PROMOS-Erfahrungsbericht

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Transkript:

PROMOS-Erfahrungsbericht Zeitraum: 9.3.2015-01.05.2015 Name der Gastinstitution: IBUKA Justice et Mémoire Rwanda In: Kigali, Ruanda Studienfach: Psychologie

Nach meinem Abitur habe ich für ein Jahr den gesellschaftspolitischen Freiwilligendienst weltwärts in Ruanda absolviert. In dieser Zeit erhielt ich intensive Einblicke in die ruandische Kultur, konnte mich in Gesprächen mit Freund_innen und Bekannten mit der ruandischen Völkermord- Vergangenheit auseinandersetzen und viele Freundschaften knüpfen. Aufgrund meiner sehr positiven Erfahrungen in Ruanda während meines ersten Aufenthalts, reizte es mich, noch einmal in das Land zurückzukehren um dort ein Praktikum mit Bezug zu meinem Studium zu machen. Als ich im Sommer 2014 für zwei Monate nach Ruanda flog, organisierte ich deshalb Vorstellungsgespräche bei verschiedenen psychologischen Genozid-Überlebenden-Institutionen, um mich um ein Praktikum im darauffolgenden Semester zu bemühen. Ein ruandischer Freund, der ebenfalls Psychologie studiert, unterstützte mich bei der Kontaktaufnahme mit den Organisationen, was sehr hilfreich war, da Ruanda häufig recht formell und bürokratisch ist. Außerdem gestaltet es sich sonst oft schwierig, überhaupt Kontakt zu Institutionen aufzunehmen, da diese entweder gar nicht im Internet zu finden sind oder teilweise auf ihren Homepages Telefonnummern oder E-Mail-Adressen angeben, die aber nicht wirklich existieren. Ich entschied mich letztlich, mein Praktikum bei IBUKA (Justice et Mémoire) zu absolvieren- einer Organisation, die bereits ein Jahr nach dem 1994-Genozid von Überlebenden gegründet wurde und sich bis heute für ein angemessenes Gedenken des Völkermords und (psychotherapeutische) Unterstützung von Genozid-Opfern einsetzt. IBUKA ist die ruandische umbrella organisation für sämtliche andere Überlebenden-Organisationen, mit denen eine engezusammenarbeit besteht. 1Das IBUKA-Büro in Kigali-Kicukiro Die zwei Psychologinnen, die für IBUKA arbeiten, betreuen monatlich verschiedene Therapiegruppen für Völkermord-Überlebende, die ich gemeinsam mit ihnen besuchte. Da mein Praktikum zu einem Großteil in der dreimonatigen Genozid-Gedenkzeit von April bis Juli lag, in der in Ruanda sehr intensiv der Völkermord erinnert wird, konnte ich in diesem Rahmen viele spannende Erfahrungen machen. Ich nahm unter anderem an einer Friedenskonferenz, Fortbildungen für Krankenhauspersonal zur posttraumatischen Belastungsstörung, Supervisionen für Laien-

Helfer_innen während der Gedenkzeit und sehr vielen Gedenkveranstaltungen teil. Da während der oft mehrstündigen Gedenkfeiern viele Menschen traumatische Krisen erleben, konnte ich in diesem Rahmen mehrfach beobachten, wie die Patient_innen gemeinsam von Psycholog_innen und Lai_innen versorgt wurden. Während der Arbeitszeiten im Büro musste ich mich recht selbstständig um Aufgaben bemühen. Aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten übernimmt IBUKA in diesem Jahr weniger Aufgaben als gewöhnlich und meinen Kolleginnen fehlte es gelegentlich an Arbeit. Auch für mich gab es dementsprechend teilweise wenig zu tun, was zunächst schwierig für mich war. Im Verlauf meines Praktikums, als ich die Organisationsstruktur und Arbeitsweise von IBUKA etwas besser kennengelernt hatte, fand ich jedoch Bereiche, in denen ich mich immer wieder eigenständig einbringen konnte. So verbrachte ich beispielsweise viel Zeit damit, psychologische Studien, die von französischen und belgischen Forscher_innen und Ruanda durchgeführt worden waren, von Französisch ins Englische zu übersetzen, da seit einigen Jahren in Ruanda Englisch die offizielle und von der Regierung geförderte Amtssprache ist, die älteren Generationen (und zum Beispiel auch meine Kolleginnen) aber in der Regel überwiegend nur Französisch sprechen. Außerdem entwarf ich Evaluationsbögen für die von IBUKA durchgeführten Gruppentherapiesitzungen. 2 Genozid-Gedenkfeier in Kigali-Remera Für mein Praktikum reichte eine minimale sprachliche Vorbereitung. Die ruandischen Amtssprachen sind die nationale Sprache Kinyarwanda, Englisch und Französisch. Offizielle Dokumente, Berichte, Studien und Projektbeschreibungen sollen seit einigen Jahren nur noch auf Englisch ausgestellt werden, so dass es im Grunde für das Praktikum ausgereicht hätte, flüssiges Englisch zu sprechen. Da

jedoch zuvor Französisch alleinige Amtssprache war, nach wie vor enge Kooperationen mit französischen und wallonischen Universitäten bestehen und besonders meine älteren Kolleg_innen fließend Französisch beherrschten, waren für mich auch Französischkenntnisse hilfreich. Durch meine Aufenthalte in Ruanda habe ich außerdem Grundkenntnisse in Kinyarwanda, was während der Gruppentherapie-Sitzungen, der Supervisionen und Fortbildungen nützlich war, da diese ausschließlich auf Kinyarwanda stattfanden und ich so den Inhalten direkter folgen konnte. Das IBUKA-Büro befindet sich in der ruandischen Hauptstadt Kigali im Stadtteil Kicukiro. Ich suchte auf verschiedenen Websites nach einem Zimmer. Schließlich fand ich ein Zimmer in einer ruandischen WG, die ganz in der Nähe meines Arbeitsplatzes lag, so dass ich täglich zu Fuß zur Arbeit gehen konnte. Da Kigali eine Großstadt ist, in der es sehr lange dauern kann, Strecken zwischen den verschiedenen Stadtteilen zurückzulegen, war es für mich sehr praktisch, direkt in Kicukiro zu wohnen. Mein WG-Zimmer kostete mich im Monat etwa 120 und war das günstigste, das ich bei meiner Internetrecherche gefunden hatte. Allerdings ist es direkt vor Ort in jedem Falle möglich, noch viel günstigere Zimmer zu finden. Insgesamt liegen die Lebenshaltungskosten in Ruanda deutlich unter denen in Deutschland. In der Hauptstadt Kigali habe ich, einschließlich der Miete, monatlich etwa 350 ausgegeben- in kleineren Städten und auf dem Land ist das Leben noch einmal wesentlich günstiger. Das PROMOS-Stipendium deckte zu einem Großteil die Kosten für den Flug, der 650 kostete. Mein Praktikum war unbezahlt, was aber auf Grund der geringen Lebenshaltungskosten in Ruanda kein Problem darstellte. Für meinen zweimonatigen Aufenthalt war ich über eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung meiner Krankenkasse Techniker versichert, was insgesamt etwa 65 kostete. Auf Grund meines Freiwilligenjahres hatte ich noch sämtliche Impfungen, die für einen Tropenaufenthalt notwendig sind. Ansonsten sind hierfür, je nach Übernahme durch die Krankenkassen, bis zu 300 zu veranschlagen. Mein Praktikum in Ruanda war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich. Obwohl ich es schade finde, dass ich an einigen Tagen nur wenig beschäftigt war und meine Tutorin bei IBUKA häufig nicht sehr motiviert wirkte, Aufgaben für mich zu finden, konnte ich dennoch eine Menge dazulernen. Für mich war es, gerade weil der ruandische Genozid auch durch Erfahrungsberichte meiner Freund_innen ein sehr präsentes Thema für mich ist, spannend, noch mehr über dieses Thema zu erfahren, das in der ruandischen Gesellschaft häufig tabuisiert wird. Gerade weil ich bei IBUKA ausschließlich mit Ruander_innen zusammenarbeitete, erhielt ich viele besondere Einblicke, die ich vielleicht während eines Praktikums in einer internationalen Organisation nicht bekommen hätte. Außerdem war es für mich sehr interessant, das ruandische Gesundheitssystem und den Arbeitsalltag und Arbeitstechniken von ruandischen Psycholog_innen, die sich durchaus von der deutschen Praxis unterscheiden, kennenzulernen. Ein psychologisches Praktikum in Ruanda ist meiner Meinung nach in jedem Falle empfehlenswert, wenn man sich für Friedens- und Konfliktarbeit und psychologische Berufe in Ländern des globalen Südens interessiert. Die psychologischen Kenntnisse, die ich in meinem Praktikum dazugewonnen habe, sind sicherlich nur zum Teil kongruent mit dem, was man in einem Praktikum in einer deutschen Klinik lernen kann- ein zusätzliches Praktikum in Deutschland kann deshalb vielleicht eine sinnvolle Ergänzung zum Auslandspraktikum sein. Insgesamt blicke ich aber sehr positiv auf mein Praktikum zurück und freue mich schon auf meine nächste Rückkehr nach Ruanda.

3 Blick auf das Stadtzentrum von Kigali