Was bringen die Neuregelungen zu Leiharbeit und Werkverträgen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

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Transkript:

Was bringen die im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)? Was gibt es Neues auf einen Blick? Leiharbeit Höchstzulassungsdauer von 18 Monaten Equal Pay nach 9 Monaten Verbot von Leiharbeit als Streikbruchmaßnahme Berücksichtigung bei allen Schwellenwerten Sanktionen verschärft Kein Kettenverleih (allerdings ohne Sanktion) Anreize für Tarifverträge und BV Werkverträge Erstmalig gesetzliche Regelung zu Scheinwerkverträgen Schein (Vorrats-)Erlaubnis abgeschafft Sanktionen verschärft Kriterien zur Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Informationsrechte der Betriebsräte gestärkt 1

Ab wann gelten die Regelungen? Inkrafttreten ist zum 1. April 2017. 1 Für die Höchstüberlassungsdauer werden Überlassungszeiten vor dem 1. April 2017 nicht berücksichtigt. Eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstüberlassung ist demnach erst am 1. Oktober 2018 möglich. Was gibt es Neues an Rechten für Betriebsräte? Viel ändert sich nicht im BetrVG selbst. Die Situation für Betriebsräte wird aber gestärkt. Es gibt neue Ansatzpunkte und Möglichkeiten. Viel wird die Rechtsprechung klären müssen. 1. Schwellenwerte des BetrVG Zunächst einmal müssen Leihbeschäftigte bei allen Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) berücksichtigt werden. Ausgenommen davon ist allein die Sozialplanpflicht bei reinem Personalabbau ( 112a BetrVG). Leihbeschäftigte werden aber auch beim Europäischen Betriebsräte-Gesetz (EBRG) berücksichtigt sowie bei den jeweiligen Wahlordnungen zur Betriebsratswahl und zur Wahl des Europäischen Betriebsrats. 2. Schwellenwerte der Unternehmensmitbestimmung Leihbeschäftigte finden auch im Rahmen der Unternehmensmitbestimmung Berücksichtigung: Leihbeschäftigte zählen bei den Schwellenwerten dann mit, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt. Das gilt für folgende Gesetze und Wahlordnungen: Mitbestimmungsgesetz, Montan-Mitbestimmungsgesetz, Drittelbeteiligungsgesetz, Mitbestimmungsergänzungsgesetz, Ge- setz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung des SE- und des SCE-Beteiligungsgesetzes. Diese Wertung gilt jedoch erst ab dem 01. 04. 2017. Für aktuelle laufende Wahlen ist auf die BAG-Entscheidung vom 04. 11. 2015 2 Bezug zu nehmen, die Leihbeschäftigte bei 9 MitbestG mit einbezogen hat. Voraussetzung war auch nach dieser Entscheidung, dass die Leihbeschäftigten länger als 6 Monate beschäftigt werden. 3. Konkretisierung des Informationsrechts in 80 Abs. 2 BetrVG: Klargestellt wird hier, dass die Information über Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, insbesondere den zeitlichen Umfang, Einsatzort und die Arbeitsaufgaben mit umfasst. Vorher galt das nur aufgrund der Rechtsprechung des BAG seit 1989 3. Nun steht es für alle erkennbar im Gesetz. Die»erforderlichen Unterlagen«umfassen nach der Neuregelung auch Verträge, die der Beschäftigung zugrunde liegen. Das meint allerdings auch weiterhin nicht, dass den Betriebsräten die Arbeitsverträge der Fremdfirmenbeschäftigten übermittelt werden müssen, sondern die Überlassungsverträge bzw. Werkverträge. 4. Personalplanung 92 BetrVG Hier gibt es eine Anpassung in der Form, dass in der Personalplanung auch die Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, berücksichtigt werden müssen. 5. Zustimmungsverweigerung 99 BetrVG Bei der Zustimmungsverweigerung ändert sich auch etwas für den Betriebsrat. 1 BT-Ds. 18/9232, 20.7.2016; BT-Ds. 18/10064, 19.10.2016 2 BAG 04.11.2015 Az.: 7 ABR 42/13 NZA 2016, 559 3 BAG 31.01.1989, Az.: 1 ABR 72/87 2

Überschreiten der Höchstüberlassungsdauer Die Rechtsprechung des BAG hatte bislang ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nur für den Fall vorgesehen, dass der Entleiher eine Einstellung durch Überlassung ohne Nennung eines Enddatums vornehmen will. Mit Blick auf die gesetzliche Regelung von 18 Monaten Höchstüberlassungsdauer gilt: Der Betriebsrat kann bei einer Einstellung eines Leihbeschäftigten die Zustimmung verweigern, wenn die Einstellung für länger als 18 Monate terminiert ist oder durch die Zusammenrechnung von Einsatzzeiten die Höchstdauer überschritten wird ( 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Auch eine Verlängerung einer Einstellung, wodurch die 18 Monate überschritten werden, kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern. Weiherhin gilt, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat den genauen Zeitraum des Einsatzes nennen muss. Streikbrechereinsatz Da der Einsatz von Leihbeschäftigten als Streikbrecher verboten ist (Sanktion: bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit), kann der Betriebsrat auch aus diesem Grund die Zustimmung zur Einstellung verweigern. Denn es handelt sich um einen Gesetzesverstoß im Sinne der Rechtsprechung, der durch die Einstellung erfolgen würde. Grundlage ist 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Bezeichnung als Leiharbeit Im Überlassungsvertrag müssen Verleiher und Entleiher das Kind beim Namen nennen: Es geht um Leiharbeit und sie müssen das konkret auf die Person beziehen. Folge bei Nichtbeachtung ist auch hier ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher. Da diese Regelung mit einer Sanktion hinterlegt wird, spricht viel dafür, dass der Betriebsrat bei einem Verstoß gegen diese Vorschrift die Regelungen nach 99 ff. BetrVG zur Anwendung kommen. Das BAG hat den Überlassungsvertrag bekommt er und dementsprechend kann er das überprüfen. Aber auch die Rücksprache mit den Betroffenen ist natürlich sinnvoll. Beispiel: Der Arbeitgeber setzt Beschäftigte eines Werkunternehmers vermeintlich im Rahmen eines Werkvertrages ein. Aus der Art der Tätigkeit bzw. den konkreten Umständen ist der Betriebsrat aber sicher, dass es sich eigentlich um Leiharbeit handelt. Der Betriebsrat kann wie folgt vorgehen: Da der Betriebsrat nicht beteiligt wurde, kann er gemäß 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Ggf. droht dem Arbeitgeber bei Nichtbeachtung dann ein Zwangsgeld. Im Gerichtsverfahren würde dann geklärt werden müssen, ob eine»eingliederung«vorgelegen hat, so dass der Betriebsrat hätte beteiligt werden müssen. Verleiher müssen in der Konsequenz in ihren Arbeitsverträgen mit Leihbeschäftigten die Tätigkeit als Leiharbeit bezeichnen. Wie lange darf zukünftig überlassen werden? Nach der gesetzlichen Regelung darf höchstens 18 Monate überlassen werden. Erstmalig gibt es damit eine definierte Größe. Bislang wurde der Begriff»vorübergehend«oftmals weiter gesehen. Dort, wo es mit Blick auf eine Branche Sinn macht, können tarifvertragliche Regelungen geschaffen werden oder aber für Betriebsräte Regelungsspielräume geschaffen werden. Zu den 3

tarifvertraglichen Regelungen gibt es erste Gespräche mit den Arbeitgeberverbänden. Derzeit gibt es keine solche Regelung. Problematisch ist die Ausweitungsmöglichkeit auf tarifungebundene Arbeitgeber, die nachträglich auf Drängen der CSU und einiger Arbeitgeberverbände Eingang in die Neuregelung gefunden haben. Zum Thema Höchstüberlassung gibt es eine eigene Handlungshilfe in den Materialien zur Offensive Mitbestimmung. Wie ist das jetzt mit der gleichen Bezahlung (»equal pay«)? Es bleibt bei dem Grundsatz der gleichen Bezahlung. Wie bisher, ist auch zukünftig eine Abweichung durch tarifvertragliche Regelungen möglich, allerdings nur von begrenzter Dauer. Hintergrund der tariflichen Abweichungsmöglichkeiten ist, dass sachnahe Lösungen gefunden werden können und die Tarifvertragsparteien Anreize für bessere tarifvertragliche Regelungen erhalten sollen. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: 1. Eine Abweichung ist grundsätzlich nur für 9 Monate zulässig. Beispiel: Für 9 Monate kann eine Abweichung unter Einhaltung des Mindestlohns 50 % vom vergleichbaren Entgelt betragen. Weitere Anforderungen an die Ausgestaltung müssen hier nicht eingehalten werden. 2. Eine darüberhinausgehende Abweichung ist längstens für 15 Monate per Tarifvertrag zulässig, unter den Voraussetzungen, dass nach einer Einarbeitungszeit von höchstens 6 Wochen eine stufenweise Heranführung an das vergleichsweise Arbeitsentgelt erfolgt. Beispiel: Durch Tarifvertrag wird eine Abweichung vom equal pay-grundsatz von 18 Monaten geregelt. Nach 6 Wochen muss eine stufenweise Verbesserung der Entgeltbe- Arbeitsverhältnis mit Entleiher ( 10) als Sanktion Keine Bezeichnung als Überlassung und keine Konkretisierung der Person (Scheinwerkverträge) Überschreiten der gesetzlichen oder geregelten Höchstüberlassungsdauer Ordnungsgeld ( 16) als Sanktion Fehlende Info des AG, dass Betroffene als Leiharbeitnehmer/-in tätig sind Überlassung über Überlassungshöchstdauer hinaus Gilt auch bei Überlassung durch andere als AG (Subunternehmerketten) Ausnahme: Leiharbeitnehmer erklärt (Frist: 1 Monat), dass er das Festhalten am Vertrag mit Verleiher wünscht Überlassung oder Tätigwerdenlassen ohne Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer/-in Überlassung ohne ausdrückliche Bezeichnung als Leiharbeit und fehlende Konkretisierung der Person 4

Stattdessen definiert der Gesetzgeber erstmalig, was ein»arbeitnehmer«im Sinne des Bürdingungen in Richtung auf equal pay beginnen und spätestens nach 15 Monaten muss mindestens das gleichwertige Arbeitsentgelt eines vergleichbaren Beschäftigten im Entleiherbetrieb erreicht werden. Die aktuelle Lohnuntergrenze darf dabei nicht unterschritten werden, weder in der Verleihzeit noch in der verleihfreien Zeit. Mit Blick auf unsere Tarifverträge heißt das, dass wir teilweise mit den Arbeitgeberverbänden nachverhandeln müssen. Die ersten Gespräche laufen auch hier bereits. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber können, wie bislang, die Regelungen über eine Inbezugnahme zur Geltung bringen. Und bei Werkverträgen: Scheinwerkverträge werden erschwert Wichtigster Aspekt der Neuregelung: Scheinwerkverträge werden sanktioniert. Schärfere Sanktionen Die Sanktionen für missbräuchliche Konstruktionen werden deutlich verschärft. Dem Arbeitgeber droht jetzt nicht mehr nur bei einem Scheinwerkvertrag ohne Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ein Arbeitsverhältnis mit den (tatsächlichen) Leihbeschäftigen, sondern auch darüber hinaus: Die in der Tabelle erwähnte sogenannte»festhaltenserklärung«ist aus Sicht der IG BCE missbrauchsanfällig: Denn man braucht nicht viel Fantasie, um sich zu überlegen, auf welche Ideen Arbeitgeber kommen können (Stichwort: vorformulierte Erklärungen schon zu Beginn des Einsatzes zur Unterschrift vorlegen). Das haben wir bereits im Gesetzgebungsverfahren bemängelt. Daraufhin wurde die Regelung noch geändert. Eine Festhaltenserklärung ist nur unter eingeschränkten Voraussetzungen wirksam. Vor einer Unterzeichnung sollten sich Gewerkschaftsmitglieder unbedingt gewerkschaftlich beraten lassen. Neue Pflichten des Verleihers Der Verleiher muss Leihbeschäftigte vor der Überlassung informieren, dass sie als Leihbeschäftigte tätig werden. Einsatz bei Streik Es gibt nunmehr ein Verbot: Entleihbetriebe dürfen Leihbeschäftigte nicht tätig werden lassen, wenn der Betrieb bestreikt wird. Unzulässig ist sowohl, dass Leihbeschäftigte direkt Tätigkeiten übernehmen von Beschäftigten, die sich im Arbeitskampf befinden oder auch nur mittelbar von Beschäftigten, die die Tätigkeiten von Beschäftigten übernommen haben, die sich im Arbeitskampf befinden. Dieses Verbot kann mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro geahndet werden. Andere Tätigkeiten dürfen von Leihbeschäftigten weiterhin übernommen werden. Leihbeschäftigte können darüber hinaus auch weiterhin nicht verpflichtet werden, bei einem Entleiher tätig zu werden, der von einem Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. Es bleibt hier auch bei der Hinweispflicht des Verleihers auf dieses Recht. Gesetzliche Definition: Arbeitnehmerbegriff Eine Definition von Leiharbeit in Abgrenzung zu Werkverträgen gibt es trotz der Forderungen der IG BCE und der weiteren DGB-Gewerkschaften nicht. 5

gerlichen Gesetzbuches (BGB) ist. Arbeitnehmer ist, wer: auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener Arbeit (im Hinblick auf Inhalt, Durchführung, Dauer und Ort der Tätigkeit) fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Dabei kommt es, wie bisher, auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände an. Und entscheidend ist im Zweifel die tatsächliche Durchführung und nicht die Bezeichnung im Vertrag. Impressum Herausgeberin: Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Edeltraud Glänzer, Vorstandsbereich 2 Redaktion: Isabel Eder, Abt. Mitbestimmung Peter Voigt, Abt. Arbeits- und Sozialrecht Redaktionsanschrift: Königsworther Platz 6, 30167 Hannover Telefon: 0511 7631-606 Telefax: 0511 7631-733 E-Mail: abt.mitbestimmung@igbce.de Internet: www.igbce.de Gesamtherstellung und -vertrieb: BWH GmbH Stand: November 2016 6