224 225

Die größte Auswirkung auf die Präferenzen von Konsumenten beim Waschmaschinenkauf hat der Energie- und Wasserverbrauch, dicht gefolgt von Qualität und Preis. Die Präferenzen bei Joggingschuhen zeigen ein ähnliches Bild mit Qualität als wichtigstem Entscheidungungskriterium, das vom Preis als zweitwichtigstem Kriterium gefolgt wird. Die Ergebnisse machen weiterhin deutlich, dass im Wettbewerb zwischen Topmarken die Marke als Kriterium für die Kaufentscheidung im Vergleich zu Preis oder Qualität keine besonders wichtige Rolle spielt. Allerdings wird die Relevanz von Marken in dem gewählten Untersuchungsdesign generell unterschätzt, weil das Forschungsdesign nur auf die Topanbieter des Marktes beschränkt ist. Eine genauere Analyse der Befragten nach sozio-demographischen Merkmalen und ihres generellen Konsumstils zeigt nicht ganz überraschend, dass für die befragten Konsumenten CSR als Kriterium für die Kaufentscheidung sehr unterschiedlich wichtig ist. Für rund 20% der Befragten ist CSR ähnlich wichtig wie der Preis und die Qualität. In diesem CSR-affinen Verbrauchersegment sind Haushalte überrepräsentiert, die relativ klein sind, eine geringe Anzahl Kinder und einen großen Anteil Singles haben. Sie sind meist mittleren Alters (Joggingschuhe) oder mittleren Alters und jünger (Waschmaschinen) mit durchschnittlichem (Joggingschuhe) oder relativ niedrigem Einkommen (Waschmaschinen). Bei Joggingschuhen sind es eher Männer, die CSR wichtig finden, während bei den Waschmaschinen mehr Frauen CSR als Kriterium für die Kaufentscheidung schätzen. Die Untersuchungsergebnisse und das darf auf keinen Fall übersehen werden setzten jedoch voraus, dass die CSR-Performance der Unternehmung dem Konsumenten in klarer und glaubwürdiger Form als Informationsgrundlage zur Verfügung und vor Augen steht. Dies dürfte in der Praxis weitgehend nicht der Fall sein. LITERATUR Backhaus, K.; Erichson B.; Plinke, W.; Weiber, R. (2000): Multivariate Analysemethoden. Eine anwendungsorientierte Einführung, 9. Auflage, Berlin. Hansen, U.; Schoenheit, I.; Devries, J. (1994): Sustainable Consumption und der Bedarf an unternehmensbezogener Information. In: Forschungsgruppe Konsum und Verhalten (Hrsg.): Konsumentenforschung, München, 227-244. Jung, M. (1995): Monetäre Bewertung einer Umweltgerechten Nutzung von Agrarlandschaften, Gewisola: Die Landwirtschaft nach der EU-Agrarreform, Münster, 31, 213-226. Herpen, E.; Pennings, J.M.E.; Meulenberg, M. (2003): Consumers evaluations of socially responsible activities in retailing. Online: http://www.sls.wau.nl/mi/mgs/publications/mansholt_ Working_Papers/MWP_04.pdf, (14.08.2006). Mohr, L.A.; Webb, D.J. (2005): The Effects of Corporate Social Responsibility and Price on Consumer Responses, The Journal of Consumer Affairs (JCA), 39(1), 121-147. Herzberg, F. (1987): One more time: how do you motivate employees?, Harvard business review, 65(5), 109-120. 4 ZUSAMMENFASSUNG Für die Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass die Verallgemeinerung dieser Befunde nur begrenzt möglich ist. Der Stichprobenumfang der Studie war relativ klein, die Probe regional konzentriert und der Fokus lag nur auf zwei Produkten. Trotzdem lassen sich drei wesentliche Erkenntnisse aus den Untersuchungsergebnissen ableiten: 1. Preis und Produktqualität sind insgesamt deutlich wichtiger für eine Kaufentscheidung als die wahrgenommene CSR-Leistung. Lancaster, K. (1971): Consumer demand, a new approach, New York. Sattler, H.; Nitschke, T. (2001): Ein empirischer Vergleich von Instrumenten zur Erhebung von Zahlungsbereitschaften, Research Papers on Marketing and Retailing, 1, University of Hamburg, Hamburg. Schoenheit, I.; Wirthgen, A. (2006): Wirkungen von vergleichenden Untersuchungen zur Corporate Social Responsibility bei Verbrauchern am Beispiel der Stiftung Warentest, imug Arbeitspapier 16, Hannover. Schoenheit, I.; Bruns, M.; Grünewald, M. (2007): Corporate Social Responsibility als Verbraucherinformation, imug Arbeitspapier 17, Hannover. 2. Bei einem Teil der Konsumenten (rund 20%) ist das CSR-Argument von ähnlichem Gewicht wie der Preis und die vermutete Produktqualität. 3. Bei gleichem Preis und vergleichbarer Qualität kann das CSR-Argument den Ausschlag für ein Produkt eines Unternehmens geben, das nachweislich verantwortlicher agiert als andere. 226 227