Übung zur Vorlesung Steuer VII / Steuerliches Verfahrensrecht WS 17/18. WP/StB Tanja Schmitz Dr. Marcel Herbort, M.I.Tax, Dipl.

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Transkript:

Übung zur Vorlesung Steuer VII / Steuerliches Verfahrensrecht WS 17/18 WP/StB Tanja Schmitz Dr. Marcel Herbort, M.I.Tax, Dipl.-Finanzwirt

Aufgabe 1 Sie haben nach dem Studium als Beratungsassistent bei einer kleineren Kanzlei angefangen. Auf Ihrem Schreibtisch stapeln sich am Montag, den 26. Februar 2018 folgende Vorgänge: Geben Sie im Detail (unter Berücksichtigung von Rechtsvorschriften und Erfolgsaussichten) an, was Sie bis zu welchem Zeitpunkt erledigen müssen. Soweit Sie mehrere Möglichkeiten sehen, geben Sie auch die Unterschiede dieser Möglichkeiten an und nehmen Sie eine erkennbare Abwägung vor. a) Ein ESt-Bescheid 2016 v.17.1.2018 des Mandanten Bert. Sie haben den darin enthaltenen Abwägungsfehler erst sehr spät entdeckt, da der Mandant im Urlaub war. Die Bekanntgabe erfolgte am 22. Januar 2018, Ihr Mandant war jedoch vom 18. Januar bis zum 19. Februar im Urlaub gewesen und hatte Ihnen den Bescheid erst am 23. Februar 2018 übergeben. - 2 -

Aufgabe 1 b) Ein Schreiben des Finanzamts, in dem der Einspruch gegen den ESt-Bescheid 2016 von Caroline wegen Fristüberschreitung zurückgewiesen wird. Sie hatten den Einspruch rechtzeitig (mit mehreren Tagen Luft) formuliert und der als sehr zuverlässig bekannten Bürokraft für die Versendung übergeben. Durch einen eitrigen Weisheitszahn schwer beeinträchtigt verlegte sie jedoch den Einspruch, weshalb der Einspruch mit 5-tägiger Verspätung erst am 18. Februar 2018 zum Finanzamt ging. Der Fehler wurde trotz bester Überwachung nicht rechtzeitig erkannt. c) Der Einkommensteuerbescheid 2016 ihres vermögenden Mandanten M. Brausemeier vom 16.1.2018 (= z.p.a. 16.1.2018). Herr Brausemeier hatte sich an Neujahr kurz entschlossen mit seiner Lebensgefährtin in einen sechswöchigen Urlaub nach Österreich zu fahren, um die Skisaison voll auskosten zu können. Da er nach seiner Rückkehr mit den Skiutensilien beschäftigt war, kam er erst später dazu, den Bescheid an sein Steuerbüro weiterzureichen, sodass der Brief nun am 26.02.2018 im Postfach des Beratungsassistenten liegt. - 3 -

Aufgabe 1 d) In Ihrer Kanzlei kam es vor kurzem zu einem Zerwürfnis zwischen einigen Partner, die die Kanzlei dann ad-hoc verließen und auch viele Kollegen in eine neu gegründete Steuerberatungsgesellschaft mitnahmen. Sie blieben mit dem restlichen Team zurück und stellen fest, dass die Einspruchsfrist des Steuerbescheids Ihres Mandanten Brunnensang abgelaufen ist. Dieser wurde zutreffend bekannt gegeben. Sie wenden sich mit einem Einspruch und unter Verweis auf die Vielzahl der durch den Umbruch Ihrer Kanzlei verursachen Aufgaben an das Finanzamt und bitten darum, über den Ablauf der Einspruchsfrist hinwegzusehen. Hat Ihr Anliegen Aussicht auf Erfolg? - 4 -

Aufgabe 2 Die Eheleute Albert und Bertha Claus, die zusammenveranlagt werden, wohnen in einer gemieteten Wohnung in Duisburg-Neudorf (FA Du-Süd). Sie sind seit 2 Jahren gemeinsame Eigentümer eines in Duisburg Duissern (FA Du-Süd) gelegenen Mietwohngrundstücks. Albert Claus betreibt seit 9 Jahren in gemieteten Räumen ein Blumengeschäft in Duisburg-Ruhrort (FA Du-West). Er ist seit 12 Jahren als Kommanditist an der Primelnvertriebs KG mit Sitz in Duisburg-Meiderich (FA Du-Hamborn) beteiligt. Seine Ehefrau Bertha Claus ist als Rechtsanwältin in einer angemieteten Praxis in Duisburg-Marxloh (FA Du-Hamborn) seit 5 Jahren freiberuflich tätig. a) Welches Finanzamt ist für die Umsatzsteuer von Albert und Bertha Claus örtlich zuständig? b) Welches Finanzamt ist für die Einkommensbesteuerung der Eheleute Claus örtlich zuständig? Welche Feststellungsbescheide müssen als Grundlagenbescheide für die Einkommensteuerveranlagung der Eheleute Claus ergehen und welche Finanzämter sind hierfür örtlich zuständig? c) Wer ist für die Gewerbesteuer des Gewerbebetriebs von Albert Claus örtlich zuständig? - 5 -

Aufgabe 3 Der Einkommensteuerbescheid für 2015 des Steuerpflichtigen Ludwig L. wurde am 12.02.2018 (Montag) von der Finanzverwaltung zur Post aufgegeben. Damit wurde eine Einkommensteuer in Höhe von 39.000 und ein Verspätungszuschlag von 500 festgesetzt. Dem Ludwig L. gegenüber wurden für 2015 26.000 an Einkommensteuervorauszahlung festgesetzt, die Ludwig L. jeweils zum Fälligkeitstermin gezahlt hat. Der noch zu zahlende Steuerbetrag von 13.000 wurde am 15.3.2018 fällig und am 18.6.2018 gezahlt. Mit einem am 3.12.2018 bekannt gegebenen Steuerbescheid wurde die Steuerfestsetzung nach 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert und die Steuer auf 43.000 heraufgesetzt. Der noch zu zahlende Betrag von 4.000 wurde bei Fälligkeit gezahlt. Welche steuerlichen Nebenleistungen hat Ludwig L. zu zahlen? - 6 -

Aufgabe 4 Die Steuerpflichtige S erhält am 30.09.2016 (Freitag) einen am 28.09.2016 mit einfachem Brief abgesandten Einkommensteuerbescheid 2014. Die festgesetzte Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2014 beträgt 16.418. An Vorauszahlungen sind insgesamt 24.000 festgesetzt worden, diese waren an den vier Vorauszahlungszeitpunkten gemäß 37 Abs. 1 Satz 1 EStG fällig. Bis auf die vierte Vorauszahlung wurden die Vorauszahlungen pünktlich zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten gezahlt. Die vierte Vorauszahlung ist bisher nicht gezahlt worden. Die Einkommensteuererstattung beträgt 1.582. Nachdem der Einblick in ihre wirtschaftliche Situation Ende 2016 möglich war, beantragt S am 1.12.2016 den Verlustrücktrag für den im Jahr 2015 erwirtschafteten Verlust. Mit einem am 30.3.2017 bekannt gegebenen Steuerbescheid wird die Steuerfestsetzung nach 10d Abs. 1 EStG geändert. Die zusätzliche Einkommensteuererstattung beträgt 3.000. Wie hoch sind die Nachforderungszinsen auf die Erstattungsbeträge? - 7 -

Der hochbetagte steuerpflichtige Unternehmer Ulrich Uhu erhält am 12.11.2015 einen Steuerbescheid für das Jahr 2014, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist. Da er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr so geschäftstüchtig ist wie früher, hat er im Jahr 2014 Verluste erwirtschaftet, die er zurückgetragen hat. Sein Enkel, der sich in Sachen Steuern auskennt, rät ihm, sein Wahlrecht zur Verlustverrechnung zu ändern. Deswegen setzt er im Dezember 2017 einen Brief für das Finanzamt auf, in dem er um die Änderung des Steuerbescheids bittet und den er am nächsten Tag zur Post bringen möchte. Fragen: Aufgabe 5 a) In der Nacht erleidet Ulrich einen Herzinfarkt, von dem er sich nur langsam wieder erholt. Als er im April 2018 wieder genesen ist, muss Uhu feststellen, dass das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung am 02.01.2018 ohne steuerliche Außenprüfung aufgehoben hat. Kann er noch etwas tun? - 8 -

Aufgabe 5 b) Die Einkommensteuerabschlusszahlung 2016 in Höhe von 5.025 von Ulrich Uhu wird am 10.04.2018 fällig. Da er wegen seines Krankenhausaufenthalts noch etwas durcheinander ist, vergisst er zu zahlen. Im Sommer wird er von seinem Enkel an die Zahlung erinnert, sodass er die Zahlung am 11.06.18 tätigt. Womit muss Ulrich rechnen? - 9 -

Aufgabe 6 Die Einkommensteuererklärung 2011 des ledigen Steuerpflichtigen S ging im Jahr 2013 beim zuständigen Finanzamt ein. S ist freiberuflich tätiger Rechtsanwalt und ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß 4 Abs. 3 EStG. Für 2011 wurde eine Steuer in Höhe von 50.000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. Auf Grund einer ordnungsgemäßen Prüfungsanordnung wurde im Dezember 2017 bei dem Steuerpflichtigen S für die Jahre 2011 bis 2013 eine Außenprüfung durchgeführt. Die Außenprüfung führte zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Dies wurde dem Steuerpflichtigen am 17.01.2018 schriftlich mitgeteilt. Am gleichen Tag wurde ihm die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung bekannt gegeben. Am 06.03.2018 findet die neue Freundin des S, die kompetente Fachanwältin für Steuerrecht K, beim Aufräumen den Steuerbescheid für das Jahr 2011. Sie entdeckt einen Fehler zuungunsten des Steuerpflichtigen S. Sie teilt dem S mit, dass es sich bei diesem Fehler unstrittig um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des 129 AO handelt, welche eine Änderung unabhängig von einem Einspruch ermöglicht. Jedoch wäre es für eine Änderung des Steuerbescheides jetzt zu spät. Wie beurteilen Sie die Rechtslage? - 10 -

Aufgabe 7 Albert übernimmt neben zwei anderen Geschäftsführern die Geschäfte der X-GmbH und ist für die Abgabe der KSt- und GewSt-Erklärung der X-GmbH zuständig. Die beiden Steuererklärungen gehen im Dezember 2013 beim zuständigen Finanzamt ein. Die KSt und die GewSt werden anschließend unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. Aufgrund einer ordnungsgemäßen Prüfungsanordnung wird im Dezember 2017 bei der X-GmbH für die Jahre 2012 bis 2014 mit einer Außenprüfung begonnen. Im Rahmen dieser Außenprüfung wird im Januar 2018 eine verdeckte Gewinnausschüttung an Albert, der auch Gesellschafter der X-GmbH ist, aus dem Jahr 2012 aufgrund seines unangemessen hohen Gehalts zutreffend aufgedeckt. a) Ist eine Korrektur des Steuerbescheides für KSt und GewSt der X-GmbH durch die Finanzverwaltung aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung im Januar 2018 möglich? Begründen Sie bitte Ihre Antwort unter Angabe entsprechender Vorschriften! - 11 -

Aufgabe 7 b) Ist eine Korrektur des ESt-Bescheides von Albert aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung im Januar 2018 möglich? Berücksichtigen Sie zusätzlich, dass Albert seine ESt-Erklärung am 30. September 2013 abgegeben hat. Begründen Sie Ihre Antwort unter Angabe entsprechender Vorschriften! - 12 -

Aufgabe 7 Ergänzung zum vorangegangenen Sachverhalt: Die Außenprüfung wird am 15.2.2018 beendet. Der Änderungsbescheid nach der Außenprüfung v. 27.2.2018, in dem auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, geht bei der X-GmbH am 2.3.2018 ein. Gegen diesen Änderungsbescheid legt Albert form- und fristgerecht Einspruch ein und beantragt diesen wegen weiterer geltend gemachter Betriebsausgaben zu ändern. a) Wann läuft die Festsetzungsfrist für den Änderungsbescheid ab? b) Wann liefe die Festsetzungsfrist ab, wenn das Finanzamt keinen Änderungsbescheid erlässt? c) Welche Konsequenzen hat es, wenn das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung im Änderungsbescheid nicht ausdrücklich aufgehoben hätte? - 13 -

Aufgabe 8 Prüfen Sie in den folgenden Fällen, welche gesetzliche Vorschrift eine Korrektur des bestandskräftigen Steuerbescheides zulässt. a) A gibt irrtümlich Pachteinnahmen als Einnahmen gemäß 21 EStG an, obwohl diese Einnahmen bereits in dem Feststellungsbescheid hinsichtlich der Einkünfte gemäß 15 EStG enthalten sind. Dieser Fehler geht in den entsprechenden ESt- Bescheid ein. b) B ist an einer OHG beteiligt. Der Gewinnfeststellungsbescheid der OHG liegt nicht vor. Das Finanzamt führt seine Einkommensteuerveranlagung durch und schätzt seinen Gewinnanteil auf 20.000. Später wird der Gewinnfeststellungsbescheid erlassen, Gewinnanteil des B: 30.000. c) Sonderausgaben des C sind in 2016 nicht berücksichtigt worden, weil das Finanzamt der Auffassung war, diese seien erst in 2017 zu erfassen (Zahlungsprinzip). Obwohl C dies mitgeteilt wurde, stellte sich später heraus, dass eine Erfassung in 2016 richtig gewesen wäre. Daher werden die Sonderausgaben auch in 2017 nicht erfasst. d) Bei einer Außenprüfung wird festgestellt, dass D Aufwendungen für mittägliche Fahrten zu seiner Wohnung als Betriebsausgaben abgesetzt hat. - 14 -

Aufgabe 8 e) E hat noch nicht bezahlte Werbungskosten im Jahr 16 aufgrund der vorliegenden Rechnung angesetzt. Im Jahr 17 macht er diesen Betrag aufgrund des Zahlungsvorgangs erneut geltend. f) Nach langem Rechtsstreit über den Einkommensteuerbescheid 16 wird festgestellt, dass eine bestimmte Einnahme nicht in 17, sondern in 18 zu erfassen war. g) Der Einzelhandelskaufmann S hat den im Jahr 2015 erwirtschafteten Verlust zurückgetragen. Am Ende des Jahres 2016 stellt S jedoch fest, dass er seinen Verlust nicht optimal genutzt hat. Er möchte die Verlustverrechnung ändern und einen Verlustvortrag durchführen. - 15 -

Aufgabe 9 Sie haben nach dem Studium als Beratungsassistent bei einer kleineren Kanzlei angefangen. Auf Ihrem Schreibtisch stapeln sich am Montag, den 26. Februar 2018 folgende Vorgänge: Geben Sie im Detail (unter Berücksichtigung von Rechtsvorschriften und Erfolgsaussichten) an, was Sie bis zu welchem Zeitpunkt erledigen müssen. Soweit Sie mehrere Möglichkeiten sehen, geben Sie auch die Unterschiede dieser Möglichkeiten an und nehmen Sie eine erkennbare Abwägung vor. Der ESt-Bescheid 2016 Ihres Mandanten Albert, den Sie am Freitag überprüft hatten und einen Fehler zu Lasten von Albert (deutlich erkennbarer Rechenfehler mit einer Auswirkung von 400 ) und einen zu Gunsten von Albert (Falsche Auslegung einer Gesetzesbestimmung mit einer Auswirkung von 256 ) erkannt haben. Die ESt- Erklärung 2016 wurde fristgemäß in 2017 eingereicht. Der ESt-Bescheid war durch das Finanzamt am 9. Februar zur Post gegeben worden, jedoch erst am 15. Februar durch den Postboten persönlich übergeben worden. - 16 -

Aufgabe 10 Der Steuerpflichtige Christoph Beck mit Wohnsitz in Starnberg ist als Kommanditist an der Schmidt Warenhandels KG in Bielefeld beteiligt. Außerdem übt er in sehr geringem Umfang eine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt in München aus. Am 2. Juni 2017 erhielt der Steuerpflichtige Christoph Beck den Feststellungsbescheid der KG vom 30. Mai 2017 für 2016. Irrtümlicherweise hat die Finanzbehörde die von Beck geltend gemachte Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 10.000,-- nicht berücksichtigt. Der Steuerpflichtige bemerkte den Irrtum sofort, blieb aber untätig. Die Rechtsbehelfsbelehrung auf der Rückseite des Bescheides konnte man im Übrigen nicht lesen, weil der Drucker des Finanzamtes sie vollständig verschmiert hatte. Am 30. April 2018 wird der Einkommensteuerbescheid des Beck vom zuständigen Finanzamt zur Post gegeben. Neben zu hohen gewerblichen Einkünften (aufgrund des Fehlers im Feststellungsbescheid) entdeckt der Steuerpflichtige am 2. Mai 2018 einen weiteren Fehler: seine nachgewiesenen außergewöhnlichen Belastungen wurden nicht berücksichtigt. Er fährt jedoch erst einmal in den Urlaub. Anschließend reagiert er auf den Einkommensteuerbescheid und reicht bei der zuständigen Finanzbehörde Einspruch gegen sämtliche Fehler ein. Der Einspruch ist dort am 4. Juni 2018 eingegangen. Hat der Einspruch Aussicht auf Erfolg? - 17 -

Aufgabe 11 Dem Fabrikanten Claus C. wurde am 15.5.2018 vom zuständigen Finanzamt der ESt-Bescheid für das Jahr 2017 bekannt gegeben. Claus C. ist mit der festgesetzten ESt-Schuld nicht einverstanden. Außerdem vermisst er eine Entscheidung über den von ihm bereits Anfang 2017 beantragten Erlass seiner Einkommensteuerschuld 2016. Deshalb ruft er am 18.05.2018 beim zuständigen Finanzamt an und legt fernmündlich Einsprüche ein. Der Finanzbeamte Horst H. weist Claus C. darauf hin, dass diese Form der Anfechtung unzulässig sei. Deshalb bittet Claus C. den Beamten, dieser möge doch seine Einsprüche protokollieren, als sein Vertreter, ihm werde hiermit eine Vollmacht erteilt. Da Horst H. den Claus C. noch aus den Studienzeiten gut kennt, protokolliert er seine Einsprüche. - 18 -

Aufgabe 11 Nach Rücksprache mit seinem Steuerberater kommen dem Claus C. rechtliche Zweifel an der Zulässigkeit der Einsprüche. Sicherheitshalber sendet er am 12.6.2018 ein Schreiben an das zuständige Finanzamt: Bezug nehmend auf mein Telefonat vom 18.5.2018 mit Horst H. bestätige ich meinen Widerspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2017. Das versehentlich von Claus C. nicht unterschriebene Schriftstück geht am 13.6.2018 im Finanzamt ein. Eine Woche später fällt ihm jedoch ein, dass er in seiner schriftlichen Bestätigung die vermisste Entscheidung über den Erlass seiner Steuerschuld aus dem Jahr 2016 nicht erwähnt hat. Das diesbezüglich verfasste und unterschriebene Schreiben geht am 23.6.2018 im Finanzamt ein. Hat Claus C. form- und fristgerecht Einsprüche eingelegt? - 19 -