Hilfen zur Erziehung in Nordrhein-Westfalen Erste Ergebnisse der neuen KJHG-Statistik zu den erzieherischen Hilfen Dr. Jens Pothmann Bad Honnef, 02. September 2009 Hilfen zur Erziehung in Nordrhein-Westfalen Gliederung (1) Hilfen zur Erziehung (HzE) im Überblick (2) Ein Blick zurück Hinweise zur Entwicklung der letzten 15 Jahre (3) Ein Blick jenseits der Landesgrenzen NRW im Bundesländervergleich (4) Inanspruchnahme nach Alter und Geschlecht (5) Lebenslagen von jungen Menschen und Familien mit einer Hilfe zur Erziehung (6) Eingliederungshilfen für seelisch behinderte junge Menschen ein Blick über den Tellerrand der Hilfen zur Erziehung (7) Zusammenfassung Datengrundlage: IT.NRW (ehemals Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe Erzieherische Hilfen; Zusammenstellung und Berechnung Arbeitsstelle (www.akjstat.uni-dortmund.de)
(1) Hilfen zur Erziehung (HzE) im Überblick Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfen zur Erziehung
Ambulante Leistungen vs. stationäre Maßnahmen Ambulante Hilfen ein breites Spektrum familienunterstützender und ergänzender Leistungen
Stationäre Maßnahmen zwischen Vollzeitpflege und Heimerziehung (2) Ein Blick zurück Hinweise zur Entwicklung der letzten 15 Jahre
Die Fallzahlen Zunahme der Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfen zur Erziehung Entwicklung der Hilfen zur Erziehung in Nordrhein-Westfalen; 1991 bis 2005 (Aufsummierung der zum 31.12. eines Jahres andauernden und der innerhalb eines Jahres beendeten Leistungen) Insgesamt Index (1991 = 100) Hilfen zur Erziehung ( 28 bis 35 SGB VIII) Inanspruch nahme der Hilfen bezogen auf 10.000 der unter 21-J. Insgesamt Index (1991 = 100) Inanspruchn ahme der Hilfen bezogen auf 10.000 der unter 21-J. Hilfen zur Erziehung ohne Erziehungsberatung ( 29 bis 35 SGB VIII) 1991 95.443 100,0 246,0 49.849 100,0 128,5 1995 109.847 115,1 274,6 52.314 104,9 130,8 2000 132.536 138,9 324,7 62.629 125,6 153,4 2005 155.636 163,1 391,8 75.140 150,7 189,2
Expansion ambulanter Leistungen bei Stagnation der stationären Hilfen Fallzahlen zu den Hilfen zur Erziehung in Nordrhein-Westfalen nach Leistungssegmenten; 1991 bis 2005 (Aufsummierung der zum 31.12. eines Jahres andauernden und der innerhalb eines Jahres beendeten Leistungen) 45.000 40.000 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 1991 1995 2000 2005 Ambulante Hilfen Stationäre Hilfen Vollzeitpflege (stationär) Heimerziehung (stationär) Die Ausgaben der öffentlichen Hand
Die Ausgaben: Zwischen Fallzahlenzunahme und Kostensteigerungen Ausgabenentwicklung für die Hilfen zur Erziehung im Vergleich zur Preisentwicklung; Nordrhein-Westfalen; 2000-2007 (Index 2000 = 100) Ausgabenanstieg für alle Leistungen der Hilfen zur Erziehung höchstes Finanzvolumen für die Heimerziehung
(3) Ein Blick jenseits der Landesgrenzen NRW im Bundesländervergleich Nur die Thüringer und die Bayern nehmen weniger Hilfen zur Erziehung in Anspruch als Familien in Nordrhein-Westfalen
Rheinländer und Westfalen haben Beratungsbedarf, und zwar mehr als anderswo (4) Inanspruchnahme nach Alter und Geschlecht
Die höchste Inanspruchnahme liegt bei den 14- bis 16-Jährigen Mädchen haben weniger Probleme oder: Kann Jugendhilfe ihnen nicht helfen?
(5) Lebenslagen von jungen Menschen und Familien mit einer Hilfe zur Erziehung Familien mit Migrationshintergrund haben einen normalen Zugang zu Leistungen der Hilfen zur Erziehung teilweise! nach
Alleinerziehende haben höheren Hilfebedarf Folgen ökonomisch prekärer Lebenslagen setzen Eltern unter Druck
(6) Eingliederungshilfen für seelisch behinderte junge Menschen Eingliederungshilfen für seelisch behinderte junge Menschen nur eine Frage der Gewährungspraxis?
Eingliederungshilfen für seelisch behinderte junge Menschen nur eine Frage der Gewährungspraxis? Inanspruchnahme von Eingliederungshilfen für seelisch behinderte junge Mensch Nordrhein-Westfalen nach Jugendamtstypen; 2007 (Summe andauernder und beendeter Hilfen; Angaben pro 10.000 der unter 21-Jährigen) 21 21 20 15 15 10 10 5 0 Kreisfreie Städte Kreise Kreisangehörige Jugendämter (unter 60.000) Kreisangehörige Jugendämter (60.000 und mehr) Seelische Behinderungen drohen vor allem am Ende der Grundschulzeit und beim Übergang auf die weiterführende Schule
Ist Schule das Problem oder werden hier Störungen nur sichtbar? (7) Zusammenfassung
Hilfen zur Erziehung sind offenkundig eine notwendige Unterstützungsleistung für Familien in schwierigen Lebenskonstellationen. 5 junge Menschen pro 100 der unter 21-jährigen Bevölkerung leben in einer Familie, die eine Leistung der Hilfen zur Erziehung in Anspruch nimmt. Hilfen zur Erziehung sind vor allem darauf ausgerichtet, Familien zu unterstützen. 57% der Leistungen sind Erziehungsberatungen. Jenseits der Beratung werden mehr junge Menschen von ambulanten als von stationären Hilfen erreicht. Insbesondere aufgrund einer deutlichen Zunahme ambulanter Hilfen ist die Inanspruchnahme von Leistungen der Hilfen zur Erziehung in den letzten rund 15 Jahren gestiegen. Dies spiegelt sich auch in der Ausgabenentwicklung wider. Mit zunehmendem Alter der jungen Menschen wächst der Bedarf an Hilfen. Dieser ist zudem für Jungen höher als für Mädchen. Ferner ist der Bedarf an Hilfen zur Erziehung abhängig von den sozioökonomischen Lebenslagen der Familien. Die gute Nachricht ist, dass die Kinder- und Jugendhilfe damit nach wie vor Familien in erkennbar schwierigen Situationen unterstützt. Bedenklich stimmt allerdings die Verteilung der in Schwierigkeiten geratenen Personen mit Blick auf den Alleinerziehendenstatus sowie den Bezug von Transferleistungen. Angesichts dessen fällt es schwer, die Inanspruchnahme einer Hilfe zur Erziehung ausschließlich als Konsequenz einer im Einzelfall nicht gelingenden familiären Erziehung zu begreifen. Vielmehr muss die sozialpolitische Seite dieser Ergebnisse zur Kenntnis genommen werden.