Seite 1 von 7 Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Wissenschaft und Forschung DIE SENATORIN Festveranstaltung zur Namensgebung Rahel-Liebeschütz-Plaut-Mentoring-Programm für Klinikerinnen und Postdoc-Wissenschaftlerinnen 06.10.2014, 18:30 Uhr, UKE, Erikahaus W 29 Es gilt das gesprochene Wort. Sehr geehrter Herr Prof. Gerloff, sehr geehrte Frau Prof. Brinkschulte, sehr geehrte Frau Prof. Richter-Appelt, sehr geehrte Frau Mätschke, sehr geehrte Mentorinnen und Mentees, meine Damen und Herren, sehr verehrter Herr Prof. Liebeschütz! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue und wie sehr es mich berührt, dass Sie und Ihre Angehörigen hier sind! Mit Ihrer Anwesenheit bei
Seite 2 von 7 dieser Feierstunde machen Sie uns allen ein großes Geschenk. Herzlich Willkommen in Hamburg! Dass wir heute Abend den Sohn von Dr. Rahel Liebeschütz-Plaut unter uns wissen, macht die Geschichte dieser Frau und ihre Bedeutung für das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf mit Händen greifbar. Vielen herzlichen Dank, dass Sie die Mühe auf sich genommen haben, zu uns nach Hamburg zu reisen! Sie sind zwar nicht zum ersten Mal wieder in Hamburg oder in Deutschland. Aber als ich las, dass Sie kommen, musste ich an das Besuchsprogramm des Senats für jüdische verfolgte ehemalige Bürgerinnen und Bürger Hamburgs denken. Unsere Begegnungen mit den Überlebenden und deren Nachkommen sind immer sehr bewegend. Es ist nicht einfach für sie, in die Stadt zurückzukehren, in der sie Demütigung und Verfolgung erfahren haben und die
Seite 3 von 7 für viele ihrer Angehörigen Ausgangspunkt für deren Deportation und Ermordung waren. Noch bewegender ist zu erleben, wie sich bei unseren Gästen im Verlauf des Besuchsprogramms eine tiefe Erleichterung breit macht: darüber, dass die Nationalsozialisten nicht das letzte Wort hatten, dass das jüdische Leben wieder einen festen Platz in Hamburg hat und breite Akzeptanz findet, kurz: dass Hamburg nach 1945 wieder an seine weltoffene internationale Tradition angeknüpft hat. Fast alle sagten zum Abschied: Es ist gut, dass ich gekommen bin. Meine Damen und Herren, zurück zu Herrn Prof. Liebeschütz: Ich denke, wir alle können nur erahnen, was es bedeutet, mit elf Jahren gemeinsam mit der Mutter, dem neunjährigen Bruder Hugo und der sechsjährigen Schwester Elisabeth in eine unsichere Zukunft nach England aufzubrechen - mit der Angst, den Vater, Angehörige und Freunde
Seite 4 von 7 womöglich nie wieder zu sehen. So wie es zahllosen deutschen Bürgerinnen und Bürgern damals ergangen ist. Und wir können auch erahnen, was es bedeutet, als 87jähriger im Gedenken an die Mutter in die Geburtsstadt Hamburg zurückzukehren und an einer Veranstaltung teilzunehmen, bei der ein Programm für Medizinerinnen nach ihr benannt wird. Meine Damen und Herren, lieber Herr Prof. Liebeschütz, für uns alle ist es eine große Ehre, dass Ihre Mutter einmal mehr dem Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf und damit der deutschen Universitätsmedizin ihren Stempel aufdrückt: als exzellente Wissenschaftlerin, als Frau und als Jüdin. Fortan wird das Mentoring-Programm des UKE für Klinikerinnen und Postdoc-Wissenschaftlerinnen der Medizinischen Fakultät ihren Namen tragen: Rahel-Liebeschütz- Plaut-Mentoring-Programm. Alle zwei Jahre werden bis zu 18 exzellente Nachwuchswissenschaftlerinnen
Seite 5 von 7 im Gedenken an Ihre Mutter ein vielseitiges Förderprogramm absolvieren. Ich danke den Initiatorinnen dieser Idee herzlich für diese gelungene Namenswahl! Der neue Name passt perfekt zu dem erfolgreichen Mentoring-Programm des UKE. Denn noch immer geht es darum, sich als Frau in der deutschen Universitätsmedizin zu behaupten. Rahel Liebeschütz-Plaut hätte vermutlich wenig Verständnis dafür, dass heute zwar deutlich mehr als die Hälfte der Medizinstudenten weiblich ist, der Frauenanteil unter den Professuren aber nicht einmal ein Fünftel beträgt. So waren an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg im vergangenen Wintersemester 58,4 Prozent der Medizin-Studienanfänger Frauen. Der Frauenanteil unter der Professorenschaft betrug dagegen nur 16,2 Prozent.
Seite 6 von 7 Gründe gibt es viele. Eine der Gründerinnen der Initiative für eine Frauenquote in der Medizin, Prof. Gabriele Kaczmarczyk von der Berliner Charité, brachte es im vergangenen Jahr auf den Punkt, als sie sagte: Wir brauchen die Quote, weil Chefärzte am liebsten ihr eigenes jüngeres Selbst fördern. Also eher junge Mediziner als junge Medizinerinnen. Hier setzt das Rahel-Liebeschütz-Plaut-Mentoring- Programm an. Es bringt Mentorinnen und weibliche Mentees zusammen. Es trägt dazu bei, den Pool an weiblichen medizinischen Führungskräften und potenziellen Medizin-Professorinnen deutlich zu vergrößern. Es knüpft Netzwerke und vermittelt Vorbilder. Es berät, fördert und fordert und vermittelt Wissen. Drei Jahrgänge haben davon bereits profitiert. Die Wissenschaftlerinnen der dritten Staffel erhalten heute ihre Zertifikate meinen herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Abschluss! Gleichzeitig
Seite 7 von 7 feiern wir den Auftakt für die vierte Staffel. Allen Bewerberinnen viel Erfolg bei ihren Bemühungen um einen Platz! Mein besonderer Dank gilt Frau Prof. Richter-Appelt und Frau Mätschke für die engagierte Betreuung des Rahel-Liebeschütz-Plaut-Mentoring-Programms! Ich unterstütze ausdrücklich den Gedanken, dass weibliche Führungskräfte in der deutschen Universitätsmedizin auch ihr jüngeres, also weibliches Selbst fördern sollten! Rahel Liebeschütz-Plaut hätte es sicher gefreut. Vielen Dank.