Ent icklung inno ati er Dienstleistungen. Kontakt: EKSH-Projektleiter: Dr. Klaus Wortmann,

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Transkript:

Ent icklung inno ati er Dienstleistungen für kommunale Energieversorger zur Energieeinsparung und CO 2 -Minderung in Schleswig-Holstein Abschlussbericht von Heiner Lütjen, Kiel EKSH-Promotionsstipendium 1/2014 Dauer des Stipendiums: Juli 2014 Juni 2017 Betreuer: Prof. Dr. Carsten Schultz Christian-Albrechts-Universität Kiel Kontakt: luetjen@bwl.uni-kiel.de EKSH-Projektleiter: Dr. Klaus Wortmann, wortmann@eksh.org Dokumentation

1. Einleitung Um die zweite Säule der Energiewende, die Energieeffizienz, zum Erfolg zu führen, bedarf es mehr als Energiesparen zur Reduzierung der Energiekosten in Industrie, im Gewerbe oder bei den privaten Verbrauchern. Es geht vielmehr auch um neue Geschäftsmodelle, branchenübergreifende Kooperationen bei der Entwicklung von Energiesparmaßnahmen und innovative Dienstleistungen. Der in der Energiewirtschaft stattfindende Strukturwandel bietet somit für kommunale Energieversorger - insbesondere auch in Schleswig-Holstein - die Chance, neue Geschäftsfelder zu entwickeln und sich mittels innovativer Dienstleistungen am Markt neu zu positionieren. Die Entwicklung von Innovationen im Dienstleistungssektor wird dabei als zentrales Instrument für Energieversorger betrachtet, um nachlassende Margen in den Kerngeschäftsfeldern zu begegnen und gleichzeitig den Energieverbrauch nachhaltig zu senken und somit die Umwelt zu schonen. Neben vielfältigen Chancen, die es ermöglichen durch marktübergreifende Lernprozesse Innovationen zu initiieren, gibt es aber auch vielfältige Barrieren, die es zu überwinden gilt. Insbesondere digitale Energiedienstleistungen machen oft substantielle Veränderungen etablierter Geschäftsmodelle, Unternehmensstrukturen und Formen der Kundenintegration erforderlich; Verbesserungen der Unternehmenserträge sind aber oft begrenzt. Besondere Innovationsbarrieren existieren, wenn Unternehmen nicht nur neuartige Technologien einsetzen, sondern wie im Fall personennaher Dienstleistungen von kommunalen Stadtwerken in neue Märkte vordringen und die dafür erforderlichen Wertschöpfungssysteme entwickeln müssen. In der Konsequenz führt die Entwicklung von Dienstleistungen zu Veränderungen auf mehreren Ebenen innerhalb des Unternehmens. Dabei sind in die Entwicklung und Entscheidung über die Nutzung von Dienstleistungen unterschiedliche Akteure mit divergierenden Interessen in einem dynamischen Regulierungsumfeld einzubinden. Diese als Servitization bezeichnete Transformation des gesamten Unternehmens hin zu einer verstärkten Dienstleistungsorientierung spielt bei Energieversorgern eine wesentliche - wenn nicht sogar entscheidende - Rolle der zukünftigen Entwicklung. Viele Stadtwerke und Energieversorger stehen dabei erst am Anfang dieser Transformation. Wir können nicht innovativ sein, weil wir nicht die richtigen Mitarbeiter dafür haben. Wir suchen viel nach neuen Projekten und Ideen, aber wenn wir diese durchrechnen, sehen wir keine Möglichkeit, damit Geld zu verdienen. Die Kapazitäten sind ausgeschöpft, meine Mitarbeiter können neben dem Tagesgeschäft nicht noch mehr Zeit investieren. Jene Aussagen von leitenden Mitarbeitern etablierter deutscher Energieversorger verdeutlichen den Eindruck, dass

dem Thema Innovation und Transformation bei Energieversorgern im Durchschnitt (noch) keine hohe Priorität beigemessen wird. Im Rahmen dieser Dissertation sollen Energieversorger daher unterstützt und begleitet werden, die Innovationsleistung langfristig zu steigern, um somit den Transformationsprozess zu einem Energiedienstleistungsanbieter erfolgreich umsetzen zu können. 2. Empirisches Vorgehen Bisher finden sich in der Energiewirtschaft nur wenige Beispiele der Verzahnung von klassischen Commodity-Produkten mit neuen Dienstleistungen. Noch dominiert die Ansicht, dass digitale Dienstleistungen auf Kosten der klassischen Commodities eingeführt würden und diese somit kritisch zu betrachten seien. Beispielsweise bewirkt das Angebot von Energieeffizienzdienstleistungen eine Kannibalisierung klassischer Umsätze der Energielieferung, da es zu mehr Erzeugungskonkurrenz, mehr Effizienz und damit weniger Verbrauch führt. Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen dieser Dissertation analysiert, welche Barrieren kommunal verankerte Energieversorger überwinden müssen, aber auch welche dynamischen Fähigkeiten notwendig sind, um sich zu einem erfolgreichen Energiedienstleistungsanbieter zu wandeln. Anhand mehrerer empirischer qualitativer und quantitativer Studien (vgl. Tab. 1), konnten die relevanten internen und externen Innovationsbarrieren sowie die notwendigen Fähigkeiten für die Etablierung von Dienstleistungsinnovationen identifiziert werden. Zunächst wurden im Rahmen einer explorativen Studie mit 19 Energieversorgern die Entwicklungspfade und Barrieren des Servitization-Prozesses ermittelt. In einem zweiten Schritt wurde das Innovationsmanagementsystem von Energieversorgen im Vergleich zu Unternehmen anderer Branchen analysiert. Ferner wurden Sekundärdaten ausgewertet, um die Diffusion von Dienstleistungen in der Energiewirtschaft abzubilden. Darüber hinaus untersuchen Fallstudien die Relevanz der Orchestrierung des Business Ökosystems von Energieversorgern bei der Dienstleistungsentwicklung.

Forschungsmethoden Untersuchungsgegenstand Entwicklungspfade von Dienstleistungen Explorative Fallstudien; Semistrukturierte Interviews Innovationsmanagementsystem Standardisierte Befragung Diffusion von Dienstleistungen Sekundärdatenanalyse (Geschäftsberichte, Zeitungsartikel, Webseiten, Datenbanken) mit Expertenbewertung Business Ökosysteme Sekundärdatenanalyse; Standardisierte Befragung; Fallstudien Umfang 19 Energieversorger 120 Unternehmen, davon 46 Energieversorger; 989 Mitarbeiter, davon 346 Mitarbeiter von Energieversorgern 181 Energieversorger 134 Energieversorger (konkrete Fallstudien mit 11 Energieversorgern) Inhalte Servitization- Barrieren, Servitization- Prozesse Innovationsleistung, Innovationsfördernde Rahmenbedingungen (Strategie, Kultur, Organisation) und Innovationsprozess Bestimmung des Service-Portfolios, Bestimmung des Service- Innovationsgrads Auswirkung von Top- Management Bestimmung der ökosystemrelevanten Fähigkeiten für Dienstleistungsentwicklung Ergebnisse Drei Servitization- Stufen (Initiation, Anchoring, Extension); Drei Barrieren (Strategie, Implementierung, Ökosystem) Kaum Beitrag von Innovationen zum Unternehmenserfolg; Geringer Reifegrad des Innovationsmanagements Wenig radikale, viele inkrementelle Service- Innovationen; Hohe Varianz des Grades der Servitization Insbesondere Relevanz von Integration und Orchestration externer Anspruchsgruppen (z.b. Regulatoren, Politik) Tab. 1: Empirisches Forschungsdesign bestehend aus vier Teilstudien unterschiedlicher Forschungsmethoden 3. Ergebnisse 3.1. Entwicklungspfade von Dienstleistungen Die Ergebnisse der ersten Studie belegen, dass zu Beginn der Servitization (service initiation) insbesondere strategische Barrieren zu überwinden sind. Diese betreffen unter anderem die Entscheidung, eigene Kerngeschäftsfelder zu kannibalisieren (z. B. die Reduktion des Stromund Gasverkaufes durch Energieeffizienzdienstleistungen). In der zweiten Stufe der Servitization (service anchoring) sehen sich Energieversorger mit der schwierigen Verankerung von Dienstleistungen im Unternehmen konfrontiert. Relevante Barrieren in dieser Stufe weisen auf die Etablierung einer Innovationskultur, die Bereitstellung notwendiger finanzieller und personeller Ressourcen sowie die Entwicklung von Innovations- und Dienstleistungsprozessen hin. In der dritten Stufe der Servitization (service extension) haben

die Unternehmen größtenteils strategie-, und implementierungsbezogene Barrieren überwunden, häufig ist ein strukturierterer Innovationsprozess im Unternehmen vorhanden. Mit einem zunehmenden Servitizations-Grad steigt jedoch auch die Komplexität der Dienstleistungsentwicklung. Durch die individuellen Kundenbedürfnisse nimmt die Bedeutung der Integration des Kunden und weiterer Netzwerkakteure als externe Faktoren der Dienstleistungserstellung zu. Mit einer verstärkten Dienstleistungsorientierung gehen somit eine konsequente Verankerung der Kundenorientierung sowie ein ganzheitliches Denken unter Einbezug der nahen und fernen Unternehmensumwelt, des sogenannten Ökosystems, einher. 3.2. Innovationsmanagementsystem In der zweiten Studie dieser Dissertation, wurde das Innovationsmanagementsystem von Energieversorgern im Rahmen einer empirischen Studie analysiert, um relevante Potentiale und Handlungsfelder im Innovationsmanagement zu identifizieren. Als Institut für Innovationsforschung an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel haben wir dazu gemeinsam mit der Danish Technical University (DTU), der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt sowie der gemeinnützigen Plattform für Innovationsmanagement ein europaweites Projekt initiiert, das Stadtwerke und deren Mitarbeiter für Themen des Innovationsmanagements sensibilisiert. Dabei nahmen auch sieben Energieversorger aus Schleswig-Holstein am Projekt teil. Auf der Basis einer systematischen Bewertung der eigenen Innovationsfähigkeit wurden Handlungsmaßnahmen für anwendungsorientierte Innovationsprozesse in Stadtwerken abgeleitet und gemeinsame Workshops mit einigen Energieversorgern durchgeführt. Die Themen reichten dabei von der Förderung einer Innovationskultur, der Implementierung von Innovationsstrategien bis hin zu Erfolgsfaktoren von Kooperationen, Netzwerken, Dienstleistungen und Big-Data. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der Studie Innovationen in der Energiewirtschaft sind machbar! Innovationsmanagement als Erfolgsfaktor von Energieversorgern kommuniziert. Insgesamt betrachtet zeigt sich, dass viele Energieversorger erst am Anfang der Entwicklung einer eigenen Innovationsfähigkeit stehen. Energieversorger haben zwar ein zunehmend breiteres Innovationsportfolio, die wenigsten Projekte davon tragen jedoch zum Unternehmenserfolg bei. Im Vergleich zu anderen Unternehmen erreichen Energieversorger in nahezu allen Bereichen des Innovationsmanagements niedrigere Reifegrade. Somit gelingt es in anderen Branchen besser, Innovationsaktivitäten in kommerziellen Erfolg umzusetzen. Das spiegelt sich in höheren Beiträgen der innovativen Aktivitäten zur Umsatzentwicklung und der Profitabilität des Unternehmens wider. Gerade in einer durch Risikovermeidung geprägten

Unternehmenskultur bedarf es großer Anstrengungen, notwendige Strukturen und Innovationsprozesse aufzubauen und Diskussionsprozesse anzuregen, um Mitarbeiter für das Thema Innovation zu sensibilisieren. Energieversorger sollten sich dabei nicht nur auf das operative Tagesgeschäft fokussieren, sondern auch die Weichen für die Zukunft mit Hilfe von Innovationsprojekten stellen. 3.3. Diffusion von Dienstleistungen bei Energieversorgern Die Ermittlung der Diffusion von Dienstleistungen erfolgte anhand mehrerer Stufen. Da bisher nur wenige Informationen und Erkenntnisse über die Gesamtheit der Dienstleistungsaktivitäten von Energieversorgern vorliegen, wurden die Ergebnissen der 19 Fallstudien mit Stadtwerken dazu genutzt, eine vorläufige Liste an Dienstleistungsaktivitäten zu generieren, die als Bezugsrahmen für die Analyse dienten. In diesem Zuge wurden die ermittelten Dienstleistungen in drei übergeordnete Kategorien (Erzeugung, Verteilung und Vertrieb) eingeteilt. Zur Validierung der Dienstleistungsaktivitäten wurde ein Interview mit einem Innovationsmanager eines Stadtwerkes durchgeführt, um bisher nicht identifizierte Serviceaktivitäten zu ergänzen. Zur besseren Vergleichbarkeit der Unternehmen wurde die Analyse der spezifischen Dienstleistungen an bestimmte Kriterien geknüpft. Eine Dienstleistungsaktivität wurde in die Analyse einbezogen, wenn diese sich nachweislich in der Umsetzungsphase befand. Aktivitäten die lediglich geplant waren, wurden nicht in die Analyse einbezogen. Zudem wurden nur Aktivitäten aus den Kernbereichen Elektrizität, Gas, Wärme und Telekommunikation betrachtet (siehe Tabelle 1). In der zweiten Stufe der Datenerhebung wurde die Anzahl der Dienstleistungsaktivitäten jedes Unternehmens analysiert. Als Surrogat für die näherungsweise Bestimmung aller Dienstleistungsaktivitäten wurde der Triangulation der Daten und Forscher höchste Priorität beigemessen. Neben der Analyse des aktuellsten Geschäftsberichtes wurden die Webseiten des Energieversorgers (Stand 2016), Unternehmensdatenbanken (Orbis, Hoppenstedt) und branchenspezifische Artikel in der kommunalen und überregionalen Presse zwischen 2013 und 2016 analysiert. Insgesamt konnten von knapp 200 untersuchten Energieversorgern über 2000 Dienstleistungsaktivitäten in den klassischen Wertschöpfungsbereichen Erzeugung, Verteilung und Vertrieb identifiziert werden. In der dritten Stufe der Datenerhebung wurde eine Clusterung der gesammelten Daten durchgeführt, um gleiche Aktivitäten zusammenzufassen oder nicht für den Untersuchungsgegenstand relevante Aktivitäten zu eliminieren.

Tabelle 1: Auszug von Dienstleistungsaktivitäten Zur Bewertung der Energieversorger wurde die Anzahl der Serviceaktivitäten des jeweiligen Unternehmens gezählt. Um möglichen Verzerrungen entgegen zu wirken, wie zum Beispiel, dass tendenziell größere Unternehmen aus Ressourcengründen mehr Serviceaktivitäten umsetzen, wurde nicht nur die Anzahl der Aktivitäten, sondern ebenso der Innovationsgrad der Serviceaktivitäten untersucht. Zur Bewertung des Innovationsgrades der 94 Serviceaktivitäten wurde jede der Aktivitäten in 3-4 Sätzen möglichst objektiv beschrieben. Diese Liste wurde als Grundlage für die Bewertung der Experten genutzt. Zur Gewährleistung der Interrater- Reliabilität wurden dabei zwei Experten unabhängig voneinander mit der Bewertung beauftragt. Die Experten wurden auf Basis von zwei Kriterien ausgewählt. 1. Der Experte braucht eine langjährige Energieerfahrung, die eine Bewertung der Aktivitäten ermöglicht. 2. Die Experten sollten einen unterschiedlichen Erfahrungshintergrund aufweisen. Während Experte 1 seit mehreren Jahren im Bereich Innovationsmanagement eines Energieversorgers arbeitet, berät Experte 2 Energieversorgungsunternehmen im Bereich von Dienstleistungen und Erneuerbaren Energien. Auf Basis einer kurzen Einführung in die Analysemethodik wurden den Experten via E-Mail die 94 Dienstleistungsaktivitäten zugesendet. Auf einer Skala von 1

(trifft überhaupt nicht zu) bis 7 (trifft vollkommen zu) wurden die Dienstleistungsaktivitäten auf Basis von verschiedenen Dimensionen bewertet. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Großteil der durchgeführten Aktivitäten Vertriebsaktivitäten sind, woraus ein starker Kundenfokus abgeleitet werden kann. Zudem werden hauptsächlich Aktivitäten innerhalb der Energiewirtschaft durchgeführt. Dienstleistungen mit Schnittstellen zu energiefremden Bereichen, wie zum Beispiel intelligente Steuerungstechniken für Stromnetze oder Services im Bereich Elektromobilität, werden nur vereinzelt durchgeführt. Darüber hinaus konnten Zusammenhänge zwischen den Charakteristiken von Führungspersonen und dem Dienstleistungsgrad gefunden werden. Sowohl die externe Herkunft, als auch eine kurze Amtsdauer zeigen positive Effekte in Bezug auf den Grad der Dienstleistungsorientierung. Zusätzlich konnte ein positiver Effekt der Unternehmensgröße identifiziert werden. 3.4. Business Ökosysteme Die Ergebnisse der Fallstudien mit 11 Energieversorgern zeigen, dass für die Entwicklung innovativer Dienstleistungen eine Vielzahl zu integrierender Komponenten und benötigter Kompetenzen in einem Netzwerk aus verschiedenen Partnern verknüpft werden müssen. Innovationen in der Energiewirtschaft involvieren Multiakteurs-Netzwerke und bedürfen daher einer Innovationsökosystem-Perspektive. Sie integrieren Akteure sowohl auf Zulieferseite (upstream) als auch auf Marktseite (downstream) der Wertschöpfungskette und berücksichtigen neben der Notwendigkeit externer Ressourcen auch die Existenz zusätzlicher Anspruchsgruppen an die durch das Unternehmen geschaffenen Werte. Dieses Netzwerk umfasst z.b. die lokale Verwaltung und Wirtschaftsförderung, Infrastrukturanbieter, die Politik, Unternehmens- und Verbraucherschutzverbände, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie andere Akteure, die Kontrolle über öffentliche Ressourcen ausüben. Das Zusammenwirken der privatwirtschaftlichen und öffentlichen Organisationen resultiert in einer dynamisch-evolutionären und lokal verankerten Entstehung von Innovationen, wobei die Koordination durch geteilte Institutionen, inkl. gemeinsamer Wertvorstellungen und Zielsetzungen, erfolgt. Daher ist der Innovationserfolg von Dienstleistungen maßgeblich durch die Bereitschaft und Fähigkeit der externen Akteure geprägt, komplementäre Innovationsaktivitäten zu erbringen.

4. Zukunftsperspektive Die Abgabe der Dissertation erfolgt voraussichtlich im Winter 2017/2018. Die damit verbundenen Publikationen, Konferenzen und Vorträge sind unten aufgelistet. Drei weitere Publikationen befinden sich derzeit unter Begutachtung und werden zeitnah an die EKSH kommuniziert. 5. Publikationsverzeichnis Beiträge in Zeitschriften mit externem Review Lütjen, H., Schultz, C. and Tietze, F. (2017). Service Strategies of Product-oriented Firms Identifying Service Innovation Trajectories and barriers in the Energy Market. Bücher & Buchkapitel Lütjen, H., Tietze, F. & Nuske, T. (2014). Innovationskooperationen von Stadtwerken - Eine empirische Untersuchung von Treibern und Barrieren. Norderstedt: BoD. Luetjen, H. (2017). Die Rolle der Herkunft von CEOs und des vergangenen Unternehmenserfolges bei der digitalen Transformation. In: Keuper et al., (2017). Disruption und Transformation Management. Schultz, C., Kroh, J., Luetjen, H. (2017). Erfolgsfaktoren im Innovationsmanagement von Energieversorgern, Ergebnisse des branchenübergreifenden Benchmarkings innovate!, Kiel. Praxisbeiträge: Lütjen, H & Tietze, F. (2014). Vom Energielieferanten zum Dienstleistungsinnovator. Zeitschrift für Energie, Markt Wettbewerb, 4. Lütjen, H. & Tietze, F. (2014). Kooperativ in die Zukunft. Zeitung für kommunale Wirtschaft, 9. Lütjen, H. & Schultz, C. (2016). Stadtwerke auf dem Weg zum Lösungsanbieter Strategien und Barrieren, Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 4. Lütjen, H. & Schultz, C. (2016). Quo vadis Energieversorger vs. Google und Co? - Eine Bedrohung für den Energiemarkt? Umweltschutz der Wirtschaft, No S/16, S.73-74. Kroh, J., Lütjen, H., Schultz, C. (2017). Innovationskompetenz von Energieversorgern noch auf geringem Niveau, Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 67, Jg., Heft 8 Schultz, C., Lütjen, H., Kroh, J. (2017). Durch Produkt-Service-Systeme aus der Commodity Falle, Zeitschrift für Organisation (ZfO). Konferenzbeiträge: Luetjen, H. and Schultz, C., (2016). Strategic change towards a higher service orientation of utility firms, 5. Rostocker Dienstleistungstagung, 15. - 16. September 2016. Luetjen, H, Schultz, C., Tietze, F. (2015). Escaping the commodity trap: Towards service innovation, R&D Management Conference, 2015, Pisa, Italy. Luetjen, H, Schultz, C. (2017). The impact of top management team demographics on servitization, Servitization Spring Conference, Luzern.

Reviewer-Tätigkeiten: Zeitschrift für Energiewirtschaft (ZfE) 12. Internationale Tagung Wirtschaftsinformatik (WI 2015) 13. Internationale Tagung Wirtschaftsinformatik (WI 2017) Ausgewählte Vorträge und Workshops 11/2016 KMU-Strategietagung des Bundesverbandes der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) Innovationsfähigkeit von Energieversorgern - Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für KMU auf Basis des branchenübergreifenden Benchmarkings innovate! new. 11/2016 Workshop innovate! new Handlungsempfehlungen und Best Practices für Energieversorger, Stadtwerke Tübingen. 10/2016 Strategietagung Hamburg Netz - Quo vadis Energieversorger? Geschäftschancen für ReVu s aus der Perspektive der Digitalisierung, Hamburg. 09/2016 Trendscouting-Workshop der Trianel - Ergebnisse innovate! new und Handlungsmaßnahmen zur Steigerung der Innovationsleistung 04/2016 Energiekongress EPCON 2016, Keynote Speaker, Quo vadis Energieversorger? Stadtwerke und Energieversorger auf dem Weg zum Lösungsanbieter, Mauerbach bei Wien. 03/2015 Energieversorger-Workshop der Leuphana Universität Lüneburg - Business Model Innovation von Stadtwerken, Lüneburg.