Väter Aktuelle Befunde aus dem DJI- Survey AID:A II Dr. Claudia Zerle-Elsäßer (Deutsches Jugendinstitut München, e.v.) Vortrag auf der ersten internationalen Fachtagung Kindheits- und Familienwissenschaften der HAW am 13. und 14. Februar 2017 in Hamburg
Väter aktuelle Befunde aus dem DJI- Survey AID:A II 1. Kontext: Relevanz des Themas 2. Theoretischer Hintergrund 3. Datengrundlage, Stichprobe und Indikator 4. Ergebnisse 5. Fazit 2
1. Kontext: Relevanz des Themas Politisches Ziel: partnerschaftliche Vereinbarkeit 2007: Reform des Elternzeit- /Elterngeld-Gesetzes 2016: Zweite Reform: ElterngeldPlus BMFSFJ-Väterreport 3
2. Theoretischer Hintergrund 1. Bedeutung der aktiven, positiven Vaterschaft für die Entwicklung des Kindes (z.b. Lamb 2004, Pleck/Masicadrelli 2004) 2. Auch Versorgung bleibt Kernkomponente einer verantwortungsvollen Vaterschaft (z.b.: Christiansen/ Palkovitz 2001; Dermott 2008) 3. Individuelle, partnerschaftsbezogene und außerfamiliale Faktoren beeinflussen das Engagement der Väter (z.b.: Belsky 1984, Bronfenbrenner 1994) 4
3. Datengrundlage Datensatz: AID:A II (Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten) Survey des Deutsches Jugendinstitut München Fokus: Alltag von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und ihren Familien ( Doing Family - Modul) Erste Welle: 2009 (N = 25.000 (Alter 0-55)); zweite Welle: 2013/14 (N = 22.000 (Alter 0-32)) 5
3. Stichprobe Zielperson: Kind (Einwohnermeldeämter) Multi-Actor-Design (zweite Welle): Mütter, Väter, Zielkind (9-17 Jahre) CATI und Online-Fragebögen Zielperson: <= 9 Jahre Beide biologischen Elternteile leben im Haushalt Sample: 3.023 Mutter-Vater-Dyaden 6
3. Beschreibung der Stichprobe Familiengröße Alter des Kindes 26,9% 21,5% 51,6% 1 Kind 2 Kinder 3 oder mehr Kinder Altersgruppe Zielkind Jüngstes Kind 0 3 36,5% (1.102) 48,2% (1.458) 3 6 34,0% (1.028) 31,7% (958)0 6 9 29,5% (893)0 20,1% (607)0 Gesamt 100,0% (3.023) 100,0% (3.023) Bildungshintergrund der Eltern Vater 68,6% 22,1% 9,2% Mütter 71,6% 24,6% 3,9% (Fach-)Abitur Realschulabschluss Hauptschulabschluss 7
3. Aktive Väter: Der Indikator Zeitlicher Umfang/Häufigkeit 1) Aktive Beschäftigung mit Kindern am Werktag 2) Stunden/Häufigkeit der Kinderbetreuung am Werktag Beteiligung 3) Alltägliche Versorgung 4) Kontakt mit Erziehungseinrichtungen 5) Bringen und Holen der Kinder 6) Spielen und Unternehmungen mit Kind 8
3. Aktive Väter: Der Indikator Zur Definition aktiver Vaterschaft werden nicht Väter mit Müttern sondern Väter mit Vätern verglichen 16,4 % aktive Väter (n=490) 63,6% durchschnittlich aktive Väter (Modus; n=1.899) 20,0% wenig aktive Väter (n=599) Aktiv 16,4% Wenig aktiv 20,0% Durchschnittlich 63,6% 9
4. Ergebnisse: Wer sind die (aktiven) Väter? Aktive Väter -Ø 5 h bzw. tägliche Betreuung -3-6 h aktive Beschäftigung -Beide gleichermaßen: versorgen/betreuen + spielen/unternehmen bringen/holen+kontakt/kita Durchschnittlich aktive Väter -Ø 2,6 h bzw. tägliche Betreuung -1-3h aktive Beschäftigung -Beide gleichermaßen: versorgen/betreuen + spielen/unternehmen -Überwiegend die Partnerin: bringen/holen+kontakt/kita Wenig aktive Väter -Ø 1,2 h bzw. 1-2x pro Woche -1-3 Stunden aktive Beschäftigung -Überwiegend die Partnerin: versorgen/betreuen + spielen/unternehmen bringen/holen+kontakt/kita 10
4. Wovon hängt aktives Engagement ab? Faktor Tats. Arbeitsstunden/ Vater Tats. Arbeitsstunden/ Mutter Anteil des mütterlichen Einkommens am HH-Eink. Zusammenhalt in der Erziehung (Coparenting) Genderkonzept der Mutter (Traditionell, Eher Traditionell, Eher egalitär, egalitär) Genderkonzept des Vaters (Traditionell, Eher Traditionell, Eher egalitär, egalitär) Art des Einflusses Väter, die weniger als normale Vollzeit (36-40 Stunden) arbeiten (sign. Nur bei 0-25WS), sind häufiger aktiv, je mehr Überstunden sie leisten, desto seltener sind sie aktiv. Je mehr Wochenstunden Mütter arbeiten, desto eher sind Väter aktiv (sign. erst ab 36-40 WS). Je höher der Anteil des mütterlichen Einkommens am gesamten Einkommen, desto mehr aktive Väter. Je besser der Zusammenhalt in der Erziehung, desto eher sind die Väter aktiv. Je egalitärer das Genderkonzept der Mütter ist, desto eher ist der Vater aktiv. Je egalitärer das Genderkonzept der Väter ist, desto eher ist der Vater aktiv. N.s. (Kontroll-)Variablen: Alter des Vaters, Anzahl der Kinder im Haushalt, Alter des jüngsten Kindes im Haushalt, West/Ost, Höchster Schulabschluss des Vaters, HH-Äquivalenzeinkommen, Probleme in der Erziehung (Coparenting), Partnerschaftzufriedenheit (Mutter und Vater) 11
4. Zwischenfazit: Wer sind die neuen, aktiven Väter? Mehr Väter (können) aktiv (sein), wenn sie ihre Arbeitsstunden reduzieren (können), zumindest aber nicht Unmengen an Überstunden leisten (müssen) beruflich aktive Mütter an ihrer Seite haben finanziell durch die Mütter entlastet werden gut mit ihren Partnerinnen in der Erziehung zusammenarbeiten (Coparenting) auch egalitäre Vorstellungen haben, ebenso wie ihre Partnerinnen 12
4. Wie stellen sich Väter die Aufteilung vor? Ein Vater sollte genauso stark in die Erziehung und Pflege eines Kindes einbezogen sein, wie eine Mutter. (Fach)Abitur 49,8% 32,8% 11,6% 4,4% Mittlere Reife 50,6% 29,2% 15,7% 1,8% Hauptschule 55,3% 25,2% 13,8% 5,7% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0% 90,0% 100,0% Stimmt voll und ganz zu Stimmt überhaupt nicht Wenn Kinder da sind, soll der Mann arbeiten gehen und die Frau zu Hause bleiben und die Kinder versorgen. (Fach)Abitur 5,9% 11,7% 8,8% 19,0% 52,0% Mittlere Reife 5,7% 8,4% 18,4% 11,1% 16,0% 40,4% Hauptschule 11,4% 18,7% 18,7% 8,1% 19,5% 23,6% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0% 90,0% 100,0% Stimmt voll und ganz zu Stimmt überhaupt nicht 13
4. Wie stellen sich Väter die Aufteilung vor? Auch wenn eine Frau arbeitet sollte der Mann der Hauptverdiener sein und die Frau die Verantwortung für den Haushalt tragen. (Fach)Abitur 5,1% 9,9% 7,0% 17,0% 58,5% Mittlere Reife 8,7% 10,8% 9,9% 17,7% 48,6% Hauptschule 12,2% 16,3% 8,1% 10,6% 44,7% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0% 90,0% 100,0% Stimmt voll und ganz zu Stimmt überhaupt nicht Wenn kleine Kinder da sind, sollte nicht nur die Frau sondern auch der Mann Teilzeit arbeiten. (Fach)Abitur 15,4% 16,4% 23,4% 15,1% 15,7% 14,0% Mittlere Reife 13,0% 14,2% 25,7% 13,0% 15,1% 19,0% Hauptschule 7,3% 14,6% 13,8% 17,1% 21,1% 26,0% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0% 90,0% 100,0% Stimmt voll und ganz zu Stimmt überhaupt nicht 14
4. Wie wird die Erwerbsarbeit aufgeteilt? Jüngstes Kind im Haushalt: 0 bis unter 3 Jahre Mütter 10,3% 34,9% 54,8% Väter 90,8% 4,7% 4,6% Jüngstes Kind im Haushalt: 3 bis unter 6 Jahre Mütter 15,7% 58,1% 26,2% Väter 92,5% Jüngstes Kind im Haushalt: 6 bis unter 9 Jahre 5,6% 1,9% Mütter 15,8% 58,8% 25,5% Väter 92,7% 4,8% 2,5% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Vollzeit Teilzeit NERW/in Ausb. (Datenquelle: AID:A II, eigene Berechnung, ungewichtete Daten) 15
4. Vereinbarkeitskonflikte der Väter Berichtete Konflikte: Arbeit-Familie und Familie-Arbeit Arbeit-Familie 12,1% 20,1% 37,7% 30,2% Familie-Arbeit 28,0% 33,1% 29,2% 9,7% 0% 20% 40% 60% 80% 100% kein Konflikt leichter Konflikt mittlerer Konflikt straker Konflikt 16
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter Väterliches Engagement und Work-to- Arbeit- Familie Konflikt Familie- Arbeit Konflikt Family-Konflikte 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Nicht so aktiv 5,2% 10,4% 35,3% 49,1% Durchschnittlich 11,4% 21,2% 40,0% 27,4% Aktiv 25,0% 26,8% 32,3% 15,9% Nicht so aktiv 24,8% 35,0% 31,7% 8,5% Durchschnittlich 28,4% 33,5% 28,6% 9,5% Aktiv 30,7% 28,0% 28,6% 12,7% Kein Konflikt Leichter Konflikt Mittlerer Konflikt Starker Konflikt 17
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter Arbeitsstunden und Work-to-Family- Konflikte Väter mit reduzierter Arbeitszeit (bis 35 Stunden pro Woche) Väter in Vollzeit (36 bis 45 Stunden pro Woche) Väter in Vollzeit mit Überstunden (46 und mehr Stunden pro Woche) Kein Konflikt Leichter Konflikt Mittlerer Konflikt Starker Konflikt Gesamt 22,0% 28,2% 35,9% 13,9% 100% 13,3% 22,0% 39,6% 25,1% 100% 6,6% 13,3% 34,9% 45,2% 100% 18
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter Die tatsächliche und optimale Arbeitszeit von Vätern 60,0% 50,0% 40,0% 30,0% 20,0% 10,0% 0,0% 7,1% 3,6% 20,5% 19,4% 2,9% 0,6% 2,4% 4,1% 40,9% 37,0% 22,0% 17,3% 3,1% 3,6% 2,4% 12,9% 0h - 20h 21h - 25h 26h - 30h 31h - 35h 36h - 40h 41h - 45h 46h - 50h 51h+ Optimale Arbeitszeit Tatsächliche Arbeitszeit Datenquelle: AID:A 2, n = 2.092 2.943. 19
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter Außerhalb der normalen Arbeitszeit erreichbar Sehr oft 8,2% 12,6% 35,4% 43,8% oft 8,10% 16,30% 41,70% 33,90% selten 10,70% 25,20% 39,90% 24,20% nie 21,70% 24,30% 34,00% 20,10% 0% 20% 40% 60% 80% 100% kein Konflikt kleiner Konflikt mittlerer Konflikt großer Konflikt 20
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter In der Freizeit Erledigungen für die Arbeit Sehr oft 8,8% 12,5% 30,8% 47,8% oft 7,9% 16,0% 40,6% 35,6% selten 10,7% 24,2% 40,5% 24,6% nie 21,6% 22,6% 34,7% 21,1% 0% 20% 40% 60% 80% 100% kein Konflikt kleiner Konflikt mittlerer Konflikt großer Konflikt 21
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter Mobilitätsanforderungen: Dauer des Arbeitswegs mehr als 1 Stunde 7,2% 11,9% 36,1% 44,8% 1/2 Stunde bis 1 Stunde 11,1% 18,9% 40,0% 29,9% 0 bis 1/2 Stunde 13,3% 21,9% 36,7% 28,1% 0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0% kein Konflikt leichter Konflikt mittlerer Konflikt starker Konflikt 22
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter Mobilitätsanforderungen: Nächte, die auf Geschäftsreise verbracht werden sehr oft 1,2% 12,2% (mehr als 11 Nächte) 23,2% 63,4% oft (4-10 Nächte) 9,0% 18,4% 32,3% 40,2% selten (1-3 Nächte) 6,8% 15,8% 41,7% 35,6% nie 14,8% 22,0% 37,7% 25,5% 0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0% kein Konflikt leichter Konflikt mittlerer Konflikt starker Konflikt 23
4. Vereinbarkeitskonflikte moderner Väter Aktivitäte n mit den Kindern Zeit mit der Partnerin Mit Familie Zeit für sich selbst Arbeitsstunden und Zufriedenheit mit der Zeitnutzung Lange Überstunden Vollzeit (inkl. leichter Mehrarbeit) NERW bis (lange) Teilzeit 22,6% 34,1% 56,4% 77,0% 65,6% 43,0% Lange Überstunden Vollzeit (inkl. leichter Mehrarbeit) NERW bis (lange) Teilzeit Lange Überstunden Vollzeit (inkl. leichter Mehrarbeit) NERW bis (lange) Teilzeit 11,1% 13,8% 18,2% 43,2% 50,2% 61,6% 88,5% 85,9% 80,6% 56,8% 49,3% 38,4% Lange Überstunden Vollzeit (inkl. leichter Mehrarbeit) NERW bis (lange) Teilzeit 26,8% 31,5% 37,1% 72,5% 67,3% 60,0% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Zu viel Gerade richtig Zu wenig 24
5. Fazit Väter engagieren sich, einige Väter sind aktiver als andere Starker Einfluss von tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten auf die Ausübung einer aktiven Vaterschaft Aber auch die Partnerschaft ist bedeutsam: Arbeitszeiten und Einkommensanteil der Mutter die Qualität der Partnerschaft Die Genderkonzepte beider Elternteile sind ebenfalls bedeutsam Väter spüren starke work-to-family-konflikte; neben Überstunden ist hier entgrenztes Arbeiten bedeutsam Zeit für Partnerschaft und Selbstsorge bleibt oft auf der Strecke 25
Literatur: Christiansen, Shawn L./Palkovitz, Rob (2001): Why the Good Provider role still matters providing as a form of paternal involvement. In: Journal of Family Issues, 22. Jg., H. 1, S. 84-106 Dermott, Esther (2008): Intimate fatherhood: A sociological analysis. London: Routledge Lamb, Michael H. (Hrsg.): The Role of the Father in Child Development. Hoboken: Wiley Pleck, Joseph H./Masicadrelli, Brian (2004): Paternal Involvement by U.S. Residential Fathers: Levels, Sources, and Consequences. In: Lamb, Michael H. (Hrsg.): The Role of the Father in Child Development. Hoboken: Wiley, S. 222-271 26
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Claudia Zerle-Elsäßer zerle@dji.de (Deutsches Jugendinstitut, München)