Forum B Schwerbehindertenrecht und Fragen des betrieblichen Gesundheitsmanagements Diskussionsbeitrag Nr. 3/2006

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Transkript:

Tel: 0561-4001128 0221-3597-550 Fax: 0561-4001128 0221-3597-555 e-mail: dralexander.gagel@arcor.de schian@iqpr.de AZ 10-08-02-04 März 2006 Forum B Schwerbehindertenrecht und Fragen des betrieblichen Gesundheitsmanagements Diskussionsbeitrag Nr. 3/2006 Informationsfluss und Datenschutz beim BEM In diesem Beitrag beschäftigt sich unsere Datenschutzbeauftragte, Frau Sabine Dalitz, mit der Schnittstelle Datenschutz, Schweigepflicht nach 203 StGB und dem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM). Ein BEM funktioniert nur, wenn der Mitarbeiter den Personen, die für das BEM zuständig sind, vertraut. Vertrauen kann auf gemachten Erfahrungen basieren oder auf einer guten Absicherung. Da die Erfahrungen mit BEM generell gering sind, sollte man sich der Absicherung bedienen. Eine solche Absicherung besteht z. B. darin, dass der Personenkreis, der sensible Daten erhebt, entsprechend ausgewählt wird. Thesen: 1. Sensible Daten, die beim BEM erhoben werden, sollen möglichst von Personen erhoben werden, die strafrechtliche Sanktionen befürchten müssen, wenn sie gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen. 2. Dieser Personenkreis ist meist alleine nicht in der Lage ein BEM umzusetzen. 3. Für die Weitergabe der erhobenen Daten bedarf es der Einwilligung des betreffenden Mitarbeiters. 4. Trotz einer Einwilligung dürfen nicht alle Daten an alle Stellen des Betriebes weitergeleitet werden. Ein gestuftes System der Datenweitergabe wird sowohl dem Bedürfnis an Datenweitergabe zur Umsetzung des BEM als auch dem Datenschutzbedürfnis des Betroffenen gerecht. 5. An den Arbeitgeber bzw. die Personalabteilung darf unabhängig von einer erteilten Einwilligung - nur weitergeleitet werden a) dass und wann ein BEM stattgefunden hat, b) wer an diesem BEM beteiligt war und c) Maßnahmen, die der Beteiligung des Arbeitgebers bzw. der Personalabteilung bedürfen. 6. In kleinen Betrieben sind diese Anforderungen nur zum Teil umsetzbar. Hier hat eine Abwägung zwischen dem Datenschutz- und dem BEM-Interesse zu erfolgen. Sabine Dalitz Marcus Schian Dr. Alexander Gagel Dr. Hans-Martin Schian Wir möchten Sie auch auf die Sammlung aller bisher erschienen Diskussionsbeiträge im Internet unter www.iqpr.de aufmerksam machen und Sie herzlich einladen sich an der Diskussion durch eigene Beiträge und Stellungnahmen zu beteiligen.

Informationsfluss und Datenschutz beim betrieblichen Eingliederungsmanagement von Sabine Dalitz I. Der Datenschutz Ziel des Datenschutzes ist die Gewährleistung der informationellen Selbstbestimmung. Dies bedeutet, dass jede Person darüber mitbestimmen können soll, wo Daten über sie erhoben, gespeichert und weitergeleitet werden. Grundsätzlich ist so jede Datenweitergabe verboten, es sei denn es gibt eine gesetzliche Legitimation hierfür oder der Betroffene willigt in die Datenerhebung, -speicherung oder weiterleitung ein. Um zu verhindern, dass Machtverhältnisse einseitig ausgenutzt werden, kommt es bisweilen zur Einschränkung von Freiheitsrechten, wie hier z. B. der Möglichkeit in die Datenerhebung, -speicherung und weiterleitung einzuwilligen. Sinn und Zweck ist hier der Schutz des Betroffenen vor seiner eigenen Handlung, insbesondere in Bereichen, wo seine Freiwilligkeit aufgrund der vorherrschenden Situation eingeschränkt erscheint. So hat das baden-württembergische Innenministerium in seinen Hinweisen zum Datenschutz für die private Wirtschaft mit gutem Grund es für nicht rechtmäßig angesehen, dass ein Arbeitgeber eine Einwilligung von einem Bewerber oder neu eingestellten Arbeitnehmer einholt, die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Mitarbeiters bei seiner Krankenkasse bezogen auf die Vergangenheit zu erfragen. 1 Hieraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass nicht alle Daten, zu deren Erhebung, Speicherung bzw. Weiterleitung die Einwilligung des Mitarbeiters erlangt werden könnte, auch erhoben, gespeichert oder weitergeleitet werden dürfen, soweit keine gesetzliche Legitimation vorliegt. Hier ist neben den arbeitsrechtlichen Beschränkungen des Fragerechts, die auch durch die Einholung einer Einwilligung nicht unterlaufen werden dürfen, 2 auch immer die Grenze der Zweckbindung zu beachten. Diese Grenze ist grundsätzlich geeignet, eine Datenerhebung auf Vorrat zu vermeiden. Das Problem beim betrieblichen Eingliederungsmanagement ist jedoch, dass man vor der gesamten Erfassung des Sachverhalts oft nicht sagen kann, was man an Informationen benötigt, um die Sachlage richtig einzuschätzen. Dies wird oft erst in der Rückschau deutlich. Natürlich ist es auch dann noch möglich, erfasste Daten, die in der Rückschau betrachtet, unnötig erhoben wurden, wieder zu löschen. Zu beachten ist aber, dass Papier vernichtet und gespeicherte Daten gelöscht werden können, aber die Speicherung solcher Daten im Gehirn des Menschen sich nicht rückgängig machen lässt. Wenn also ein Arbeitgeber im Rahmen eines solchen betrieblichen Eingliederungsmanagements Informationen erhalten hat, die in einem späteren Kündigungsschutzverfahren zu ungunsten des Arbeitnehmers vorgetragen werden können, so lässt sich hieran später nichts mehr ändern. 1 http://www.innenministerium.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/1227/him_34.pdf 2 Siehe FN 1 2

Um dies zu verhindern, baut unser Modell darauf auf, dass sensible Daten ungefiltert nur eine Person kennt, die strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten hat, wenn sie über diese Daten Auskünfte erteilt, und zudem den Umgang mit der Schweigepflicht gewohnt ist. II. Was sind sensible Daten? Aus dem zuvor Gesagten ergeben sich drei Fragen, die nachfolgend in einer Übersicht miteinander verknüpft werden: 1. Welcher Personenkreis hat strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten, wenn er gegen die ihm auferlegte Verschwiegenheitspflicht verstößt? 2. Was sind sensible Daten? 3. Wie erfolgt die Filterung? Personenkreis Rechtsanwalt, strafrechtliche Sanktion nach 203 StGB Arzt, strafrechtliche Sanktion nach 203 StGB Psychologe, strafrechtliche Sanktion nach 203 StGB Pfarrer, strafrechtliche Sanktion nach 203 StGB Sozialarbeiter, strafrechtliche Sanktion nach 203 StGB Betriebsratsmitglied, strafrechtliche Sanktion nach 120 BetrVG Schwerbehindertenvertreter, strafrechtliche Sanktion nach 96 Abs. 7, 155 SGB IX. Daten, die ihm typischer Weise im Rahmen seiner Aufgabe zur Kenntnis gelangen Gesundheitliche Situation in Sozialversicherungsangelegenheiten, finanzielle Situation in Prozesskostenhilfesachen, Streitigkeiten mit Arbeitgebern in Arbeitsrechtssachen, persönliche Familienverhältnisse in Erbschafts- und Familienrechtsangelegenheiten Gesundheitliche Situation, persönliche Probleme auch aus dem Intimbereich, familiäre Situation, Probleme im Arbeitsbereich Wie Arzt aber insbesondere auch psychische und seelische Probleme Wie Psychologe, aber auch über dritte Personen Wie Pfarrer, aber auch von dritten Personen Betriebs- und Personaldaten als auch u. U. persönliche Angelegenheiten der Mitarbeiter, die sich auf das Arbeitsverhältnis auswirken, Daten der sozialen Auswahl nach KSchG Behinderung, Krankheit, Leistungseinschränkungen Wenn man sich nun vergegenwärtigt, welche Daten die Professionen zum Gegenstand ihrer Tätigkeit haben, denen strafrechtliche Sanktionen drohen, so sind dies besonders sensible Daten. Ihrer Vertraulichkeit wegen wird die Preisgabe unter Strafe gestellt. Diese Daten werden von uns als die sensiblen Daten bezeichnet. Was dann an andere Personen im Betrieb zur Planung und Durchführung des BEM weitergegeben werden kann, soweit eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt, ist abhängig davon, was weitergegeben werden muss, um ein BEM zu ermöglichen (Erforderlichkeit). Die Beurteilung obliegt der weitergebenden Person. Die Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Skizze mit Erläuterungen. 3

III. Datenfluss- und -schutzkreis BEM nach Dalitz Arbeitgeber, Personalabt. Weiter Kreis BEM Enger Kreis BEM Personen, die strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten haben, wenn sie gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen Von wem dürfen welche Daten erhoben werden bzw. wohin darf was weitergegeben werden, wenn entsprechende Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers vorliegt? Ebene Personenkreis Daten 1 Ebene Personen, die strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten haben, wenn sie gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen, siehe 203 StGB, 120 BetrVG, 96 Abs. 7, 155 SGB IX. Alle Daten einschließlich aller sensibler Daten 2 Ebene Personen die zum engen Kreis BEM gehören Alle Daten einschließlich sensibler Daten, soweit sie für die Durchführung des BEM erforderlich sind. Beurteilung erfolgt durch Personen der Ebene 1. 3 Ebene Weiter Kreis BEM 3 Daten, die für die Durchführung des BEM 4 Ebene Personalabteilung und Arbeitgeber erforderlich sind, ohne sensible Daten a) dass BEM stattgefunden hat und wann, b) wer am BEM teilgenommen hat c) die empfohlenen Maßnahmen, soweit eine Mitwirkung des Arbeitgebers bzw. der Personalabteilung erforderlich ist 3 Es hängt von der Größe und Struktur des Unternehmens ab, ob es die 3. Ebene überhaupt gibt. 4

Wodurch zeichnet sich eine Hilfsperson nach 203 Abs. III StGB aus? Eine Hilfsperson nach 203 Abs. III StGB zeichnet sich dadurch aus, dass sie innerhalb des beruflichen Wirkungsbereichs eines Schweigepflichtigen nach 203 Abs. 1 StGB eine auf dessen berufliche Tätigkeit bezogene unterstützende Tätigkeit ausübt, welche die Kenntnis der fremden Geheimnisse mit sich bringt oder ohne Überwindung besonderer Hindernisse ermöglicht. 4 Dürfen Arbeitgebervertreter zum engen Kreis des BEM zählen? Ja, soweit sie neben der üblichen Schweigepflicht gegenüber jedem Dritten, auch dazu verpflichtet werden, ihrem Arbeitgeber und der Personalabteilung gegenüber die Auskunft zu verweigern. IV. Wie kann ein BEM, orientiert an der obigen Struktur, ablaufen? Verschiedene Versionen sind denkbar. Wir stellen nachfolgend Varianten dar: Personalabteilung identifiziert Mitarbeiter, die für BEM in Betracht kommen. Dies sind nach 84 Abs. 2 SGB IX alle Mitarbeiter, die mehr als 42 Tage in den letzten 12 Monaten arbeitsunfähig erkrankt waren. Personalabteilung schreibt Mitarbeiter an und bittet um Rückmeldung bei Ansprechperson, die mit der Wahrnehmung des ersten Kontakts bezogen auf BEM beauftragt ist, falls ein erstes Informationsgespräch gewünscht wird. Ansprechperson gehört nicht zum Personenkreises von 203 StGB Die Ansprechperson ist in diesem Fall nur für die Einleitung aber nicht für die Durchführung eines BEM verantwortlich. Sie führt ein erstes Informationsgespräch und erläutert allgemein Sinn, Zweck und Ablauf eines BEM. Zudem holt sie folgende Einwilligungen ein: a) zur Einleitung eines BEM und b) zur Weitergabe von Name und Telefonnummer an weiteren Bearbeiter BEM (z. B. Betriebsarzt, Schwerbehindertenvertreter) Personalabteilung gibt Ansprechperson Namen und private Telefonnummer der identifizierten Mitarbeiter bekannt, damit mit diesen Kontakt aufgenommen werden kann und nach dem Interesse für ein erstes Informationsgespräch nachgefragt und ein Termin hierfür vereinbart werden kann. Ansprechperson gehört zum Personenkreises von 203 StGB Nach Information bzgl. Sinn, Zweck und Ablauf des BEM, wird die Einwilligung zur Einleitung eines BEM eingeholt und können dann u.u. direkt die ersten Daten zur Durchführung eines BEM erhoben werden. 4 Schönke-Schröder-Lenckner, 26. Auflage, 203 RN 64 5

Zu beachten ist allerdings: Auch bei Einwilligung zum BEM gilt für jede Erhebung, Speicherung und Weiterleitung: Nichts ist erlaubt ohne die Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers, es sei denn, es gibt eine Rechtsnorm, die die Datenerhebung, - speicherung oder weiterleitung genehmigt. 84 SGB IX legitimiert so z. B. die Daten des von der Personalabteilung identifizierten Mitarbeiters (Name und private Telefonnummer) an die mit der Kontaktaufnahme beauftragte Ansprechperson weiterzuleiten. Ihre Meinung zu diesem Diskussionsbeitrag ist von großem Interesse für uns. Wir freuen uns auf Ihren Beitrag. Weitere Informationen finden Sie unter www.iqpr.de. 6

Anhang: 203 StGB - Verletzung von Privatgeheimnissen (1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als 1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, 2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung, 3. Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft, 4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist. 4a. Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, 5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder 6. Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen Verrechnungsstelle anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als 1. Amtsträger, 2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, 3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt, 4. Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates, 5. öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder 6. Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfasst worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekannt gegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt. (3) Einem in Absatz 1 Nr. 3 genannten Rechtsanwalt stehen andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer gleich. Den in Absatz 1 und Satz 1 Genannten stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen und die Personen gleich, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind. Den in Absatz 1 und den in Satz 1 und 2 Genannten steht nach dem Tod des zur Wahrung des Geheimnisses Verpflichteten ferner gleich, wer das Geheimnis von dem Verstorbenen oder aus dessen Nachlass erlangt hat. (4) Die Absätze 1 bis 3 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart. (5) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. 7