Forderungen des Österreichischen Behindertenrates an die neue Bundesregierung betreffend inklusive Bildung

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Transkript:

Forderungen des Österreichischen Behindertenrates an die neue Bundesregierung betreffend inklusive Bildung Inklusive Bildung ist in den letzten Monaten und Jahren ein gerne verwendetes Schlagwort geworden. Allerdings wird der Begriff Inklusion im Zusammenhang mit Bildung - aber nicht nur hier - sehr oft falsch bzw. sogar missbräuchlich verwendet. Was bedeutet der Begriff Inklusion? Inklusion bedeutet Akzeptanz von Vielfalt im Leben und Zusammenleben von Menschen insgesamt. Es geht um ein Bezugnehmen auf den Bedarf von Menschen. Es geht nicht um ein Sich-Anpassen-Müssen an gesellschaftliche Normen - die sehr oft zudem mit Idealen verwechselt werden, die ohnehin kaum jemand in der Gesellschaft erreicht. Derzeit sind wir im gesellschaftlichen Zusammenleben noch weit entfernt von Inklusion. Es geht um die Akzeptanz von Vielfalt (Religion, Kultur, Behinderung, sexuelle Orientierung Geschlecht u.a. betreffend) und nicht darum, dass Menschen auf ein Merkmal reduziert werden. Was bedeutet der Begriff inklusive Schule und Bildung? Inklusive Bildung bedeutet, dass sich Kindergärten, Schulen bis hin zu den Universitäten dem individuellen Bedarf von Kindern, Jugendlichen und Studierenden anpassen müssen und nicht umgekehrt. Eine inklusive Schule ist eine offene Schule für alle Schülerinnen und Schüler, die nicht nach unterschiedlichen Schultypen differenziert (Volkschule, Sonderschule, NMS, AHS ), sondern einen guten Bildungsort mit bestmöglicher schulischer Förderung und den dafür erforderlichen Ressourcen und Rahmenbedingungen

darstellt. Ziel einer inklusiven Schule ist, die gleichberechtige Partizipation aller Schülerinnen und Schüler an sämtlichen Bildungsangeboten zu gewährleisten. Für wen ist inklusive Schule und Bildung wichtig? Inklusive Bildung ist für alle (!) Kinder, Jugendlichen und junge Erwachsene wichtig. Dadurch ist sie für die gesamte Gesellschaft wichtig. Vielfach besteht die Meinung, inklusive Bildung gilt nur für Kinder mit Behinderungen. Sehr oft wird dabei vergessen, dass es die homogene Gruppe von Kindern nicht gibt. Im Regelschulbetrieb wird sehr deutlich, dass meist nur dem Bedarf einiger Kinder bzw. Jugendlichen entsprochen wird. Bei weitem werden nicht alle Kinder bzw. Jugendlichen entsprechend ihres individuellen Bedarfes beschult. Warum ist Inklusive Bildung für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung besonders bedeutsam? Behinderte Menschen sind jene Gruppe von Menschen. die historisch gesehen über lange Zeit exkludiert und institutionell separiert wurden. Deshalb ist die Qualität ihrer Inklusion weiterhin ein Maßstab für eine humane Gesellschaft. Was muss getan werden, damit es in Österreich ein inklusives Schul- und Bildungssystem gibt? In Österreich ist sehr viel zu tun, um das derzeitige Schulsystem in ein inklusives System umzuwandeln. Es reicht nicht, dass dem derzeitigen Bildungssystem etwas hinzugefügt wird. Auch reicht es nicht aus, einige Teilaspekte des Schul- und Bildungssystems anzupassen. Es geht um ein grundlegendes, wohl durchdachtes und systematisches Neugestalten des Systems. Welche Rechtsgrundlagen gibt es für die Umgestaltung in ein inklusives Bildungs- und Schulsystem? Artikel 14 (5a) der Bundes-Verfassung (B-VG) ist die Basis für Bildung in unseren Schulen und Bildungssystemen. Er besagt: Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen sind Grundwerte der Schule, auf deren Grundlage sie der gesamten Bevölkerung, unabhängig von Herkunft, sozialer Lage

und finanziellem Hintergrund, unter steter Sicherung und Weiterentwicklung bestmöglicher Qualität ein höchstmögliches Bildungsniveau sichert. Im partnerschaftlichen Zusammenwirken von Schülern, Eltern und Lehrern ist Kindern und Jugendlichen die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu gesunden, selbstbewussten, glücklichen, leistungsorientierten, pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden, die befähigt sind, an den sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert Verantwortung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt und nachfolgende Generationen zu übernehmen. Jeder Jugendliche soll seiner Entwicklung und seinem Bildungsweg entsprechend zu selbständigem Urteil und sozialem Verständnis geführt werden, dem politischen, religiösen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sein sowie befähigt werden, am Kultur- und Wirtschaftsleben Österreichs, Europas und der Welt teilzunehmen und in Freiheitsund Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken. Die Grundlage zur Verpflichtung der Umgestaltung des derzeitigen österreichischen Schul- und Bildungssystems ergibt sich einerseits aus Artikel 7 Abs. 1, 2. Satz B- VG Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten. Andererseits aus der UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK). Österreich hat diese im Jahr 2008 ratifiziert. Daher ist sie seit dieser Zeit in Österreich rechtlich gültig. Bereits bei der 1. Staatenprüfung im Jahr 2013 hat das Behindertenrechts-Komitee in Genf, welches die Umsetzung BRK überwacht, in seinen Abschließenden Bemerkungen sehr deutlich festgehalten, dass Österreich die Vorgaben aus Art 24 BRK (Bildung betreffend) umsetzen muss. Ebenso deutlich und ergänzend hat dies ein Rechtsgutachten der Universität Innsbruck aus dem Jahr 2014 aus österreichischer Perspektive festgestellt. Das heißt, es gibt bereits seit vielen Jahren immer wieder formulierte konkrete Forderungen der rechtlichen Umsetzung der BRK beachtet wird dies allerdings kaum.

Forderungen des Österreichischen Behindertenrates Seitens der Bundesregierung und des Bundesministeriums für Bildung braucht es ein klares Bekenntnis zu Inklusiver Bildung im Sinne der BRK und einen klaren Auftrag an die Länder für die Umsetzung. Hierzu müssen entsprechende gesetzliche Grundlagen erarbeitet und finanzielle Mittel bereitgestellt werden! Der Österreichische Behindertenrat nimmt besorgt zur Kenntnis, dass folgende Ziele/Schritte/Maßnahmen nicht umgesetzt bzw. nicht ausreichend aufgegriffen werden. Die neue Bundesregierung ist dazu aufgefordert, klar zu kommunizieren, bis wann folgende Forderungen umgesetzt werden. 1. Die Forderungen, die das Behindertenrecht-Komitee in Genf in den Abschließenden Bemerkungen formuliert hat, müssen umgesetzt werden. Die Abschließenden Bemerkungen aus dem Jahr 2013 werden bei der nächsten Staatenprüfung - die 2019 ansteht - seitens des Komitees in Genf kritisch überprüft werden. Österreich wird bei dieser Überprüfung kein positives Bild der Situation bieten können. Denn entgegen der Forderungen in den Abschließenden Bemerkungen und auch entgegen den Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012-2020 werden derzeit weitere Sonderschulen angedacht bzw. gebaut. Von einem Umbau des österreichischen Schul- und Bildungssystems im Sinne der UN Konvention sind wir derzeit weit entfernt. Sonderschulen öffnen zu wollen, entspricht nicht den Forderungen des Komitees in Genf und auch nicht der UN Konvention selbst. Der Österreichische Behindertenrat fordert daher, dass die Abschließenden Bemerkungen des Behindertenrechts-Komitees in Genf umgesetzt werden. 2. Der Nationale Aktionsplan Behinderung 2012-2020 muss umsetzbar gemacht werden. Der Nationale Aktionsplan Behinderung 2012-2020 hätte der Ansatzpunkt für eine solide Umsetzung der BRK werden können. Allerdings fehlt dem Nationalen Aktionsplan Behinderung ganz wesentlich das notwendige Werkzeug zum Evaluieren von Veränderungen. Besonders fehlen ausreichend und klar genug formulierte Indikatoren. Ohne Indikatoren ist keine nachvollziehbare Umsetzung möglich dies gilt insgesamt für Politikgestaltung und daher auch für die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Behinderung beziehungsweise der

gesamten BRK. Darüber hinaus sind schnellst mögliche Maßnahmen zu setzen, wie z.b. die Einbeziehung aller Bundesländer in den Umsetzungsplan. In Anbetracht der Tatsache, dass mit dem Jahr 2020 bereits das Enddatum der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Behinderung festgesetzt ist, fordert der Österreichische Behindertenrat eine rasche und zugleich solide Entwicklung von Indikatoren für den NAP Behinderung 2012 bis 2020 sowie die schnellst mögliche Einbeziehung aller Bundesländer - nicht nur die Inklusiven Modellregionen - in die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems. 3. Inklusion im Bereich von Elementarpädagogik und Schule einschließlich der Nachmittagsbetreuung muss dem Bundesministerium für Bildung umfassend zugeordnet werden. Seitens des Bundesministeriums für Bildung sowie der Länder müssen Pläne und Konzepte erarbeitet werden, bis zu welchem Zeitpunkt Sonderschulen aufzulösen sind und sich in eine inklusive Schule umzuwandeln haben. Dies bedeutet nicht, dass die sonderpädagogischen Kompetenzen abgeschafft werden sollen - vielmehr sollen sie in eine für alle Schülerinnen und Schüler geltende allgemeine Pädagogik mit großer Wertschätzung eingebettet werden. Dies gilt im gleichen und unverminderten Maße für die AHS-Unterstufe. Weiters sind neben den gesetzlichen Grundlagen finanzielle Mittel für die Schaffung von entsprechenden Rahmenbedingungen eines inklusiven Unterrichts in allgemeinbildenden höheren, berufsbildenden mittleren und berufsbildenden höheren Schulen (SEK II) bereitzustellen. Sämtliche weiterführenden schulischen Ausbildungsangebote in der Sekundarstufe II sind dabei im Hinblick auf Teilqualifizierungsmöglichkeiten zu gestalten. Diese Schulen sind anzuhalten und zu motivieren, selbst Anstrengungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Ressourcen aufzunehmen, um inklusiven Unterricht zu ermöglichen. Der Österreichische Behindertenrat fordert daher, dass das Bundesministerium für Bildung die Schritte zur Umsetzung der BRK in einem Nationalen Aktionsplan Inklusive Bildung, der die Bereiche von der Elementaren Pädagogik bis zur Hochschulbildung umfassen muss, darlegt und umsetzt. 4. Das zu Ende der letzten Legislaturperiode beschlossene Inklusionspaket muss ausgeweitet werden.

Das am Ende der letzten Legislaturperiode beschlossene Inklusionspaket ist eine wichtige und gute Entwicklung in Richtung einer Umsetzung der BRK. Allerdings geht das Inklusionspaket nicht annähernd weit genug, um seinem Namen gerecht zu werden. Um eine inklusive Gesellschaft und Inklusion zu erreichen, ist es grundlegend notwendig, auch das Schul- und Bildungssystem inklusiv umzugestalten. Nur auf der Basis von Bildung ist eine Gesellschaft imstande, Vielfalt nicht nur zu akzeptieren, sondern Gesellschaft inklusiv zu gestalten. Der Österreichische Behindertenrat fordert daher, das Inklusionspaket auszuweiten eingedenk der Tatsache, dass Bildung die Grundlage jeder Arbeit ist. Der Österreichische Behindertenrat äußert abschließend seine grundlegende Besorgnis in Bezug auf die derzeitigen politischen Entwicklungen und hält fest, dass einerseits Bildung generell oft als politische Spielwiese für Einsparungen aufgefasst wird - was mit sich bringt, dass der Bevölkerung das vorenthalten wird, was die solide Grundlage jeden Lebens ausmacht Bildung als Basis für Arbeit, für Wohlstand und letztlich für Stabilität eines Landes. Andererseits ist der Österreichische Behindertenrat besorgt darüber, dass zudem besonders bei jenen Menschen eingespart wird, die sich weniger dagegen wehren (können) und dies ist leider sehr oft in Bezug auf Menschen mit Behinderungen der Fall. Eingedenk der Tatsache, dass rund 15-20% der Gesamtbevölkerung zu Menschen mit Behinderungen zu zählen sind, ist dies ein nicht nachvollziehbares bewusstes Benachteiligen und Ausgrenzen einer sehr großen Anzahl von Menschen. Der Österreichische Behindertenrat fordert die neue Bundesregierung auf, deutlich und explizit mitzuteilen, wann Österreich endlich zu den Verpflichtungen stehen wird, die es 2008 mit der Ratifikation der BRK eingegangen ist. Wien, am 15.12.2017