WP Seminar: Einzelprobleme der Wirtschaftsprüfung WS 2004/2005 Thema 6: Grundfragen und Einzelprobleme der Prüfung des Lageberichts im deutschen Bilanzrecht Bearbeiter:
Gliederung I. Problemstellung II. Prüfungsgegenstand und ziel III. Prüfungsmaßstäbe IV. Vergangenheitsbezogene Prüfung V. Zukunftsbezogene Prüfung VI. Thesenförmige Zusammenfassung 2
I. Problemstellung Grundfragen zur Prüfung des Lageberichts - Prüfungsgegenstand - Prüfungsziel - Prüfungsmaßstab Fallspezifische Einzelprobleme der Prüfung erwachsen aus folgender Konstellation - Im Lagebericht wird die Entwicklung der Ertragslage positiv beschrieben - Die Finanzlage betreffend wird im Jahresabschluss eine branchendurchschnittliche Verschuldungsquote aufgezeigt. Im Lagebericht wird diese lediglich zukunftsbezogen aufgegriffen. Es wird von einer Verbesserung ausgegangen. - Interne Planungsunterlagen zeigen die Finanz- und Ertragslage betreffenden Annahmen auf. 3
II. Prüfungsgegenstand & -ziel gemäß 317, 321, 322 i.v.m. 289, 315 HGB Prüfung ob insgesamt eine [ ] zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens [ ] vermittelt wird Prüfungsgegenstand Prüfungsziel Aus 289, 315 i.v.m. 317 HGB folgt eine die Pflichtangaben im Lagebericht betreffende Prüfungspflicht Aus 289, 315 i.v.m 321, 322 HGB folgt eine sämtliche Angaben im Lagebericht betreffende Prüfungspflicht (vgl. IDW PS 350 i.v.m. IDW RS HFA 1) 321 HGB: Stellungnahme zur Beurteilung der Lage des Unternehmesn durch die gesetzlichen Vertreger. Insbesondere ist auf deren Beurteilung des Fortbestands und der küntigen Entwicklung einzugehen. 322 HGB: Aussage ob der Lagebericht nach der Beurteilung des Abschlussprüfers insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens vermittelt. Konkretisierung des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds im Ramen der aus 289, 315 HGB resultierenden Angabepflichten Konkretisierung des Prüfungsziels anhand der Prüfungspflichten gemäß 289, 315 i.v.m. 317 HGB Zu beurteilen ist ob die Darstellung von Geschäftsverlauf und Lage, einschließlich der Darstellung der voraussicthlichen Entwicklung mit den Angaben im Jahresabschluss und den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen in Einklang ist. 4
III. Prüfungsmaßstäbe gemäß 317 Abs. 2 HGB Beurteilung ob insgesamt eine [ ] zutreffende Vorstellung von der Lage [ ] vermittelt wird Jahresabschluss bei der Prüfung gewonnene Erkenntnisse Die in Jahresabschluss und Lagebericht dargestellte Vermögens-, Finanz- und Ertragslage muss sich entsprechen Konkretisierung der zutreffenden Vorstellung basiert auf den jahresabschlussspezifischen Gewinnermittlungs- und Informations-GoB Grundlage bilden sowohl die zur Planung adäquater Prüfungsschwerpunkte und handlungen bereits zu Beginn der Prüfung vorzunehmende vorläufige Beurteilung der Lage des Unternehmens als auch die weiteren im Verlauf der Prüfung des Jahresabschlusses gewonnenen Erkenntnisse Relevanz bei Übereinstimmung von Jahresabschluss und Lagebericht aber, Detailinformationen im Lagebericht betreffend, abweichenden Erkenntnissen des Prüfers Zu beurteilen ist dann, ob der Lagebericht insgesamt noch eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens vermittelt 5
IV. Vergangenheitsbezogene Prüfung (1) Beurteilung der auf das Geschäftsjahr bezogenen Darstellung der Entwicklung der Geschäftstätigkeit und von Erfolgspotentialen Beurteilung anhand des Einklangs mit dem Jahresabschluss und bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen (Berüchsichtigung von Aspekten die im Rahmen der Prüfungsplanung relevant sind sowie von Quellen, die über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage hinaus für die Beurteilung der Gesamtsituation des Unternehmens wesentlichen sind.) (IDW PS 350, Rn. 10-12) Geschäftsverlauf (IDW RS HFA 1, Rn. 24) Entwicklung von Branche und wirtschaftliche Gesamtentwicklung Umsatz- und Auftragsentwicklung Produktion Beschaffung Investitionen Finanzierungsmaßnahmen bzw. -vorhaben F & E (IDW RS HFA 1, Rn. 45-47) Wesentliche Tätigkeitsschwerpunkte und Ergebnisse Angaben zu den Gesamtaufwendungen Angaben zur Anzahl der im F&E-Bereich tätigen Mitarbeiter Angaben zu von Dritten oder staatlichen Stellen erhaltenen Zuwendungen Voraussetzung: Aktivitäten im Bereich F&E sind bei Unternehmen vergleichbarer Größe branchenüblich 6
IV. Vergangenheitsbezogene Prüfung (2) M-AG - Abschlussprüfer stellt im Rahmen der Prüfungsplanung fest, dass F&E branchenüblich ist und fordert IDW RS HFA 1 entsprechende Angaben - Prüfung bspw. von Gesamtaufwendungen anhand von Angaben im Anhang des Jahresabschlusses - Prüfung von Detailinformationen anhand von bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen sowie anhand von Informationen die aus internen Quellen stammen, die nicht unmittelbar Gegenstand der Abschlussprüfung sind (bspw. Angaben zum Personalstand im Bereich F&E) 7
V. Zukunftsbezogene Prüfung (1) Chancen und Risiken Beurteilung ob die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind ( 317 Abs. 2 HGB) Prognoseprüfung Prüfung einer begründbaren Aussage über ein zukünftiges Ereignis bzw. Entwicklung Geprüft wird die Plausibilität der Angaben: Beurteilung der ex-ante Wahrheit vor dem Hintergrund der Jahresabschlussangaben und seinen während der Abschlussprüfung gewonnenen Erkenntnissen (IDW PS 350, Rn. 13) Analytische Prüfungshandlung: Abstimmung von prognostischen und beurteilenden Aussagen mit dem zugrundeliegenden Faktoren- und Entwicklungsgefüge auf Basis von Ursache-Wirkungs-Beziehungen Prognosen im Lagebericht dürfen nicht von internen Prognose abweichen (IDW PS 350, Rn. 16) M-AG Positive Darstellung der zukünftigen Ertragslage erscheint aus dem Vergleich mit dem Jahresabschluss plausibel. Hintergrund: Einklang mit internen Quellen zu F&E und Produktplanung Markt- und Wettbewerbsverhältnisse Abschlussprüfer stellt Saldierung der Chancen und Risiken fest: Der Entwicklung zugrundeliegende Annahmen müssen im LB aufgezeigt werden ( 289 Abs. 1 HGB) Angaben zu Investitionen in neue Produkte werden gefordert soweit davon wesentliche Einflüsse auf die Unternehmensentwicklung ausgehen (IDW RS HFA 1) 8
V. Zukunftsbezogene Prüfung (2) Gefahrenorientierung Beurteilung ob die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind ( 317 Abs. 2 HGB) Prüfung der Insolvenzprognose 321 HGB: Beurteilung des Fortbestands 322 HGB: Eingehen auf im Rahmen der Prüfung festgestellte fortbestandsgefährdende Risiken IDW RS HFA 1: Hinweis im LB auf bestandsgefährdende Tatsachen gefordert, auch wenn diese nach Einschätzung der Unternehmensleitung noch nicht der Annahme des Unternehmensfortbestands entgegenstehen Die Prüfung auf Basis der Fortführungsprämisse gemäß 252 HGB (vgl. IDW PS 350, Rn. 9) Einschränkende Tatsachen basieren auf wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die voraussichtlich zum Konkurs führen werden Beurteilung des Insolvenzrisikos (Moxter) M-AG Positive Darstellung der zukünftigen Finanzlage i.s.e. Verbesserung der Verschuldungsquote erscheint im Hinblick auf die für die Produktion von H nötigen Investitionen nicht plausibel. Hintergrund: Kein Einklang mit dem Jahresabschluss, aus dem keine Verbesserung der Verschuldungsquote ersichtlich ist Kein Einklang mit dem aus internen Planungsunterlagen ersichtlichen Investitionsbedarf; Finanzierung mit Fremdkapital geplant Da die zukünftige Ertragslage als positiv beurteilt wird stellt der Abschlussprüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden oder sogar bestandsgefährdenden Tatsachen fest. 9
VI. Thesenförmige Zusammenfassung (1) 1. Prinzipien der Lageberichtsprüfung resultieren aus 317 Abs. 2 HGB sowie den 321, 322 HGB. Eine Konkretisierung entsprechender Prüfungshandlungen erfolgt durch IDW PS 350. 2. Gemäß 317 Abs. 2 HGB konzentriert sich die Prüfung des gemäß den 289, 315 HGB erstellten (Konzern-) Lageberichts auf dessen Einklang mit dem (Konzern- bzw.) Jahresabschluss und sonstigen bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen. 3. Auf Basis des bei Beurteilung der Kongruenz vergleichbarer Information aufgespannten Erkenntnisrahmens gilt das Prüfungsziel der Beurteilung ob eine zutreffende Vorstellung von der Lage der Gesellschaft im Lagebericht vermittelt wird. Eine eigenständige, d. h. unmittelbar prüfungsobjektbezogene Prüfung der Angaben im Lagebericht liegt in diesem Sinne nicht vor. 4. Vergangenheitsbezogene Prüfungshandlungen betreffen bereits die Prüfungsplanung. Hierbei gewonnene Erkenntnisse zur Lage der Gesellschaft werden im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses vertieft. Auch darüber hinausgehende Quellen sind, soweit wesentlich für die Lage der Gesellschaft bei der Prüfung von Detailinformationen zu berücksichtigen. 5. Zukunftsbezogene Prüfungshandlungen beziehen sich auf die Prüfungsgegenstände voraussichtliche Entwicklung sowie Risiken der zukünftigen Entwicklung. Es gilt die Plausibilität der prognostischen Angaben zu beurteilen. Dies erfolgt wiederum auf Basis des Jahresabschlusses und den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen. 10
VI. Thesenförmige Zusammenfassung (2) 5. Im vorliegenden Fall stellt der Abschlussprüfer im Rahmen der Prüfung des Lageberichts Abweichungen von einer ordnungsmäßigen Lageberichterstattung fest. Er weist die Geschäftsleitung auf Verstöße gegen die Angabepflichten, so bspw. auf die Saldierung von Chancen und Risiken der voraussichtlichen Entwicklung, hin. Gleichzeitig stellt er im Rahmen der Prüfung der Risiken zukünftiger Entwicklung einen fehlenden Einklang von Lagebericht und Jahresabschluss fest. Interne Planungsunterlagen bestätigen diesen Eindruck. 11