Wie funktioniert sozial verantwortlicher Einkauf von Dienstbekleidung? Das Beispiel Dortmund

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Transkript:

Wie funktioniert sozial verantwortlicher Einkauf von Dienstbekleidung? Das Beispiel Dortmund Infotag Öffentliche Beschaffung nachhaltig produzierter Berufsbekleidung am 12.10.2017 in Mönchengladbach Christian Wimberger, Christliche Initiative Romero (CIR), Schillerstr. 44a, 48155 Münster, E-Mail: wimberger@ci-romero.de, Tel: 0251 / 67 44 13-21

Die Christliche Initiative Romero (CIR) Zwei Arbeitsbereiche: Unterstützung von Basisprojekten und sozialen Bewegungen in Mittelamerika Bildungs- und Kampagnenarbeit sowie politische Lobbyarbeit zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte Zu sozial verantwortliche Beschaffung seit 2006: Gestaltung von sozial verantwortlichen Pilotprojekten, Beratungsarbeit für Kommunen Politische Lobbyarbeit auf Bundes- und Länderebene Basiskampagne für engagierte Gruppen

Agenda 1. Faire Berufsbekleidung der Stand der Branche 2. Erfahrung in der Praxis - Das Pilotprojekt der Stadt Dortmund 3. Fazit zum Pilotprojekt

1. Faire Berufsbekleidung der Stand der Branche Struktur der Berufsbekleidungsindustrie ähnelt immer mehr der Modeindustrie. 20 von 27 befragten Unternehmen haben einen Verhaltenskodex für Zulieferbetriebe. Bewusstsein gestiegen! Fairtrade-zertifizierte Baumwolle (Sieben Unternehmen, 2013 waren es nur drei) Sozialaudits: Ohne Begleitung durch Management-Maßnahmen nicht ausreichend Mittlerweile vier Mitglieder bei der FWF in Deutschland (aber zahlreiche niederländische Unternehmen) Oft unzureichende Nachweise Studie und Firmenprofile abrufbar: www.ciromero.de/cora

2. Erfahrungen in der Praxis - Das Pilotprojekt der Stadt Dortmund Einige Fakten: Gegenstand: Arbeits- und Schutzbekleidung für städtische Bedienstete bei der Feuerwehr, im Zoo, im Umweltamt, im Vermessungs- und Katasteramt und weitere Ämter Produkte: T-Shirts, Sweatshirts, Arbeitslatzhosen, Arbeitsbundhosen, Fleece- Sweater Art der Ausschreibung: offenes europaweites Verfahren Rahmenvertrag: Zwei Jahre mit Option auf Verlängerung Volumen: ca. 100.000 Euro Den Leitfaden zum Pilotprojekt können Sie hier herunterladen: http://www.ci-romero.de/cora/

2. Erfahrungen in der Praxis Pilotprojekt Dortmund Im Vorfeld der Ausschreibung: Marktforschung: Technische Spezifikationen? Welche Siegel und Nachweise? Welche Unternehmen? Häufiges Missverständnis: Eine allgemeine Marktrecherche und mögliche Kontaktaufnahme mit Anbietern ist erlaubt! Dialog mit den Nutzern: Besprechung technischer Anforderungen und Gewohnheiten Überzeugungsarbeit zu sozial verantwortlicher Bekleidung Dialog mit Bietern: Bieterdialog mit Unternehmen Beschaffer*innen und NGOs Bringt Bewegung in den Markt! Bieterfragen mit Unterstützung von NGOs beantworten, z.b. auf Vergabeportalen

2. Erfahrungen in der Praxis Pilotprojekt Dortmund Aufbau der Ausschreibung: Sozialen Kriterien in den Auftragsausführungsbestimmungen Bei einfachen Textilprodukten wie T-Shirts: Kriterien des Fairen Handels Bei komplexeren Produkten, bei denen ein höherer Aufwand beim Nähen anfällt: ILO-Kernarbeitsnormen, Nachweis entweder durch: Multistakeholder-Initiative: Unternehmen, Gewerkschaften und NGOs gleichberechtigt beteiligt Zielführende Maßnahmen: Verabschiedung eines Verhaltenskodex, Offenlegung der Lieferkette des Produkts und die Vorlage eines Auditberichts für die entsprechenden Fabriken.

3. Erfahrungen in der Praxis Pilotprojekt Dortmund Verlauf des Prozesses: 54 Bewerber 55 Bieterfragen Drei Änderungen der Leistungszusammenstellung Anpassung und Erweiterung der Lose von fünf auf sieben Drei Angebote Händler ATLAS bekommt den Zuschlag für alle Lose

3. Fazit zum Pilotprojekt Positive Rahmenbedingungen in Dortmund: Politischer Wille Zentrale Beschaffung: Vereinheitlichung von Standards und Formulierung strategischer Ziele Gute Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren Öffentlichkeitsarbeit Ausstrahlungseffekt der Ausschreibung Weitere Städte z.b. Bonn, München, Bremen, Nürnberg führen ähnliche Projekte durch oder haben Interesse bekundet. Unsere strategische Herangehensweise: vom Pilot über das Projekt zum Prinzip! Aiko Wichmann, stv. Leiter des Vergabezentrums Dortmund

3. Fazit zum Pilotprojekt Politische/rechtliche Rahmenbedingungen: Situation des Marktes: Noch nicht alle Produkte unter hohen Sozialstandards lieferbar (Angebot wird aber immer besser!) Nur wenige Vorreiterkommunen Einfluss auf den Markt begrenzt Keine verbindlichen Mindestkriterien im Vergaberecht auf Bundesebene Teilweise verbindliche Verankerung der ILO-Kernarbeitsnormen in den Landesvergabegesetzen (aber Frage der Nachweise nicht geklärt) Wettbewerbsverzerrung, da Mehraufwand von Unternehmen nicht ausreichend honoriert wird!

3. Fazit zum Pilotprojekt Beispiel Tariftreue- und Vergabegesetz in NRW: Nach der Reform progressivstes Vergabegesetz: Nachweis der ILO- Kernarbeitsnormen durch Zertifikate oder Mitgliedschaften bei Initiativen Neue Landesregierung aus CDU und FDP kündigt Abschwächung an

3. Fazit zum Pilotprojekt Sozial verantwortliche Beschaffung in der Breite nur möglich: mit gesetzlichen Mindestkriterien wenn Bund und Länder mit gutem Beispiel voran gehen Zentrale Unterstützung von Kommunen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!